Recht hat er! Wir würden uns freuen, wenn die CDU nicht nur unserem Landtagspräsidenten und Herrn Laumann, sondern auch vielen anderen Befürwortern in der CDU folgen würde.
Wir werden mit unserem heutigen Beschluss die dritte Pflegekammer in Deutschland auf den Weg bringen und wünschen ihr viel Erfolg für ihre Arbeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Brunotte. - Es folgt jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Kollegin Polat. Bitte!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Pflegekammer in Niedersachsen in greifbarer Nähe“ - so heißt es auf der Informationsplattform des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe.
Ja, meine Damen und Herren, verehrte Gäste, liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter, aller guten Dinge sind drei. Es ist so weit: Nach SchleswigHolstein und Rheinland-Pfalz beschließen wir heute die gesetzliche Grundlage für die Errichtung einer Pflegekammer in Niedersachsen.
Seit über 20 Jahren, Frau Bruns, engagieren sich Pflegekräfte, der Niedersächsische Pflegerat, Verbände wie der DBfK - namentlich möchte ich hier ganz herzlich Frau Mauritz begrüßen - und der Förderverein Pflegekammer - ganz herzliche Grüße von unserer Fraktion an Frau Skibicki, die ebenfalls hier ist! - für deren Gründung.
Vor allem im letzten Jahr hat die Diskussion um die Pflegekammer deutlich an Fahrt aufgenommen. Wir haben zahlreiche Gespräche geführt. Die Landesregierung hat Veranstaltungen organisiert. Wir haben viele Zuschriften erhalten - positive wie negative - und eine große Fachanhörung im Ausschuss durchgeführt.
Eines, Herr Matthiesen, wurde wieder einmal sehr deutlich: Der Großteil der Gegnerinnen und Gegner setzte sich aus Organisationen und Verbänden zusammen, die nicht die Pflegekräfte vertreten, sondern vielmehr deren Arbeitgeber. Frau Skibicki hat es in einem Leserbrief wirklich auf den Punkt gebracht:
„Seitdem die Errichtung einer Pflegekammer in den Bereich des Möglichen rückt, haben Arbeitgeberverbände … und Gewerkschaften ihr Herz für die desolate personelle Ausstattung in Altenheimen und Krankenhäusern entdeckt.“
Meine Damen und Herren, natürlich haben wir auch zahlreiche Petitionen von Pflegekräften erhalten, die gegen eine Zwangsmitgliedschaft sind. Aber eines ist doch unstreitig: dass der Eingriff in Artikel 2 Abs. 1 des Grundgesetzes verhältnismäßig sein muss.
Mit der erstmaligen Verkammerung einer Berufsgruppe, die überwiegend abhängig beschäftigt ist, betreten wir in verfassungsrechtlicher Hinsicht Neuland. Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst hat deshalb die Verfassungsmäßigkeit im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung eingehend begutachtet.
An dieser Stelle möchte auch ich mich ganz herzlich bei Frau Brüggeshemke bedanken. Es war wirklich eine grandiose Leistung, das verfassungsrechtlich zu begutachten - parallel zu der vielfältigen Arbeit, die Frau Brüggeshemke im Rahmen
Wichtig ist, an dieser Stelle zu erwähnen, dass laut GBD die von der vorherigen Landesregierung durchgeführte Befragung im Rahmen der verfassungsrechtlichen Prüfung keine Relevanz für den Schutz der Grundrechte des Einzelnen bzw. den Eingriff in diese hat. Entscheidend sind vielmehr die Regelungen zu den Berufspflichten - in § 23 und § 24 - sowie vor allem die Höhe des Kammerbeitrages.
Meine Damen und Herren, wie Sie wissen, legen die Kammermitglieder den Kammerbeitrag selbst fest. Es liegt nun an den Pflegekräften, diese Kammer mit Leben zu füllen - wie das bei den anderen Kammern auch geschehen ist -, die skeptischen Kolleginnen und Kollegen von den Vorteilen zu überzeugen und eine starke berufsständische Vertretung auf dem Weg zu bringen.
Die Pflegekammer wird nämlich - mit 70 000 Mitgliedern - eine der größten berufsständischen Vertretungen Deutschlands werden.
Meine Damen und Herren, wir sind überzeugt, dass die Kammer einen entscheidenden Beitrag dazu leisten wird, die Pflege zu einem der attraktivsten Berufe in Niedersachsen zu machen, selbstbewusst die eigenen Angelegenheiten selbst zu regeln und die eigenen Interessen eigenständig zu vertreten - wie es für andere Professionen im Gesundheitswesen seit Jahrzehnten selbstverständlich ist.
Meine Damen und Herren, Herr Brunotte ist schon auf einige Punkte eingegangen, die wir im Verlauf der Beratungen noch geändert haben. Ich möchte sie an dieser Stelle noch einmal hervorheben. Die Meldeverpflichtung für Arbeitgeber innerhalb der Gründungsphase ist aufgenommen worden. Wir haben das Wahlverfahren für die Kammerversammlung modifiziert und die Listenwahlvorschlä
ge aufgenommen. Außerdem haben wir die Höhe der Ordnungsgelder, die ja auch in der Kritik stand, insofern variiert, als sie an die jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnisse angepasst werden.
Meine Damen und Herren, seit über 100 Jahren fordern Pflegende die Selbstverwaltung ihres Berufes. Agnes Karll definierte bereits 1903 auf der Gründungsversammlung der Berufsorganisation der Krankenpflegerinnen Deutschlands erstmalig das Selbstverständnis der Pflegeberufe:
„Wir, die als selbstständige, selbstverantwortliche Menschen dem Leben gegenüberstehen, sind selbst schuldig, wenn wir nicht die rechtlichen Wege suchen und bahnen helfen, um fähig für unsere Lebensaufgabe zu werden. Wer soll denn unseren Beruf aufbauen, wenn wir es nicht selbst tun.“
In diesem Sinne wünschen wir den Pflegekräften, allen Engagierten gutes Gelingen. Wir danken für die Arbeit im Errichtungsausschuss. Wir wünschen den Mitgliedern im Gründungsausschuss viel Erfolg.
Meine Damen und Herren, ich möchte einen allgemeinen Hinweis geben. Wir sind immer froh, wenn wir Besucherinnen und Besucher haben, die sich für den Verlauf der Sitzungen interessieren. Für die Begrüßung der Gäste ist gemäß einem bestimmten Verfahren aber ausschließlich das Präsidium zuständig. Das brauchen die Rednerinnen und Redner nicht unbedingt zu übernehmen. Sie wissen, warum ich das sage: Es sieht sich sonst jeder gehalten, weiter zu begrüßen, und das muss nicht unbedingt sein.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Den vorliegenden Gesetzentwurf über die Einrichtung einer Pflegekammer in Niedersachsen haben wir im Sozialausschuss sehr intensiv und ausführlich beraten. Es gab umfangreiche schriftliche und mündliche Stellungnahmen. Die Mitglieder der CDU-Fraktion haben abseits der Ausschusssitzungen sehr viele Gespräche sowohl
mit Befürwortern als auch mit Gegnern der Pflegekammer geführt. Wir haben sehr viele Eingaben gelesen und bewertet. Wir haben aufmerksam verfolgt, dass viele Tausend Betroffene in groß angelegten Unterschriftenaktionen ihre klare Ablehnung bezüglich der Einrichtung einer Pflegekammer - einer „Zwangsverkammerung“ - zum Ausdruck brachten,
wie auch die Wohlfahrtsverbände, der DGB, die kommunalen Spitzenverbände und natürlich auch der bpa. Ich weiß, das hören Sie nicht gern; aber der bpa vertritt bundesweit immerhin jede dritte Einrichtung und ist deshalb ein sehr ernst zu nehmender Partner in dieser Thematik. Diese Liste ließe sich fortsetzen, aber sie ist ja uns allen bestens bekannt.
Meine Damen und Herren, nach gründlicher Abwägung aller Fakten, Zahlen und Argumente - wir haben uns die Entscheidung wirklich nicht leicht gemacht - bleiben wir mit fester Überzeugung bei unserer bisherigen Haltung: Die CDU-Fraktion lehnt eine Pflegekammer ab. Wir brauchen sie nicht. Sie ist unnötig.
Zum einen kostet sie viel Geld - Geld, das von den zwangsverkammerten Pflegekräften gezahlt werden muss. Damit die Kammer arbeitsfähig wird, rechnet man mit Kosten in Höhe von ca. 5 Millionen Euro. Frau Polat, so viel zum Thema „Die Mitglieder bestimmen ihre Beiträge selbst“! Die Beiträge müssen mindesten in der Höhe festgesetzt werden, dass die Kosten gedeckt werden. Furchtbar viel Freiheit ist dabei nicht gegeben.
Niemand kann Kostenerhöhungen ausschließen. Auch die Frage, ob und in welcher Höhe den betroffenen Pflegekräften zusätzlich zum Kammerbeitrag Kosten entstehen, z. B. für Fort- und Weiterbildung, ist nicht beantwortet.
Das wichtigste Argument gegen eine Kammer, meine Damen und Herren, ist aber Folgendes: Eine Pflegekammer kann unseres Erachtens die vielfältigen Probleme im Pflegebereich nicht lösen.
Sie schafft keine besseren Rahmenbedingungen, keine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, und sie gibt keine Lösungsansätze für die uns allen bekannten Probleme. Die Frage ist doch, wie wir in
Zukunft eine menschenwürdige Pflege sicherstellen können und wie wir den Pflegeberuf spürbar attraktiver machen können. Wir brauchen zum einen mehr junge, motivierte Berufsanfänger. Dafür braucht es eine Ausbildungsoffensive. Zum anderen müssen wir dafür sorgen, dass die erfahrenen Fachkräfte nicht wegen überhöhter Arbeitsbelastungen vorzeitig aus dem Beruf aussteigen. Dafür sollte man über Verbesserungen z. B. im Gesundheitsschutz nachdenken.
Wir müssen über neue Arbeitszeitmodelle sprechen, damit der Pflegeberuf auch für diejenigen attraktiv wird, die sich z. B. intensiv um Kinder oder ältere Familienmitglieder kümmern müssen. Neben guten Arbeitsbedingungen in der Pflege muss natürlich eine wirklich angemessene Bezahlung herbeigeführt werden. Und ganz wichtig: Der Pflegeberuf muss aufgewertet werden! Das wäre übrigens meiner Meinung nach eine wirklich wichtige Aufgabe für die Fachkommission Pflege gewesen, die jetzt so still und leise aufgelöst wurde.