Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lustlos, mutlos, ideenlos - wenn man sich den ersten Haushalt dieser Landesregierung nach Bremervörde anschaut, hat man das Gefühl, dass ihr die Ideen für den Vollzug ausgegangen sind.
(Lebhafter Beifall bei der SPD - Heinz Rolfes [CDU]: Nicht frech werden! - Ulf Thiele [CDU]: Ist „lustlos, mutlos, ideenlos“ Ihr neues Mantra?)
Wir haben uns intensiv mit dem auseinandergesetzt - oder es zumindest versucht -, was wir vorgelegt bekommen haben, und einige Änderungen dazu beantragt. Dabei haben wir uns u. a. von VNSB und ver.di mit anregen lassen.
So haben wir zusätzliche Mittel in Höhe von 200 000 Euro für die Sozialtherapie mit in den Haushalt eingesetzt, weil wir meinen, dass die in Niedersachsen noch immer vorhandenen Wartezeiten auf einen Therapieplatz deutlich zu lang sind, und weil wir wissen, wie nachhaltig diese Form der Therapie ist.
Weitere 150 000 Euro stellen wir für den Wohngruppenvollzug in der Jugendanstalt Hameln ein - und für die Zahnmedizin weitere Haushaltsmittel.
1 Million Euro sehen wir für dringend benötigte Baumaßnahmen im Vollzug vor, weil wir wissen, dass die Anstalten in Niedersachsen sich auch in einem schlechten baulichen Zustand befinden.
Herr Busemann, schauen wir uns einmal die personelle Situation im Vollzug an. Hier will ich das, was mein Kollege Hans-Dieter Haase gerade schon allgemein dargestellt hat, noch einmal deutlich auf den Vollzug herunterbrechen. Wir haben im Vollzug Personalmangel.
Der VNSB hat dies in der Braunschweiger Zeitung vom 4. Dezember für die Jugendanstalt Hameln deutlich thematisiert. Allein im Hamelner Gefängnis gebe es 30 Mitarbeiter zu wenig. Wir haben deutlich zu hohe Krankenstände. Das lässt darauf schließen, dass etwas im Gesamtsystem nicht stimmt, Herr Busemann.
Wir haben auch das Problem, dass Perspektiven für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und hier vor allem für den allgemeinen Vollzugsdienst fehlen, weil Stellen für Hebungen fehlen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, aber der Gipfel ist eigentlich, wenn man sich jedes Mal hier hinstellt und die lobt, die ihren Dienst im Vollzug leisten, und ihnen zeigt, dass man sie im neuen Vollzug
eigentlich nicht mehr haben will. Ansonsten hätte man ihnen einen Platz in Bremervörde angeboten. Hier wird den Kolleginnen und Kollegen der Stuhl vor die Tür gesetzt, und man zeigt ihnen, was man in dieser Landesregierung eigentlich von ihrer Arbeit hält.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wünschen uns in Bezug auf Haftvermeidungsstrategien mehr. Herr Busemann, Sie haben sich in Osnabrück dafür loben lassen, dass bis Mitte 2010 5 000 Hafttage bei den Anlaufstellen im Zuge der Geldverwaltung eingespart werden konnten. Das bedeutet eine halbe Million Euro, die eingespart werden kann. Wir wünschen uns hier deutlich mehr.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir messen Sie an den Kennzahlen im Vollzug und nicht zwingend nur an den Haushaltsdaten. Aber eines ist spätestens bei Beantwortung der Großen Anfrage der Kolleginnen und Kollegen der Grünen auch klar geworden: Wir brauchen in Niedersachsen einen Politikwechsel. Nur dann lässt sich erfolgreicher Vollzug realisieren.
(Starker Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Ulf Thiele [CDU]: Das war eine leere Tü- te! Das war nichts! - Jens Nacke [CDU]: Sie hatten recht, Herr Kollege: Ein Glücksfall für uns!)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind beim letzten Tagesordnungspunkt. Ich habe mir deshalb vorgenommen, meine Redezeit nicht auszuschöpfen, und hatte das eigentlich auch mit dem Kollegen Haase besprochen. Ich spare mir deshalb allgemeine Ausführungen über die Bedeutung der Justiz; denn darin sind wir uns relativ einig.
Ich bin eigentlich auch davon ausgegangen, dass sich die Diskussion zum Bereich Justiz wohltuend von anderen Diskussionsbeiträgen des heutigen Tages unterscheiden könnte. Trotzdem sind auch
Sie etwas dem Reflex erlegen, dass Sie etwas kritisieren müssen, was einfach nicht zu kritisieren ist, wohl weil Sie meinen, dass das der Rolle der Opposition entspreche.
Meine Damen und Herren, die Menschen erwarten, wenn sie mit der Justiz in Kontakt kommen, von der streitigen Gerichtsbarkeit, dass sie ein überzeugendes, mithin ein qualitativ gutes Urteil bekommen. Sowohl bei der streitigen als auch bei der freiwilligen Gerichtsbarkeit erwarten sie, dass ihre Anträge schnell behandelt werden. Deshalb ist es ein Anliegen von CDU und FDP, dafür Sorge zu tragen, dass diese schnellen Entscheidungen in guter Qualität den Gerichten möglich sind.
Wir haben uns in den letzten Jahren dadurch ausgezeichnet, dass wir nie spektakulär, aber sehr kontinuierlich gehandelt haben. Wenn man in mehreren Jahren viele kleine Schritte macht, dann werden es verdammt große. Deshalb will ich Ihnen die Zahlen einmal nennen. Wir haben von 2006 bis 2010 in der Justiz insgesamt 154 neue Stellen geschaffen. Das wäre, wenn man sie in einem Jahr neu schaffen würde, ein Riesenklotz. Wir haben sie in fünf Jahren geschaffen und damit ein super Ergebnis erzielt.
Wir setzen das fort, indem wir auch in diesem Jahr 10 weitere Stellen in der Sozialgerichtsbarkeit schaffen werden, sodass wir dann insgesamt 164 neue Stellen geschaffen haben werden. Damit gewährleisten wir, dass die Arbeit an den Gerichten zeitnah vollzogen werden kann. Herr Kollege Haase, dabei kommt uns in der Tat zugute, dass wir daneben auch noch in vielen Bereichen sinkende Fallzahlen haben. Wir haben in der Zivilgerichtsbarkeit sinkende Fallzahlen, und wir haben in der Verwaltungsgerichtsbarkeit sinkende Fallzahlen. Ich kann mich noch an Diskussionen über den Wegfall des Widerspruches und die KassandraRufe, was das für die Verwaltungsgerichte bedeuten würde, nämlich dass sie in Arbeit absaufen würden, erinnern. Die Praxis zeigt: Das genaue Gegenteil ist der Fall.
Wir haben steigende Zahlen eigentlich nur im Bereich der Familiengerichte und im Bereich der Sozialgerichte, zu denen ich jetzt noch ein paar Sätze
sagen müsste. Das, was im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit passiert, muss uns wirklich erschrecken. Die Fallzahlen stagnieren nicht auf einem hohen Niveau. Sie gehen immer weiter hoch. Deshalb müssen wir dort immer wieder neue Richterstellen zur Verfügung stellen.
Man kann die Prognose wagen, dass wir mit einer Gesetzesänderung zum 1. Januar des nächsten Jahres möglicherweise wieder den einen oder anderen Anlass geben, dass jemand die Dinge überprüft haben möchte, sodass wir dort weitere Fallsteigerungen verzeichnen werden. Wenn etwas, worüber ich im Internet gelesen habe, wirklich eintritt, werden wir uns ernsthaft überlegen müssen, wie wir darauf reagieren. Es gibt im Internet eine Berichterstattung über die Bremer Montagsdemo. Die Bremer Montagsdemo fordert auf: Sozialgerichte schottern!
Ich finde, es ziemlich skandalös, so einen Aufruf im Internet mit dem Ziel zu starten, Massenverfahren - alle mit dem gleichen Inhalt: wegen einer Erhöhung um nur 5 Euro - anzuraten. Das ist natürlich auch recht bequem; denn das kostet nichts, weil die Sozialgerichtsbarkeit kostenfrei ist, und man kann auf die Art und Weise die Sozialgerichte mit Arbeit zuschütten. Ich will eines ganz deutlich sagen: Ich unterstütze jeden, der aus wirtschaftlichen Belangen berechtigterweise Kritik an einem Leistungsbescheid übt und deswegen das Sozialgericht anruft. Wir sind auch verpflichtet, diesen Menschen zeitnah zu helfen.
Aber ich wehre mich dagegen, wenn mit dem Begriff „Sozialgerichte schottern“ dazu aufgerufen wird, unser Rechtssystem zu missbrauchen.
Herr Kollege Haase, Sie haben gesagt, es sei ein Haushalt nach Kassenlage. Wenn das Ihr Hauptvorwurf ist, dann müssen wir uns natürlich Ihre Änderungsanträge daraufhin ansehen, ob ein so gravierender Unterschied besteht, dass man diesen Vorwurf nachvollziehen kann. Sie wollen - wie wir - zehn Sozialrichter. Sie wollen beim TäterOpferausgleich 200 000 Euro statt 50 000 Euro, die wir vorgesehen haben, und Sie wollen zusätzlich Hebungen im Wert von 480 000 Euro für den mittleren Dienst und im Bereich der Wachtmeister. Bei einem Ausgabevolumen von 1,1 Milliarden Eu
ro belaufen sich die Änderungsanträge auf 630 000 Euro. Vor diesem Hintergrund erklären Sie, unser Haushalt sei nach Kassenlage und Ihr Haushalt werde der Justiz gerecht.
Wir haben - eigentlich - große Sympathie für Ihren Antrag und würden ihn, wenn die Kassenlage es zulassen würde, in Bezug auf den mittleren Dienst -
(Hans-Dieter Haase [SPD]: Da ist sie wieder: Die Kassenlage! Wir müssen uns fragen, was uns die Justiz wert ist!)
- Sie sind Opposition und müssen die Änderungen deshalb auch nicht haushaltsmäßig darstellen - umsetzen und Stellenhebungen vollziehen. Das wäre in der Tat etwas, was wir für gerecht hielten. Wir haben dieses Thema in unserer Fraktion diskutiert und konnten es leider nicht realisieren - u. a. auch, weil uns die entsprechende Verordnung über die Stellobergrenzen zurzeit rechtlich daran hindert, es zu tun.
Sie haben von den Wachtmeistern gesprochen. Sie sind ein Jahr zu spät. Wir haben im letzten Jahr für den Bereich der Wachtmeister Stellenhebungen mit der Folge vorgenommen, dass es dort kein A 3 mehr gibt und dass wir die entsprechenden Hebungen nach A 4, A 5 und A 6 vorgenommen haben