Protokoll der Sitzung vom 09.06.2016

Wenn ein Feuerwehrbedarfsplan für die Kommunen verpflichtend wäre, würden wir in der einen oder anderen Kommune über einen Investitionsstau reden. Allein aufgrund der Fahrzeugentwicklung in den vergangenen Jahren sind meines Erachtens zukünftig Investitionen in die Feuerwehrgerätehäuser nötig. Es ist ein immenser Bedarf vorhanden.

(Beifall bei der CDU)

Auch zur Frage nach der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Ehrenamt hätte ich mir mehr Mut und Eigeninitiative gewünscht. Die Plakette „Partner der Feuerwehr“ und die gemeinsame Erklärung der Handelskammer und der Handwerkskammer sind ohne Zweifel wichtig und haben hohe Bedeutung. Aber darauf dürfen Sie und wir uns nicht ausruhen. Sagen Sie den Feuerwehrkameraden, wie sie ihr Engagement besser mit ihren beruflichen Verpflichtungen unter einen Hut bringen können!

Ich glaube, die Feuerwehrkameradinnen und -kameraden, aber auch die Arbeitgeber erwarten von uns Vorschläge und eventuell auch Anreize. Also: Lassen Sie uns nach Möglichkeiten suchen, wie beispielsweise bei der Stellenbesetzung im öffentlichen Dienst Feuerwehrkameradinnen und -kameraden bevorzugt behandelt werden können!

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Klaus-Peter Bachmann [SPD])

Ich bin der festen Überzeugung: Wenn die öffentliche Hand bei diesem Thema vorangeht, werden auch die privaten Arbeitgeber folgen. Ich bin ebenfalls der festen Überzeugung, dass engagierte Feuerwehrkameradinnen und -kameraden gute Mitarbeiter und für jedes Unternehmen und jede Verwaltung eine Bereicherung sind.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, gravierende Mängel sind bei der Ausbildungssituation in den Feuerwehren erkennbar. Die Zahlen belegen, was uns die Brandmeister und der Landesfeuerwehrverband seit fast zwei Jahren sagen. Wer von Ihnen in den vergangenen Monaten bei den Feuerwehren zu Besuch war, weiß, dass für die Kameraden vor Ort wirklich nur ein einziges Thema zählt: Wann bekommen wir endlich unsere Lehrgänge?

(Beifall bei der CDU)

Dieser Unmut war auch beim Verbandstag des Landesfeuerwehrverbandes vor zwei Wochen in Otterndorf, aber auch beim Parlamentarischen Abend des Landesfeuerwehrverbandes in diesem Jahr und auch schon im Jahr 2015 zu hören; ebenfalls beim Jubiläum der NABK vor ein paar Wochen in Celle-Scheuen.

Der Präsident des Landesfeuerwehrverbandes formuliert das immer sehr freundlich, wie ich finde. Aber es brodelt bei dem Thema in den Wehren. Da müssen wir handeln!

Die Feuerwehrkameradinnen und -kameraden schauen nicht nur heute auf uns, sondern sie erwarten von uns ein Handeln und Verbesserungen bei der Lehrgangsversorgung. Wir haben uns im Innenausschuss auf gemeinsame Grundsätze für eine gute Ausbildung bei den niedersächsischen Feuerwehren verständigt. Ich bin den Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen sehr dankbar dafür, dass sie unsere Ergänzungswünsche aufgenommen haben. Wir haben im Interesse eines gemeinsamen Antrages darauf verzichtet, Forderungen zu stellen, die Rot-Grün nicht mittragen würde.

Es gibt für uns einen ganz wesentlichen Punkt. Wir wollen eine gemeinsame Entschließung, die wir als Signal gegenüber den Feuerwehrkameradinnen und -kameraden in ganz Niedersachsen aussenden können: Der Niedersächsische Landtag ist sich bei diesem Thema einig! - Das muss hier am Ende des Tages stehen. - Wir wollen eine Entschließung mit konkreten Forderungen, nicht aber Loblieder auf die Landesregierung, die nicht angebracht sind.

(Ulrich Watermann [SPD]: Nein?)

Was ist konkretisiert worden?

Erstens die Realisierung des ersten Bauabschnitts des Bildungs- und Trainingszentrums in Scheuen bis spätestens 2020 statt voraussichtlich 2020, zweitens die beschleunigte Planung des zweiten Bauabschnitts und die Realisierung im Anschluss an den ersten Abschnitt. Das heißt für uns, dass sämtliche Planungen und die Einholung aller erforderlichen Genehmigungen parallel zum ersten Abschnitt laufen müssen und nicht erst beginnen, wenn der erste Abschnitt fertig ist. Somit kann nämlich gleich im Anschluss am zweiten Abschnitt weitergearbeitet werden.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Klaus-Peter Bachmann [SPD])

Darüber hinaus fordern wir nunmehr gemeinsam die Landesregierung auf, ein zwischen allen Akteuren abgestimmtes Personalgewinnungskonzept für die NABK aufzulegen, welches folgende Punkte beinhaltet: Attraktivitätssteigerung für den Dienst der Ausbilder in der NABK, die Möglichkeit, mithilfe der entsprechenden Haushaltsmittel Nachteile wie die spätere Pensionierung oder die fehlende Möglichkeit der Ableistung bezahlter Mehrarbeit auszugleichen, gemeinsam mit dem Fachbeirat eine noch stärkere Kooperation zwischen den niedersächsischen Werksfeuerwehren, den Berufsfeuer

wehren und der NABK zu entwickeln mit dem Ziel, temporär Ausbilder für die NABK zu gewinnen und den Austausch von Beamtinnen und Beamten zwischen Berufsfeuerwehr und der NABK für beschränkte Zeiträume zu erreichen und zu institutionalisieren.

Ich persönlich würde mir wünschen, dass es zu einer Übernahme der Heilfürsorge kommen könnte, wie dies der Innenminister für den Polizeibereich angekündigt hat.

Meine Damen und Herren, klar muss jedoch sein, dass diese Einigung nur ein kleiner Erfolg sein kann und keinen Meilenstein darstellen wird. Vielmehr wird es noch einige Zeit brauchen, bis unsere Forderungen und Beschlüsse umgesetzt sind bzw. Wirkung zeigen.

Es bleibt wohl dabei, dass auch am Ende der Wahlperiode drei von zehn Anträgen auf notwendige Lehrgänge negativ beschieden werden. Dies, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ist für mich schwer zu ertragen.

(Beifall bei der CDU - Angelika Jahns [CDU]: Nicht zu fassen!)

Schon der erste Blick auf das Zahlenwerk zeigt, warum diese Maßnahmen immer noch zu kurz greifen. So zeigt die Antwort auf Frage 7 deutlich auf, wie groß die Lehrgangsdefizite bei Gruppen- und Zugführern sind. 1 660 Zugführern oder 7,6 % fehlt der notwendige Lehrgang. 6 000 ausgebildete Gruppenführer oder 27,5 % sind indes bereits über 50 Jahre alt. 760 Zugführer - das sind rund 10 % - müssen ihre Funktion ebenfalls ohne ausreichende Ausbildung ausüben, während 2 700 oder 36,7 % der Zugführer im Alter von über 50 Jahren von der Notwendigkeit einer zügigen Nachwuchsgewinnung zeugen. Die mangelnde Versorgung der Führungskräfte mit Lehrgängen bedeutet in der Praxis, dass Einsatzleitern zum Teil die rechtlichen Voraussetzungen für die Einsatzleitung fehlen. Auch fehlen ihnen die in den Lehrgängen vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben uns im Innenausschuss von der Einrichtung eines Akademiebeirates an der NABK überzeugt, der dazu beitragen soll, die Lehrgangssituation zu verbessern und die organisatorischen Verbesserungen zügig zu implementieren. Diesen Vertrauensvorschuss wird dieses neue Gremium jedoch verlieren, wenn sich nicht zeitnah konkrete Verbesserungsvorschläge einstellen. Ohne ein Zeichen der Wertschätzung und der Anerkennung für die Lage

der Ausbilder an der NABK werden zügige qualifizierte Verbesserungen nur schwer realisierbar sein.

(Beifall bei der CDU)

Eines muss daher ganz klar sein: Es wäre nicht hinnehmbar, wenn die ersten Aufschläge des Beirates auf 2018 verschoben würden.

Herr Innenminister, Sie haben mit der Beantwortung der Großen Anfrage zum wiederholten Mal die Gelegenheit verpasst, den Feuerwehren ein Signal der Wertschätzung und Anerkennung zu senden. Statt für einen mutigen Zeitplan mit konkreten Verbesserungsvorschlägen noch in dieser Wahlperiode haben Sie sich für ein Verwalten des Stillstandes entschieden. Und das ist sehr, sehr, sehr bedauerlich.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb lautet mein Appell: Greifen Sie den Impuls des gemeinsamen Antrags zur guten Ausbildung für Niedersachsens Feuerwehren auf! Beweisen Sie den Lerneffekt bei den bevorstehenden Beratungen zum Rettungsdienst- und zum Katastrophenschutzgesetz, und schließen Sie diesen Prozess mit einer sinnvollen Novellierung des Brandschutzgesetzes ab, die mehr beinhalten sollte als nur ein paar rot-grüne Farbtupfer! Lassen Sie bitte auch Forderungen des Landesfeuerwehrverbandes aus dem Berliner Papier einfließen! Die Feuerwehren werden es Ihnen danken, und wir werden sie konstruktiv dabei begleiten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Schönen Dank, Herr Fredermann. - Jetzt hat sich der Herr Minister zu Wort gemeldet. Herr Minister Pistorius, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich begrüße bei dieser Gelegenheit die Vertreter der Geschäftsstelle des Landesfeuerwehrverbandes, Herrn Sander und Herrn Buchheister, und, weil vorhin versäumt, an dieser Stelle auch noch einmal den GdP-Landesvorsitzenden Dietmar Schilff. Ich freue mich, dass Sie alle heute hier sind.

(Beifall)

Bevor ich auf die einzelnen Fragen, die in der Großen Anfrage der CDU-Fraktion formuliert worden sind, eingehe, will ich noch eines vorwegschicken. Mindestens darüber, aber auch über einiges andere sind wir uns sicherlich einig: Wir alle gemeinsam - das gilt vor allem für die Landesregierung - sind den Feuerwehren in Niedersachsen außerordentlich dankbar für die hervorragende Arbeit, die sie tagtäglich leisten.

(Beifall)

Das gilt für die freiwilligen Feuerwehren genauso wie für die Berufs- und die Werksfeuerwehren, und vor allem gilt dies für die Einsätze, die im Alltag geleistet werden, genauso wie für die speziellen Herausforderungen z. B. beim Elbehochwasser 2013 oder auch bei der Aufnahme der vielen Flüchtlinge im vergangenen Jahr.

Wir haben dabei eines immer ganz deutlich gesehen: Auf die Feuerwehr ist Verlass. Das ist nicht so selbstverständlich, wie es aussieht, zumal die Anforderungen immer weiter gestiegen sind. Es besteht daher kein Zweifel: Die Feuerwehrmänner und -frauen in Niedersachsen machen einen überaus engagierten, einen hervorragenden Job. Dafür danke ich ihnen auch persönlich von ganzem Herzen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Natürlich ist es auch so, dass bei der Feuerwehr an einigen Stellen der Schuh drückt. Das ist so. Ich finde, man muss die Probleme offen benennen, nicht zuletzt deshalb, um Lösungen für die jeweiligen Probleme finden zu können. Das vordringlichste Problem ist zunächst der demografische Wandel. Der Bevölkerungsrückgang macht sich in einigen Regionen besonders deutlich bemerkbar, z. B. in Südniedersachsen. Dies trifft natürlich auch die Feuerwehren genauso wie nahezu alle anderen Bereiche unserer Gesellschaft.

Wenn wir uns die Mitgliedszahlen ansehen, dann stellen wir hier zwar einen leichten Rückgang fest. Es zeigt sich aber auch, dass das Modell Feuerwehr auch bei der aktuell jungen Generation attraktiv bleibt. Was bedeutet das konkret? - Wir hatten im Jahr 2014 124 585 aktive Mitglieder in den freiwilligen Feuerwehren in Niedersachsen. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies einen leichten Rückgang. Es waren aber wiederum mehr Aktive als noch im Jahr 2012. So hatten wir im Jahr 2013 knapp über 125 000 freiwillige Feuerwehrleute, während es 2012 noch gut 124 000 waren.

Das alles ist aber kein Grund zur Entwarnung, gerade nicht im Hinblick auf die künftige Bevölkerungsentwicklung. Wir werden deshalb die Auswirkungen des demografischen Wandels nicht nur beobachten, sondern auch weiter dynamisch und stringent darauf reagieren.

Umso erfreulicher ist es, dass es in Niedersachsen immer mehr Kinder- und Jugendfeuerwehren gibt. In der Fünfjahresübersicht verzeichnen wir hier eine konstante Steigerung bei der Anzahl der Kinder- und Jugendfeuerwehren. Jeder, der einmal eine Kinderfeuerwehr in Aktion erlebt hat, weiß, was sich dort abspielt und wie viel Spaß das macht. Ein großartiges Modell, das sich in jeder Hinsicht bewährt.

Während es im Jahr 2009 noch 315 Kinderfeuerwehren in Niedersachsen gab, waren es in 2014 bereits 709. Die Zahl der Jugendfeuerwehren erhöhte sich im gleichen Zeitraum von 1 949 auf zuletzt 1 966. Das sind wichtige Zeichen, die deutlich machen, dass unsere Feuerwehren Zukunft haben.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich betone es noch einmal: Das bedeutet nicht, dass sich irgendjemand auf diesen erfreulichen Zeichen ausruhen könnte oder dürfte. Die Landesregierung ist deshalb an vielen Stellen aktiv, um die Feuerwehren bei der Mitgliedergewinnung zu unterstützen. Ich nenne hier zunächst das sogenannte Patenkonzept, das den Übergang von der Jugendfeuerwehr in die aktive Wehr erleichtern soll. Das ist ein Punkt, bei dem wir noch besser werden können. Es gibt hier noch einiges an Potenzial, das wir nutzen sollten. So gab es im Jahr 2014 2 467 Übergänge aus der Jugendfeuerwehr in die aktive Wehr. Das waren gut 100 mehr als im Vorjahr. Es waren leider aber auch etwas weniger als z. B. 2012.

Unser Konzept setzt hier an, indem es den Jugendlichen einen Paten aus der aktiven Feuerwehr an die Seite stellt. Der Pate unterstützt wiederum dabei, in der aktiven Wehr Fuß zu fassen. Auf diesem Weg wollen wir dafür sorgen, dass mögliche Austrittsgründe von Nachwuchskräften gar nicht erst auftreten.

Ich nenne außerdem die Imagekampagne „Ja zur Feuerwehr“. Diese Kampagne dient dazu, eine aktive Feuerwehr für die Sicherheit, aber auch das örtliche Zusammenleben als sehr wertvoll immer wieder ins Bewusstsein zu rufen. Sie erinnert dabei insbesondere daran, dass diese Feuerwehrstruktur eben nicht so selbstverständlich ist, nur weil sie

uns alltäglich begegnet, sondern sie wird erst durch freiwilliges Engagement aus der Bevölkerung möglich.

Wir haben diese Kampagne in den letzten Jahren in mehrfacher Weise weiterentwickelt. Wir sprechen dabei gezielt Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund an. Diesen Menschen ist - das ist nun mal so - das Feuerwehrmodell in Deutschland nicht vertraut. Es gibt bei ihnen aber dennoch Bereitschaft, sich aktiv zu engagieren. Wir setzen deshalb auch schon bei den Jugendlichen mit Migrationshintergrund an. Dazu haben wir in Osnabrück z. B. das Pilotprojekt „Firefighter Friends“ gestartet. Dieses Modell werden wir evaluieren und bei entsprechendem Erfolg als Landesprojekt fortsetzen, meine Damen und Herren.

Ich selbst halte diesen Weg für vielversprechend. Der demografische Wandel bedeutet schließlich auch, dass unser Land vielfältiger wird. Diese Entwicklung sollten wir uns unbedingt auch als Potenzial für unsere Feuerwehren nutzbar machen. Das ist unser gemeinsamer Auftrag.