Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch ansonsten stelle ich fest: Sie vergreifen sich in der Debatte heute Morgen gegenüber der Landesregierung, aber auch gegenüber den Sicherheitsbehörden im Ton. Was Sie tun, ist, dieser Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen und damit auch den Sicherheitsbehörden zu unterstellen, sie würden nicht alles in ihrer Macht Stehende tun, um Extremismus auf allen Seiten zu begegnen, wo immer es möglich ist.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Wie kann dann so etwas passieren?)
Sie greifen wieder einmal in diese billige Kiste, nehmen Ermittlungsverfahren heraus und bewerten sie, noch bevor sie abgeschlossen sind. Sie müssten es besser wissen, Herr Dr. Birkner!
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das ist keine billige Kiste, sondern die Realität! - Björn Thümler [CDU]: Sie müssten die Wahrheit sagen! Das ist doch der Unterschied!)
Anders ist das überhaupt nicht zu erklären. Offenbar merken Sie, dass Ihnen das Thema der inneren Sicherheit als früher angestammtes Lieblingsthema abhandengekommen ist, weil in diesem Land eine gute Sicherheitspolitik gemacht wird.
(Zustimmung bei der SPD - Lachen bei der CDU - Reinhold Hilbers [CDU]: Warum sind die Menschen denn alle so besorgt, wenn Sie so eine gute Si- cherheitspolitik haben?)
Also wird die Keule herausgeholt und ohne Rücksicht auf Verluste und ohne Rücksicht darauf, was das bei der Bevölkerung in diesem Land bewirkt, draufgeschlagen, meine Damen und Herren. Das ist unverantwortlich.
Sie verunsichern die Menschen in diesem Land, wenn Sie unterstellen, diese Landesregierung tue nicht alles, was möglich ist. Sie verunsichern die Menschen, wenn Sie Zusammenhänge zwischen Doppelpass, Tragen einer Burka und anderem mit der inneren Sicherheit in diesem Land herstellen.
(Björn Thümler [CDU]: Wann haben wir denn hier über Burka geredet? Reden Sie doch nicht immer solch ei- nen Unsinn!)
Sie verunsichern und verängstigen die Menschen, wenn Sie ihnen weismachen, Sie hätten die Weisheit mit Löffeln gefressen - Herr Thümler, nicht heute, aber Ihre Länderkollegen!
Meine Damen und Herren, ich bedanke mich für die Aktuelle Stunde. Ich bedanke mich, dass dieses Papier von mir Unterstützung erfährt,
daran weiterarbeiten. Denn das, was wir in Deutschland und in Europa brauchen, ist etwas anderes als flügelschlagenden aufgeregten Aktionismus. Was wir brauchen, sind gut aufgestellte Sicherheitsbehörden bundes- und europaweit, die reibungslos und effektiv zusammenarbeiten, die aus Fehlern lernen und die vertrauensvoll miteinander kooperieren. Das sind die Herausforderungen!
Die möglichen Wege zu diesem Ziel habe ich in meinem Papier beschrieben. Das ist übrigens auch der große Unterschied zu dem Forderungskatalog der CDU, in dem von der Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft bis zum Burka-Verbot viele seltsame Dinge gefordert werden, bei denen man sich nur fragen kann: Wer behauptet eigentlich, mit irgendeiner dieser Maßnahmen hätte auch nur ein Anschlagsszenario, das sich in Deutschland realisiert hat, verhindert werden können? - Eine schlüssige Erklärung dazu gibt es bis heute nicht.
Meine Damen und Herren, ich wurde dafür kritisiert, dass in diesem Papier das Wort „Niedersachsen“ nicht auftaucht. - Bisweilen hilft es ja, sinnentnehmend zu lesen. Dieses Papier bezog sich nicht nur auf Niedersachsen, sondern auf europa- und bundespolitische Herausforderungen der Innen- und Sicherheitspolitik.
Der zweite Grund, aus dem die Kritik völlig unberechtigt ist, ist: Warum soll ich eigentlich in einem Zehn-Punkte-Papier etwas fordern, was wir hier in Niedersachsen längst tun und umsetzen? - Die Polizei in Niedersachsen ist so gut aufgestellt wie nie zuvor. Das gilt personell; denn wir haben heute so viele Stellen bei der Polizei wie noch nie zuvor. Wir werden auch in den nächsten Jahren die Vorratseinstellungen fortsetzen, mit denen wir bereits begonnen haben. Wir entlasten die Polizei sukzessive von vollzugsfremden Aufgaben, angefangen bei der Begleitung von Groß- und Schwerlasttransporten - was Sie zehn Jahre lang nicht hinbekommen haben - bis hin zu administrativen Tätigkeiten im IT-Bereich. Auch materiell verbessern wir die Ausstattung der Polizei kontinuierlich.
Erst zu Beginn wurde beispielsweise ein Stufenkonzept zur Verbesserung der Ausstattung erarbeitet, und zwar - auch das ist neu in der niedersächsischen Polizei - unter breiter Beteiligung der Anwender aus Einsatz- und Streifendienst.
Sie sehen also: Wir haben hier längst den richtigen Weg eingeschlagen. Wir werden ihn konsequent, getragen von beiden Regierungsfraktionen, weiter beschreiten.
Das gilt natürlich auch für Fragen der IslamismusPrävention und andere Fragen. All dies, meine Damen und Herren, zeigt nur exemplarisch, was wir in Niedersachsen bereits tun, um unsere Sicherheitsbehörden optimal auszurichten. Ich betone es daher noch einmal: Ich brauche nichts zu fordern, was ich bereits umsetze!
Was wir aber brauchen, sind die richtigen Weichenstellungen, im Bund genauso wie in Europa. Hier gibt es mehrere Knackpunkte, die Sie kennen und bei denen dringend etwas geschehen muss. Dazu zählt z. B. die stärkere Aufstellung der Bundespolizei, und dazu zählt nach wie vor und unverändert, dass die immer noch nicht hinreichend durchgeführte und sichergestellte Beschleunigung der Asylverfahren endlich Platz greift.
Meine Damen und Herren, auch bei der europäischen Zusammenarbeit muss etwas geschehen. Das hat übrigens auch Ihr Bundesinnenminister mehrfach deutlich erklärt. Denn eines liegt doch völlig klar auf der Hand: Wenn Kriminelle und Terroristen immer stärker grenzüberschreitend vorgehen und handeln und sich vernetzen, dann müssen unsere Sicherheitsbehörden hier mindestens Schritt halten. Ich bleibe deshalb dabei, meine Damen und Herren: Europa ist die Antwort und nicht das Problem.
Natürlich stehen wir vor der Herausforderung, dass Veränderungen in der EU üblicherweise nicht - um es vorsichtig zu formulieren - von heute auf morgen realisiert werden. Aber richtig ist auch: Wir müssen dennoch zügig vorankommen, um unsere Bevölkerung wirksam zu schützen. Deshalb - auch das habe ich vorgeschlagen - können wir zunächst gerne auch mit einer stärkeren Zusammenarbeit einzelner Staaten anfangen, die bereit sind, für eine gemeinsame Sicherheitspolitik nationale Interessen zurückzustellen.
Aber egal, wie wir es machen und was wir machen, meine Damen und Herren, entscheidend ist etwas ganz anderes: Wir müssen die Dinge anstoßen. Wir müssen vernünftige und zielführende Impulse für die notwendige Diskussion geben - in Deutschland, in Niedersachsen und in Europa. Ich werde mich weiter in diese Diskussion einbringen und dabei jeden guten Impuls aufnehmen. Aber dazu habe ich eine herzliche Bitte: Lassen Sie uns dabei auf die rechtskonservativen Konzepte aus der Altkleidersammlung verzichten,
bei denen völlig klar ist, dass sie zur Lösung der tatsächlichen Probleme nichts beitragen! Wir sollten gerade in Fragen der inneren Sicherheit - einem Thema, das die Menschen immer besonders in solchen Zeiten beunruhigt - nicht den Eindruck erwecken, mit einfachen und billigen Lösungen vom Billigheimer Sicherheit produzieren zu können, um sich am Ende rechtfertigen zu müssen, dass wir nicht verhindern konnten, was bestimmte Leute vorgegeben haben, damit verhindern zu wollen.
Vielen Dank, Herr Minister. Herr Minister, Sie haben im Verlauf der Debatte gegenüber dem Kollegen Nacke das Wort „Lüge“ verwendet. Dieses Wort ist in unserem Bereich nicht vorgesehen. Ich kann Ihnen keinen Ordnungsruf erteilen, aber ich kann Ihnen eine Rüge erteilen. Das mache ich hiermit.
Meine Damen und Herren, es liegen Bitten um zusätzliche Redezeit aus den Fraktionen von FDP, CDU und SPD vor. Ich erteile den Rednern jeweils anderthalb Minuten zusätzliche Redezeit. Es beginnt Stefan Dr. Birkner. Danach sprechen Ulf Thiele und Ulrich Watermann, der noch eine andere Redezeit dazu in Anspruch nimmt. Bitte schön!
nicht gelingen, sich im Hinblick auf Ihren originären Verantwortungsbereich und die Frage, wie dieser organisiert ist, hinter den laufenden Ermittlungen zu verstecken.
Dieser Vorwurf, den Sie zu konstruieren versuchen oder den Sie als Nebelkerze hier in den Raum stellen, das sei unfair, man dürfe es nicht ansprechen und das sei zu kurz gegriffen, geht natürlich völlig fehl. Denn es ist Ihre originäre Verantwortung, unverzüglich aus Fehlern, die in Organisationen immer passieren, Schlussfolgerungen zu ziehen. Diese haben Sie ganz offensichtlich in diesem Fall bei dem Umgang mit der Information z. B. zu diesem Video bis heute nicht gezogen. Sonst ist überhaupt nicht erklärlich, dass das LKA eine andere Information hat als die PD.
Es ist nicht erklärlich, warum Sie als Ministerium - davon gehe ich aus - das auch nicht gewusst haben.