Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit beenden wir die Besprechung zum Punkt c. - Ich rufe auf
d) Niedersachsen geht voran - Für eine starke und vernünftige Sicherheitspolitik Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 17/6288
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir diskutieren schon den ganzen Vormittag - bis auf eine kleine Sequenz - über die Sicherheitslage in Niedersachsen. Wenn ich die Diskussion von heute Morgen zusammenfasse, möchte ich mit der Feststellung beginnen, dass wir eine sehr dürre Situation haben, wo die Einschätzungen der Fraktionen hier im Niedersächsischen Landtag übereinstimmen. Es ist eindeutig, dass wir alle zusammen Extremismus, egal in welchem Phänomenbereich, ablehnen und dass wir uns dagegenstellen, dass es zulässig sei, Gewalt hier in der Bundesrepublik Deutschland in unserer demokratisch verfassten Grundordnung zu akzeptieren.
Dann fallen die Positionen aber leider auseinander. Und warum fallen sie auseinander? - Das muss man ganz deutlich sagen. Wir haben hier immer wieder Anschläge zu beklagen, die im Terror anzusiedeln sind, die teilweise auch im Amoklauf anzusiedeln sind. Und darauf muss eine demokratisch verfasste Ordnung reagieren. Deshalb ist es gut, dass wir einen Innenminister haben, der in allen Interviews nach solchen Anschlägen sehr besonnen und sehr feinteilig die Situation analysiert hat. Im Gegensatz zu denen, die immer gleich Maßnahmen von großer Einschränkung der persönlichen Freiheit gepredigt haben, ist er sehr besonnen damit umgegangen.
Was finden wir in Niedersachsen vor, und zwar zu Ihrer Zeit wie zu unserer Zeit? - Wir finden Sicherheitsbehörden vor - das gilt sowohl für den Verfassungsschutz als auch für die Polizei -, die gut ausgebildet sind, die eine gute Arbeit leisten und die ganz klar unsere Sicherheit hier in Niedersachsen sicherstellen. Dafür möchte ich mich bei diesen Sicherheitsbehörden und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ganz herzlich bedanken.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie aber fangen an, alles auseinanderzudividieren. Wenn ich hier behaupten würde, Sie nähmen das Phänomen rechts nicht ernst und wären da blind, würde Herr Nacke sofort nach vorne sprinten und eine Entschuldigung verlangen. Umgekehrt tun Sie das aber mit uns, ohne dass Sie sich jemals entschuldigen werden, weil Sie diese Kultur ja gar nicht kennen.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Das ist eine dreiste Unwahr- heit! Das wissen Sie!)
Ich erwarte das von Ihnen überhaupt nicht mehr, weil das in Ihrem Bereich ja gar nicht vorkommt. Bevor Sie so handeln, verlassen Sie den Plenarsaal. Ich sage Ihnen: Das ist eine Beleidigung gegenüber Rot-Grün, die Sie hier ausgesprochen haben.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Spre- chen Sie einmal mit Herrn Tonne dar- über, was wir vereinbart haben!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin vollkommen erschüttert darüber, wie Sie - auch Herr Birkner - die Sicherheitskräfte in Niedersachsen einschätzen.
(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Nicht die Sicherheitskräfte! Es geht darum, wie die Ministerin die Situation ein- schätzt!)
Es ist ganz fürchterlich, dass Sie glauben, dass Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Verfassungsschutz so handeln, dass durch politische Vorgaben ihre Handlungen, die sie durchführen müssen, bestimmt werden müssten. Wenn das so ist und Sie so argumentieren, dann tun Sie das, weil Sie das früher auch so gesehen haben. Das ist wirklich das Allerletzte, finde ich; denn ich sage Ihnen: Ich vertraue diesen Sicherheitskräften.
Ich bin dafür, dass wir Instrumente wählen, die zwischen der Sicherheit und der persönlichen Freiheit abwägen.
(Christian Grascha [FDP]: Heißt das, dass die Landesverwaltung die Lan- desregierung nicht ernst nimmt, oder was?)
Ich wünsche mir, dass wir einen Staat haben, der nicht nur radikalisiert und unterstellt, Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte würden nicht sehr differenziert mit den Dingen umgehen. Ich glaube, dass
sie nach dem handeln, was sie gelernt haben und was die Gesetze ihnen vorgeben. Jeder, der etwas anderes behauptet, schürt das und misstraut unseren Sicherheitskräften. Das tun Schwarz und Gelb - leider.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Rei- ßen Sie sich einmal zusammen, Herr Kollege!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich war doch etwas erstaunt, dass es nicht direkt eine Erwiderung der Kollegen z. B. der CDU gegeben hat.
Ich bin an dieser Stelle erst einmal dankbar für das Zehn-Punkte-Papier und für die Aktuelle Stunde; denn das macht deutlich, wie wichtig eine starke, vernünftige Innenpolitik in den Ländern und auf Bundesebene ist. Zwischenzeitlich bekam man ja ein bisschen den Eindruck: Wir sind auf dem Flohmarkt. Es gibt die Marktschreier. Jeder hat ein unsortiertes aktionistisches Paket im Angebot - immer mit dem Ziel, die anderen zu überbieten und, was eigentlich unter der Gürtellinie ist, die Stammtische zu bedienen.
Meine Damen und Herren, so geht das nicht. Sie nehmen die Sicherheit für die Menschen und die Arbeit der Polizei, der Kripo und des Verfassungsschutzes nicht ernst. Der Kollege Watermann hat recht: Das ist Misstrauenskultur von Ihrer Seite.
Seien Sie doch einmal ehrlich. Wenn Sie sich die Vorschläge der Innenminister der Länder angucken, müssen Sie zugeben: Alle diese Vorschläge hätten keinen der jüngsten Anschläge in Deutschland verhindert. - Seien Sie ehrlich!
Und was das Schlimmste ist: Sie setzen gezielt einen Spaltpilz in unsere Gesellschaft. Das ist fatal und das falsche Signal.
Da hebt sich das Papier von Innenminister Boris Pistorius wohltuend ab. Selbst der Bundesinnenminister hat ja Ihre Landesinnenminister in Sachen des geforderten Burka-Verbots und der geforderten Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft wieder eingefangen. Das ist aber bei der CDU in Niedersachsen nicht angekommen.
Uns ist es wichtig, den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu stärken und nicht zu spalten. Wir haben doch alle erfahren, wie gefährlich radikale islamistische und rechtsextremistische Ideologien sind. Umso wichtiger ist es, Radikalisierung frühzeitig zu erkennen und vorzubeugen.
Dabei spielen auch die sozialen Medien eine nicht unerhebliche Rolle. Klar ist: Die Freiheit der Demokratie endet dort, wo zu Hass und Gewalt aufgerufen wird.
Unser gemeinsames Ziel sollte es sein, die Ursachen von Radikalisierungsprozessen zu erkennen und die gesellschaftliche und politische Auseinandersetzung zu führen. Dazu gehört, wie eben auch ausgeführt, umfassende Präventionsarbeit, die immer wieder neu justiert werden muss, um der zunehmenden Radikalisierung den Nährboden zu entziehen.
Vor kurzer Zeit hat kaum jemand ernsthaft über die religiöse Radikalisierung von Jugendlichen gesprochen.
Meine Damen und Herren, dazu gehören aber - und dazu stehen auch wir Grüne - starke Sicherheitsbehörden und ein starker Rechtsstaat; denn nur das sichert unsere Freiheit.
(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Helge Limburg [GRÜNE] - Chris- tian Grascha [FDP]: Das muss aber neu sein!)
Deshalb sind wir stolz darauf, dass wir es gemeinsam mit der SPD auf den Weg gebracht haben, mehr gut qualifizierte Polizisten auszubilden, in Ausrüstung zu investieren und auch die Attraktivität der Polizei zu verbessern.
Man kann sich immer hinstellen und mehr fordern. Ihr Antrag vom Parteitag macht es ja schon deutlich. Aber seien Sie ehrlich! Lassen Sie die Kirche im Dorf! Sie wissen genauso gut wie ich, dass man Zeit braucht, um auszubilden, wenn es vorher nicht geschehen ist, und dass man nicht hier und heute einfach 1 000 Polizisten einstellen kann. Wir brauchen auch keine Hilfspolizisten. Wir brauchen auch keine Bundeswehr im Inneren, die Polizeiaufgaben übernimmt.
Fakt ist doch: Gerade auf Bundesebene haben Sie in den letzten elf Jahren mit dem Bundesinnenminister die Sicherheit kaputtgespart, gerade bei der Bundespolizei.
Nehmen wir doch noch einmal die Bundeswehr: Sie leistet Hervorragendes bei Naturkatastrophen, in besonders schweren Unglücksfällen und in den vergangenen Monaten in der Flüchtlingshilfe. Jetzt aber angesichts terroristischer Bedrohungslagen im Inneren originäre Polizeiaufgaben zu militarisieren, wäre fatal. Die grundsätzliche Trennung von Militär und Polizei muss erhalten bleiben.