Protokoll der Sitzung vom 19.08.2016

Gemeinsam mit den Schriftführerinnen wünsche ich Ihnen einen guten Morgen.

(Zurufe: Guten Morgen, Herr Präsident!)

Tagesordnungspunkt 26: Mitteilungen des Präsidenten

Das Haus ist bereits recht gut besetzt. Wir dürfen die Beschlussfähigkeit feststellen.

Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 27, Mündliche Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratungen mit Ausnahme des Tagesordnungspunktes 35, den wir bereits gestern behandelt haben, in der Reihenfolge der Tagesordnung fort. Die heutige Sitzung soll gegen 15.05 Uhr enden.

Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr die Schriftführerin, Frau Kollegin Twesten, mit.

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann es kurz machen: Es liegen keine Entschuldigungen vor.

Danke schön, verehrte Frau Twesten.

Bevor es gleich losgeht, liebe Kolleginnen und Kollegen, und weil Sie alle historisch interessiert sind:

Wie Sie alle wissen, feiern wir in diesem Jahr den 70. Geburtstag unseres Bundeslandes. Da kommen im Laufe des Jahres noch einige Feierlichkeiten auf Sie zu. Dem eigentlichen Jahrestag geht dabei am nächsten Dienstag ein weiteres Datum voraus, das wir als Landtag ganz kurz beleuchten sollten:

Am 23. August 1946 stellte die britische Besatzungsmacht die Selbstständigkeit des Landes Hannover mit der feierlichen Eröffnung des Land

tages im Kuppelsaal des Neuen Rathauses wieder her.

Bei dieser Gelegenheit wurde die besondere Verbindung zwischen Hannover und Großbritannien besonders sinnfällig: An der Balustrade war eine große Flagge des früheren Königreichs Hannover angebracht worden, das bis 1837, wie wir wissen, durch gemeinsame Könige mit dem Britischen Empire verknüpft gewesen war.

Entsprechend symbolträchtig war auch die Wahl des Datums durch die Besatzungsmacht. An diesem Tag war es genau 80 Jahre her, dass die Eroberung Hannovers durch Preußen im Prager Frieden völkerrechtlich wirksam geworden war. Diese Unabhängigkeit von Preußen war ja, wie man sich denken kann, ein lange gehegter politischer Traum vieler Hannoveraner, und die Briten machten ihn nach der großen Katastrophe und dem Untergang Preußens wahr.

Warum sage ich das? - Die Wiederherstellung Hannovers war eine wichtige Vorstufe zur Entstehung des Landes Niedersachsen. Wir dürfen es im Rückblick wohl als ein gutes Omen für die Demokratie im Lande betrachten, dass die wiedergewonnene Selbstständigkeit nicht einfach proklamiert wurde, sondern dass die Form einer feierlichen Parlamentseröffnung gewählt worden war.

An dieses wichtige Datum der niedersächsischen Parlamentsgeschichte wollte ich kurz erinnern. Das Land Hannover war also wiedergegründet worden, und dann konnte das Land Niedersachsen gegründet werden. Darauf werden wir im Laufe des Jahres noch ein paar Mal zurückkommen. Und dieser Tag jährt sich also am 23. August.

Meine Damen und Herren, ich komme zu

Tagesordnungspunkt 27: Mündliche Anfragen - Drs. 17/6215

Die für die Fragestunde geltenden Regelungen unserer Geschäftsordnung setze ich als bekannt voraus.

Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich darum, dass Sie sich schriftlich zu Wort melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.

Ich stelle fest: Es ist jetzt 9.07 Uhr.

Ich rufe auf die

Frage 1: Wird der Straßen- und Wegebau in Niedersachsen von der Landesregierung vernachlässigt?

Die Frage möchte Herr Kollege Hilbers von der CDU-Fraktion vortragen. Bitte sehr!

Wird der Straßen- und Wegebau in Niedersachsen von der Landesregierung vernachlässigt?

(Zurufe von der SPD und den GRÜ- NEN: Nein!)

Am 8. August 2016 legte Wirtschafts- und Verkehrsminister Olaf Lies, MdL, den Straßenzustandsbericht Niedersachsen vor. Die Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 9. August 2016 resümiert unter der Überschrift „Auf 1 330 km klaffen Löcher“: „1 330 km Landesstraßen in Niedersachsen sind im schlechten Zustand - rund ein Sechstel der 8 000 Straßenkilometer“.

Der Landesrechnungshof stellte in seinem Jahresbericht 2016 fest, dass es bei den Landesstraßen einen Erhaltungsstau von 288 Millionen Euro gebe.

Nach Einschätzung von Experten sei die Situation bei den kommunalen Straßen sogar noch prekärer. Und das Problem werde durch die von Rot-Grün eingeleitete Umschichtung der GVFG-Mittel zugunsten des ÖPNV und Mittelentnahmen wie im laufenden Haushaltsjahr in Höhe von 15 Millionen Euro zugunsten der Landesstraßenbaumittel noch verschlimmert.

Im Haushaltsplan 2012 standen 74,1 Millionen Euro für den kommunalen Straßenbau, im Haushaltsplan 2016 stehen 25,3 Millionen Euro weniger, mithin 48,8 Millionen Euro, für den kommunalen Straßenbau zur Verfügung. Gegenüber dem Ansatz im Jahr 2012 entspricht das einer Kürzung von über 34 %.

Dem Haushaltsplan 2016 ist zu entnehmen, dass der gesamte Mittelansatz für den ländlichen Wegebau im Zeitraum der EU-Förderperiode 2014 bis 2020 10 Millionen Euro beträgt.

1. Werden die von der Landesregierung für den Landesstraßenbau eingeplanten Mittel in den kommenden Jahren ausreichen, um die 1 330 km als schlecht klassifizierter Landesstraßen in einen

guten oder zumindest mittleren Zustand zu versetzen?

2. Hält die Landesregierung die den Kommunen zur Verfügung stehenden Finanzmittel für den kommunalen Straßenbau für ausreichend?

3. In welcher Höhe stehen Mittel für den ländlichen Wegebau im Jahr 2016 zur Verfügung?

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Hilbers. - Für die Landesregierung wird sicherlich Herr Lies als Verkehrsminister antworten. - Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich mich ganz herzlich für die Möglichkeit bedanken, Ihnen heute auch die Situation des Straßen- und Wegebaus etwas zu erläutern. Ich glaube, uns allen ist bewusst, dass dieses Thema viele Menschen in Niedersachsen bewegt. Ich halte es auch für richtig, dass der Landtag dieses Thema aufgreift und wir über die Fragestunde heute Morgen die Möglichkeit haben, die Situation nicht nur ein bisschen differenzierter, sondern natürlich vor allen Dingen auch ein bisschen historisch zu bewerten.

Lassen Sie mich zunächst die Situation bei den Landesstraßen erläutern. Beim Pressegespräch am 8. August habe ich den Straßenzustandsbericht für unsere Landesstraßen vorgestellt. Ich glaube übrigens, meine Damen und Herren, dass das der richtige Weg ist. Wir müssen offen und transparent mit der Situation umgehen. Es hilft nicht, nur über die grüne Seite der Landesstraßen zu reden - was also alles in Ordnung ist -,

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Da fühlen die Grünen sich aber nicht wertgeschätzt! Das ist ein vergiftetes Lob!)

sondern wir müssen auch über die Mängel und den Verbesserungsbedarf reden. Das sehen Sie sehr gut in den Karten, die Ihnen allen zur Verfügung stehen.

(Christian Grascha [FDP]: Da fühlen sich die Kollegen sehr auf den Arm genommen, glaube ich!)

- Ja, als ich „grün“ sagte, wusste ich, dass Sie das missinterpretieren. Aber das Grüne ist die gute

Seite der Straße. Ich finde, das kann man auch positiv interpretieren.

Es ist gut, dass wir mit einer Karte - damit auch Ihnen, gerade auch für Ihre Wahlkreise, aber auch den Bürgerinnen und Bürgern - eine so detaillierte Übersicht geben. Genau das war die Idee und das Ziel: eine transparente und öffentliche Darstellung, um eine ehrliche Diskussion auszulösen, wo Handlungsbedarf ist und wie wir mit diesem Handlungsbedarf umgehen.

Dass dann die Überschrift „Auf 1 330 km klaffen Löcher“ lautet, ist möglicherweise etwas überinterpretiert; denn wer sich die Zustandsbewertung der Straßen ansieht, wird feststellen, dass es dabei nicht um die Frage geht, ob dort Löcher klaffen, sondern es geht um Fragen wie die Abriebsfestigkeit und das Vorhandensein von Rissen. Das ist eine Vielzahl von Aspekten. Wir alle haben kein Interesse daran, das Bild einer maroden Infrastruktur zu skizzieren - die haben wir nämlich nicht. Aber wir haben Handlungsbedarf in der Infrastruktur, und der ist damit, glaube ich, sehr deutlich geworden. Also, so dramatisch sehen unsere Landesstraßen - erfreulicherweise, meine Damen und Herren - nicht aus. Aber wir sind in der Lage, diese objektiv zu bewerten. Wenn wir allerdings den 2004 begonnenen Totsparkurs - so will ich es beschreiben -, der die Vorgängerregierung ausgezeichnet hat, fortgesetzt hätten, dann hätten wir Schlagloch an Schlagloch.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das muss man ehrlicherweise sagen. Gut, dass wir diesen Weg nicht weitergegangen sind, sondern einen anderen eingeschlagen haben.

Das Ergebnis der Zustandserfassung und Bewertung - kurz: ZEB 2015 - für unsere Landesstraßen ist aussagekräftig und vermittelt ein klares Bild. In der Tendenz - das werde ich gleich deutlich machen - ist dies ein positives Bild. Wir verzeichnen eine Verbesserung der Infrastruktur. Das ist ganz entscheidend.

Die Landesstraßen werden nach der Methode, die der Bund für seine Bundesfernstraßen vorschreibt, erfasst. Hierbei handelt es sich um ein messtechnisches System, bei dem die Fahrbahnen von einem von der Bundesanstalt für Straßenwesen zugelassenen Messfahrzeug befahren werden. Sie haben das vielleicht schon einmal gesehen. Das sind große Fahrzeuge, die die Straße abfahren; kleinere Quads fahren auf den Radwegen. Damit

wird ein objektives Bild der Infrastruktur geliefert. Mit Kamerasystemen werden diese Daten erfasst und elektronisch ausgewertet.