Protokoll der Sitzung vom 09.06.2016

(Johanne Modder [SPD]: Wer die Ar- beit erschwert, wissen wir, glaube ich!)

Erst gestern haben Sie einen Gesetzentwurf zum Versammlungsrecht in die Verbandsanhörung gegeben. Uns liegt der Entwurf noch nicht vor; daher können wir uns ein Bild nur aus Ihrer Pressemitteilung machen. Danach sollen polizeiliche Befugnisse bei Versammlungen reduziert werden, um so ein bürgerfreundliches Versammlungsrecht zu schaffen. - Als wenn es dieses nicht schon gäbe!

(Angelika Jahns [CDU]: Das ist un- glaublich!)

Die Neue Presse kommentierte hierzu - Zitat -: „Was muss da jetzt noch einfacher werden? Wer fehlt denn noch, weil er bisher nicht demonstrieren

darf?“ Überschrieben ist das mit dem Kommentar: „Eine Politik aus vergangenen Zeiten“.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Dr. Gero Hocker [FDP] - Angelika Jahns [CDU]: Super Kommentar!)

Wieder einmal werden Vorurteile der Grünen gegen die Polizei bedient. Ansonsten werden Polizei und Bürger vertröstet.

Wenn Sie schon nicht auf uns hören wollen, Herr Minister, dann hören Sie doch zumindest endlich einmal darauf, was die Praktiker vor Ort, die Berufsvertretungen Ihnen sagen. Verweigern Sie den niedersächsischen Polizeigewerkschaften nicht länger einen runden Tisch, und finden Sie endlich nachhaltige Antworten auf die drängenden Herausforderungen unserer Polizei! Dazu gehören die genannten Themen wie Besoldung, Beförderungssituation, Heilfürsorge, aber dazu gehört auch, wie man mit der Polizei umgeht, welche rechtlichen Rahmenbedingungen man ihr an die Hand gibt.

Herr Minister, es ist für uns nur schwer erträglich, dass Sie diesen ganzen Unsinn Ihres Koalitionspartners - Beschwerdestelle, Kennzeichnungspflicht, Polizeipferde, Polizeihunde - immer wieder mittragen und sich nicht entscheidend auf die Seite der Polizei stellen.

(Johanne Modder [SPD]: Es gab ein- mal in Ihren Zeiten einen Innenminis- ter, der hat gar nicht mit der Polizei gesprochen! Was erzählen Sie denn da?)

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Adasch. - Jetzt kommt nach Maßgabe unserer Geschäftsordnung die Landesregierung zu Wort. Ich erteile Herrn Innenminister Pistorius das Wort. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Adasch, vorab die Bemerkung: Ich differenziere sehr wohl zwischen den Forderungen von Parteien, Fraktionen und Jugendverbänden. Einigen schließe ich mich an, und anderen verweigere ich sehr deutlich meine Zustimmung; erst gestern und heute wieder. Wenn Sie da nicht im Plenarsaal waren, tut es mir leid; sie sollten hier aber schon bei den Realitäten bleiben.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Die Rede hatte er vorher ge- schrieben!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die CDUFraktion hatte bereits im vergangenen September eine vergleichbare Große Anfrage gestellt. - Ich bin gespannt, wie die dritte lauten wird. - Deshalb möchte ich zunächst einmal feststellen: Ja, es ist gar keine Frage, die Polizei steht wie auch schon in den vergangenen Jahren vor großen Herausforderungen. Und ich betone ebenfalls erneut und aus voller Überzeugung: Die Polizistinnen und Polizisten in Niedersachsen nehmen sich dieser Herausforderungen außerordentlich engagiert an. Sie leisten großartige Arbeit. Dafür gebührt ihnen unser großer Dank und unser aller Anerkennung.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Landesregierung hat die Arbeitsbelastung nach wie vor sehr aufmerksam im Blick. Die Landesregierung ist bereits an vielen Stellen tätig geworden, um darauf wirksam zu reagieren. Dafür war es uns, um dies zu betonen, auch wichtig, den engen Dialog mit allen Berufsvertretungen wiederzubeleben und zu stärken. Ich brauche keine Aufforderung von Ihnen, Herr Adasch, runde Tische zu führen, wenn ich regelmäßige Gespräche mit den Berufsvertretungen und Gewerkschaften führe.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich treffe mich regelmäßig persönlich mit den Vorsitzenden der Berufsvertretungen und unterstütze den Austausch auf allen Ebenen der Polizei. Ich versichere Ihnen: Wir als Landesregierung setzen uns sehr ernsthaft mit den einzelnen Argumenten auseinander, die in diesem Dialog vorgetragen werden.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, wie Sie wissen, wurde unter dieser Landesregierung die erste periodische Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterbefragung sämtlicher Beschäftigten der Landespolizei eingeführt. Den Mut, das zu tun, hatten Sie in zehn Jahren nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Ergebnisse werden derzeit unter starker Einbindung - unter starker Einbindung! - eben dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf allen Ebenen

ausgewertet. Einige wesentliche Ergebnisse nenne ich Ihnen an dieser Stelle gerne noch einmal.

Bezogen auf die alltägliche Arbeitsbelastung, gaben 58,9 % der Befragten an, sie seien genau richtig belastet. 25,4 % sprachen von einer Überforderung. Dem stehen allerdings 15,7 % gegenüber, die sich unterfordert fühlen.

(Ulf Thiele [CDU]: Beides ist nicht gut, Herr Minister!)

- Es ist leider in großen Organisationen so, Herr Thiele, dass nicht immer alle gleich belastet sind.

(Ulf Thiele [CDU]: Spielen Sie das bloß nicht herunter!)

Das ist in jedem Parlament so, das ist in jedem Ministerium so. Sie müssen die Ergebnisse einer Befragung, auch wenn sie nicht Ihren Präjudizen und Ihren Annahmen entsprechen, ernst nehmen. Verflixt und zugenäht! Das ist eine eindeutige Ansage.

(Ulf Thiele [CDU]: Das darf doch nicht wahr sein, dass Sie das herunterspie- len!)

- Ich spiele das nicht herunter. Ich nehme die 25 % sehr ernst. Ich bin nur froh, dass die Polizei in Niedersachsen nicht so weinerlich ist, wie Sie sie darstellen meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD - Ulf Thiele [CDU]: Das ist unglaublich! - Jens Na- cke [CDU]: Seien Sie doch nicht im- mer so nervös, Herr Minister! Ihnen tut doch keiner was!)

- Das mit der Nervosität hatten wir gestern schon, Herr Nacke. Das lassen wir lieber.

Auf die Unterschiede zwischen den Begrifflichkeiten „Anforderungen“, „Beanspruchung“ und „Arbeitsbelastung“ weise ich an dieser Stelle nochmals hin. Das eine ist nicht das Gleiche wie das andere. Dieser Punkt wurde bereits in der Beantwortung der Großen Anfrage der CDU aus dem vergangenen Jahr ausführlich dargestellt.

Erneut hat die CDU-Fraktion auch das Thema der länderübergreifenden Unterstützungseinsätze angesprochen. Hier gab es im vergangenen Jahr in der Tat einen besonders intensiven Einsatz, und zwar beim G-7-Gipfel im bayrischen Elmau. Das zeigen schon diese Zahlen: Von den 471 000 Einsatzstunden, die unsere Bereitschaftspolizei im vergangenen Jahr in anderen Ländern geleistet hatte, entfielen alleine 221 000 auf die Unterstüt

zung für Bayern bei der Durchführung des G-7Gipfels, also ein ganz großer Anteil.

Ich möchte dazu zwei Aspekte grundsätzlich betonen.

Erstens. Unsere Bereitschaftspolizei, die in Elmau aufgrund ihrer herausragenden Kompetenz in einem Kernbereich des Einsatzes eingesetzt war, hat entscheidend dazu beigetragen, dass die Lage insgesamt erfolgreich bewältigt werden konnte. Sie hat also eine äußerst professionelle Arbeit geleistet, für die ich ihr sehr dankbar bin, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Im Übrigen, Herr Adasch, sind die Überstunden, die Sie vorhin genannt haben, nicht aus dem Nachtragshaushalt gezahlt worden, sondern aus der Erstattung des Bundeslandes Bayern. Von daher wäre es gut, wenn wir das an der Stelle richtigstellen könnten.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zweitens kann ich nur davor warnen, am Solidaritätsgedanken des Artikels 35 des Grundgesetzes zu zweifeln.

Die gegenseitige Unterstützung der Länder ist für uns alle sehr wichtig.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Ohne diese Solidarität wäre es allen Ländern schlichtweg nicht möglich, derart herausragende Einsatzlagen zu bewältigen, die eine hohe Zahl an polizeilichen Einsatzkräften erfordern. Elmau ist dafür nur ein Beispiel. Ebenso hat auch Niedersachsen in der Vergangenheit immer wieder profitiert. Ich erinnere hier nur an die zahlreichen Castoreinsätze, deren Überstunden in den Bereitschaftszeiten, wie Sie ja wissen, erst von uns bezahlt wurden, nachdem Sie sich jahrelang massiv geweigert haben.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

So viel zu Ihrem Umgang mit den Polizeibeamtinnen und -beamten.

Oder ich erinnere an den Besuch des US-Präsidenten bei der Hannover Messe im April. Auch dabei war deutlich geworden, wie wichtig dieser Solidaritätsgedanke ist und wie wichtig es ist, sich aufeinander verlassen zu können.

Letztlich ist die gegenseitige Unterstützung also unverzichtbar und gleicht sich zudem über die Jahre an verschiedenen Stellen aus. So hatten wir in diesem Jahr bis zum Stichtag 19. Mai 2016 insgesamt 28 Unterstützungsleistungen der Bereitschaftspolizei Niedersachsen in anderen Ländern. Dies waren nur zwei weniger als im Vorjahr. Allerdings sieht die Lage bei den Einsatzstunden ganz anders aus. Hier waren es zum Stichtag gut 90 000 Stunden in diesem Jahr - gegenüber rund 180 000 zum Stichtag des Vorjahres. Es gibt also eine sehr unterschiedliche Intensität bei den einzelnen Einsätzen und damit auch bei den sich ergebenden Einsatzstunden.

Lassen Sie mich nun noch auf einige Herausforderungen eingehen, die sich im Einzelnen stellen. Dazu zählt ohne Zweifel der Islamismus. Deutschland ist erklärtes und tatsächliches Ziel islamistisch motivierter Gewalt. Das trifft auf das gesamte Bundesgebiet sowie auch auf deutsche Einrichtungen und Interessen im Ausland zu. Die anhaltend hohe abstrakte Gefährdungslage im Zusammenhang mit dem islamistisch geprägten Terrorismus stellt auch die niedersächsischen Polizeibehörden weiterhin vor hohe Anforderungen, z. B. bei der Durchführung der erforderlichen Ermittlungen in Strafverfahren bzw. bei Gefahrenermittlungen und auch bei der Erarbeitung und Umsetzung von Bekämpfungs- und Präventionskonzepten mit islamistischem Bezug.

Die niedersächsischen Sicherheitsbehörden sind an verschiedensten Stellen aktiv, um dieser Bedrohung entgegenzuwirken und die Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Vor diesem Hintergrund wurden auch der polizeiliche Staatsschutz im Landeskriminalamt Niedersachsen und die Polizeidirektion personell deutlich aufgestockt.