Protokoll der Sitzung vom 09.06.2016

Die niedersächsischen Sicherheitsbehörden sind an verschiedensten Stellen aktiv, um dieser Bedrohung entgegenzuwirken und die Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Vor diesem Hintergrund wurden auch der polizeiliche Staatsschutz im Landeskriminalamt Niedersachsen und die Polizeidirektion personell deutlich aufgestockt.

Ebenso treiben wir die Islamismusprävention entschlossen voran. So gibt es seit 2014 eine Präventionsstelle zu politisch motivierter Kriminalität, PMK. Es besteht auch eine starke und ressortübergreifende Vernetzung mit anderen Akteuren in diesem Bereich.

Sehr ernst nehmen wir auch die Zahl der politisch motivierten Straftaten, die im vergangenen Jahr bundesweit und auch in Niedersachsen angestiegen ist. So wurden im Vergleich zum Vorjahr 8 % mehr derartige Vorfälle registriert. Es gab 110 Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte, davon waren 90 rechts motiviert. Wenn wir das mit den Zahlen in diesem Jahr vergleichen - das nur als Randnotiz -, dann zeigt sich, dass bis Mai dieses Jahres

schon 44 Übergriffe zu verzeichnen waren, und zwar bei deutlich zurückgegangenen Flüchtlingszahlen. Man kann also wahrhaftig nicht von einer Korrelation der beiden Entwicklungen sprechen. Dieser Trend ist besorgniserregend, und wir müssen ihm weiter entschieden entgegenwirken.

Was die Anzahl der Straftaten angeht, so wurden im vergangenen Jahr laut PKS insgesamt 568 470 Straftaten erfasst. Dies waren 2,8 % mehr als im Vorjahr. Dabei muss man allerdings zwei Dinge berücksichtigen. Erstens liegt die Zahl der Straftaten im Zehnjahresvergleich nicht auf einem besonders hohen Niveau. Zweitens befindet sich darunter eine hohe Zahl sogenannte ausländerrechtlicher Verstöße, was z. B. heißen kann - und in der Regel heißt -, dass jemand illegal eingereist ist bzw. sich illegal bei uns aufhält. Dies soll an dieser Stelle ausdrücklich nicht relativiert werden. Aber es erklärt sich eben im Gesamtkontext des Jahres 2015, in dem wir die bekannten Besonderheiten bei der Flüchtlingszuwanderung hatten.

Ließe man diese Verstöße unberücksichtigt, ergäbe sich eine Steigerung der Zahl der Straftaten um etwa 1 %, wobei sich auch die Aufklärungsquote leicht verbessert hat. Sie lag zuletzt bei etwas über 61 %.

Eine andere Herausforderung ist die Einbruchskriminalität. Sie ist zuletzt bundesweit und auch in Niedersachsen deutlich angestiegen - trotz der bereits erheblichen Anstrengungen der Polizei. In Niedersachsen konnte die Polizei zwar jeden fünften Einbruch aufklären, was deutlich mehr ist als im Bundesdurchschnitt, allerdings müssen wir alle hierbei weiter aktiv sein, da die Aufklärung in diesem Bereich bekanntlich sehr schwierig ist.

Herr Adasch, wenn Sie darauf verweisen, dass wir auf unsere Aufklärungsquote hinweisen, die deutlich höher ist als der Bundesschnitt, und Sie darauf verweisen, dass nach der Studie des Kriminologischen Instituts aber die Verurteilungsquote bei uns niedriger ist, dann gilt das natürlich auch für die Länder, in denen die Aufklärungsquote bei 12 oder 13 % liegt. Also bleibt es dabei, dass wir in dem Bereich etwas besser sind.

Eine wichtige Maßnahme besteht dabei darin - das lässt sich nicht wegdiskutieren -, die technischen Schutzmaßnahmen zu erhöhen. Wir wissen, dass sich mit guten Schutzmaßnahmen das Einbruchsrisiko verringern lässt. Die Statistik weist auf, dass unter 100 Einbrüchen knapp 40 sind, die nicht zu Ende geführt werden konnten. Das wissen wir. Die Einbrecher sind in diesen Fällen im Stadi

um des Einbruchsversuchs stecken geblieben. Das heißt, ein wirksamer Schutz verhindert Einbrüche. Daher sind auch weiterhin - unabhängig von allen polizeilichen Anstrengungen und Maßnahmen, die wir verstärken werden - alle Ansätze zu prüfen und zu unterstützen, die den Einbau von Sicherungstechnik fördern.

Herr Adasch, ich bin nicht dafür verantwortlich, wenn nicht richtig gelesen wird. Ich habe schon damals immer wieder davon gesprochen, dass es um die Förderung von Neubauten gehe, vielleicht sogar um die Verpflichtung, bei Neubauten entsprechende Sicherungsmaßnahmen in Erwägung zu ziehen. Mir wurde dann vorgehalten, das gebe es schon längst. Darauf habe ich geantwortet: Ja, für Bestandsbauten. - Deshalb sind wir längst auf dem Weg und werden das in der nächsten Woche bei der IMK erörtern, eben diese Förderung auf Neubauten auszudehnen, weil es notwendig, sinnvoll und im Übrigen auch viel preiswerter ist.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Was sagt die Bauministerin dazu?)

Deswegen werde ich mich im Rahmen der anstehenden Innenministerkonferenz dafür einsetzen, dass wir das auf den Weg bringen. Zuständig sind andere Ressorts.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung setzt sich auch an vielen anderen Stellen nach Kräften dafür ein, die Polizei in Niedersachsen zu stärken und für die Zukunft optimal aufzustellen. Schon heute ist die Polizei personell und materiell so gut aufgestellt wie nie zuvor - ob Sie es nun hören wollen oder nicht. Wir haben aktuell so viele Stellen für die Polizei wie noch nie zuvor in der Geschichte des Landes. Sie haben die letzte Landesregierung gestellt, die 100 Stellen einsparen wollte, nicht wir.

(Thomas Adasch [CDU]: Wer hat denn das 1 000er-Programm durchge- führt?)

Wir haben heute so viele Polizeianwärterinnen und -anwärter in der Ausbildung wie zuletzt Anfang der 80er-Jahre.

(Beifall bei der SPD)

Das ist kein Zufall. Das ist das Ergebnis des Handelns dieser Landesregierung und damit eben vor allem auch der sie tragenden Fraktionen. Hören Sie auf, immer wieder zu unterstellen, irgendeine

Fraktion in diesem Haus habe ein Problem mit der niedersächsischen Polizei!

(Jens Nacke [CDU]: Das ist keine Un- terstellung, das ist eine Feststellung!)

- Lassen Sie uns weitermachen; das ist dann etwas interessanter für Sie.

So haben wir zum 1. April 2016 einen zweiten Einstellungstermin für Polizeinachwuchskräfte eingeführt, nachdem die Vorgängerregierung - nur zur Erinnerung - diesen Einstellungstermin noch eingespart hatte. Diese sogenannten 150 Vorratseinstellungen, mit denen wir auch den Folgen des demografischen Wandels entgegensteuern, wollen wir auch in den nächsten Jahren fortsetzen, sodass sich diese bereits in den nächsten Jahren bis 2018 auf 450 Einstellungen bemessen.

Auch mit unserer neuen IT-Strategie werden wir Polizistinnen und Polizisten sukzessive von ITAufgaben entlasten. Wir reden hier über bis zu 300 Beschäftigte in Vollzug und Verwaltung, die dann wieder in den klassischen Polizeidienst einsteigen können, weil die jeweiligen IT-Aufgaben von ITN übernommen werden. Dieser Veränderungsprozess soll auch genutzt werden, um freiwerdendes Personal in anderen Bereichen der Polizei einzusetzen.

Wir planen außerdem, im Doppelhaushalt 2017/18 noch weitere Verbesserungen für die Polizei im personellen Bereich umzusetzen. So wird es künftig wieder die Heilfürsorge mit einer Eigenbeteiligung für alle Polizistinnen und Polizisten geben.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wir werden auch die Zulage für den Dienst zu ungünstigen Zeiten anheben - längst überfällig und auch von Ihnen über Jahre vernachlässigt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Sehr gut! - Zuruf von der SPD: Sehr gut!)

Dies ist ein weiterer wichtiger Beitrag, um die damit verbundenen Belastungen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch mehr wertzuschätzen.

Lassen Sie mich noch etwas zu der Frage sagen, warum denn hier das eine und dort das andere gesagt wird. Die Große Anfrage wurde beantwortet, bevor in der Landesregierung die Entscheidung fiel, dass wir die freie Heilfürsorge einführen. So einfach ist die Erklärung. Da muss man doch

keine Verschwörungstheorien fabulieren. Das hilft keinem.

Meine Damen und Herren, diese Entscheidung ist getroffen. Wir werden das umsetzen. Die Polizei und die Gewerkschaften freuen sich. Alle - bis auf Sie - sehen, dass sich diese Landesregierung der Herausforderungen im Polizeibereich nicht nur vollauf bewusst ist, sondern sie auch angeht und kontinuierlich an Lösungen arbeitet und wirksame Antworten bereits auf den Weg gebracht oder umgesetzt hat.

Dies haben wir entschlossen und aus der Überzeugung heraus getan, obgleich sich z. B. im Kontext der Flüchtlingssituation enorme, zusätzliche finanzielle Anforderungen in allen Teilen der Landesverwaltung ergeben haben.

Wir bewegen uns also durchaus in einem finanziellen Spannungsfeld, aber wir werden dennoch weiter konsequent auf Verbesserungen im Polizeibereich hinwirken. Dabei werden wir auch in Zukunft - das ist mir besonders wichtig - den engen Austausch fortsetzen, den wir z. B. auch über die eingangs erwähnte regelmäßige Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterbefragung bei der Polizei pflegen. Auf dieser Basis entstehen ganzheitliche, tragfähige Entscheidungen - nicht mit Schnellschüssen, wie Sie zum Teil schon reflexhaft, wie man sagen muss, aus Ihren Reihen, von der Opposition, gefordert werden.

Vielen Dank für das Zuhören.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. - Wir setzen die Besprechung fort. Es spricht jetzt für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Jan-Christoph Oetjen. Herr Oetjen, bitte sehr!

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Polizeigewerkschaften und die - - -

(Thomas Adasch [CDU] zu Minister Boris Pistorius: Irgendwann fällt Ihnen Ihre Arroganz noch auf die Füße!)

Herr Adasch, Sie sind nicht dran. - Herr Oetjen, fangen Sie noch einmal an.

Das ist kein Problem.

(Thomas Adasch [CDU] spricht mit Minister Boris Pistorius)

Herr Adasch, lassen Sie die Dialoge! So oder so, es bringt nichts. - Herr Minister! - Herr Oetjen, bitte!

Die Polizeigewerkschaften und die Mitarbeitervertretungen der Kolleginnen und Kollegen bei der Polizei schlagen Alarm, meine sehr verehrten Damen und Herren; denn die Kolleginnen und Kollegen fühlen sich überlastet.

Das ist eines der Ergebnisse aus Ihrer Mitarbeiterbefragung, sehr geehrter Herr Minister. Ich glaube, dass das Anlass zur Sorge sein muss und Anlass dafür, dass wir in der Politik darüber nachdenken müssen, wie wir die Kolleginnen und Kollegen bei der Polizei angesichts der vielen Aufgaben, die in der letzten Zeit auf sie zugekommen sind, entlasten können.

Es ist eine der vornehmsten Aufgaben, die Sie sich, sehr geehrter Herr Minister, vornehmen sollten, zu prüfen, wie die Belastung der Kolleginnen und Kollegen, des einzelnen Kollegen, tatsächlich runtergefahren werden kann.

Ausweislich der Großen Anfrage der CDU-Fraktion bzw. Ihrer Antwort darauf haben wir 1,4 Millionen Überstunden. Das sind umgerechnet etwa 800 Vollzeiteinheiten, d. h. Polizistinnen und Polizisten, die in Niedersachsen aufgrund der Überstunden, die angehäuft worden sind, fehlen.

Vor diesem Hintergrund ist die von Ihnen in der Antwort auf die Große Anfrage noch einmal deutlich getätigte Aussage, dass Sie die von CDU und FDP geforderten 1 000 zusätzlichen Stellen für zu kurz gesprungen halten, eigentlich doch ein Schlag in das Gesicht der Kolleginnen und Kollegen.

Genau das ist doch die richtige Antwort, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir den Personalkörper der Polizei dauerhaft aufstocken, damit wir mehr Kolleginnen und Kollegen bei der Polizei haben, die bei der Aufklärung von Straftaten tätig sind und für den Bürger tatsächlich da sind. Das müsste das richtige Signal sein, das wir hier vom Landtag aus geben, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Sie haben in Ihrer Antwort deutlich gemacht und sagen es auch hier schon wieder: Wir haben hier die höchsten Ausbildungszahlen, die das Land Niedersachsen jemals hatte. - Ja, das stimmt auch. Es ist auch gut, dass es so ist. Es wäre eine Katastrophe, wenn es nicht so wäre. Denn wir haben in den nächsten Jahren auch die höchsten Personalabgänge bei der Polizei, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Thomas Adasch [CDU]: So ist es!)