Protokoll der Sitzung vom 04.06.2008

Seit Herbst 2006 und somit seit fast zwei Jahren arbeiten Sie angeblich an einem Wohnraumfördergesetz. Wir haben davon noch nicht eine einzige Zeile gesehen.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KE - Wolfgang Jüttner [SPD]: Daran muss einer mit 400-Euro-Job sitzen!)

Um hier eines klarzustellen: Wir erwarten von Ihnen keinen Brockhaus mit 30 Bänden, sondern ein modernes Wohnraumfördergesetz.

Herr Ministerpräsident - er ist leider nicht mehr da -, machen Sie die Wohnraumförderung endlich zur Chefsache! Anscheinend ist Ihre Sozialministerin mit dem Gesetzentwurf heillos überfordert. Oder wollen Sie die Wohnraumförderung ihrem Nachfolger überlassen? - Nicht nur an dieser Stelle merkt man, dass Sie gedanklich eigentlich schon in Berlin sind und kein Interesse mehr an den Sorgen und Nöten der Menschen in Niedersachsen haben. Der Wechsel in der CDU ist schon in vollem Gange, und Sie bereiten Ihren Abgang vor.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN - Lachen und Widerspruch bei der CDU und bei der FDP)

- Ganz ruhig!

Beim Thema Wohnraumförderung zeigt sich: Die Handlungsfähigkeit der Regierung Wulff ist deutlich eingeschränkt. Nach einer kraft- und mutlosen Regierungserklärung, die vom stellvertretenden Ministerpräsidenten brav - mit Ausnahme einer Passage - vorgelesen wurde, scheint das komplette Kabinett die sofortige Sommerpause bis zum Jahre 2013 eingeläutet zu haben.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Anstatt das Land mit kraftvollen Ideen und Ansätzen voranzubringen, wird Niedersachsen mutlos verwaltet. Diese Landesregierung beschränkt sich auf Ankündigungen, denen keine Taten folgen, und auf das Abbügeln von Vorschlägen der Opposition.

Ich hätte Verständnis dafür gehabt, wenn Sie unseren Antrag abgelehnt hätten, weil Sie einen eigenen im Rennen haben, wenn Sie nach einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit unseren Vorschlägen zum Wohnraumfördergesetz Ihren eigenen Antrag durchgesetzt hätten.

(Heinz Rolfes [CDU]: Was haben Sie denn inhaltlich gesagt? Sie haben nur herumgenörgelt!)

Stattdessen Fehlanzeige: kein Antrag der CDU, kein Antrag der FDP, kein Antrag der Landesregierung, nichts!

(Zurufe von der CDU - Glocke des Präsidenten)

- Sie haben gleich noch Redezeit. Dann können Sie alles sagen, was Sie wollen.

Mit der Arroganz Ihrer Mehrheit wurde unser Antrag nach nicht einmal fünf Minuten im Sozialausschuss abgelehnt. Fehlen Ihnen die Argumente oder die Lust? Hier im Plenum wird uns wahrscheinlich das gleiche Spiel drohen: Ohne eigenen Antrag werden Sie mit Ihrer Mehrheit unseren ablehnen.

Mit einer unerträglichen Doppelmoral vergessen und verdrängen Sie die Bedürfnisse der Menschen in Niedersachsen. Während Ihr Umweltminister Hans-Heinrich Sander im Mai 2008 beim Landesverbandstag von „Haus & Grund Niedersachsen“ in Celle die dringende Notwendigkeit energetischer Sanierungen des Wohnraumbestandes betonte, schläft die Sozialministerin weiter.

„Der soziale Ausgleich, Lebensqualität und die Bewältigung des demografischen Wandels haben … oberste Priorität“,

hat Christian Wulff gestern in seiner Pressemitteilung zur 100-Tage-Bilanz erklärt. In der Aktuellen Stunde heute hat er gesagt: Das Wohnraumfördergesetz kommt. - Schon wieder eine Ankündigung, ein Spielen auf Zeit! Wir wollen endlich einen Entwurf sehen.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Zeigen Sie, dass Sie es ernst meinen, und präsentieren Sie uns ein Niedersächsisches Wohnraumfördergesetz!

(Heinz Rolfes [CDU]: Setzen!)

Nutzen Sie die Chance, eigene Gestaltungsspielräume zu entwickeln und auf die Bedürfnisse in Niedersachsen einzugehen.

(Heinz Rolfes [CDU]: Die Uhr steht schon seit zehn Minuten!)

Wir brauchen Antworten auf den demografischen Wandel. Wir brauchen Antworten auf die stetige Steigerung der Nebenkosten für Wohnraum. Wir brauchen Antworten für die Menschen in Niedersachsen.

Seit dem 1. Januar 2007 ist das Land im Rahmen der Föderalismusreform für den Bereich Wohnraumförderung verantwortlich. Hierfür erhält Niedersachsen aus dem Bundeshaushalt jährlich fast 40 Millionen Euro. Aber die Landesregierung nimmt diese Verantwortung überhaupt nicht wahr. Während viele Bundesländer Wohnraumfördergesetze erlassen haben, ignoriert Niedersachsen diese neuen Gestaltungsmöglichkeiten. Stattdessen gilt bei der Vergabe der Bundesmittel das Windhundprinzip. Nachvollziehbare Kriterien und Transparenz fehlen fast vollständig.

Aber wenn man Ihr Handeln betrachtet, könnte man fast den Eindruck gewinnen, dass Sie gar kein Wohnraumfördergesetz für Niedersachsen wollen. Verteilen nach dem Windhundprinzip und nach Gutsherrenart, das passt zur Linie der Landesregierung. Dann wäre es nur fair, wenn Sie den Menschen auch ganz deutlich sagen, dass Sie ein Wohnraumfördergesetz nicht wollen, und das Herumgewackel endlich beenden.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von CDU und FDP, es reicht nicht aus, sich permanent durch Ankündigungen mit den Problemen zu befassen. Die Menschen in Niedersachsen erwarten von Ihnen, dass Sie handeln. Aber Handeln scheint bei Ihnen beim Stichwort Wohnraumfördergesetz ein Fremdwort zu sein. Die Landesregierung träumt und verschläft den Wandel der Wohnungsmärkte, und zwar mutwillig.

(Glocke des Präsidenten)

Mit einschläfernden Geschichten über in Kürze einzubringende Vorschläge zum Wohnraumfördergesetz versuchen Sie, die Debatte abzuwürgen und gar nicht erst entstehen zu lassen. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.

Von uns liegt ein Antrag vor. Anträge von CDU, FDP oder Landesregierung? - Fehlanzeige! Ich will Sie an dieser Stelle ganz herzlich einladen: Wenn Sie es nicht schaffen, einen eigenen Antrag zu Papier zu bringen, dann schreiben Sie doch einfach bei uns ab! Das haben Sie doch auch in den letzten Jahren immer gut gekonnt - Stichworte: Freistellung von Kindergartenplätzen, Nichtraucherschutz und vieles mehr.

(Heinz Rolfes [CDU]: Da waren Sie wohl noch im Kindergarten, als Glo- gowski das Gesetz abgeschafft hat! Unglaublich!)

Beim Wohnraumfördergesetz lassen wir Sie gerne abschreiben. Vielleicht erwähnen Sie uns dieses Mal im Gegenzug als Ideengeber. Aber handeln Sie!

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN - Zurufe von der CDU)

- Bei Ihrem Geschrei wird man ja fast schwerhörig!

(Glocke des Präsidenten)

Frau Ross-Luttmann, damit Sie die Wohnraumförderung nicht weiter verschlafen, schenke ich Ihnen von der SPD-Fraktion diesen Wecker. Wachen Sie endlich aus dem Tiefschlaf auf

(Heinz Rolfes [CDU]: Eine Unver- schämtheit!)

und werden Sie Ihrer Verantwortung gerecht! Dafür haben die Menschen in Niedersachsen Sie gewählt, und dafür haben Sie Ihren Amtseid geleistet.

Vielen Dank.

(Starker, anhaltender Beifall bei der SPD und bei der LINKEN - Der Red- ner überreicht Ministerin Mechthild Ross-Luttmann einen Wecker - Heinz Rolfes [CDU]: Ein dummer Auftritt! Das war das Allerletzte! - Klaus Krum- fuß [CDU]: Wer hat Ihnen das bloß aufgeschrieben?)

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Dr. Max Matthiesen von der CDU-Fraktion. Ich erteile Ihnen das Wort.

(Zuruf von der SPD: Willst du auch ei- nen Wecker haben?)

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und lieben Kollegen! Lieber Kollege Brunotte, herzlichen Glückwunsch! Als junger Mann

(Zurufe von der SPD: Guter Mann!)

und Starter hier im Landtag haben Sie wirklich eine tolle Rede hingelegt.

(Starker Beifall bei der SPD und bei der LINKEN und Beifall bei der FDP)

Andere brauchen eine ganze Wahlperiode, um so viel Polemik zu entwickeln. Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte noch einmal auf die Beratung im Sozialausschuss eingehen. Wir haben gut, kurz und knapp beraten, wie es dem Antrag angemessen ist.