Protokoll der Sitzung vom 10.06.2016

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren, ich kann nur noch einmal an Sie alle appellieren: Lassen Sie doch den Minister antworten und seine Antworten entwickeln, und unterbrechen Sie ihn nicht! Ob Ihnen die Auskünfte gefallen oder nicht, brauchen Sie hier nicht zu bekunden. Sie wissen ja, welcher Weg da notfalls angesagt ist. Aber Sinn der Aktion ist: Der eine fragt, und der andere soll antworten.

(Christian Dürr [FDP]: Ja, soll!)

- Ja, Herr Dürr, aber Sie sind hier nicht das Jüngste Gericht.

(Helge Limburg [GRÜNE] lacht - Her- mann Grupe [FDP]: Aber die Idee hat was!)

- Da sind wir ja auch noch davor.

In diesem Sinne: Herr Jan-Christoph Oetjen stellt die nächste Frage. Bitte!

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Mal se- hen, ob die beantwortet wird!)

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Meyer, Sie sprechen sich ja dafür aus, dass es eine Regulierung in der Mengenproduktion bei der Milch gibt. Vor dem Hintergrund, dass es eine solche Regulierung schon einmal gegeben hat, frage ich Sie: Wie bewerten Sie denn eigentlich die Tatsache, dass in 31 Jahren Existenz der Milchquote der Auszahlungspreis für die Bauern um bis zu 20 Cent geschwankt hat? Und woran mag das aus Ihrer Sicht wohl gelegen haben, wo es doch eine Regulierung der Mengenproduktion gab?

(Zustimmung bei der FDP)

Danke, Herr Kollege. - Herr Minister, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Noch einmal: Wir wollen keine neue Quote. Die Quote ist auch keine Mengensteuerung und kein mengenregulierendes System. Die alte Quote, die es gab, war eine europaweite Obergrenze, ein Deckel, der jedes Jahr nach einem bestimmten Schema immer um ungefähr 1, 2, 3 % angehoben wurde - egal, wie der Preis war.

Sie haben natürlich recht: Das hat nicht zu einer Senkung der Menge geführt. Wenn man in einer Tiefpreisphase ist, wäre ja die marktwirtschaftliche Logik, die Menge zu senken, aber die Menge war so, wie sie immer war, und sie stieg dann immer quasi um ein paar Prozentpunkte. Deswegen lehnen wir dieses alte Quotensystem ab. Wir haben aber auch immer gesagt: Wir brauchen einen neuen Kriseninterventionsmechanismus, der kurzfristig und befristet auf solche Notlagen reagiert. Denn wir haben einen fast abgeschotteten europäischen Markt; wir haben hohe Verbraucher-, Tierschutz-, Umwelt- und Qualitätsstandstandards in Europa, und wir haben eine Verantwortung dafür, dass unsere Milchbauern zu kostendeckenden Preisen produzieren können.

Die Zahlen des Beratungsrings haben übrigens ergeben - Beispiel war die Gunstregion für Milchviehhaltung Aurich -, dass unsere Betriebe im Schnitt 49 Cent pro Liter bekommen müssten, um ihre Kosten für Mitarbeiter, Tiere usw. zu decken, wenn es keinerlei Förderungen gäbe. Durch die Agrarzahlungen, die wir dankenswerterweise ha

ben, sind es dann die geschätzten ungefähr 40 Cent. Aber uns muss klar sein: Wenn wir in Europa weiterhin eine flächendeckende Milchviehhaltung haben wollen, dann müssen wir auch zu besseren Preisen kommen. Die Übermenge ist sehr gering - 2, 3 % in der EU. Und die würde nach Einschätzung aller Experten ziemlich schnell dazu führen, dass die Landwirte wieder Preise bekommen, von denen sie leben können.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Danke schön, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Hilbers, CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass die Agrarpolitik von Agrarminister Meyer in den vergangenen Jahren die Landwirtschaft mit erheblichen Auflagen und zusätzlichen Einschränkungen konfrontiert hat, warum man nicht in dieser wirtschaftlich schwierigen Zeit wenigstens darauf verzichtet, aufwendige Auflagen zu erlassen, und dazu übergeht, einige Auflagen zurückzunehmen, um die Wettbewerbsfähigkeit niedersächsischer Landwirte zu stärken.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Hans-Joachim Janßen [GRÜ- NE]: Konkretisieren Sie mal, welche Sie meinen!)

Danke schön. - Herr Minister, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, wir nehmen Rücksicht auf die Lage der Milchviehhalter.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Wo denn?)

- Zum Beispiel bei der Düngeverordnung. Dazu tragen wir im Bundesrat entsprechende Äußerungen vor - die standen gestern auch in der HAZ. Der Bund will ausschließlich und mit einer Vehemenz die Grünlandregionen in Niedersachsen, die Weidehalter bestrafen, indem er mal eben den Anrechnungsfaktor des Kuhfladens fast verdoppelt. Wir sind uns mit allen Bauern darüber einig, dass das ein Unsinn ist.

(Christian Dürr [FDP]: Es geht um Ihre Auflagen!)

Wir setzen uns im Interesse der übergroßen Zahl unserer Milchbauern dafür ein, dass dieser - so nenne ich es mal vorsichtig - Unsinn nicht kommt, den der Bund da plant. Denn wenn diese Auflage vom Bund käme, wenn der Kuhfladen, den die Kuh draußen macht, einfach höher angerechnet würde, dann müsste ein Bauer, der z. B. 100 Kühe draußen hat, fast die doppelte Fläche nachweisen - und das bei den Pachtpreisen, die wir hier haben.

Wir haben in Niedersachsen in einzelnen Regionen Probleme im Grundwasser; wir haben sie aber nach unseren Informationen nicht in den Grünlandregionen, in den Gunstregionen, bei den Kühen auf der Weide - man kann da auch nicht zu viele Kühe hinstellen; das weiß man doch. Da ist die Überproduktion auch nicht so möglich.

Liebe FDP, Sie sprechen ja immer die hohen Kosten der Düngeverordnung an. Aber wenn dieses Instrument so kommt, dann trifft das die Milchbauern viel, viel mehr als jede Auflage, die wir vermeintlich gemacht hätten, die uns als Land untergeschoben wird. Aber Beispiele kommen da ja auch nicht. Ich kann Ihnen nur sagen: Wir setzen gerade zugunsten der Milchviehhalter viele Erlasse usw. aus. Ich habe mich gerade mit dem Finanzministerium geeinigt, dass wir die anstehenden Pachtpreiserhöhungen für die Milchviehbetriebe auf Landesflächen aussetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Helge Limburg [GRÜNE]: Sehr gut! - Zurufe von der CDU und von der FDP)

Denn da gibt es immer Anpassungen an die Preisentwicklung. Wir geben zusätzlich Hilfen über die NLG. Wir sehen also wirklich zu, dass wir jedem Betrieb helfen.

Niedersachsen hat eine 100-Millionen-Euro-Grünlandprämie, die sogenannte Ausgleichszulage Wir haben eine Weideprämie, die wir jetzt noch einmal ausweiten. Wir stocken die Bioprämien auf. Das sind alles Entlastungen. Wir fördern übrigens jetzt auch mittelständische und kleinere Molkereien, die Qualitätsmarken entwickeln sollen.

Wir müssen uns als Niedersachsen doch einmal fragen: Wir haben von allen Bundesländern die meisten Kühe auf der Weide - absolut und prozentual. Was wird hier getrunken? - Bayerische Marken konventioneller Milch mit hohen Preisen, die erzielt werden, weil suggeriert wird, es finde eine

ökologische Tierhaltung statt. Aber in Bayern stehen die meisten Kühe in Anbindehaltung in engen Ställen. In Niedersachsen haben wir die beste Haltung.

(Beifall bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Unter anderem, weil wir in die Höfe investiert haben!)

Deshalb bin ich froh, dass wir uns jetzt mit dem Bauernverband, mit den Molkereien und Umweltverbänden auf Standards für Weidemilch geeinigt haben. Es kann ein Qualitätsvorteil Niedersachsens sein, auch auf dem europäischen Markt, wenn wir sagen: Wir sind die Grünlandregion Nummer eins; wir haben die Tiere auf der Weide. - Das wollen wir fördern. Dann kommt noch mehr Geld bei den Milchbauern an. Das wäre das richtige Modell.

Herr Dürr, eine große Molkerei wie Ammerland hat gesagt: Wir steigen jetzt auf Bio um. In dieser Woche hat eine andere Molkerei einen Molkereistandort im Landkreis Wittmund übernommen, der im Dezember Pleite gegangen war, und hat - Sie können die Meldungen verfolgen - gesagt: Wir machen jetzt eine zweite Biomolkerei in Niedersachsen auf, retten den Standort, retten die Arbeitsplätze dort.

Also: Bio und Weide sind eine Perspektive. Das sollten Sie nicht diskreditieren. Denn die Biopreisentwicklung ist ja anders als die im konventionellen Bereich.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustim- mung bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Wir sind unverändert bei der Anfrage zum Thema Milch. Die wird auch weiterbearbeitet werden. Aber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ministerien, die sich auf die Fragen 2 und folgende eingestellt haben, können wir, weil es schon 10.12 Uhr ist, sagen: Diese werden nicht mehr aufgerufen werden. Sie können sich also anderen Dingen zuwenden.

Wir setzen fort. Es folgt der Abgeordnete Hans-Joachim Janßen, Bündnis 90/Die Grünen. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung, welche Ergebnisse sie von der Sonder-AMK im Juli dieses Jahres erwartet.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Herr Minister, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dem Gipfel, an dem ich ja nicht teilgenommen habe, waren sich alle Länderagrarminister einig, dass es der Bundesminister nicht schafft, die Probleme zu lösen. Deshalb wurde gleich danach vom jetzigen Vorsitzenden der Agrarministerkonferenz, Till Backhaus, zeitnah, für den Juli, eine Sonderagrarministerkonferenz der Länder einberufen, und zwar nicht in Mecklenburg-Vorpommern und auch nicht in Berlin, sondern dort, wo die Entscheidung zu treffen ist: in Brüssel. Der EUAgrarkommissar Hogan wird eingeladen, auch der französische Agrarminister Le Foll, der ja gerade diese Maßnahmen unterstützt, um aus erster Hand zu hören, dass wir für eine europäische Lösung sind.

Gestern, glaube ich, ist die Mehrheit für eine Sonder-AMK erreicht worden. Sie wird also stattfinden. Wenn es ein zweites Hilfspaket, weitere Hilfsmaßnahmen seitens der EU und der Bundesebene gibt, erwarten wir, dass diese ganz strikt daran gekoppelt werden, dass sie zur Mengenreduzierung beitragen. Das wäre wirklich wichtig. Weidehaltung bzw. Grünland jetzt etwas mehr zu fördern, wäre auch ein vernünftiger Vorschlag. Und wir haben auch gesagt: Wir haben nicht mehr viel Zeit. Wir fordern die EU auf, die in den Artikeln der Gemeinsamen Marktordnung vorgesehene Notbremse jetzt zu ziehen und eine befristete obligatorische entschädigungslose Mengenreduzierung vorzunehmen. Davon hätten alle Bauern in Europa etwas.

Ich denke, dass dieser parteiübergreifende Konsens der Länder richtig ist. Wir können nicht weiter abwarten. Wir können nicht noch einmal 1 oder 2 Milliarden Euro Verlust bei den Milchbauern generieren. Damit hätten wir keinen Strukturwandel, sondern wir hätten einen Strukturbruch. Wenn 5 % oder 10 % der Milchbauern aufgeben, gibt es in fünf Jahren nur noch die Hälfte der Betriebe, und das kann es nicht sein.

Wir kämpfen um die bäuerlichen Milchviehbetriebe in Niedersachsen. Deshalb ist auch unser niedersächsischer Milchgipfel bei allen Verbänden sehr gut angekommen. Wir haben mit dem Bauernver

band genauso wie mit BDM und AbL besprochen, dass wir Druck machen, dass wir die Verantwortung wahrnehmen und nicht wegschauen und sagen: Es ist halt der Markt, und wir setzen jetzt auf das Höfesterben. - Wie ich gestern von der CDU gehört habe, sollten wir Aussteigerprogramme, eine Art Liquidationshilfen, also Prämien dafür geben, wenn jemand aufgibt. Ich halte es moralisch und politisch nicht für die richtige Lösung, zu sagen: Die Kleinen müssen jetzt hopsgehen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustim- mung bei der SPD)

Danke schön, Herr Minister. - Es folgt mit ihrer zweiten Zusatzfrage Frau Asendorf, Bündnis 90/Die Grünen. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister, im Frühjahr dieses Jahres hat MdB Holzenkamp, CDU, in Jever vor Milchbauern gesagt - - -

(Ansgar-Bernhard Focke [CDU]: Bes- ter Mann!)