Protokoll der Sitzung vom 27.10.2016

(Zurufe: Guten Morgen, Herr Präsident!)

Tagesordnungspunkt 15: Mitteilungen des Präsidenten

Ich darf bereits jetzt die Beschlussfähigkeit des Hauses feststellen.

Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit den Dringlichen Anfragen, die - wie gestern bereits mitgeteilt wurde - in einer von der Tagesordnung abweichenden Reihenfolge behandelt werden sollen. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort. Die heutige Sitzung soll gegen 20.30 Uhr enden. Ich denke, wir haben es in der Hand, dies möglicherweise - wie gestern auch - etwas zu beschleunigen.

Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr der Schriftführer Herr Klein mit.

Guten Morgen! Für heute haben sich entschuldigt: von der Landesregierung Herr Ministerpräsident Weil ab 10 Uhr, von der CDU-Fraktion Frau Kollegin Klopp und Frau Kollegin Mundlos sowie von der Fraktion der FDP Herr Kollege Dürr bis 15 Uhr.

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 16: Dringliche Anfragen

Es liegen drei Dringliche Anfragen vor. Wie gestern Abend - und auch eben - bekannt gegeben, haben sich die Fraktionen darauf verständigt, heute an erster Stelle die Dringliche Anfrage der Fraktion der FDP, an zweiter Stelle die Dringliche Anfrage der Fraktion der CDU und an dritter Stelle die

Dringliche Anfrage der Faktion Bündnis 90/Die Grünen zu behandeln.

Die für die Behandlung Dringlicher Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen setze ich wie immer als allgemein bekannt voraus und verbinde das mit der Bitte, sich auch daran zu halten. Ich weise wie üblich besonders darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen nicht zulässig sind.

Um dem Präsidium jeweils den Überblick zu erleichtern, bitte ich, dass Sie sich schriftlich zu Wort melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.

Wir beginnen mit

c) „Die Auftragsverwaltung gehört in niedersächsische Hand“ (Minister Lies, Stenografi- scher Bericht über die 86. Plenarsitzung am 21. Januar 2016, Seite 8681) - Was wird aus dem Landtagsbeschluss in der Drucksache 17/4691, Herr Ministerpräsident Weil? - Anfrage der Fraktion der FDP - Drs. 17/6722

Die Frage trägt der Herr Kollege Bode vor. Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Die Auftragsverwaltung gehört in niedersächsische Hand“, (Minister Lies in der 86. Plenarsitzung am 21. Januar 2016). Was wird aus dem Landtagsbeschluss in der Drucksache 17/4691, Herr Ministerpräsident Weil?

Im Rahmen der Neuordnung der Bund-LänderFinanzbeziehungen ist es am 14. Oktober 2016 zu einer Einigung gekommen. Ministerpräsident Weil bezeichnete das Ergebnis laut Presseinformation als Erfolg (HAZ vom 15. Oktober 2016).

Die FAZ kommentierte die Neuordnung mit dem Hinweis, dass die Länder den finanziellen Erfolg „teuer bezahlen“ würden (FAZ, 15. Oktober 2016). „Bezahlt haben die Länder vielmehr mit Kontrollen, Bindungen und Weisungsrechten des Bundes - kurz: mit einem Verlust an Föderalismus“ (FAZ, 15. Oktober 2016).

Laut Süddeutscher Zeitung haben sich Bund und Länder auf die Bildung einer Infrastrukturgesellschaft verständigt (SZ, 15. Oktober 2016).

Ministerpräsident Weil kommentierte die künftige Kompetenzbündelung bei Bau und Erhalt von Bundesfernstraßen in einer zentralen Infrastrukturgesellschaft des Bundes und zulasten der Straßenbauverwaltung des Landes wie folgt:

„Die Pläne der Bundesregierung überzeugen mich nicht.“

Im Januar-Plenum dieses Jahres hat der Landtag mit den Stimmen der Regierungskoalition die Entschließung „Bundesfernstraßen: Auftragsverwaltung erhalten - Planung und Finanzierung optimieren“ (Drucksache 17/4691) beschlossen. Hierbei wurde fraktionsübergreifend deutlich, welche Relevanz der Erhalt der Planungskompetenz auf der Landesebene hat. Minister Lies führte in diesem Zusammenhang aus, „dass die Infrastrukturplanung beim Land bleiben muss.“ Und weiter:

„Es geht um die Umsetzung. Das ist das Entscheidende. Für die Umsetzung brauchen wir eine leistungsfähige Planungsbehörde - nämlich die Auftragsverwaltung in unserer Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr. Darum geht es in diesem Antrag.“

Ferner:

„Wir brauchen die Nähe zur Infrastruktur, und deswegen brauchen wir keine Gesellschaft des Bundes. Das muss unser Signal nach Berlin sein. … Die Auftragsverwaltung gehört in niedersächsische Hand.“

Ministerpräsident Weil äußert sich 267 Tage später zum gleichen Thema wie folgt:

„Wir haben gute Erfahrungen mit der Straßenbauverwaltung des Landes gemacht. Ich bin sicher, dass es zu diesem Thema noch viele Diskussionen geben wird“.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Steht abschließend fest, dass die derzeitige Auftragsverwaltung für Bundesautobahnen nach Artikel 90 des Grundgesetzes wegen der Einigung bei den Bund-Länder-Finanzbeziehungen in eine Infrastrukturgesellschaft des Bundes übergehen muss?

2. Ist der Bericht des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur zum Thema „Reform der Bundesauftragsverwaltung im Bereich der Bundesfernstraßen“ vom 11. Dezember 2015 die Grundlage der Einigung, bzw. welche der im Be

richt aufgeführten 21 Eckpunkte waren maßgeblich für die Einigung?

3. Inwiefern wird die Landesregierung beim Abstimmungsverhalten im Bundesrat den Beschluss des Landtages in der Drucksache 17/4691 beachten?

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Bode. - Für die Landesregierung möchte unser Verkehrsminister antworten. Herr Minister Lies, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Neuordnung des Bund-Länder-Finanzausgleichs soll - das haben wir alle erfahren - auch das Thema Auftragsverwaltung betreffen. Das ist eine Debatte, die wir im Vorfeld über viele Monate erlebt haben.

Der Bund möchte eine Infrastrukturgesellschaft Verkehr einrichten. Uns alle bewegt diese Diskussion sehr. Deswegen war es richtig, diese Entschließung hier im Landtag zu verabschieden und ein klares Bekenntnis und ein deutliches Signal des Landtages dazu abzugeben, und zwar einerseits wegen der außerordentlichen Bedeutung im Hinblick auf eine funktions- und bedarfsgerechte Infrastruktur in Niedersachsen und andererseits - das gehört für uns genauso dazu - aus der Verantwortung für die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr und ihre mehr als 3 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Die Auftragsverwaltung hat sich bewährt. Das ist, glaube ich, die Kernbotschaft, die wir hier aus Niedersachsen jederzeit wieder vermitteln können. Die Auftragsverwaltung der Bundesstraßen durch die Länder hat sich auch in Niedersachsen kontinuierlich weiterentwickelt. In den letzten Jahren ist es immer wieder gelungen, mehr Geld in unsere Infrastruktur zu investieren, als uns planmäßig eigentlich zugestanden hätte. Das macht, glaube ich, deutlich, wie leistungsfähig unsere Auftragsverwaltung und unsere Landesbehörde an der Stelle sind.

Unsere Auftragsverwaltung hat bisher neben den regelmäßigen Aufgaben für Planung, Erhalt, Betrieb sowie Neu-, Um- und Ausbau auch alle Investitions- und Konjunkturprogramme sowie Sonderfinanzierungen erfolgreich umgesetzt. Dazu muss

man sagen, dass es in den vergangenen Jahren sozusagen ein ständiges Auf und Ab bei der Mittelausstattung gab, was die Arbeit der Landesbehörde natürlich nicht erleichtert hat, sie diese aber gleichwohl sehr positiv bewältigt hat.

(Unruhe)

Herr Minister, einen Moment, bitte! - Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist eine sehr unangenehme Geräuschkulisse zu vernehmen. Man kann den Redner kaum verstehen. Ich bitte, diese Nebengespräche einzustellen. Wir wollen doch die Antwort der Landesregierung hören. - Bitte sehr!

Vielen Dank.

Ich habe immer wieder betont: Niedersachsen ist das logistische Herz Europas. Das gut ausgebaute Netz gerade auch der Bundesfernstraßen in Niedersachsen ist in der operativen Verantwortung unserer Landesverwaltung entstanden. Auch die für Niedersachsen so wichtigen Autobahnneuplanungen wie die A 20 und die A 39 sind durch unsere Landesbehörde bisher auf einen guten Weg gebracht worden.

Auch die Zuständigkeit - das muss man immer dazusagen; viele wissen das nicht - für die Planfeststellungsverfahren bei Länderzuständigkeit für den Stromnetzausbau liegt bei der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr. Die Energiewende voranzubringen erfordert eben auch, an der Stelle eine gut aufgestellte Landesbehörde zu haben.

Der Beschluss der Regierungschefs vom 14. Oktober 2016 ist im Hinblick auf die Infrastrukturgesellschaft des Bundes sehr unbestimmt und erlaubt noch eine ganze Reihe von Interpretationen. Art und Umfang der Reformen sind daher bisher noch nicht konkret bestimmt. Bisher ist uns auch keine Konkretisierung bekannt - weder zum Wortlaut der notwendigen Grundgesetzänderungen noch zur Umsetzung der Strukturen oder zum Zeitplan.

Ministerpräsident Weil hat darum zu Recht im Rahmen der Verhandlungen deutlich gemacht, dass aus Sicht Niedersachsens eine grundlegende Neuordnung der Aufgaben beim Bundesfernstraßenbau nicht geboten ist. Wesentliche Verbesserungen durch die unmittelbare Bundesausführung sind aus unserer Sicht nicht ersichtlich. Umgekehrt sind neben erheblichen Übergangsproblemen

dauerhaft Doppelstrukturen mit weiterbestehenden Verwaltungsaufgaben in der Zuständigkeit der Länder zu befürchten.

Der Bund ist jetzt am Zuge, ein wirklich prüfbares Konzept vorzulegen. Die Länder, meine Damen und Herren, haben das übrigens bereits Ende Februar 2016 getan. Die Debatte wird schon länger geführt. Die Bodewig-II-Kommission hat in ihrem Abschlussbericht ein Konzept für eine Optimierung - die wir sehr gerne übernehmen - der Auftragsverwaltung vorgelegt. Das sind wichtige und gute Ansätze, die es in den anstehenden Verhandlungen einzubringen gilt.

Schon jetzt ist erreicht, dass eine mögliche Infrastrukturgesellschaft Verkehr unter staatlicher Regelung stehen wird. Weiter wird das unveräußerliche Eigentum des Bundes an Autobahnen und Straßen im Grundgesetz festgeschrieben werden. Die Gespräche zur näheren Ausgestaltung des Beschlusses werden vom Chef des Bundeskanzleramtes mit den Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien geführt, und die Verkehrsministerien werden von den Staats- und Senatskanzleien entsprechend eingebunden.

Die Landesregierung wird in den vereinbarten Verhandlungen zur Ausgestaltung der Infrastrukturgesellschaft Verkehr darauf hinwirken, dass die Landesinteressen gewahrt bleiben. Dazu, meine Damen und Herren, zählt auch die Entschließung des Niedersächsischen Landtages im Sinne der Drucksache 17/4691, die in diese Verhandlungen einzubringen ist.

Die Landesregierung wird zur Ausgestaltung der Infrastrukturgesellschaft Verkehr darauf hinwirken, dass die Landesinteressen gewahrt werden und die Auftragsverwaltung für Niedersachsen weitestgehend erhalten bleibt. Am Ende wird dann zu entscheiden sein, ob ein Beschluss mit überwiegenden Vorteilen für Niedersachsen verbunden sein wird.