Protokoll der Sitzung vom 14.09.2016

Vielen Dank, Herr Finanzminister, für die Einbringung des Haushaltsgesetzes. - Auch wenn ich jetzt technisch die Einbringung des Tagesordnungspunktes 8 aufrufen könnte: Die Fraktionen sind übereingekommen, dass es beim üblichen Verfahren „Haushaltsdebatte, erste und zweite Lesung“ bleiben soll.

Es spricht jetzt als Erster der Vorsitzende der größten Oppositionsfraktion, Herr Kollege Björn Thümler. Bitte schön, Herr Kollege.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Der größten Fraktion! - Weitere Zurufe von der CDU)

- Hier liegt die Betonung auf Oppositionsfraktion, weil die Opposition antwortet. Ich bitte um Verständnis.

(Jörg Bode [FDP]: Dann könnten auch wir antworten!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Schneider, die Zahlen, die Sie eben vorgetragen haben, sind längst nicht so beeindruckend, wie Außenstehende möglicherweise glauben mögen. Sie profitieren fortlaufend von Rekordsteuereinnahmen, für die Sie nichts können,

(Johanne Modder [SPD]: Aber dafür müssen wir uns auch nicht entschul- digen, oder?)

Sie profitieren zudem von einem historisch niedrigen Zinsniveau, für das Sie auch nichts können. Hießen Sie Hans, lieber Herr Schneider, und nicht

Peter-Jürgen, würde man auch von „Hans im Glück“ sprechen können.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Aber Obacht bei der Deutung! Nur die Einfalt findet das Glück, heißt es. Aber das wäre hier eine Unterstellung. Die andere Deutung ist „Die Welt möchte betrogen sein“, und das bringt Ihre Haushaltspolitik, also die Anscheinserweckung, ziemlich auf den Punkt. „Die Welt will betrogen sein“, und so haben Sie es hier auch gerade dargestellt, lieber Herr Schneider: Anscheinserweckung bei der Einbringung des Haushalts!

Vor diesem Hintergrund ist Ihre Haushaltspolitik - wie vieles andere auch - nicht mehr als eine ambitionslose Pflichterfüllung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Und die schwarze Null?)

Deshalb wird es selbst 2018 keine wirkliche Neuverschuldung null geben. Sie greifen dann immer noch auf schuldenfinanzierte Rücklagen zurück, Herr Schneider. Das ist die Wahrheit. Auch das werden wir in den Haushaltsberatungen in den nächsten Monaten weiter herausstellen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das ist dann nämlich wie der berühmte Goldesel, der immerzu das Geld ausspuckt, so oft man will und es braucht. Sie kennen das Märchen. In Ihrem Keller muss ein solcher stehen.

Lieber Herr Schneider, so waren es auch haushaltspolitisch vier verlorene Jahre für Niedersachsen. Es gab keine wirkliche Haushaltskonsolidierung. Es gab keine wirkliche Aufgabenkritik, wie sie der Ministerpräsident in seiner ersten Regierungserklärung und noch konkreter in einem Interview mit der HAZ im April 2013 skizziert hat. Zitat:

„Wir haben uns eine Aufgabenkritik vorgenommen, die hart und mühsam werden wird. Notwendig wird zum einen eine Priorisierung von Aufgaben: Was ist unerlässlich, worauf können wir verzichten? Vor allem aber wird es darum gehen, staatliche Aufgaben effektiver wahrzunehmen und ein nicht hinreichend verzahntes Nebeneinander staatlicher Akteure zu verhindern.“

Tatsache ist: Nichts ist seitdem passiert.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Offenbar ist die unter der Leitung von Herrn Mielke eingerichtete Arbeitsgruppe irgendwie im Nirwana Ihrer Verwaltung verschwunden. Großen Ankündigungen folgten nicht einmal kleine Taten. Jüngstes Beispiel ist der gestern mit viel Brimborium vorgestellte neue Claim für Niedersachsen, das wohl teuerste Wort der Landesgeschichte, meine Damen und Herren - das wohl teuerste.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dabei ist der Anspruch vor drei Jahren noch ein ganz anderer gewesen. Ich zitiere aus der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage vom 1. November 2013:

„Eine moderne und wirksame Landeskampagne muss wesentlich weiter greifen als eine klassische Standort- oder Fachkräftewerbung. Neben der politischen Kommunikation soll in den nächsten Jahren auch das Image Niedersachsens, also Ruf, Prestige, Reputation und Ansehen des Landes, gestärkt werden.“

(Christian Dürr [FDP]: Ach!)

Meine Damen und Herren, wer den Anspruch von damals mit dem Ergebnis von heute vergleicht, der kommt zu folgendem Ergebnis: Viel Wind um nichts.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Christian Dürr [FDP]: Klar!)

Meine Damen und Herren, gute Politik zeichnet sich dadurch aus, dass sie handelt, bevor Probleme entstehen. Sie aber tun das Gegenteil. Sie reißen ständig neue Baustellen auf, bevor Sie bestehende schließen. Nehmen wir als erstes Beispiel die Bildungspolitik. Das derzeit drängendste Problem an Schulen in Niedersachsen ist die katastrophal schlechte Unterrichtsversorgung - die schlechteste seit mehr als 15 Jahren. Dafür, meine Damen und Herren, trägt ausschließlich und alleine die Kultusministerin die Verantwortung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Am 12. Juni letzten Jahres, wenige Tage nach dem Urteil des OVG Lüneburg zur Lehrerarbeitszeit, titelte die Hannoversche Allgemeine Zeitung: „Neue Lehrer braucht das Land - doch woher kommen sie?“ Das war vor mehr als einem Jahr. Schon damals war Gefahr im Verzug. Schon damals hätte man entschlossen gegensteuern müssen. Geschehen ist jedoch nichts, und das Unheil nimmt bis heute seinen Lauf.

In diesem Sommer spitzte sich die Situation schließlich derart zu, dass in aller Eile ein 17-Punkte-Programm zusammengeflickt wurde, mit dem Ergebnis von heute Morgen: Nichts davon kann umgesetzt werden. 500 Stellen können nicht besetzt werden. Meine Damen und Herren, Sie sind in der Bildungspolitik total gescheitert.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, Michael Ahlers von der Braunschweiger Zeitung bringt es in seinem Kommentar vom 4. August 2016 auf den Punkt:

„Nun kann man Heiligenstadt gewiss nicht für die Flüchtlingswelle verantwortlich machen. Für Chaos und Missmanagement in der Kultuspolitik allerdings schon. Bis zur Landtagswahl, so müssen es jedenfalls SPD und Grüne befürchten, ist mit der Kultuspolitik kein Blumentopf mehr zu gewinnen.“

Ein weiteres Beispiel: In diesem Sommer liefen Unternehmen aus Industrie und Handwerk Sturm gegen die eklatante Unterrichtsversorgung und den Lehrermangel an berufsbildenden Schulen. Bedauerlicherweise ist dieses Problem eben nicht regional oder lokal begrenzt, sondern es ist ein landesweites Phänomen, das an jeder berufsbildenden Schule mittlerweile stattfindet. Wir wissen aus den aktuellen Zahlen, dass in Niedersachsen überall an den berufsbildenden Schulen massiv Unterricht nicht erteilt werden kann und dass damit ein Kernelement unserer Wirtschaftspolitik, nämlich die duale Ausbildung, in Frage gestellt wird. Sie, meine Damen und Herren, beteiligen sich daran, diese Berufsausbildung weiter ad absurdum zu führen. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es ist im Übrigen völlig unklar, warum Sie einfach 360 Planstellen aus dem Bestand der berufsbildenden Schulen bis 2018 streichen. Wenn jetzt die Jubelmeldung aus dem MK gekommen ist, dass man sagt „Wir geben 100 Stellen in das System hinein“, dann werden dort keine Planstellen hineingegeben, sondern zusammengefegte Stellenanteile von vielen Stellen, die zeitlich nicht ganz ausgefüllt sind. Das heißt, nicht eine zusätzliche Stelle. Sie flicken, wo nichts mehr zu flicken ist. Stellen Sie die Planstellen wieder ein! Geben Sie den berufsbildenden Schulen die Möglichkeit, ordentlich Unterricht zu machen im Interesse unserer Jugendlichen in den berufsbildenden Schulen und in den Betrieben!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deswegen bleibt es eine wahre Chimäre, die hier aufgebaut worden ist. Sie schaffen Stellen ab und schaffen keine zusätzlichen Stellen. Sie beschwören den Kampf gegen Fachkräftemangel in Sonntagsreden, und im Alltag handeln Sie fahrlässig, handeln in der praktischen Politik ganz anders. Auch das wird die Haushaltsberatungen weiter begleiten. Hören Sie auf, die berufsbildenden Schulen als haushaltspolitischen Steinbruch zu missbrauchen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Aber die Schulpolitik ist nicht die einzige Baustelle von Rot-Grün. Bei der inneren Sicherheit blicken wir in wahre Abgründe. Wir konnten heute Morgen ein kleines Bild davon bekommen.

Zunächst einmal gilt festzuhalten: Wir können stolz auf unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in Niedersachsen sein, die sich unter schwierigen Bedingungen jeden Tag aufs Neue hochmotiviert für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes einsetzen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, in weiten Teilen der Bevölkerung genießt eben genau diese Polizei eine allgemein hohe Wertschätzung. Diese Anerkennung müsste ihr endlich auch von der Politik zuteilwerden. Die Landesregierung darf die Polizei beim Kampf für mehr Sicherheit nicht länger alleine und im Stich lassen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Mit Blick auf die schlimmen Bilder vom Wochenende aus Göttingen mit brennenden Straßenbarrikaden frage ich Sie, Herr Pistorius: Wie lange wollen Sie dem lustvollen Treiben hemmungslos gewaltbereiter Linksautonomer noch tatenlos zusehen?

(Reinhold Hilbers [CDU]: Der ist gar nicht da, der Minister!)

- Es geht ja auch nur um den Haushalt. Es ist ja auch nicht so schlimm; das muss auch nicht jeden Minister interessieren.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Es geht ja nur um Geld!)

Wie lange wollen Sie der Auseinandersetzung zwischen linken und rechten durchgedrehten Gruppen in Göttingen überhaupt noch zuschauen? Wann wird dieses tatenlose Nichtstun endlich beendet?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)