Die Feststellung im FDP-Antrag, dass Niedersachsen mit der durchschnittlichen Personalausstattung in den Pflegeheimen Schlusslicht unter den alten Bundesländern sei, ist nicht zutreffend. Die Perso
nalbandbreiten in Niedersachsen sind zum Teil besser als die Richtwerte in anderen Flächenländern Westdeutschlands - in Pflegestufe 3 sogar gegenüber Bayern.
Der Änderungsantrag von SPD und Grünen lenkt mit der unverdienten Lobhudelei für die Landesregierung völlig vom Thema ab.
In den Ausschusssitzungen hat die SPD fälschlich behauptet, das Land habe keinen Einfluss auf die Personalschlüssel, und die Landesregierung sei beim Landesrahmenvertrag zur vollstationären Dauerpflege außen vor. Dieser Landesrahmenvertrag regelt die Personalschlüssel und die Fachkraftquote von mindestens 50 % bei Pflege und Betreuung. SPD und Grüne verkennen eindeutig, dass das Land als überörtlicher Sozialhilfeträger selbst Vertragspartner dieses Landesrahmenvertrages ist - neben Pflegekassen und örtlichen Trägern der Sozialhilfe, also Kommunen, freier Wohlfahrtspflege und privaten Pflegeeinrichtungen. Das Land kann also über den Landesrahmenvertrag unmittelbar auf die Personalausstattung einschließlich der Fachkraftquote Einfluss nehmen.
Der Änderungsantrag von SPD und Grünen drückt sich um die klare Forderung, die Personalausstattung in den niedersächsischen Pflegeheimen zügig zu verbessern.
Jetzt gibt es einige nebulöse Formulierungen. Der Verweis auf die Umsetzung der gemeinsamen Tariferklärung von MS, AOK und vdek für bessere Einkommen der Pflegekräfte ist nur eine Vernebelung. Seitens der Mehrheitsfraktionen wird eben keine klare Forderung erhoben, die Personalschlüssel zügig zu verbessern. Das gilt auch für den Hinweis auf die Zuständigkeit von Pflegekassen und Kommunen für die Verhandlung von Pflegesätzen.
Daher mussten wir als CDU-Fraktion nun einen eigenen Änderungsantrag stellen. Er fordert klar und deutlich die möglichst zügige Verbesserung der Personalausstattung und damit der Lebens- und Arbeitsbedingungen in der stationären Altenpflege, und zwar schon, bevor das neue Personalbemessungssystem nach dem Pflegestärkungsgesetz II ab 2020 kommt.
Ausgangspunkt für unseren Antrag ist der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff gemäß dem Pflegestärkungsgesetz II. Dieser neue Pflegebedürftigkeitsbegriff bedeutet, dass künftig für die Heimbewohner die benötigten Ressourcen abhängig vom Grad der Selbstständigkeit erfasst werden - unab
hängig davon, wie die Beeinträchtigung ist, ob körperlich, psychisch, kommunikativ oder verhaltensbezogen. Dann bekommen die Menschen im Pflegeheim einen Pflegegrad, der ihren Beeinträchtigungen tatsächlich entspricht und damit auf eine stärker personenbezogene und bedarfsgerechte Pflege ausgerichtet ist - insbesondere bei einem demenzerkrankten Pflegebedürftigen. Das bedeutet, dass wir neue Konzepte in der Pflege und deren Abbildung in der Personalausstattung brauchen. Das enthält unser Antrag.
Außerdem müssen wir uns hier mit den neuen Entwicklungen auseinandersetzen, die den Landtag schon kürzlich bei der Heimgesetznovelle sehr beschäftigt haben. Wir haben eine völlig neue Situation in den Pflegeheimen. Das stellen wir fest. Die Menschen möchten nicht mehr diktiert bekommen, was mit ihnen geschieht. Sie möchten selbst bestimmen, was passiert und was das Personal in den Pflegeheimen machen soll. Sie möchten möglichst selbstständig leben und nicht nur Pflegeobjekte sein.
Das bedeutet, dass wir über den Personalbedarf in den Pflegeheimen neu nachzudenken haben - sogar bis hin zu der Frage, ob die Fachkraftquote künftig noch Bestand haben soll. Es könnte angebracht sein, mehr Personal einzusetzen, das für Zuhören, für Alltagsbegleitung, für Therapie oder auch für einzelne Handreichungen und Pflegetätigkeiten bis hin zur Palliativpflege zuständig ist. Und das könnte bedeuten, dass wir ein neues Verhältnis zum Einsatz von examiniertem Pflegepersonal entwickeln müssen.
Das war ein sehr interessanter Punkt bei der Jahrestagung des Niedersächsischen Evangelischen Verbandes für Altenhilfe und Pflege. Da haben wir am 23. Juni dieses Jahres gehört, dass dort mit anderen Partnern entsprechende Überlegungen diskutiert werden - beispielsweise, dass die Fachkraftquote von mindestens 50 % Fachpersonal in den Pflegeheimen zwar nicht abgeschafft, aber eingedampft werden soll und dass Basis für diese Fachkraftquote künftig nur noch die Behandlungspflege ist, also nicht die Grundpflege, und man im Übrigen zu einer Gesamtpersonalbemessung übergehen könne - das ist eine kleine Revolution -, oder ich nenne auch die Überlegung, ob der Begriff der Fachkraft auf ausgebildete Therapeuten oder weitergebildete Palliativkräfte erweitert wird.
Die neuen Anforderungen nach dem Pflegestärkungsgesetz II für die Personalausstattung sind mit mehr Geld hinterlegt. Das Gesetz stellt immerhin 330 Millionen Euro zusätzlich bereit - zusätzlich zu den 880 Millionen Euro bundesweit für den Bestandsschutz stationär.
Dennoch ist klar, dass darüber hinaus bei höheren Pflegekosten auch höhere Zuzahlungen auf Pflegebedürftige und Sozialhilfe zukommen.
Im Ausschuss haben wir am 26. Mai dieses Jahres eine sehr interessante Ausführung des Sozialministeriums gehört - mit einer groben Beispielrechnung, was es maximal bedeuten könnte, wenn wir neue Personalschlüssel einführen würden. Das Ministerium hat folgendes Beispiel gerechnet: Die durchschnittliche Pflegevergütung in Niedersachsen beträgt gemittelt, über alle Pflegestufen hinweg, 60 Euro pro Tag. Bei 100 000 Pflegebedürftigen in Pflegeheimen summiert sich das auf rund 2,2 Milliarden Euro jährlich. Wenn man sagen würde, wir verbessern die Personalausstattung um 10 %, dann wären das 220 000 Millionen Euro jährlich an zusätzlichen Kosten in Niedersachsen. Für die Sozialhilfe würde das bei einem Drittel Sozialhilfebezieher im Heim bedeuten, dass sie rund 75 Millionen Euro zu zahlen hätte - sprich: die Kommunen und das Land über das quotale System dann seinen Anteil.
Das zeigt ganz deutlich, dass es sich bei der Verbesserung der Personalausstattung um eine Herkulesaufgabe handelt. Es geht hier ganz wesentlich um die Lebensbedingungen eines pflegebedürftigen Menschen im Heim und darum, wie das Personal seine Arbeit bewältigen kann.
Mit dem Änderungsantrag wollen wir diese Aufgabe beherzt angehen. Wir wollen uns nicht wegducken, wie das die Mehrheitsfraktionen von SPD und Grünen tun.
Wenn die Mehrheitsfraktionen es mit besseren Lebens- und Arbeitsbedingungen in den Pflegeheimen ernst meinen, müssen sie unserem Änderungsantrag zustimmen.
Vielen Dank, Herr Dr. Matthiesen. Damit haben Sie den Änderungsantrag der Fraktion der CDU eingebracht. - Es hat jetzt für die ursprünglich antragstellende Fraktion der Abgeordnete Björn Försterling, FDP, das Wort. Bitte, Herr Kollege!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute kommt es also zur abschließenden Beratung des Antrags der FDP zur Frage der personellen Ausstattung in den Pflegeheimen. Der Antrag unserer Fraktion war und ist nach wie vor kurz und klar formuliert. In der durchschnittlichen personellen Versorgung in den Pflegeheimen ist Niedersachsen Schlusslicht. Das wurde auch in den Ausschussberatungen deutlich. Das ist zwar von Pflegestufe zu Pflegestufe durchaus unterschiedlich, aber der durchschnittliche Wert bewegt sich generell im unteren Bereich.
Wir wollen deshalb die Landesregierung auffordern, sich als überörtlicher Träger der Sozialhilfe bei den nächsten Rahmenverträgen für eine deutliche Erhöhung des Personalschlüssels einzusetzen. Wie die Kollegin Bruns schon mehrfach hier im Landtag gesagt hat, ist die Verdichtung der Arbeit der Punkt, der am schnellsten genannt wird, wenn es um die Frage der Unattraktivität des Pflegeberufs geht. Die Pflegekräfte wünschen sich einfach mehr Zeit, und Grundlage dafür ist eben eine Verbesserung des Personalschlüssels, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Eigentlich dachten wir, wenn jetzt schon Anträge von der Opposition, von der FDP, in dem Bereich kommen, dann würde das der Landesregierung, die dieses Thema vor der Landtagswahl ja als Kernthema definiert hat, endlich den Schwung geben, um in den Gesprächen zu deutlich sichtbaren Verbesserungen in den Pflegeheimen zu kommen. Gut, wir warten mal ab, was da kommen mag. Aber optimistisch - das sage ich ganz ehrlich - sind wir dort nicht mehr.
Kommen wir nun zum Änderungsantrag der CDU. Dieser Antrag suggeriert, dass im Pflegestärkungsgesetz II schon höhere Personalschlüssel vereinbart worden sind. Das ist aber mitnichten der Fall. Dort ist nur niedergeschrieben, dass ein neues Personalbemessungssystem erarbeitet werden soll,
ein Vertrag soll festgelegt werden. Seien wir doch mal ehrlich! Das wurde in Berlin doch extra nicht festgeschrieben, weil man genau gewusst hat, dass die Länder sonst nicht zustimmen würden.
In dem Antrag selbst findet sich nur der Begriff der zu pflegenden Menschen. In einem Pflegeheim leben aber zu pflegende und zu betreuende Menschen; denn der Aufenthalt in einem Pflegeheim besteht nicht zu 24 Stunden aus Pflegeleistungen. Wenn man also mehr Personal fordert, muss das nicht nur in der Pflege, sondern auch und vor allem für die Betreuung eingesetzt werden.
Als Begründung schreiben Sie, liebe CDU, dass es mehr Personal für menschliche Zuwendung geben müsste, da für menschliche Zuwendung die Zeit fehle. Menschliche Zuwendung kann aber auch von ungelernten bzw. anders ausgebildeten Betreuungskräften geleistet werden. Da ist Ihr Antrag zu undifferenziert und präsentiert auch eigentlich keine Lösungen.
Wenn die Erhöhung der Personalschlüssel politisch gewollt ist, dann haben Sie jetzt schon die Möglichkeit, über Ihre Bürgermeister und Landräte auf die Verhandlungen einzuwirken, damit sie entsprechend zustimmen. Das gilt im Übrigen auch für Hauptverwaltungsbeamte, die der SPD angehören.
Ich möchte an dieser Stelle gleich ein sich daran anschließendes Problem ansprechen: Wenn mehr Personal in Altenpflegeheimen eingesetzt wird, das nicht aus Fachkräften besteht, wird es ein Problem mit der Fachkraftquote geben. Aufgrund des bestehenden Fachkräftemangels könnte es für die Einrichtungen tatsächlich das Problem geben, das zusätzliche Personal zu stellen.
Da gibt es zwei Möglichkeiten. Zum einen könnte man sich für die Absenkung der Fachkraftquote aussprechen. Das tut die FDP-Fraktion eindeutig nicht. Es gibt aber spannende Alternativen. Man könnte sich darauf einlassen, das zusätzliche Personal außerhalb des Personalschlüssels im Rahmenvertrag zusätzlich zu vereinbaren. In anderen Bundesländern gibt es hierzu schon entsprechende Modelle. Es gibt einen Beschluss der Landespflegesatzkommission vom 18. Dezember 2013. Folgen wir diesem Beschluss, dann könnte man einen zusätzlichen Personalschlüssel von 1 : 40 im ersten Jahr mit einer Aufstockung im zweiten Jahr auf 1 : 20 vereinbaren.
Vorschlags der Regierungsfraktionen folgen, sondern werben weiterhin dafür, dass Sie unserem Antrag zustimmen.
Vielen Dank, Herr Kollege Försterling. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Kollegin Filiz Polat das Wort.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrten Damen und Herren! Herr Försterling, wir hatten Mühe, Ihren inhaltsleeren Antrag ein bisschen aufzupeppen.
- Wir haben ja in den Ausschussberatungen das Angebot gemacht, zu einer gemeinsamen Initiative zu kommen.
- Wir haben den Tarifvertrag Soziales als gemeinsame Initiative auf den Weg gebracht. Das war noch in diesem Jahr.
Jetzt kommen Sie mit einem Antrag, den wir aber dennoch intensiv im Ausschuss beraten haben. Herr Dr. Matthiesen ist darauf eingegangen. Wir haben an verschiedenen Stellen das Sozialministerium gebeten, die Personalbemessung, auch im Bund-Länder-Vergleich, zu erörtern.
Herr Matthiesen, wir haben im Sozialausschuss ja eigentlich ein sehr gutes Verhältnis. Deshalb ärgert mich ein bisschen, dass Sie jetzt mit diesem Änderungsantrag kommen. Zusammen mit Herrn Schwarz habe ich doch mehrfach darauf hingewiesen, dass wir hier eine gemeinsame Initiative auf den Weg bringen wollen. Denn im Grunde genommen sind wir uns in dem Ziel, dass sich die Personalausstattung in den Pflegeheimen verbessern soll, doch alle einig. Aber wie es im Pflegebereich üblich ist, sagen die einen, die Verantwortung hinsichtlich der Pflegesatzverhandlungen liege bei