Protokoll der Sitzung vom 19.06.2013

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Janssen-Kucz. - Zu Wort gemeldet hat sich unser Innenminister. Herr Pistorius, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines vorweggeschickt: Ich bin ein ausgesprochener Freund der niedersächsischen Jägerschaft,

(Zustimmung bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der CDU)

auch wenn ich selber nicht zur Jagd gehe. Ich habe viele Freunde, Bekannte und Verwandte, die

das regelmäßig tun, und ich teile die hier in großen Teilen geäußerte Auffassung über die hochgradig wertvolle Arbeit vieler Jägerinnen und Jäger in diesem Land.

(Ansgar-Bernhard Focke [CDU]: Wir nehmen Sie einmal als Treiber mit!)

- Treiben lasse ich mich lieber woanders: hier.

(Heiterkeit bei der CDU und der FDP - Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Als Trei- ber sollen Sie ja selber treiben!)

- Ja, aber Treiben ist blöd.

Ganz ernsthaft: Wir reden über eine Jägerschaft, die viel Gutes und Wertvolles leistet: im Naturschutz, in der Vorbeugung von Krankheiten in der Natur. Das ist alles gesagt. Gleichzeitig ist das Jagen aber auch eines der schönsten Hobbys, die man haben kann. Keine Frage: Es ist auch ein Hobby. In vielen Bereichen werden auch Erträge mit den erlegten Strecken erzielt. Auch das ist in Ordnung.

Aber darum geht es hier doch im Kern überhaupt nicht. Aus unserer Sicht, aus meiner Sicht geht es im Kern um etwas ganz anderes.

(Jens Nacke [CDU]: Reich wird man mit der Jagd nicht!)

- Das hat auch keiner gesagt. - Es geht um die simple Frage: Was tun Sie mit diesem Gesetzentwurf?

Die erste Frage ist bereits zweimal gestellt worden - auf die Antwort bin ich gespannt -: Warum fordert die Opposition jetzt etwas, was sie bis vor vier Monaten selber hätte auf den Weg bringen können, aber nicht auf den Weg gebracht hat?

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das ist eine interessante Frage: Wenn Ihnen das ein solches Herzensanliegen war und ist, warum haben Sie es nicht getan? - Ich vermute, dass der 20. Januar eine Rolle gespielt hat. Man wollte nicht, dass in den Kommunen der Eindruck entstehen könnte, man sei gar nicht so kommunalfreundlich, wie man gelegentlich den Eindruck zu erwecken bemüht ist.

Deswegen, meine Damen und Herren, glaube ich, in aller Deutlichkeit darauf hinweisen zu müssen: Dieser Gesetzentwurf ist ein Eingriff in die individuelle Autonomie, in die Finanzhoheit der Land

kreise und der kreisfreien Städte in Niedersachsen - nicht mehr und nicht weniger.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie alle kennen das Wort von Konrad Adenauer: „Was stört mich mein Geschwätz von gestern?“ Sie scheinen nach dem Motto zu verfahren: Was stören mich meine Redebeiträge von heute Morgen, als es um die Situation der Kommunen und um das Verhältnis zwischen Land und Kommunen ging?

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Nach der Debatte von heute früh verlangen Sie hier ernsthaft, den Kommunen per Gesetz knapp 3 Millionen Euro Steuereinnahmen wegzunehmen! Das ist nicht kommunalfreundlich, das ist zutiefst kommunalfeindlich.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Johanne Modder [SPD]: Abenteuerlich!)

Deswegen, meine Damen und Herren, ist es wichtig, darauf hinzuweisen: Dieser Gesetzentwurf ist falsch, dieser Gesetzentwurf ist kommunalfeindlich. Lassen Sie es mich in einem Satz ausdrücken, um den Kontrast deutlich zu machen: Diese Landesregierung ist kommunalfreundlich, wir sind kommunalfreundlich - wir sind die Guten.

Danke.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU: Oh! - Jens Nacke [CDU]: Es belastet natür- lich die Kritikfähigkeit, wenn man sich selbst für die Guten hält!)

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung dieses Gesetzentwurfes.

Der Gesetzentwurf soll zur federführenden Beratung dem Ausschuss für Inneres und Sport sowie zur Mitberatung dem Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen überwiesen werden. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Das ist die Mehrheit.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 21: Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Informationsfreiheit in Niedersachsen - Gesetzentwurf der Fraktion der FDP - Drs. 17/278

Für die Einbringung erteile ich das Wort Dr. Marco Genthe, FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Viele Bürger haben ein berechtigtes Interesse, sich im Vorfeld politischer Entscheidungen zu informieren, um sich eine qualifizierte Meinung bilden zu können.

Die Verfasser des Grundgesetzes haben zu Recht in Artikel 5 formuliert, dass jeder sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert unterrichten darf. Eine moderne Verwaltung sollte daher danach streben, die Zugänglichkeit zu Informationen, die Transparenz und damit die Akzeptanz des Verwaltungshandelns zu erhöhen.

Auch die Politik sollte ein Interesse daran haben, dass Entscheidungsprozesse verstanden und am Ende auch akzeptiert werden. Bereits jetzt gibt es vielfältige Auskunfts- und Beteiligungsrechte der Bürger sowie Veröffentlichungspflichten der Behörden. Allerdings ist Niedersachsen derzeit eines von fünf Bundesländern, die über kein Informationsfreiheitsgesetz verfügen.

Aus diesem Grund hat die FDP-Fraktion Ihnen den Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Informationsfreiheit in Niedersachsen vorgelegt.

(Zustimmung bei der FDP)

Zweck des Gesetzes ist es, den freien Zugang zu den bei verschiedenen Stellen vorhandenen Informationen zu gewährleisten. Die grundlegenden Voraussetzungen werden festgelegt, unter denen die entsprechenden Daten zugänglich gemacht werden.

Das Gesetz begründet einen umfassenden Anspruch der Bürger und juristischer Personen auf Informationszugang gegenüber den niedersächsischen Landesbehörden - übrigens anders als es heute teilweise in der Presse berichtet wurde - und juristischen Personen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen oder dazu beliehen wurden.

Nicht in die staatliche Organisation eingegliederte Körperschaften des öffentlichen Rechtes - z. B. Religionsgemeinschaften - sind ausgenommen. Selbstverständlich sind auch Gerichte, Strafverfolgungs- und Vollstreckungsbehörden ausgenommen, soweit sie als Organe der Rechtspflege tätig geworden sind. Spezielle Regelungen gibt es zudem für den Verfassungsschutz und für den Landtag, insoweit er im Rahmen der Gesetzgebung tätig geworden ist.

Der Informationsanspruch erfolgt unter Beachtung des Datenschutzes, insbesondere des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen und des Schutzes von persönlichen Daten. Die Anforderungen an das Auskunftsersuchen eines Bürgers wurden bewusst niedrig gehalten. Der Antrag muss lediglich schriftlich gestellt werden und hinreichend bestimmt sein. Er kann auch elektronisch übersandt werden. Ist er bei der zuständigen Stelle eingegangen, muss innerhalb eines Monats entschieden werden.

Meine Damen und Herren, für uns gilt der Grundsatz, dass nicht die Bürgerin oder der Bürger sich rechtfertigen müssen, wenn sie eine Auskunft begehren, sondern dass der Staat sich rechtfertigen muss, wenn er sie verweigern will.

(Zustimmung bei der FDP)

Nur so stärkt man die Transparenz und damit die Akzeptanz von demokratischen Entscheidungsprozessen.

Meine Damen und Herren, wir schlagen Ihnen eine bürgerfreundliche Lösung vor, die sowohl den modernen Kommunikationsmöglichkeiten als auch dem Datenschutz gerecht wird. Wir haben zudem eine Lösung gefunden, die am Ende auch verwaltungstechnisch handhabbar ist.

Meine Damen und Herren, gestern habe ich der Presse entnommen, dass die Regierung unsere Initiative aufgenommen hat. Das ist löblich.

(Grant Hendrik Tonne [SPD]: Lesen Sie mal unseren Koalitionsvertrag, Herr Kollege!)

Allerdings will sich die Regierung mit dem Gesetz noch ein Jahr Zeit lassen. Das, meine Damen und Herren, ist Regierungshandeln auf Sparflamme.

(Zustimmung bei der FDP)

Dieser Gesetzentwurf könnte im normalen parlamentarischen Verfahren bereits in Kraft sein, während die Regierung noch am Referentenentwurf strickt. Wir laden Sie daher ein, auf Basis unseres Entwurfes zu beraten und zu beschließen.