Protokoll der Sitzung vom 18.08.2016

den Kommunen, während die anderen den Tarifparteien vorwerfen, sich nicht zu einigen.

FDP und Grüne sagen, die Bundesregierung macht halbherzige Gesetze wie z. B. das Pflegestärkungsgesetz. Letztendlich sind mit dem Pflegestärkungsgesetz die Rahmenbedingungen geschaffen worden; Sie sind darauf eingegangen.

Uns wäre es also lieb gewesen, wenn Sie noch einmal auf uns zugekommen wären. Der Antrag ist, glaube ich, erst am 10. August eingereicht worden, in einem ganz anderen Kontext. Die von uns vorgeschlagene Beschlussempfehlung richtet sich auf das, was die FDP in ihrem Ursprungsantrag dargelegt hat, nämlich noch einmal darauf hinzuwirken, dass es beim Tarifvertrag Soziales zu einer Einigung kommt.

(Vizepräsident Karl-Heinz Klare über- nimmt den Vorsitz)

Sie wissen, dass die Ministerin hier sehr engagiert ist. Dafür wurde sie an der einen oder anderen Stelle von den Tarifparteien auch schon gerügt, insbesondere von den Arbeitgeberverbänden. Ich kann Sie nur bitten, unserem Antrag zuzustimmen, der in die Richtung geht, die im Grunde auch der Antragsteller intendiert hatte.

Wenn es um das Pflegestärkungsgesetz geht, können wir gerne noch einmal schauen, ob wir auf einer anderen Ebene zueinander kommen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Polat. - Es hat sich zu Wort gemeldet Marco Brunotte, SPD-Fraktion. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn sich das Haus hier immer so einig wäre, was Wegducken und inhaltsleere Anträge anbelangt, von denen in den gegenseitigen Schuldzuweisungen die Rede ist, dann wären wir in der Pflege vielleicht schon weiter.

Wir müssen feststellen, dass in zehn Jahren Schwarz-Gelb im Bereich der Pflege relativ wenig passiert ist.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Sehr selekti- ve Wahrnehmung, Herr Kollege!)

Herr Matthiesen, wenn Sie uns vorwerfen, dass sich diese Landesregierung mit ihrer Mehrheit wegduckt, dann entspricht das in keiner Form den Tatsachen. Wir werden gleich anhand mehrerer Bereiche darstellen, was alles passiert ist.

(Ulf Thiele [CDU]: Hören Sie doch auf, Ihre eigenen Wahlkampfreden von vor drei Jahren hier vorzutragen! Das ist doch langweilig!)

Wir können feststellen, dass von 2000 bis 2013 wenig passiert ist.

Wir machen im Sozialausschuss vieles gemeinsam. Aber dass es hier einmal nicht zu einer gemeinsamen Initiative gekommen ist, kann ja auch durchaus positiv sein. Man kann die Unterschiede deutlicher herausarbeiten und zeigen, dass es zwischen den Fraktionen trotz vieler Gemeinsamkeiten unterschiedliche Ansätze und Sichtweisen gibt.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Wenn Sie uns erklären, warum Sie die Pflege- fachkommission eingeschaltet haben!)

- Ja, Herr Thiele! - Ach so, das war gar nicht Herr Thiele. Sorry! Das war ja der eigentliche sozialpolitische Sprecher der CDU-Fraktion.

Ich würde jetzt gerne etwas zu den vorliegenden Anträgen sagen.

Was macht gute Pflege aus? - Wir sind uns wahrscheinlich darüber einig, dass das nicht unbedingt eine Frage des Gebäudes, des Umfeldes, des Trägers oder des Konzeptes ist. Ganz viel hängt davon ab, wie die Kolleginnen und Kollegen in den Einrichtungen jeweils aufgestellt sind. Das Personal ist einer der entscheidenden Faktoren für eine gute Pflege.

Wenn wir mit Pflegekräften sprechen, dann stellen wir fest, dass es in den Einrichtungen eine hohe Frustration über das Arbeitsumfeld und die Arbeitsbedingungen gibt. Das Thema Minutenpflege, eine hohe Arbeitsbelastung und immer das Gefühl, die Zeit sei zu knapp, sei genannt. Eine hohe physische und psychische Belastung liegt mit im Beruf. Man hat immer das Gefühl, es bleibt eigentlich keine Zeit für aktivierende Pflege, zum Zuhören, für Zuneigung und für ein individuelles Zugehen auf Bewohnerinnen und Bewohner.

Das ist ein starker Aspekt, wenn wir über menschenwürdige Pflege sprechen. Welche jeweilige Personalausstattung ist möglich? Wie ist es dem

Personal möglich, darzustellen, was es erlernt hat und wo sein innerer Anspruch an Pflege liegt?

Hier besteht durchaus auch ein elementarer Zusammenhang zur Höhe der Pflegesätze. Diese werden im Regelfall jährlich, manchmal auch alle zwei Jahre, neu ausgehandelt. Das ist im Rahmen der Selbstverwaltung zunächst einmal eine Frage zwischen Einrichtungen und Kostenträgern, Pflegekassen und Kommunen.

Wir müssen feststellen, dass Niedersachsen, was die Höhe dieser Pflegesätze anbelangt, über Jahre hinten steht. Die niedrigen Pflegesätze tragen natürlich mit dazu bei, dass an vielen Stellen nicht das Geld zur Verfügung steht, um die Personalausstattung so anzuheben, wie es gewünscht wäre.

Diese Landesregierung und diese Sozialministerin haben seit 2013 an mehreren Stellen deutlich gemacht, dass sie damit nicht einverstanden ist.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Sie hat aber nichts erreicht, Herr Kollege!)

- Was heißt, sie hat nichts erreicht?

(Reinhold Hilbers [CDU]: Ja, das ist Fakt!)

- Sie ist zuerst einmal gar nicht Partner in den Verhandlungen um die Pflegesätze.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Ach, das haben Sie jetzt auch erkannt!)

- Das wird doch eindeutig immer wieder dargestellt.

(Ulf Thiele [CDU]: Ist ja toll! Das ha- ben Sie gemerkt!)

- Wenn wir uns über die Selbstverwaltung unterhalten, dann verhandeln Einrichtungen und Kostenträger das untereinander. Das haben wir vorher gewusst. Das wissen wir jetzt auch.

(Zuruf von Ulf Thiele [CDU])

- Herr Thiele, jetzt habe ich das Wort. Sie können sich ja gleich noch einmal zu Wort melden, wenn Sie meinen, etwas zum Thema beizutragen zu haben.

(Zuruf von der SPD: Kann er nicht!)

- Im Sozialausschuss habe ich bisher noch nicht gesehen, dass Sie sich dort eingebracht haben.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der CDU: Er kann doch wohl eine Mei- nung dazu haben!)

- Ja, aber die Meinung sollte er einbringen, wenn die fachliche Debatte in den Ausschüssen stattfindet, und nicht durch permanente Zwischenrufe in der Parlamentsberatung.

Seit 2013 ist eine ganze Menge passiert. Wir haben die Schulgeldfreiheit umgesetzt. Wir haben die solidarische Umlagefinanzierung in der Ausbildung mit angeschoben. Wir haben die Mittel für die ambulanten Pflegedienste erhöht. Es ist also etwas am Rahmen passiert. Die gemeinsame Erklärung von AOK, vdek und der Niedersächsischen Landesregierung zur Steigerung der Einkommen und Attraktivität des Berufsbildes der Pflegekräfte ist auch schon mit erwähnt worden.

Aber all das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Landespflegebericht für Niedersachsen einen steigenden Bedarf an qualifizierter Pflege ausmacht und dass bis zum Jahr 2030 50 000 Pflegekräfte ambulant und stationär fehlen werden. Das zeigt, dass bei einem steigenden Bedarf an Fachkräften und einem gleichzeitig vorherrschendem Mangel die Maßnahmen zur Aktivierung von jungen Menschen, in diese Ausbildung zu gehen, mehr als berechtigt und notwendig war.

Das Gleiche gilt auch für die auf dem Pflegestärkungsgesetz liegende Hoffnung, dass es zu einer Erhöhung der Zahl der Betreuungskräfte kommt und sich das Ganze qualitativ in der stationären Pflege der Einrichtungen niederschlagen wird.

Wenn man über gute Pflege redet, gehört dazu auch der Tarifvertrag Soziales. Die Landesregierung hat sehr deutlich gemacht, dass sie sich bis an den Rand des Machbaren mit in die Tarifverhandlungen eingebracht hat. Das Tarifgefüge in der Sozialwirtschaft ist unheimlich zersplittert. Von daher ist es mehr als berechtigt, hier über den Tarifvertrag Soziales zu einheitlichen Entlohnungen und Arbeitsbedingungen zu kommen. Der Versuch, etwas für die Auszubildenden hinzubekommen, ist gescheitert. Die Hoffnung besteht, dass wir über einen einheitlichen Tarifvertrag Soziales grundsätzlich noch einmal die Diskussion aufnehmen, die in den Verhandlungen zum Tarifabschluss für die sozialen und Erziehungsberufe deutlich geworden ist. Es geht um mehr Wertschätzung und andere Arbeitsbedingungen, die sich auch in den Rahmenbedingungen für gute Pflege stellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, gute Pflege braucht eine gute Personalausstattung und gute Arbeitsbedingungen, um menschenwürdig und angemessen pflegen zu können. Diese Landesregierung macht sich auf den Weg, übernimmt Verantwortung und wird dabei durch die Regierungsfraktionen getragen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Brunotte. - Es hat sich die Ministerin zu Wort gemeldet. Frau Ministerin Rundt, Sie haben das Wort.

(Dr. Max Matthiesen [CDU]: Ich hätte noch eine Kurzintervention!)

- Frau Ministerin, ich habe eine Kurzintervention von Herrn Matthiesen für die CDU-Fraktion. Bitte schön!

(Reinhold Hilbers [CDU]: Das ist nach Herrn Brunotte auch dringend erfor- derlich!)