Meine Damen und Herren, auf die Rede von Frau Staudte hat sich der Kollege Klein von der SPD zu einer Kurzintervention gemeldet. Bitte.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Staudte, auch wir sind verantwortungsbewusst und haben bewusst in dem Antrag aufgeführt, dass wir gegen die Möglichkeit der freiwilligen Verlängerung des Zivildienstes von drei auf sechs Monate sind. Das macht ein Budget von 75 Millionen Euro im Jahr aus. Diese Mittel hätten wir für die Erweiterung der Plätze, für die Erhöhung der Pauschale einsetzen können. Also auch wir haben einen Vorschlag gemacht, wie das Ganze zu finanzieren ist.
Frau Staudte möchte nicht erwidern. Dann fahren wir in der Reihe der Wortmeldungen fort. Es hat jetzt der Kollege Humke-Focks von der Fraktion DIE LINKE das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Bittere ist, dass Ihre Kollegen nicht wegen mir weggelaufen sind, sondern dass sie gar nicht erst im Saal waren, als es darum ging, zivilgesellschaftliches Engagement zu organisieren. Da verweigern Sie sich nämlich der Debatte. Es ist ein Trauerspiel, dass sich die C-Partei und die Neoliberalen damit nicht auseinandersetzen.
Sie nehmen das nicht ernst und sind in diesem Fall für mich nach wie vor nicht glaubwürdig. Das muss an dieser Stelle einfach mal so deutlich formuliert werden. Es ist eine Unverschämtheit, dass keiner von Ihnen hier ist, wo Sie doch sonst immer so viel von gesellschaftlichem Engagement reden.
Nun zum Inhalt. Wir unterstützen den Antrag der SPD, so wie wir das auch im Ausschuss getan haben. Wir wollen weiterhin eine Stärkung der Freiwilligkeit bei einem zivilgesellschaftlichen Engagement von Jugendlichen. Das ist uns sehr wichtig.
In der Freiwilligkeit liegt der große Unterschied zum bisher existierenden Zwangsdienst des Kriegsdienstes und des Zivildienstes. Wir Linken waren und sind immer für die Abschaffung des Zwangs. Im Zivildienst, der sich in erster Linie um die sozialen Belange von benachteiligten Menschen kümmert und hier einen helfenden Charakter hat, sahen und sehen wir Linken immer eine gewisse Sinnhaftigkeit, keine Frage. Wir können aber keinen Sinn darin erkennen, dass junge Menschen im Kriegsdienst in diesem Land zum Vernichten von menschlichem Leben ausgebildet werden.
Die Stellungnahmen der Verbände, Organisationen, Vereine und Interessenverbände belegen die Notwendigkeit der Stärkung des zivilgesellschaftlichen Engagements. Damit unterstützen sie zu Recht den Antrag der SPD.
Darüber hinaus hat das Land seine Förderung deutlich auszuweiten - das haben Sie zum Glück in Ihrem Antrag auch formuliert -; denn es darf sich nicht einfach aus der Verantwortung stehlen. Aber die mangelnde Präsenz der Regierungsfraktionen belegt, dass daran gar kein Interesse besteht. Das ist sehr schade.
Die Reaktion der Regierungsfraktionen ließ auch nicht lange auf sich warten. Die Beschlussvorlage, die wir hier heute wahrscheinlich verabschieden werden, verwässert - Stefan Klein hat das zu Recht dargelegt; ich hatte mir auch solch eine Notiz gemacht - diese Intention. Mithin ist ihr Gebrauchswert für uns gleich null. Das wollen, und das werden wir nicht hinnehmen.
Der vorliegende Änderungsantrag der Bündnisgrünen versucht, hier einen Kompromiss herzustellen. Das finden wir erst einmal gut. Aber in der letzten Konsequenz haben wir das Problem, dass mit der zu Recht aufgestellten Forderung nach einer Abschaffung der Zwangsdienste nicht angedeutet wird, was danach kommt.
Mir graut es vor einer Berufsarmee - dieses Bild habe ich schon gebraucht, als ich damals meine Kriegsdienstverweigerung geschrieben habe -, in die nur Leute eintreten, die gerne eine Waffe in die Hand nehmen und dann vielleicht unkontrolliert im Ausland töten.
Zum Schluss sage ich Ihnen: Wir werden uns nicht zum letzten Mal mit diesem Thema beschäftigt haben. Ich hoffe, dass die FDP und die Oppositionsfraktionen sich noch vor Ende dieser Wahlperiode noch einmal zusammensetzen und in diesem Sinne einen neuen Anlauf unternehmen. Schließlich müssen wir auf die Frage, wie wir die Zivilgesellschaft organisieren wollen, wenn es diese Zwangsdienste künftig nicht mehr gibt, vernünftige Antworten finden.
Meine Damen und Herren, zu einer Kurzintervention hat sich die Kollegin Staudte von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gemeldet. Bitte!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Nur damit keine Missverständnisse auftreten: In unserem Änderungsantrag steht, dass wir wollen, dass die Wehrpflicht abgeschafft wird. Darin steht nicht, dass es nicht möglich sein soll, einen freiwilligen Wehrdienst abzuleisten. Das würde genau dem entgegenwirken, was gerade vom Kollegen HumkeFocks befürchtet wurde, dass sich die Bundeswehr zu einer abgekapselten Berufsarmee entwickeln könnte. Ich glaube, das wäre eigentlich ein gangbarer Weg.
Vielen Dank, Herr Präsident, und vielen Dank noch einmal für die Kurzintervention. Ich nehme Ihnen das wirklich ab. Sie sind ja glaubwürdig, was diese Frage angeht, im Unterschied zur anderen Fraktion auf der rechten Seite dieses Hauses.
Aber ich habe tatsächlich die Hoffnung, dass wir noch einmal einen neuen Anlauf nehmen. Ich respektiere und würdige auch den Versuch, mit einem vernünftigen Vorschlag einen Kompromiss zu finden. Aber ich sehe nicht, dass dieser Kompromiss eine Mehrheit finden könnte. Das bedauere ich sehr. Deshalb hätte ich es lieber, dass wir uns in
der Perspektive noch einmal zusammentun und zu einem anderen Zeitpunkt, nämlich dann, wenn dieses Thema wieder auf die Tagesordnung kommen wird - und das wird unweigerlich geschehen -, einen rundum schlüssigen, vernünftigen Antrag formulieren. Das ist meine Hoffnung.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Jugendfreiwilligendienste ist in Niedersachsen, aber auch in ganz Deutschland sehr wichtig. Allein in Niedersachsen haben bisher mehr als 1 500 junge Menschen einen solchen Jugendfreiwilligendienst abgeleistet, und zwar im ökologischen, im kulturellen, im sozialen Bereich sowie im Sport und dank des engagierten Einsatzes unserer Kollegin Astrid Vockert, die das Thema FSJ Politik auf die Tagesordnung gesetzt hat, jetzt auch im Bereich der Politik. Das ist ein großer Gewinn für unser Land.
An einer Debatte über die allgemeine Wehrpflicht, wie sie die Grünen mit ihrem Änderungsantrag anstreben, werden wir uns nicht beteiligen; denn darüber wird nicht hier im Landtag entschieden, liebe Kollegen. Wir begrüßen aber, dass die Bundesregierung den Wehr- und Zivildienst neu gestalten will; denn dadurch wird der Jugendfreiwilligendienst gestärkt. Diese Absicht der Bundesregierung unterstützen wir nachdrücklich.
Uns als CDU-Fraktion ist es wichtig, dass wir bundeseinheitliche Regelungen bekommen; denn ein niedersächsischer Alleingang wird den Jugendlichen nicht gerecht. Unabhängig davon, wie der Wehrdienst in Zukunft geregelt wird, wollen wir deutschlandweit vergleichbare Standards bekommen.
Es zeigt sich, dass das Ableisten eines FSJ großen Einfluss auf die spätere Berufswahl hat. Viele FSJler werden später in dem Beruf tätig, in dem sie ihren Freiwilligendienst abgeleistet haben. Gerade junge Männer finden auf diese Weise einen Zugang zu sozialen Berufen, die sonst viel zu selten von ihnen ausgewählt werden.
Auch die Koalition in Berlin gibt ein klares Bekenntnis zum Jugendfreiwilligendienst ab. Im Koalitionsvertrag heißt es auf den Seiten 77 und 80: „Hierzu wird der beabsichtigte qualitative und quantitative Ausbau der Jugendfreiwilligendienste beitragen.“ und „Wir werden die Qualität der Jugendfreiwilligendienste … nachhaltig … stärken.“ Auf Seite 81 heißt es: „Durch eine gemeinsame ressortübergreifende Strategie werden einheitliche und transparente Bedingungen für alle Freiwilligendienstleistenden geschaffen.“ Das beinhaltet auch das Thema Sozialversicherung und alles, was damit zusammenhängt; das wird in der Begründung zum Antrag der Grünen noch einmal aufgeführt. Also: Ein klares Bekenntnis zur Stärkung des Jugendfreiwilligendienstes in Deutschland.
Die freiwillige Verlängerung des sechsmonatigen Zivildienstes begrüßen wir ausdrücklich. Hier befinden wir uns auf einer Linie mit Trägern wie z. B. der Diakonie, die diese Möglichkeit auch in der Anhörung nachdrücklich gefordert hat. Ich bin den Fraktionen von CDU/CSU und FDP im Deutschen Bundestag sehr dankbar dafür, dass sie dies in der Zwischenzeit umgesetzt haben.
Die Streichung des § 14 c des Zivildienstgesetztes, nach dem ausnahmsweise ein FSJ als Ersatzdienst abgeleistet werden kann, ist richtig. Der Jugendfreiwilligendienst soll ein eigenständiges bürgerliches Engagement sein und sich nicht aus einer allgemeinen Wehrpflicht heraus begründen. Im Übrigen wird dadurch eine große Ungerechtigkeit abgeschafft; denn jemand, der über diesen Weg ein Freiwilliges Soziales Jahr ableistet, bekommt 421,50 Euro an Förderung, während ein junger Mensch, der dies auf dem klassischen Weg macht, nur 72 Euro bekommt. Wenn Sie diese Ungerechtigkeit beibehalten wollen, können Sie das tun. Mit uns aber ist das nicht zu machen. Deshalb ist die Streichung des § 14 c richtig.
Unser Änderungsantrag enthält alle zentralen Punkte. Wir wollen einheitliche und transparente Bedingungen für den Jugendfreiwilligendienst in ganz Deutschland.
Wir wollen, dass die Qualität und die Attraktivität des Jugendfreiwilligendienstes als Bildungsdienst anerkannt und entsprechend zertifiziert wird, sodass man dies für sein späteres Berufsleben auch nutzen kann.
Wir wollen, dass die Förderpauschalen für Freiwilligendienste ausgestaltet werden. Dazu haben wir einen Finanzierungsvorschlag erarbeitet. Aufgrund der Streichung des § 14 c und der Verkürzung des Wehrdienstes werden Ressourcen frei. Der Familienausschuss des Deutschen Bundestages hat dazu bereits beraten, und die Fraktionen in Berlin sind sich darin einig, dass ein Großteil dieses Geldes für den Ausbau des Freiwilligen Sozialen Jahres, für die Erhöhung der Förderpauschale und für einen deutlichen Ausbau der Plätze genutzt werden soll.
Wir wollen, dass die bisherigen rund 30 000 Plätze deutlich ausgebaut werden. Der Deutsche Bundestag strebt eine Verdopplung an. Das ist ein engagiertes Ziel. In diesem Punkt müssen wir die Berliner Kolleginnen und Kollegen unterstützen.