Allerdings muss der politischen Debatte natürlich auch eine rechtliche Debatte folgen. Geht das Ganze rechtlich überhaupt, was die FDP hier will? Ist es möglicherweise verfassungswidrig? - Mit diesen Fragen werden wir uns im Haushaltsausschuss beschäftigen müssen. Wir als SPDFraktion werden jedenfalls eine intensive Anhörung der betroffenen Verbände im Haushaltsausschuss dazu beantragen.
Die FDP begründet ihren Wunsch nach mehr Transparenz damit, dass die Öffentlichkeit einen Anspruch hierauf habe, da öffentliche Unternehmen aus Steuergeldern finanziert würden, bei denen die öffentliche Hand zur Existenz beitrage oder für die die öffentliche Hand das unternehmerische Risiko des unternehmerischen Handelns trage. Aber, meine Damen und Herren, ist das wirklich so? Werden beispielsweise Sparkassen aus Steuergeldern finanziert? Hält der Träger Anteile am Kapital? Haftet der Träger? - Als Mitglied
Allerdings - interessante Diskussion - bejaht das Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern diese Fragestellungen. Bei den Diskussionen im Finanzausschuss des Landtags von MecklenburgVorpommern vertrat das Finanzministerium ausweislich der Landtagsdrucksache 6/5336 die Auffassung, dass
„Sparkassen zweifellos öffentlich-rechtliche Unternehmen seien und von der öffentlichen Hand bezahlt würden. Sie würden das Geld zwar selbst in der Region erwirtschaften, seien aber … durch das Sparkassengesetz … geschützt, hätten einen öffentlichen Auftrag zu erfüllen und seien rechenschaftspflichtig. Trotz der eigenen Erwirtschaftung der Gelder sei hier Transparenz erforderlich, da diese Mittel die Beschäftigten als Angestellte eines öffentlich-rechtlichen Instituts erwirtschafteten.“
„Bei der Frage nach den öffentlichen Geldern sei ferner zu berücksichtigen, dass es sich bei den Sparkassen um ein Vermögen handele, das über einen Zeitraum von 200 Jahren angehäuft worden sei und ursprünglich Geld der öffentlichen Hand gewesen sei. … Die Gewährträgerhaftung sei zwar 2015 endgültig ausgelaufen, jedoch werde im Sparkassengesetz bestimmt, was mit den Mitteln zu geschehen habe.“
„eine faktische Einstandspflicht … Eine Kommune werde einer von ihr getragenen Sparkasse in einer finanziellen Notlage entsprechende Hilfen wohl eher nicht verwehren.“
Soweit die Einschätzung des Finanzministeriums von Mecklenburg-Vorpommern - aus meiner Sicht eine interessante Analyse, die es im Haushaltsausschuss zu diskutieren gilt.
Bei Kapitalgesellschaften ist im Anhang zum Jahresabschluss die Gesamtvergütung des Geschäftsführungsorgans anzugeben. Bei einer börsennotierten Aktiengesellschaft sind zusätzlich unter Namensnennung die jeweiligen Bezüge jedes einzelnen Vorstandsmitglieds anzugeben.
Genau diese Regelung gilt aufgrund der Ausnahmevorschriften des HGB für die Sparkassen aber gerade nicht. Das heißt, sie sind bundesgesetzlich nicht verpflichtet, die Vorstandsbezüge offenzulegen.
Da es sich hier um Regelungsgegenstände der konkurrierenden Gesetzgebung handelt und der Bund durch das HGB von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat, sind die Möglichkeiten, die der Landesgesetzgeber hier hat, eigene Regelungen aufzustellen, äußerst begrenzt. Die Sparkassen können nämlich tatsächlich nicht verpflichtet werden, die Vorstandsbezüge offenzulegen. Lediglich auf den Träger der Sparkassen kann entsprechend eingewirkt werden, indem eine gesetzliche Regelung geschaffen wird, dass der Träger auf die Offenlegung hinwirkt. Ob das rechtlich tatsächlich haltbar ist, wird die Diskussion im Haushaltsausschuss zeigen. Es gibt jedenfalls berechtigte Zweifel, meine Damen und Herren, ob eine solche Regelung rechtlich haltbar ist. Ich bin auf die Ausführungen des GBD in dieser Frage äußerst gespannt.
Die Mitglieder der Verwaltungsräte der Sparkassen sind jedenfalls vom kommunalen Träger rechtlich unabhängig und nur ihrem Gewissen unterworfen. Wenn der Träger nun auf die Offenlegung der Vorstandsbezüge hinwirken soll, ist dies nur im Wege der Ausübung von Druck auf die Verwaltungsratsmitglieder möglich, damit diese die Anstellungsverträge der Vorstandsmitglieder ändern. Insofern besteht ein Widerspruch zwischen der Hinwirkungspflicht des Trägers, die Sie gesetzlich normieren wollen, und der Gewissensfreiheit der Verwaltungsratsmitglieder, der nicht so einfach aufgelöst werden kann.
Meine Damen und Herren, ich habe, glaube ich, deutlich machen können, dass hier eine Menge Fragestellungen offen sind. Die FDP hat hier einen sehr interessanten Gesetzentwurf eingebracht, den ich eher als links orientiert betrachten würde. Ich habe viele Sympathien für diesen Gesetzentwurf, Herr Grascha. Trotzdem müssen wir uns natürlich auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen und dürfen die Bürgerrechte nicht unzulässig einschränken; das gilt natürlich für auch für gut verdienende Vorstandsvorsitzende.
(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das ma- chen Sie doch sonst auch! Sie bre- chen doch sonst auch das Recht!)
Vielen Dank. Sie hätten noch sieben Sekunden gehabt. - Eine Kurzintervention des Kollegen Christian Grascha. Bitte schön!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Henning, wo Sie das in Ihrem Koordinatensystem einsortieren - ob links oder rechts -, ist mir eigentlich relativ egal. Freie demokratische Politik war schon immer dafür da, die Rechte der Bürgerinnen und Bürger zu stärken, und hier geht es in der Tat darum, Eigentumsrechte zu stärken, die Rechte der Bürgerinnen und Bürger zu stärken, um eine lebendige Demokratie zu erhalten und zu stärken.
Ich habe mich aber aus einem anderen Grund zu Wort gemeldet: Sie haben hier in den Raum geworfen, das sei womöglich verfassungswidrig.
Sicherlich muss man sich bei dem, was wir vorgelegt haben, über die einzelnen gesetzlichen Regelungen unterhalten. Wir haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Das ist überhaupt keine Frage.
Aber dass das hier als verfassungswidrig hingestellt wird, möchte ich doch zurückweisen. Denn wir haben ähnliche gesetzliche Regelungen in zahlreichen Bundesländern - ich habe es vorhin schon einmal gesagt -: Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Bayern und NRW. Dass all diese Bundesländer verfassungswidrige Gesetze haben, halte ich für ausgeschlossen. Insofern sollten wir uns am Boden der Sachlichkeit orientieren und hier nicht irgendwelche Nebelkerzen zünden.
Die Überlegung, dass dieses Gesetz möglicherweise verfassungswidrig ist, stammt nicht von mir. Ich bin schließlich kein Jurist. Aber wenn Sie sich mit der Thematik näher beschäftigt hätten, dann wüssten Sie - Sie können das gerne nachlesen; ich habe eben aus der Drucksache des Landtags von Mecklenburg-Vorpommern zitiert -, dass es umfassende Anhörungen gegeben hat und so einige Institute und Rechtsgelehrte Zweifel geäußert haben, was die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelungen angeht.
Die CDU-Landtagsfraktion in Mecklenburg-Vorpommern hat presseöffentlich gesagt: Auch wir haben verfassungsrechtliche Bedenken; wir machen es aber trotzdem, weil wir das Gesetz in der Sache für richtig halten.
Sie wissen wie ich: Vor Gericht ist es wie auf hoher See; wenn am Ende einer klagt, wird man sehen, ob ein solches Gesetz Bestand hat. - Nur darauf habe ich hingewiesen.
Trotzdem will ich Ihnen gerne zugestehen, dass ich große Sympathien für Ihren interessanten Gesetzentwurf habe.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Feststellung vorweg: Die Landesregierung würde es begrüßen, wenn alle und nicht nur einige Sparkassen die Vorstandsgehälter offenlegen würden. Ob der Weg dazu über gesetzliche Zwangsmaßnahmen, wie sie erstaunlicherweise der FDP vorschweben, richtig ist, ist jedoch anzuzweifeln.
Ziel des Gesetzentwurfs der FDP-Fraktion ist es, für mehr Transparenz bei den Gehältern der Mitglieder von Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen derjenigen Unternehmen zu sorgen, die aus Steuergeldern finanziert werden, bei denen die öffentliche Hand zur Existenz beiträgt und für die
Das ist ohne Frage ein berechtigtes Interesse, wenn die Öffentlichkeit wissen will, was mit Steuergeldern passiert. Der Entwurf geht jedoch von Grundannahmen aus, die zum Teil falsch sind. Das hat Herr Mohr richtigerweise am Beispiel der Sparkassen ausgeführt. Die Sparkassen sind eben nicht aus Steuergeldern finanziert. Der Träger erhält keine Kapitalanteile. Die Haftung existiert nicht mehr.
Wenn schon die Grundannahme „Finanzierung aus Steuergeldern“ nicht stimmt, wie sieht es dann mit der Regelungskompetenz aus? Wir müssen uns sehr genau ansehen, ob wir als Land eine Regelung, wie die FDP sie treffen will, überhaupt treffen dürfen.
Wir müssen uns auch fragen, ob wir so auf die kommunalen Belange Einfluss nehmen wollen - denn die Träger der Sparkassen - das wissen Sie - sind nun einmal die Kommunen - oder ob wir nicht besser auf Einsicht und Überzeugungskraft setzen sollten.
Es geht - das ist hoffentlich allen durch die Vorreden klar geworden - ohnehin nur ein rechtlicher Umweg. Die Vorschriften, die Kapitalgesellschaften die Veröffentlichung der Gesamtvergütung und börsennotierten Gesellschaften zusätzlich noch die Nennung des Namens und der Bezüge jedes einzelnen Vorstandsmitglieds regeln, gelten laut HGB für die Sparkassen nicht. Sie sind also bundesgesetzlich nicht verpflichtet. Es geht um einen Regelungstatbestand der konkurrierenden Gesetzgebung. Der Bund hat von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht. Damit sind die Möglichkeiten des Landesgesetzgebers, eigene Regelungen zu treffen, sehr begrenzt.
In Nordrhein-Westfalen und auch in SchleswigHolstein normieren die jeweiligen Sparkassengesetze eine Pflicht des Trägers, auf die Veröffentlichung der Vorstandsbezüge hinzuwirken - in Bayern, Herr Grascha, übrigens nicht. In Bayern gibt es eine solche gesetzliche Regelung nicht - anders, als Sie hier vorgetragen haben.
Die Hinwirkungspflicht bedeutet natürlich keinen unmittelbaren Zwang zur Veröffentlichung. Die Träger hätten keine unmittelbare rechtliche Handhabe, die Veröffentlichung durchzusetzen. Es ist deshalb besser, die Verwaltungsräte und Vorstände vor Ort zu überzeugen, dass die Veröffentlichung zeitgemäß und auch angezeigt ist.
Ähnliches gilt im Übrigen in Bezug auf die eingeforderte Transparenz von Geschäftsführer- und Gremienvergütungen bei Landesbeteiligungen an privatrechtlichen Unternehmen. Die vorgeschlagene Erweiterung des § 65 Abs. 1 LHO, wonach schon der Beteiligungserwerb als solcher an die Gewährleistung der individualisierten Offenlegung von Bezügen der Geschäftsführung, des Aufsichtsrats oder des Beirats geknüpft wird, schießt über das Ziel hinaus.
Sie würde beispielsweise bedeuten, dass eine Minderheitsbeteiligung an einem Unternehmen mit bisher unveröffentlichten Vergütungen schlechterdings nicht mehr zulässig wäre. Es geht also darum, sich auch dann nicht zu beteiligen, wenn lediglich eine formale Voraussetzung, nämlich die der Veröffentlichung, nicht eingehalten wird. Es geht nicht um die Höhe und die Angemessenheit der Vergütung. Entspricht das dem liberalen Geist einer gestaltungsfähigen Beteiligungsverwaltung, Herr Grascha?
Das Land beteiligt sich dann - folgten wir Ihrem Gesetzentwurf - entgegen seiner Interessenlage nicht an Unternehmen, weil dort die Gehälter nicht veröffentlicht werden? Die Zielsetzung - das wiederhole ich - teile ich durchaus. Geschäftsführer- und Gremienvergütung werden im Falle unserer Landesbeteiligungen weitgehend veröffentlicht. Das ist unbestritten. Dies ist in der Beteiligungsverwaltung aller Länder sowie des Bundes zunehmend gelebte Praxis. Die Regelungsvorschrift, die Sie hier einbringen, würde jedenfalls dem Land durch eine eingekaufte Einschränkung mehr schaden als nutzen.