Protokoll der Sitzung vom 06.10.2010

Ich erteile der Kollegin von Below-Neufeldt von FDP-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Danke an Frau Ministerin Professor Dr. Wanka und das von ihr geführte Ministerium, das diesen Zukunftsvertrag frühzeitig vorbereitet hat! Damit war es möglich, dass er bereits Mitte Juni dieses Jahres mit den Hochschulen im Land Niedersachsen geschlossen wurde. Dieser Zeitpunkt war und ist gut gewählt; denn es wurde ein millionenschweres Paket geschnürt, das den Hochschulen einen Finanzrahmen für die nächsten fünf Jahre zusichert. Diese Sicherheit wurde den Hochschulen bereits vor der zweiten Haushaltsklausur gegeben, in der für andere Ressorts Sparmaßnahmen beschlossen wurden.

Das zeigt einmal mehr, dass die Niedersächsische Landesregierung einen Schwerpunkt auf Bildung nicht nur formuliert, sondern auch mit einem Aufwuchs der erforderlichen Mittel ausstattet.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Jährlich werden den Hochschulen durch den Zukunftsvertrag rund 1,69 Milliarden Euro an Haushaltsmitteln zur Verfügung gestellt. Das Ressort hat also richtigerweise auch an dieser Stelle einen Aufwuchs erfahren. Damit haben die Hochschulen ein hohes Maß an Planungssicherheit, und zwar bis 2015.

Die Hochschulen haben deshalb diesen Zukunftsvertrag sehr begrüßt, zumal das Land Niedersachsen auch die zu erwartenden Steigerungen im Besoldungs- und Tarifbereich berücksichtigt hat.

Bei uns in Niedersachsen können also gerade auch die Studierenden darauf vertrauen, dass an ihren Belangen nicht gespart wird.

Die Erhöhung der Personalkosten ist vorhersehbar und planbar. Verantwortungsvolle Politik zeigt sich daran, dass solche Mittel vorausschauend ausgewiesen sind. Niedersachsen setzt genau an dieser Stelle wichtige Signale.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Niedersachsen weist auch die Studienbeiträge bis 2015 für die Hochschulen aus. Auch dies ist wichtig für die Planungssicherheit und ein wichtiger Eckpfeiler für die Weiterentwicklung guter Studienbedingungen.

Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt: Die Beteiligung der Studenten ist eine Selbstverständlichkeit geworden.

Bei der sozialen Herkunft, Frau Dr. Andretta, ist übrigens Bremen Schlusslicht - ohne Studienbeiträge.

Die Hochschulen werden alles in allem also in ihrer Autonomie gestärkt. In den Hochschulen stehen einige neue Herausforderungen an. Eine ist der doppelte Abiturjahrgang im Jahr 2011. Die Hochschulen erweitern deshalb ihre Kapazitäten. Die erwarteten neuen Studierenden können ihr Studium hier in Niedersachsen beginnen. Der Zukunftsvertrag bietet den Rahmen für Innovationen, und da wird sich in Niedersachsen in den nächsten Jahren sicherlich viel Neues ergeben. Das ist bedeutsam; denn der Hochschulpakt umfasst auch die Exzellenzinitiative.

Zusammenfassend darf ich sagen: Der Zukunftsvertrag bringt nur Gewinner hervor. Das gilt für die künftigen Studierenden, für die Hochschulen selbst und natürlich auch für das Land, das so perspektivisch plant und Voraussetzungen für gute Bildung schafft.

Vielen Dank noch einmal! Der Zukunftsvertrag ist aus der Sicht der FDP-Fraktion sehr gelungen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich erteile der Kollegin Dr. Heinen-Kljajić das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Zukunftsvertrag ist erst einmal ein Erfolg für die Hochschulen nach dem Motto: Es hätte auch schlimmer kommen können. - Denn sie sind privilegiert, weil sie von den Haushaltskürzungen 2011 ausgenommen sind. Außerdem haben sie die Absichtserklärung in der Tasche, dass dies bis 2015 auch so bleiben soll.

Auf den ersten Blick ist das also eine kluge Entscheidung. Auf den zweiten Blick aber wird deutlich, dass das, was als Planungssicherheit für die nächsten Jahre gefeiert wird, in Wahrheit eine Reformbremse ist.

Herausforderung Nummer eins: Niedersachsen braucht mehr Studierende. - Die Länderstudie des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft, die meine Kollegin eben schon angesprochen hat, hat erneut bestätigt, was uns auch schon alle anderen Untersuchungen vorher attestiert haben: Niedersachsen befindet sich bei der Entwicklung bezüglich Studierendenzahlen, Studienanfängern und der sozialen Zusammensetzung der Studierenden in der Schlussgruppe des Ländervergleichs. Außerdem sind wir nach wie vor Exportmeister.

Der Hochschulpakt fängt im Wesentlichen lediglich eine einmalige Spitze zusätzlicher Studierender des doppelten Abiturjahrgangs auf, ändert also an dieser Grundsituation wenig.

Meine Damen und Herren, wenn wir auf diesem Niveau weitermachen, wird Niedersachsen vom zukünftig ansteigenden Fachkräftemangel stärker betroffen sein als andere Bundesländer; denn es gibt den geografischen Klebeeffekt zwischen Studienort und dem Ort, an dem man später ins Berufsleben eintritt. Alle Studien zur Wirtschaftsentwicklung konstatieren diesen engen Zusammenhang zwischen Bildungsangebot im Tertiärbereich und der volkswirtschaftlichen Entwicklungsdynamik.

Der Zukunftsvertrag aber behindert einen Ausbau unserer Hochschulkapazitäten, was uns in den nächsten Jahren noch teuer zu stehen kommen wird.

Meine Damen und Herren, beschämend ist vor allem, dass der Anteil der Studierenden aus einkommensschwachen oder bildungsfernen Elternhäusern in Niedersachsen von 2006 bis 2009 um 3 % weiter abgenommen hat und auch der Anteil der Bildungsinländer weiter sinkt. Ohne Öffnung der Hochschulen für neue Zielgruppen bleiben Anstrengungen zur Behebung des Akademikermangels sinnlos. Die im Zukunftsvertrag auf weitere fünf Jahre festgeschriebenen Studiengebühren und ihr Abschreckungseffekt auf Schulabgänger aus einkommensschwachen Haushalten bewirken eine fatale Fehlsteuerung.

Herausforderung Nummer zwei: Verbesserung der Studienbedingungen. - Hohe Abbrecherquoten und streikende Studierende im letzten Jahr haben deutlich gemacht, dass das Studium eher als Ankämpfen gegen Widrigkeiten erlebt wird denn als Förderung des akademischen Nachwuchses. Ohne zusätzliche Investitionen in einen Anreiz für bessere Lehre, in Qualitätsoffensiven in Sachen Hochschuldidaktik und in neue Lehr-Lern-Formen wird sich an dieser Situation nichts ändern.

Auch zentrale Empfehlungen der Arbeitsgruppe zur Weiterentwicklung des Bologna-Prozesses wie die flexiblere Handhabung der Regelstudienzeit im Bachelor oder die Ausdehnung von Wahlpflichtbereichen gibt es nicht zum Nulltarif. Auch hier beschreibt der Zukunftsvertrag folglich Grenzen statt Horizonte.

Unter dem Strich bleibt festzuhalten: Hinter dem Anspruch, zusätzlich in Bildung zu investieren, bleibt der Zukunftsvertrag weit zurück, weshalb wir ihn ablehnen werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich erteile dem Kollegen Perli für die Fraktion DIE LINKE das Wort.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Jetzt kommt der Weltoffene, der in Brandenburg studiert hat! Stimmt es, Herr Perli, ha- ben auch Sie Niedersachsen verlas- sen?)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um es gleich auf den Punkt zu bringen: CDU und FDP wollen die Unterfinanzierung an den Hochschulen beibehalten. Die Linke aber will, dass die Sparpolitik bei der Bildung endlich ein Ende findet.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Regierungsfraktionen stellen heraus, dass die Hochschulen mit dem Zukunftsvertrag zufrieden seien, weil sie nun bis 2015 die Landeszuschüsse verbindlich einplanen könnten. Diese Haltung der Hochschulleitungen kann jeder nachvollziehen, der sich noch daran erinnert, was an den Hochschulen los war, als diese Landesregierung, als CDU und FDP vor gut fünf Jahren 50 Millionen Euro aus dem Hochschuletat gestrichen hatten. Damals mussten ganze Hochschulen, Fachbereiche und Studiengänge geschlossen werden. Das wirkt bis heute nach. Bevor die Hochschulspitzen jetzt riskieren, dass sich erneut der Pleitegeier dieser Landesregierung auf sie stürzt, gehen sie lieber in Deckung und unterschreiben; denn - das ist auch der Untertitel dieses Vertragswerks - mehr ist von dieser Landesregierung sowieso nicht mehr zu erwarten.

Aber, meine Damen und Herren: Wir sind hier im Landtag, und hier muss benannt werden, wer die Leidtragenden dieser Politik sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Das sind erstens die Studierenden. Obwohl die Unzufriedenheit mit den Studienbedingungen regelmäßig überkocht, sollen sich die Studierenden darauf einstellen, dass in den nächsten fünf Jahren vom Land kein zusätzlicher Cent für die Verbesserung der Lehre zur Verfügung gestellt wird.

(Zuruf von Karl-Heinz Klare [CDU])

Das heißt dann aber auch, Herr Klare: Der Landeszuschuss pro Studierendem sinkt. Das ist die Politik von CDU und FDP.

Obwohl sich Niedersachsen mit den Studiengebühren zunehmend isoliert und mit dem schwarzgrünen Hamburg als Gebühreninsel übrigbleibt, sollen die Studiengebühren bis 2015 festgeschrieben werden. Dazu sage ich ganz klar: Wenn nach den nächsten Wahlen die Linke etwas mitzureden hat, dann werden diese Gebühren unverzüglich abgeschafft.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Mindereinnahmen werden den Hochschulen dann in voller Höhe aus dem Landeshaushalt kompensierend zur Verfügung gestellt.

(Zuruf von der CDU: Wer bezahlt das?)

Weitere Leidtragende sind zweitens die Beschäftigten. Das Land trägt zwar deren Tarifsteigerungen, doch sämtliche inflationsbedingte Kostensteigerungen sollen von den Hochschulen durch interne Einsparungen bei der Verwaltung erbracht werden.

Es ist also wieder einmal das nicht wissenschaftliche Personal in Technik und Verwaltung, das als Lückenbüßer herhalten muss. Dabei wurde es schon in den vergangenen Jahren durch Personalabbau und Arbeitsverdichtung unter verstärkten Druck gesetzt. Wieder einmal hat die Politik vergessen, dass es diese Beschäftigten sind, die den Laden am Laufen halten.

Nicht viel besser geht es drittens den Professoren und dem wissenschaftlichen Mittelbau. Wir wissen, dass die Studierendenzahlen in den kommenden Jahren deutlich ansteigen werden. Wir wissen auch, dass in vielen Studiengängen überfüllte Seminarräume und eine unzureichende Betreuung seit Jahren zum Alltag gehören. Doch anstatt nachhaltig für Verbesserungen zu sorgen und 200 zusätzliche Stellen für Nachwuchswissenschaftler zu schaffen, sollen die Professoren eine Stunde länger lehren. Das aber, meine Damen und Herren, fördert weder die Motivation der Wissenschaftler noch das Lernklima für die Studierenden.

Außerdem schwächt die Landesregierung viertens auch noch das Gemeinwohl, weil beim Hochschulbau privaten Kapitalinteressen mit ÖPP noch stärker die Tür geöffnet werden soll.

Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Der Zukunftsvertrag wird seinem Namen nicht ansatzweise gerecht. Anstatt die Hochschulen für die Zukunft zu stärken, werden die Zuschüsse im Kern für fünf weitere Jahre auf ohnehin niedrigem Niveau gedeckelt. Gleichzeitig haben die Hochschulen viel zu tun: steigende Anforderungen an die Infrastruktur, die Überarbeitung der Bachelor- und Masterstudiengänge und auch die Öffnung der Hochschulen für Berufstätige. - Deshalb lautet die entscheidende Botschaft dieses Zukunftsvertrages: Die Hochschulen müssen mit diesen Aufgaben allein fertig werden und dürfen in den nächsten fünf Jahren keine Unterstützung vom Land einfordern. Aus allen diesen Gründen, meine Damen und Herren, lehnt die Linke diesen Fünfjahresplan

der Landesregierung für die Hochschulen in diesem Land ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich erteile Frau Ministerin Professorin Wanka das Wort.