Protokoll der Sitzung vom 26.10.2016

Das Landesgesundheitsamt führt Fortbildungen für Fachpersonal der Hygiene für Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime sowie für Praxen für ambulantes Operieren durch.

Zusammen mit den Niederlanden - aufgrund der besonderen dortigen Fachkenntnisse, z. B. auch an der Uni Groningen - führen wir ein INTERREGProjekt durch, das insbesondere die Zusammen

hänge zwischen Human- und Tiermedizin bearbeitet.

Die Antibiotikagabe in niedersächsischen Tiermastbetrieben ist deutlich minimiert.

Durch diese verschiedenen Maßnahmen konnten wir bereits deutliche Fortschritte erreichen. Für den Humanbereich ist hier in erster Linie die Entwicklung bei MRSA zu nennen, einem der bekanntesten resistenten Bakterien. Stieg der Anteil resistenter Typen bis zum Jahr 2010 im stationären Bereich auf 25 % an, so sank dieser bis zum Jahr 2015 wieder auf 18 % ab.

Die Maßnahmen zur Minimierung des Antibiotikaeinsatzes in der Tiermast zeigen ebenfalls deutliche Erfolge. Die Therapiehäufigkeiten der Spitzenverbraucher von Antibiotika sank seit dem Jahr 2014 bei Mastschweinen um rund 57 %, bei Mastferkeln um 51 %, bei Mastkälbern um 52 %. Für Mastputen und Masthühner liegen die Therapiehäufigkeiten der Spitzenverbraucher von Antibiotika um 45 bzw. 32 % niedriger als zu Beginn der Einführung des Antibiotikaminimierungskonzeptes in der landwirtschaftlichen Tierhaltung.

Die Reduktion des Antibiotikaeinsatzes wird auch anhand der von hiesigen Tierärzten bezogenen Menge an Antibiotika deutlich. Die abgegebene Antibiotikamenge ging um rund 37 % allein in den Jahren 2014 und 2015 zurück. Damit ist die Niedersächsische Landesregierung auf dem besten Weg, ihr Ziel, nämlich eine Reduktion des Antibiotikaeinsatzes in niedersächsischen Mastbetrieben um 50 %, zu erreichen. Dies zeigt eben auch, dass übergeordnete Maßnahmen zum Erfolg führen. Der Bewusstseinswandel bei den Akteuren ist deutlich zu spüren.

Aber auch ein MRSA-Anteil von 18 % und die äußerst positive Entwicklung in der Nutztierhaltung sind noch lange kein ausreichendes Indiz dafür, dass wir unsere Bemühungen einstellen könnten - im Gegenteil! Gerade die Bildung von Resistenzen unterschiedlicher Bakterien, die den Darmtrakt besiedeln, machen Expertinnen und Experten besondere Sorgen.

(Zustimmung bei der SPD)

Deshalb hat die Landesregierung im letzten Jahr einen interministeriellen Arbeitskreis gegründet, der eine gemeinsame, ressortübergreifende Strategie gegen Antibiotikaresistenz entwickelt hat. Sozialministerium, Landwirtschaftsministerium, Umweltministerium und Wissenschaftsministerium arbeiten gemeinsam an dieser Strategie; das ist

der sogenannte One-Health-Ansatz. Der IMAK hat dem Kabinett im September einen Zwischenbericht über die bereits umgesetzten Maßnahmen vorgelegt. Ziel ist es, den Anteil antibiotikaresistenter Bakterien weiter zu begrenzen und zurückzuführen, damit die Wirksamkeit von Antibiotika für die Behandlung bakterieller Infektionskrankheiten bei Menschen und Tieren erhalten bleibt.

Die Landesregierung hat also viele Maßnahmen und Initiativen eingeleitet, den Antibiotikaeinsatz zu reduzieren und die Hygiene zu stärken. Die enge Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Ressorts und Fachdisziplinen wird hier neue Impulse geben, d. h. wir werden unsere Verantwortung in diesem Bereich auch zukünftig gemeinsam wahrnehmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Meine Damen und Herren, zu diesem Tagesordnungspunkt liegen keine weiteren Wortmeldungen vor, sodass ich die Aktuelle Stunde insgesamt schließen kann.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 4: Abschließende Beratung: Immunitätsangelegenheiten - Beschlussempfehlung des Ältestenrates - Drs. 17/6697

Der Ältestenrat, der sich in seiner Funktion als Geschäftsordnungsausschuss gestern mit der Angelegenheit befasst hat, empfiehlt Ihnen, die vom Leitenden Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Göttingen beantragte Genehmigung zur Einleitung eines Strafverfahrens gegen den Landtagsabgeordneten Ronald Schminke in dem Verfahren NZS 32 Js 22536/16 nicht zu erteilen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir treten in die Beratung ein. Mir liegt eine Wortmeldung des Kollegen Grant Hendrik Tonne, SPDFraktion, vor. Bitte sehr! Sie haben das Wort.

(Zuruf von der FDP: Auf den letzten Metern könnt ihr dem Rechtsstaat noch zum Durchbruch verhelfen!)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute eine nicht alltägliche Aufgabe; denn wir müssen uns mit der Frage beschäftigen, ob wir die Immunität eines Kollegen hier in diesem Hause aufheben oder nicht. Das ist die ureigenste Aufgabe dieses Parlamentes.

Ich will an dieser Stelle das Ergebnis unserer Beratungen und Abwägungen vorwegnehmen: Wir werden heute gegen die Aufhebung der Immunität unseres Kollegen Ronald Schminke stimmen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zuruf von der FDP: Skan- dal! - Christian Dürr [FDP]: Grund- falsch!)

Mit der Gewährleistung von Immunität soll die Funktionsfähigkeit des Parlaments sichergestellt werden. Das ist ein hohes Gut; es besitzt immerhin Verfassungsrang. Hierunter fällt, dass Abgeordnete nicht durch Beschränkungen ihrer Freiheit daran gehindert werden, sich kontinuierlich an der parlamentarischen Arbeit zu beteiligen. Hierunter fällt aber auch, dass sie den Kopf für ihre Arbeit als Abgeordnete frei haben und nicht durch die mit jedem Verfahren verbundene Belastung daran gehindert werden.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Wo steht das denn?)

Letztlich steht dahinter auch der Gedanke, dass die Abgeordneten ihrer Tätigkeit nachgehen können, ohne sich überall der Gefahr aussetzen zu müssen, durch das Strafrecht belangt zu werden.

Der Abgeordnete Ronald Schminke hat in Ausübung seiner Tätigkeit als gewählter Abgeordneter des Niedersächsischen Landtages erhebliche Missstände in einem Alten- und Pflegeheim aufgedeckt und öffentlich gemacht.

(Zuruf von der FDP: Das wird sich noch zeigen!)

Hier hat sich ein Abgeordneter für seine Mitmenschen eingesetzt, die alleine keine ausreichend starke Stimme mehr gehabt haben, hat sich für deren Würde und Achtung im Alter stark gemacht mit dem Ziel der Verbesserung der Lebenssituation dieser Menschen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das ist nichts anderes als eine der Kernaufgaben eines Abgeordneten, und das Thema beschäftigt

uns in diesem Hause auch regelmäßig. Genau diese Arbeit soll geschützt werden, sodass sich Ronald Schminke, aber auch jeder andere Abgeordnete, jede andere Abgeordnete und damit das Parlament in Gänze in diesem Hohen Hause genauso sicher sein kann:

(Christian Dürr [FDP]: Sie fügen die- sem Haus Schaden zu!)

Die politische und die parlamentarische Tätigkeit stehen unter dem Schutz der Immunität, und das besonders scharfe Schwert des Strafrechts kann eben nicht ohne Weiteres gezogen werden.

(Christian Dürr [FDP]: Sie schaden dem Parlament, Herr Tonne!)

Damit ist aber auch gleichzeitig klar, dass die Immunität nicht grenzenlos gewährleistet werden kann und man sich jeden Einzelfall sehr genau anschauen muss.

(Christian Grascha [FDP]: Das ist jetzt eben nicht mehr klar! - Weiterer Zuruf von der FDP)

Im vorliegenden Fall der Strafanzeige wegen vermeintlicher Verleumdung erkennen wir den Versuch der Einschüchterung der Tätigkeit von Abgeordneten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Grascha [FDP]: Woran erkennen Sie das denn? Da wissen Sie aber mehr als alle ande- ren!)

Diesem Versuch - unabhängig davon übrigens, ob der Versuch erfolgreich ist oder nicht - müssen wir uns im Einzelfall wie auch als grundsätzliches Signal für die zukünftige Arbeit aller Abgeordneten widersetzen, und daher wollen wir die Immunität nicht aufheben.

(Zuruf von der CDU: Im Gegenteil!)

Meine Damen und Herren, ich bin aus diesen Erwägungen heraus schon überrascht, wenn ich lese, welche Geschütze die Opposition dazu aufgefahren hat. Der Vorwurf der Zweiklassenjustiz

(Christian Dürr [FDP]: Es ist Zweiklas- senjustiz!)

oder - leicht abgewandelt - der des Sonderrechts, Herr Thümler, Herr Grascha, zeugt von einem offensichtlichen Nichtverstehen.

(Astrid Vockert [CDU]: Falsch!)

Gleiches muss gleich behandelt werden, und Unterschiede müssen gleichwohl Berücksichtigung finden.

(Christian Dürr [FDP]: Sie halten Herrn Schminke für einen besseren Menschen! Dann sagen Sie es auch!)

Ihr Vorwurf wäre nur dann zutreffend, wenn der Abgeordnete Schminke als Privatperson gehandelt hätte und wir dann Immunität gewähren würden. Das hat er aber ganz offensichtlich nicht, sondern er hat als Abgeordneter gehandelt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der FDP)

Insofern ist der Vorwurf abwegig. Herr Grascha, Ihr gestriger Vorwurf der Rechtsbeugung in unsere Richtung ist dabei besonders lächerlich.