Aber, meine Damen und Herren, nach dem Rausch kommt der Kater. Nach dieser Woche ist endgültig klar: Diese Landesregierung muss weg vom Steuer in Niedersachsen. Sie ist eine Gefährdung für die Allgemeinheit und gehört aus dem Verkehr gezogen.
Meine Damen und Herren von der CDU und von der FDP, ich will Ihnen jetzt die nüchternen Gründe dafür nennen, warum wir Ihren Haushaltsentwurf ablehnen.
Dieser Haushalt verlängert die angestauten Probleme in den Schlüsselfeldern der Landespolitik. Ich will das an zwei Aspekten der Kommunalfinanzen deutlich machen. Die Landesregierung trägt nämlich eine wesentliche Mitverantwortung dafür, dass es den Kommunen immer schlechter geht.
Trotz der konjunkturellen Belebung nimmt die Zahl der Bedarfsgemeinschaften, für die die Kommunen Kosten der Unterkunft erstatten müssen, zu. In der Region Hannover z. B. ist die Zahl der Bedarfsgemeinschaften von 60 000 auf fast 64 000 gestiegen.
Das heißt, dass die Kosten der Unterkunft in der Region Hannover im kommenden Jahr von 279 Millionen auf 302 Millionen Euro steigen werden. Dieser Anstieg der Zahl der Bedarfsgemeinschaften liegt daran, dass die positive statistische Entwicklung der Arbeitsmarktzahlen vor allem durch Niedriglohnjobs und Zeitarbeit erreicht wird und die Menschen zu Aufstockern werden.
Wo war eigentlich Ihre Verhandlungsposition zur Entlastung der Kommunen bei der Hartz-IV-Reform im Bundestag? - Da haben wir von Ihnen nichts gehört.
Noch schlimmer: Es ist ein Skandal, Herr Möllring, dass Sie die Bundesmittel zum Ausgleich der Kosten der Unterkunft offensichtlich nach Gutdünken verteilen. Um beim Beispiel der Region Hannover zu bleiben, in der 20 % der Bedarfsgemeinschaften in Niedersachsen leben: Dorthin werden nur 13 % der entsprechenden Bundesmittel weitergeleitet. Das ist ein weiteres Beispiel für Ihre unsolide Haushaltsführung. Die Linke lehnt eine solch willkürliche Mittelzuweisung nach parteipolitischen oder sonstigen sachfremden Kriterien ab.
Meine Damen und Herren, die Linke hat auch zu diesem Haushalt konkrete Schritte für eine bessere Ausstattung der Kommunen vorgeschlagen. Wir wollen die Zuweisungen im kommunalen Finanzausgleich als einen ersten Schritt um 350 Millionen Euro erhöhen. Wir haben in der Begründung deutlich gemacht, dass wir den kommunalen Finanzausgleich strukturell neu aufstellen wollen, sodass dann auch die von Herrn Dürr hier angemahnten 700 Millionen Euro für die Kommunen bereitgestellt werden.
Meine Damen und Herren, gut finanzierte kommunale Haushalte sind kein Selbstzweck, sondern die Voraussetzung für eine soziale Demokratie in Niedersachsen.
Vor Ort entscheidet sich der Zugang zu Bildung, die Möglichkeit zur Teilnahme am sozialen Leben, am Sportverein, an Kultur. Wer den Kommunen den Saft abdreht, wie es diese Landesregierung seit Jahren tut, der baut einen sozialen Schuldenberg auf.
Für uns als Linke steht im Mittelpunkt der Politik das Ziel, Niedersachsen sozial gerechter zu gestalten. Wir wollen den Kommunen helfen, soziale Teilhabe zu ermöglichen. An vielen Orten in Niedersachsen gibt es Bewegungen für Sozialtickets für den Nahverkehr und für vergünstigten Eintritt in soziokulturelle Einrichtungen wie Zoos oder Museen. Wir haben für den Haushalt Mittel beantragt, die die Kommunen beim Aufbau dieser Teilhabemöglichkeiten unterstützen sollen. Aber Sie verweigern sich dem. Wenn es nach Ihnen ginge, werden insbesondere arme Kinder weiter draußen bleiben müssen, wenn ihre Freundinnen und Freunde ins Kino, ins Theater oder in den Zoo gehen.
Meine Damen und Herren, gerade bei Kindern und Jugendlichen richten Sie mit Ihrer Bildungspolitik großen Schaden an. Mit Ihrer neuen Oberschule wollen Sie eine Stärkung der Integrierten Gesamtschulen verhindern. Sie wollen Druck aus dem Kessel des Widerstandes gegen Ihre Bildungspolitik nehmen. Die Oberschule führt aber genau wie Haupt- und Realschulen dazu, dass Kinder nach Klasse 4 auf unterschiedliche Schulformen verteilt werden und ihnen damit Bildungschancen geraubt werden.
(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung von Ursula Helmhold [GRÜNE] - Ulf Thiele [CDU]: Also noch einmal für alle: Sie fordern die Abschaffung der Gymnasien!)
Dabei steht die soziale Schere weit offen. An Gymnasien kommen 4 % der Kinder aus Hartz-IVFamilien. An Real- bzw. Hauptschulen sind es 23 % bzw. 28 %. Diese Spaltung wird auch Ihre Oberschule, die Sie gegenüber den anderen Schulformen bevorzugt behandeln wollen, nicht aufheben.
Meine Damen und Herren der Landesregierung und der Koalitionsfraktionen, hören Sie endlich mit der Blockade wirklich integrierter Schulformen auf. Aber statt einen Schulfrieden zu schließen, befindet sich Herr Althusmann unter der Belagerung der schulpolitischen Heckenschützen der FDP. Was wir von der FDP bildungspolitisch erlebt haben, unterstreicht die alte Erkenntnis: Extremistische Organisationen radikalisieren sich im Zerfall.
Wie können Sie solch einer radikalen Gruppe das Kommando in der Schulpolitik in Niedersachsen überlassen und dabei noch behaupten, mit denen seien Schulfriedensverhandlungen möglich?
(Christian Grascha [FDP]: Wer wird denn vom Verfassungsschutz beo- bachtet? Das sind doch sie, die Kommunisten und Extremisten in Ih- ren Reihen!)
Ihre Bildungspolitik verstärkt die soziale Spaltung. Wenn es so weitergeht, werden wir das letzte Land sein, das in Deutschland noch Studiengebühren nimmt. Warum bauen Sie als selbst ernannte Wettbewerbsspezialisten den niedersächsischen Hochschulen eigentlich einen fetten Wettbewerbsnachteil im Wettbewerb um die besten Köpfe ein? - Wir sagen: Studiengebühren sind unsozial, lösen die Finanzprobleme der Universitäten nicht und benachteiligen niedersächsische Universitäten. Sie gehören abgeschafft, und zwar sofort!
(Beifall bei der LINKEN - Christian Dürr [FDP]: Eine interessante Einstel- lung zur Demokratie, Frau Flauger! Der Rechtsstaat ist Ihnen vollkommen egal!)
Meine Damen und Herren, Niedersachsen braucht eine soziale Erneuerung und eine ökologische Perspektive. Beides, Herr Thümler, ist von CDU und FDP nicht zu erwarten.
Wirtschaftliche Entwicklung und Ökologie müssen zusammen gedacht werden. Ich will Ihnen zwei Programme nennen, die diesen Gedankenansatz ganz konkret umsetzen: ein Obstprogramm an allen Schulen und ein Milchprogramm an allen Grundschulen, wie es die Linke in den Haushalt eingebracht hat. Damit fördern wir regionale Wirtschaftskreisläufe mit existenzsichernden Erzeugerpreisen und damit die Produzenten von Milch und Obst in Niedersachsen, und wir stellen sicher, dass alle Kinder diese wichtigen Nahrungsmittel täglich erhalten.
Ein sozial gerechter Haushalt ist möglich. Er wäre die Voraussetzung für ein neues, für ein soziales, für ein demokratisches Niedersachsen.
Wir wollen ein Land, in dem jeder und jede am öffentlichen Leben teilhaben kann. Wir wollen ein Land, dessen Regierung im Bundesrat eine laute und deutliche Stimme für ein anderes Steuersystem ist, das Vermögende und Kapitalgesellschaften endlich mit zur Finanzierung des Staates heranzieht.
Es wird Zeit für die Wiedereinführung der Vermögensteuer, einer Börsenspekulationsteuer und einer Erbschaftsteuer, die eine echte Reichensteuer ist.
Wir wollen ein Land, das konsequent gegen Lohndumping vorgeht, und dessen Regierung nicht in sittenwidrig niedrige Lohnzahlungen verwickelt ist,
wie das bei Frau Grotelüschen möglich scheint. Gute Arbeit verdient gute Löhne. Deswegen sollte Niedersachsen an vorderster Front für einen flächendeckenden Mindestlohn streiten, den die Linke schon seit Jahren fordert.
Mit Ihnen ist all das nicht zu machen. Ihr Finanzminister schreibt mit der von ihm veranlassten Steuerflucht der Hannoverschen Beteiligungsgesellschaft nach Groß Berßen lieber das erste Kapitel seines Buches „Tausend ganz legale Steuertricks für die öffentliche Hand“.
(Beifall bei der LINKEN - Ulf Thiele [CDU]: Das gehört aber schon noch zu Niedersachsen! Das wissen Sie!)
Die Quittung für Ihre Politik und diesen Haushalt werden Sie im September bei den Kommunalwahlen bekommen. Von uns bekommen Sie schon heute eine Ablehnung Ihres Haushalts. Damit Sie gar nicht erst sagen, das sei ja klar und Linke seien sowieso immer dagegen: