Protokoll der Sitzung vom 17.08.2010

(Zuruf von der CDU: Das ist doch su- per!)

Aber der Grund für unseren Antrag ist natürlich nicht der Anlass, sondern ein anderer: Niedersachsen ist im Vergleich zu anderen Bundesländern richtig benachteiligt. Viele Länder haben einen, zwei oder sogar drei gesetzliche Feiertage mehr als Niedersachsen. Die meisten Länder haben mehr Feiertage als Niedersachsen.

In der Debatte ist dazu gesagt worden, das sei Ausdruck des Föderalismus. Das kann ich akzeptieren, was die Auswahl der Feiertage in Niedersachsen betrifft. Ich kann nachvollziehen, dass Tage wie Allerheiligen oder Fronleichnam in Bundesländern mit überwiegend katholischer Bevölkerung gesetzliche Feiertage sind. Aber hinsichtlich der Anzahl der Feiertage verstehe ich das nicht. Ich weiß nicht, warum wir da benachteiligt sein sollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich könnte mir vorstellen, dass wir uns z. B. eher mit solchen Bundesländern vergleichen - - -

(Unruhe)

Herr Kollege, darf ich kurz unterbrechen? - Wer die Debatte nicht weiter verfolgen möchte, kann den Plenarsaal durchaus verlassen. Aber denjenigen, die hier sind, würde ich anraten, dem Redner zuzuhören. Das ist auch ein Gebot der Fairness.

Danke schön. - Ich könnte mir vorstellen, dass wir uns vielleicht mit Bundesländern mit überwiegend protestantischer Bevölkerung vergleichen. In einigen Bundesländern wird z. B. der Reformationstag gefeiert oder in Sachsen der Buß- und Bettag, auf den ich nachher noch zurückkommen werde.

(Lothar Koch [CDU]: Oder Fronleich- nam! - Gegenruf von Kreszentia Flau- ger [LINKE]: In evangelischen Län- dern?)

Wir haben zwei Tage vorgeschlagen, die uns wichtig wären, nämlich den 8. März, den Internationalen Frauentag, und den 20. September, den Weltkindertag.

Den 8. März gibt es als gesetzlichen Feiertag in zahlreichen Ländern dieser Erde. Er geht auf einen Vorschlag von Frau Clara Zetkin zurück und erinnert daran, dass die rechtliche und tatsächliche

Gleichstellung von Mann und Frau nach wie vor in das öffentliche Bewusstsein zu rücken ist, weil es eine wirkliche Gleichberechtigung der Geschlechter noch nicht gibt.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Twesten von den Grünen hatte in der Debatte hierzu gesagt, das sei nur Symbolpolitik. Frau Twesten, unterschätzen Sie nicht die politische Wirkung von Symbolen! Das ist das eine, was ich Ihnen dazu sagen muss. Das andere ist: Ein arbeitsfreier Tag ist mehr als nur ein Symbol.

(Beifall bei der LINKEN)

Der 1. Mai - das hatte ich Ihnen damals schon gesagt - ist auch gesetzlicher Feiertag, weil damit zum Ausdruck gebracht werden soll, dass es darum geht, die besonderen Rechte der Arbeitnehmer, ihre Menschenwürde zu schützen und dagegen zu protestieren, wenn diese Menschenwürde durch die kapitalistische Wirtschaft und durch Ausbeutung mit Füßen getreten wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Nach Ihrer Auffassung gibt es so etwas natürlich nicht. Das ist mir schon klar.

Der Weltkindertag soll die Rechte der Kinder ins Alltagsbewusstsein rücken. Dies sollte uns eigentlich wichtig sein. Ich erinnere daran, dass wir zu diesem Thema eigens die Landesverfassung geändert haben.

Welche Gegenargumente gab es denn? - Der Kollege Wiese von der CDU hat es in der Debatte im Plenum und auch im Ausschuss auf den Punkt gebracht. Er sprach Mindereinnahmen für die Wirtschaft an. Ja, es gibt bei der Arbeitszeitverteilung immer einen Konflikt zwischen Kapital und Arbeit. Es gibt hier unterschiedliche Interessen. Wir haben uns in diesem Konflikt zwischen Arbeit und Kapital auf die Seite der Arbeit gestellt. Oder, um es mit Karl Marx auszudrücken: Bei der Arbeitszeitverkürzung geht es immer darum, die Ökonomie der Arbeit gegen die Ökonomie des Kapitals durchzusetzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn unser Antrag keinen Erfolg haben sollte, so sage ich Ihnen schon jetzt: Wir bleiben an diesem Thema dran und werden es in der einen oder anderen Form wieder auf die Tagesordnung des Niedersächsischen Landtages setzen, mindestens in der nächsten Wahlperiode.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir werden nicht zulassen, dass hier ein Ereignis vergessen gemacht wird, das wir als tiefes Unrecht empfunden haben, nämlich dass den Arbeitnehmern dieses Landes der Buß- und Bettag genommen wurde. Damals war eine Regelung eingeführt worden, von der man zur Entlastung der Arbeitgeber anlässlich der Einführung der Pflegeversicherung der Meinung war, man müsse jetzt einen arbeitsfreien Tag wegnehmen.

(Zuruf: Der 17. Juni ist uns auch ge- nommen worden!)

Die Arbeitnehmer aber, die auch in die Pflegeversicherung einzahlen müssen, wurden nicht entlastet. Die eine Seite hat man entlastet, die andere nicht. Das empfinden wir als Unrecht. Deswegen halten wir diesen Antrag aufrecht.

Danke schön.

(Lebhafter Beifall bei der LINKEN)

Ich erteile Herrn Kollegen Wiese von der CDUFraktion das Wort.

(Zuruf von der CDU: Jetzt kommt et- was Ordentliches!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Thomas Edison hat einmal gesagt: Das Schöne an einem Fehler ist, dass man ihn nicht zweimal machen muss. - Wie recht er wohl hat! Deswegen bedauere ich, dass Sie unseren Vorschlag nicht beherzigt haben, den Antrag nicht zurückgezogen haben und wir ein zweites Mal hier über diesen Gesetzentwurf beraten müssen:

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ist ja auch gut!)

einen Gesetzentwurf, der hier schon in der ersten Beratung ein gerüttelt Maß an Kritik von allen anderen Fraktionen erfahren hat, ein Gesetzentwurf, der offensichtlich eilig zusammengeschustert, wenig durchdacht auf seine parlamentarische Reise durch die Ausschüsse geschickt wurde und damit zwangsläufig Schiffbruch erleiden musste.

(Zuruf von der LINKEN)

Genauso ist es auch gekommen, meine Damen und Herren von den Linken. Was für ein Desaster! Sie haben es doch so gut gemeint. Die Pirouetten von Herrn Adler eben waren sehenswert, wie er versucht hat, noch einmal zu begründen, wo der

Sinn sein soll. Und niemand ist Ihrer Meinung! Die Kirchen verweisen zwar auf ihre kritische Position zur Abschaffung des Buß- und Bettages, stehen aber ausdrücklich nicht an der Seite Ihrer Forderungen. Die kommunalen Spitzenverbände haben auf die Teilnahme an der Anhörung verzichtet und das mit der klaren Ablehnung Ihres Vorstoßes begründet. Die Unternehmensverbände - ich weiß, dass Sie das nicht sonderlich interessiert - verweisen auf die wirtschaftlichen Folgen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund sieht völlig von einer Stellungnahme ab.

Herr Kollege, darf ich unterbrechen? - Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Sohn?

Nein, vielen Dank.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Warum nicht?)

Die vermeintlichen Profiteure Ihres Antrags gehen auf Distanz. Der Niedersächsische Frauenrat warnt Sie eindringlich vor Symbolpolitik. Der Kinderschutzbund verzichtet auf jegliche Wortmeldung zu dem Ansinnen. Dieses eindeutige Bild ist kein Wunder, weil Sie in dieser Frage auch in der Beratung kein wirkliches Sachinteresse zu erkennen gegeben haben.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Bitte?)

Das gipfelte in den Ausführungen des Kollegen Adler hier in der ersten Beratung, in der wir sozusagen wie in einer amerikanischen Versteigerung nacheinander den Reformationstag und die Heiligen Drei Könige angeboten bekommen haben, wenn wir denn die anderen beiden Feiertage nicht haben wollen.

Liebe, liebe, liebe - - - Jetzt hätte ich fast „Genossen von der Linkspartei“ gesagt.

(Oh! im ganzen Haus - Heiterkeit)

Ich glaube, Sie tun der Sache selbst überhaupt keinen Gefallen, wenn Sie über die Einführung von Feiertagen verhandeln wie auf einem Basar.

Ich möchte Ihnen an dieser Stelle einmal kurz sagen, dass die wesentlichen Gründe im Ausschuss von verschiedenen Seiten deutlich geworden sind. Es gibt das wirtschaftliche Argument. Es gibt das Argument, dass Frauen und Kinder viel zu wichtig sind, um sie für Symbolpolitik zu nutzen. Es gibt das Argument, dass man gerade Feier- und Ge

denktage auf sehr langfristige Traditionen zurückführen kann und sie mehr mit Inhalten füllen sollte, statt Hüllen zu errichten.

Den Gipfel der Unverschämtheit fand ich, Herr Kollege Adler, dass Sie hier noch einmal auf Ihre Begründung abgestellt haben, die Sie nicht nur nicht zurückgezogen, sondern hier wiederholt haben. Ich frage Sie noch einmal: Erklären Sie mir, was Sie mir damit sagen wollen, dass Eritrea einen Weltfrauentag hat! Erklären Sie mir das, und erklären Sie mir, was die Frauen in Eritrea davon haben, dass es diesen Feiertag dort gibt, wenn sie gleichzeitig zwangsweise 18 Monate lang Kriegsdienst leisten müssen! Erklären Sie das, oder ziehen Sie Ihren Antrag zurück!

(Björn Thümler [CDU]: Das wäre das Beste!)

Meine Damen und Herren, es ist sehr sinnvoll, dass wir in unserer Gesellschaft das, worum es bei diesen Feiertagen eigentlich geht, in den Mittelpunkt rücken.

Herr Kollege, darf ich noch einmal unterbrechen? - Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Adler?