Protokoll der Sitzung vom 17.08.2016

In Niedersachsen sind wir oberdrein seit etwa elf Monaten mit der VW-Krise befasst. Die jahrelange Manipulation von Abgaswerten hat den Konzern in die wohl schwierigste Situation seiner Unternehmensgeschichte gebracht. Und das hat aus verständlichen Gründen viele Menschen in Niedersachsen beunruhigt.

Wo stehen wir heute? - Um mit dem Letzteren zu beginnen: Die Bewältigung der VW-Krise geht erkennbar Schritt für Schritt voran. Das gilt für die Aufklärung des Sachverhalts, das gilt für umfangreiche Rückrufaktionen und die Korrektur der unzulässigen Abgaswerte, das gilt auch für Bußen und Prozesse, denen sich Volkswagen wegen dieses Fehlverhaltens nun einmal stellen muss.

Ich mache mir keine Illusionen: Nachrichten über Ermittlungen und Verfahren werden noch geraume Zeit für Aufsehen sorgen. Auch das ist die leider unvermeidliche Konsequenz bei einem Skandal dieses Ausmaßes. Aber dennoch: Die Fortschritte in der Aufarbeitung sind unverkennbar. Und vor allem haben Millionen von Kunden überall auf der Welt Volkswagen die Treue gehalten. Das ist eine ganz wichtige Erkenntnis für Niedersachsen und für die Sicherheit der Arbeitsplätze. Ich bin dankbar dafür.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

In Atem hält uns auch die Bewältigung dessen, was wir seit dem September 2015 bei der Zuwanderung von Flüchtlingen erlebt haben. Ja, wir haben es durch eine große Welle der Hilfsbereitschaft und eine sehr intensive Zusammenarbeit aller Beteiligten geschafft, die Lage vergleichsweise schnell in den Griff zu kriegen. Am Ende des Jahres hatten wir etwa 100 000 Menschen in Niedersachsen ein Dach über den Kopf gegeben. Und ja, diese Hilfsbereitschaft und diese Zusammenarbeit halten bis heute an. Ich bin vor allem nach wie vor tief dankbar für das Engagement sehr vieler Bürgerinnen und Bürger, die in ihrer Solidarität nicht nachlassen und uns damit unglaublich helfen. Das ist wirklich großartig!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zugleich wissen wir aber, dass es in unserer Gesellschaft eine weit verbreitete Unsicherheit gibt. Wer wollte das leugnen?

Die Bundeskanzlerin hat kürzlich wiederholt: Wir schaffen das. - Aber viele Menschen fragen berechtigterweise: Wie schaffen wir das denn?

Diese Unsicherheit bedeutet gleichzeitig auch Auftrieb für Rechtspopulisten, die zwar keine einzige Lösung im Angebot haben, aber permanent Angst und Unsicherheit schüren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist die eine Seite der Medaille, ein Teil der Realität. Wichtiger finde ich das andere: Niedersachsen ist stark. Niedersachsen ist derzeit womöglich so stark wie nie zuvor.

(Zurufe von der CDU)

Die niedersächsische Wirtschaft präsentiert sich robust und wächst unverändert. Die Prognosen sind durchaus optimistisch. Wir verzeichnen einen Beschäftigungsrekord. Noch nie hatten so viele Menschen in Niedersachsen einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz wie derzeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Alleine in den letzten Jahren - übrigens ausdrücklich unter Einschluss Ihrer Regierungszeit - sind in Niedersachsen 450 000 neue Arbeitsplätze entstanden. Umgekehrt ist die Arbeitslosigkeit entscheidend zurückgegangen - um sage und schreibe 39 % in den letzten neun Jahren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das ist eine Entwicklung, für die wir wirklich nur dankbar sein können.

Lassen Sie mich ein weiteres Beispiel erwähnen. Die Landesregierung schlägt dem Landtag vor, ab dem Jahr 2018 die Schuldenbremse vorzeitig zu erfüllen und keine neuen Schulden mehr zu machen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Reinhold Hilbers [CDU]: Vorzeitig? - Weitere Zurufe von der CDU)

Das hat es buchstäblich in der gesamten Landesgeschichte noch nicht gegeben. Es ist auch nicht etwa eine Eintagsfliege. Erst jüngst ist eine vergleichende Untersuchung über die Finanzlage in den einzelnen Bundesländern zu dem Ergebnis gelangt: In Sachen nachhaltiger Finanzpolitik steht Niedersachsen auf Platz 2 von 16 Bundesländern.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das wäre doch früher gar nicht denkbar gewesen und zeigt die zutiefst gesunde Entwicklung unseres gesamten Landes, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Dazu kommt ein weiterer Aspekt, der für mich wirklich eine ganz hohe Bedeutung hat. Seit drei Jahren gibt es wieder mehr Geburten als Sterbefälle in Niedersachsen. Immer mehr junge Menschen in unserem Land haben Vertrauen in ein gutes Leben hier bei uns - für sich selbst und für ihre Kinder.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Und schließlich - ich will mich in diesem Teil der Beschreibung beschränken - gestatten Sie auch den Hinweis darauf, dass bei den regelmäßig durchgeführten Umfragen über die Zufriedenheit der Menschen in Deutschland die Werte für uns in Niedersachsen immer wieder überdurchschnittlich gut sind und umgekehrt in einem kürzlich vorgestellten Angst-Atlas die Aussage zu lesen war, in Niedersachsen würden die Menschen sehr viel weniger als anderswo Angst und Unsicherheit verspüren.

Das alles, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind deutliche Hinweise darauf: Unser Land befindet sich auf einem bemerkenswert guten Kurs, Niedersachsen ist stark, Niedersachsen geht voran. So wollen wir es weiter halten!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wie passen diese beiden Seiten der Medaille nun zusammen? Wie bringt man diese unterschiedlichen Teile der Realität zueinander?

Ich meine, Aufgabe der Landespolitik ist es, gegen Angst und Unsicherheit anzugehen. Angst ist kein guter Ratgeber, Unsicherheit blockiert. Wir müssen mit unseren Möglichkeiten Vertrauen und Sicherheit vermitteln, wir müssen bestehende Aufgaben klar beim Namen nennen, und wir müssen sie konsequent bearbeiten. Wir dürfen Sicherheit nicht simulieren, wir müssen Sicherheit schaffen und vermitteln. Das gilt für die aktuellen, das gilt auch für die dauerhaften Aufgaben. Aber wir können dabei selbstbewusst auf die Stärke unseres Landes und auf die Stärke unseres Gemeinwesens bei uns in Niedersachsen vertrauen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Nehmen Sie das Beispiel der Sicherheitspolitik.

(Zuruf von der CDU: Die ist beschä- mend bei Ihnen!)

Dass mit dem internationalen Terrorismus eine abstrakte Gefahr auch bei uns in Niedersachsen verbunden ist, wissen wir alle. Ich erinnere mich noch allzu gut an die Absage des Fußballländerspiels im November hier in Hannover. Damals wurde eine abstrakte Gefahr auf einen Schlag sehr konkret, und wir waren am Ende sehr froh, einem Anschlag entgangen zu sein. In der Zwischenzeit wissen wir durch weitere Vorfälle, dass wir außerordentlich aufmerksam und vorsichtig sein müssen.

Aber an diesem Abend und bei manch anderer Gelegenheit haben wir die Erfahrung gemacht, dass unsere Sicherheitsbehörden eben höchst aufmerksam sind, wenn es um die Abwehr des islamistischen Terrors geht. Ich habe volles Vertrauen in die Arbeit der Behörden, und ich danke allen Beteiligten herzlich für ihr verantwortungsvolles und umsichtiges Wirken.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Das ist das Pfeifen im Walde, Herr Minis- terpräsident!)

Die Landesregierung ist sich der Bedeutung dieser Aufgabe sehr bewusst,

(Detlef Tanke [SPD]: Da hätte man klatschen können!)

und sie stärkt die Arbeit von Polizei und Verfassungsschutz in unserem Land. Die Stellenausstattung für unsere Landespolizei ist aktuell so hoch wie nie zuvor in der jetzt fast 70-jährigen Landesgeschichte.

(Petra Tiemann [SPD]: So ist es!)

Bereits mit dem zweiten Nachtragshaushalt 2015 haben wir für eine sofort wirkende Verstärkung der Polizei gesorgt und durch 85 zusätzliche Stellen für Verwaltungspersonal Polizeikräfte von polizeifremden Aufgaben entlastet. Wir haben weitere 50 Stellen für Vollzugspersonal geschaffen, indem wir auch die Möglichkeiten über den gesetzlichen Ruhestand hinaus zur weiteren Beschäftigung gegeben haben. Außerdem stellen wir in den Jahren 2016 bis 2018 insgesamt 450 Anwärterinnen und Anwärter in den Polizeidienst zusätzlich ein, jedes Jahr 150! Das heißt, in kurzer Zeit haben wir die niedersächsische Polizei um 585, um fast 600 Stellen erweitert. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind Taten, nicht Worte!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen Zwischenrufer, vielleicht interessiert Sie auch folgende Zahl?

(Jörg Bode [FDP]: Ja!)

Wir haben jetzt schon 2 200 Studierende in der Ausbildung, im Herbst werden es dann 2 500 sein,

(Ulf Thiele [CDU]: Sie wissen, wie vie- le pensioniert werden?)

und im kommenden Jahr gehen wir in Richtung 3 000. Zum Vergleich: 2012 befanden sich 1 700 studierende Anwärter in der Ausbildung.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Da ist die Frage, wie viele in Pension gehen!)

Das heißt: Wir stärken und verstärken unsere Polizei in Niedersachsen, damit es bei uns sicher bleibt. Dabei müssen wir uns von Ihnen, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, nicht belehren lassen - weiß Gott nicht!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

So gut unsere Polizei auch sein mag, sie kann natürlich nicht die Ursachen des Islamismus bekämpfen. Damit alle Ansätze für die Prävention vor allem bei jungen Menschen für die Bekämpfung des Extremismus genutzt werden, ist im Innenministerium nunmehr die Kompetenzstelle Islamismusprävention eingerichtet worden. Alle Erkenntnisse und Erfahrungen sollen dort zur Verfügung stehen, wo sie auch tatsächlich benötigt werden. Das ist die Aufgabe dieser Stelle, und ich glaube, das wird uns in unserer Arbeit sehr voranbringen.