Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Sorgte Schlamperei oder politische Überzeugung im Agrarministerium für den größten ‚Gentechniksaatgutskandal’ in Deutschland?“ - Ich möchte einmal andersherum fragen: Sorgten ehrliches politisches Anliegen oder eventuell Effekthascherei und Populismus sowie parteipolitisches Kalkül mit bewusster Verunsicherung unserer Bürger für diese Anfrage?
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Antworten Sie erst einmal auf die Fragen des Parlaments! - Kreszentia Flauger [LINKE]: Unglaublich! - Zurufe von den GRÜNEN - Glocke des Präsiden- ten)
Ich wäre Ihnen, Herr Meyer, sehr dankbar, wenn Sie uns heute mit einer überzeugenden, vor allen Dingen sehr sachlichen Antwort wirklich mitnehmen könnten. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn wir hier eine sachliche Diskussion führen könnten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Diskussion zu diesem Thema muss nämlich sehr sachlich geführt werden.
Saatgut wurden in Niedersachsen in zwei Partien eine Maissorte transgene Bestandteile einer für den Anbau in Deutschland nicht zugelassenen gentechnischen Veränderung gefunden. Die Bezeichnung dieser gentechnischen Veränderung ist NK 603. Es handelt sich hierbei um eine Resistenz gegenüber dem Herbizid Roundup, einem weltweit sehr verbreiteten Unkrautbekämpfungsmittel.
Die Funde der gentechnischen Veränderungen im Saatgut sind sehr gering. Sie liegen zwischen 0,03 und weniger als 0,1 %, also an der Nachweisgrenze.
(Miriam Staudte [GRÜNE]: Dann ist ja alles nicht so schlimm! - Christian Meyer [GRÜNE]: Ein bisschen Gen- technik ist nicht schlimm!)
Erstens. Diese gentechnische Veränderung hat in Europa und damit auch in Deutschland eine Zulassung für Lebens- und auch Futtermittel. Sie wird also als nicht bedenklich gegenüber Mensch und Tier eingestuft. - Diese Aussage möchte ich ausdrücklich betonen, weil sie so sehr wichtig ist: Diese gentechnische Veränderung hat eine Zulassung für Lebens- und Futtermittel. Sie wird als nicht bedenklich gegenüber Mensch und Tier eingestuft.
Zweitens. Mais mit der gentechnischen Veränderung NK 603 hat zurzeit keine Zulassung für den Anbau der Pflanzen. Ein entsprechendes Zulassungsverfahren läuft derzeit bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, der EFSA.
Drittens. Die Sicherheitsbewertung der EFSA bescheinigt dem Mais mit NK 603 keine anderen Umweltauswirkungen als herkömmlichem Mais ohne gentechnische Veränderungen.
Sind Ihnen diese drei Kernpunkte bekannt? - Sie würden nämlich der Versachlichung der Diskussion dienen.
(Christian Meyer [GRÜNE]: Ich darf leider nicht antworten! So ist das hier im Parlament! - Wilhelm Hogrefe [CDU]: Rhetorische Fragen dürfen gestellt werden!)
Das Saatgutmonitoring wird in Niedersachsen seit 2001 durchgeführt, bisher für die Fruchtarten Mais und Raps.
Die Probennahme aus dem Saatgut erfolgt durch die Landwirtschaftskammer Niedersachsen, die Analyse des Saatgutes auf gentechnisch veränderte Bestandteile wird im LAVES, dem Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, durchgeführt. Zuständig für den Vollzug des Gentechnikgesetzes ist das Niedersächsische Ministerium für Umwelt und Klimaschutz. Auf Grundlage saatgutrechtlicher Vorgaben und von Handlungsempfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft Gentechnik werden nach Absprache zwischen den Ministerien die Beprobungen und Untersuchungen von den eben angeführten Institutionen durchgeführt, die sich im Zuständigkeitsbereich des ML befinden.
Die Untersuchung auf GVO-Anteile im Saatgut erfolgt im Rahmen der Saatgutanerkennung. Darauf haben sich die saatgutrechtlich und gentechnikrechtlich zuständigen Behörden verständigt und das Verfahren in einem Handlungsleitfaden geregelt. Das Verfahren wird bundesweit einheitlich angewendet.
Dies besagt, dass keine gentechnischen Veränderungen im konventionellen Saatgut nachweisbar sein dürfen.
In anderen Ländern in der EU wird dies durchaus anders gehandhabt. Österreich beispielsweise toleriert gentechnische Veränderungen
Die Saatzüchter tragen im Rahmen der Produkthaftung die Verantwortung für die Reinheit ihrer Produkte. Das Saatgutmonitoring dient als Kontrolle, ob die Saatzüchter die Nulltoleranz einhalten. Die Ergebnisse sind auch Grundlage für eventuell notwendige Vollzugsmaßnahmen.
Zu 1: Am 19. Februar 2010 konnte es noch gar keine Untersuchungsergebnisse geben. Die Proben des Saatgutes sind am 19. Februar 2010 im LAVES eingegangen und wurden dort in der Folge untersucht. Das Landwirtschaftsministerium wurde am 12. April 2010 über die auffälligen Ergebnisse des LAVES informiert.
Die Dauer der Untersuchungen im LAVES ergab sich durch kontinuierliche Abarbeitung der angelieferten Proben. Die positiven Funde fanden sich erst in den letzten Saatgutproben.
Durch die notwendige Verifizierung der Ergebnisse ergab sich der relativ lang erscheinende Untersuchungszeitraum. Die fachliche Prüfung im Landwirtschaftsministerium folgte. Krankheits- und auch abwesenheitsbedingt wurden das für den Vollzug zuständige MU und die betroffene Firma am 27. April 2010 über den Sachverhalt informiert.
Zu 2: Die in Rede stehenden Saatgutpartien umfassen im einen Fall ca. 50 Einheiten, im anderen Fall ca. 1 900 Einheiten. Eine Einheit entspricht bei einer Reinsaat ca. 1 ha Aussaatfläche.
Nach den bisherigen Informationen wurden 33 Einheiten nach Mecklenburg-Vorpommern ausgeliefert, ca. 160 Einheiten nach Brandenburg, ca. 640 Einheiten nach Baden-Württemburg, ca. 840 Einheiten nach Bayern und 282 Einheiten nach Niedersachsen. Hier sind 25 Landwirte in den Zuständigkeitsbereichen der Staatlichen Gewerbeaufsichtsämter Cuxhaven, Hildesheim, Oldenburg und Osnabrück betroffen. Zuständig für den gentechnikrechtlichen Vollzug sind in Niedersachsen die Staatlichen Gewerbeaufsichtsämter, in deren
Hinsichtlich des bereits ausgesäten Saatgutes bereiten die zuständigen Ämter in Abstimmung mit der für die gute fachliche Praxis zuständigen Landwirtschaftskammer die notwendigen Anordnungen für den Verwaltungsvollzug vor. Insoweit wird die für den konkreten Einzelfall geeignete und auch erforderliche Maßnahme zu treffen sein. Das kann vom Umbruch bis zur frühzeitigen, kontrollierten Ernte für eine Biogasnutzung gehen.
Zu 3: In Niedersachsen wird das geltende Recht konsequent vollzogen. Die Züchter sind dafür verantwortlich, dass keine gentechnischen Beimengungen im Saatgut vorhanden sind. Im vorliegenden Fall gibt es keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt, auf Menschen oder Tiere. Die Landesregierung sieht die Nulltoleranz, wie mehrfach im Landtag dargelegt - auch Sie haben es erwähnt -, als kritisch an. Sie ist der Auffassung, dass ein Toleranzwert wie beispielsweise in Österreich auch für Deutschland vernünftig erscheint.
Darüber hinaus vertritt sie den Standpunkt, dass die Einführung von Saatgutschwellenwerten auf europäischer Ebene notwendig ist.