Protokoll der Sitzung vom 13.12.2016

Die Welt hat das damals sehr treffend beschrieben:

„Der Bund zahlt also die Zeche. Aber die Länder berappen dafür einen hohen politischen Preis. Denn den Geldsegen gibt es natürlich nicht umsonst. Im Gegenzug müssen die Bundesländer Kompetenzen abgeben.“

Das ist das, worüber wir heute reden: Das eine ist das Verhandlungsergebnis, das andere sind die Kompetenzen, die Sie im Zuge dieser Verhandlungen abgegeben haben.

Aber am meisten bedauere ich, dass Sie es versäumt haben, einen wirklichen Wettbewerbsföderalismus aufzubauen, also Anreize dafür zu schaffen, dass die Länder ihre eigene Einnahmesituationen und Prosperität stärken. Sie haben darauf verzichtet, die Mischfinanzierungstatbestände zu reduzieren und die Verantwortung für die Finanzen auf der einen und für das Ergebnis auf der anderen Seite zusammenzuführen.

Sie wollten eine größere Transparenz in den Finanzbeziehungen haben, aber haben ein größeres Durcheinander geschaffen. Sie wollten mehr Wettbewerb unter den Ländern schaffen, aber das haben Sie nicht erreicht. Das hätte dem Föderalismus gut getan, aber diesen Wettbewerb scheuen Sie, Herr Heere, weil Sie sagen, Sie brauchen überall Bundesgeld. Und dann ist es eben nicht so angesagt, dass die Bundesländer untereinander in Wettbewerb stehen und dass man stark sein muss, um zurechtzukommen. Sie setzen darauf, dass es im Rahmen des Ausgleichs zu einer Alimentation kommt.

Herr Ministerpräsident, Sie haben diese Debatte geführt, aber dann sind Sie und Ihr Finanzminister vollständig zwischen die Mühlsteine geraten. Am Ende ist ein System dabei herausgekommen, was für Niedersachsen die schlechtesten Parameter beinhaltet.

Als es noch nur nach der Umsatzsteuervorwegverteilung ging, hätte Niedersachsen bei dem Geschäft Verlust gemacht. Damit hätten Sie natürlich nicht nach Hause kommen können. Also hat man noch einmal geguckt, wo Niedersachsen besonders schlecht ist oder Nachholbedarf hat. Sie haben festgestellt, dass das bei der Forschungsförderung der Fall ist, und einen Passus eingeführt, über den Niedersachsen, wie Herr Heere zu Recht sagt, über 60 Millionen Euro erhält. Das bedeutet aber auch: Sie bekommen für einen Tatbestand

Geld, auf das wir allerdings wieder verzichten müssten, wenn Sie die Situation erheblich verbessern - was ja sinnvoll wäre. Der Anreiz ist also ein negativer, weil er beinhaltet, an dieser Stelle möglichst nicht gut zu werden.

Deswegen ist das System, was Sie ausgehandelt haben, für Niedersachsen ein ausgesprochen schlechtes. Das ist auch am Ergebnis abzulesen, und da können Sie auch keine anderen Dinge ins Feld führen. Beim Finanzausgleich geht es ausschließlich darum, wie die Finanzen verteilt werden, und vom Mehr bekommt Niedersachsen eben am wenigsten. Das ist das Ergebnis, das Sie ausgehandelt haben.

Die Länder profitieren eben nicht mit 9 Milliarden Euro, wie Sie, Frau Modder, in der Nordwest-Zeitung gesagt haben.

(Johanne Modder [SPD]: Die Über- schrift war nicht von mir! Ich hätte sie aber gerne genommen!)

- Ich will Ihnen gerne zugestehen, dass die Überschrift nicht von Ihnen ist. Aber im Text haben Sie auch von der Summe gesprochen, die an die Länder geht.

Ich will das aber trotzdem einmal aufgreifen. Das Mehr sind nicht 9 Milliarden Euro für die Länder. Vielmehr gibt der Bund 2,6 Milliarden Euro als Festbetrag und dann noch einmal 1,4 Milliarden Euro über Umsatzsteuerpunkte, also dynamisch. Das sind die 4 Milliarden Euro, die es mehr gibt. Die restlichen Mittel hat es vorher auch schon gegeben. Sie werden jetzt nur anders umgelenkt und durch den Bund verteilt, nämlich über die Umsatzsteuer, weil die Umsatzsteuervorwegverteilung wegfällt. Und aus diesem Topf bekommt Niedersachsen nur 76 Euro je Einwohner. Baden-Württemberg hingegen bekommt 89 Euro, Bayern 106 Euro, Berlin 142 Euro, Bremen 732 Euro, Mecklenburg-Vorpommern 229 Euro, Sachsen-Anhalt 202 Euro, das Saarland 493 Euro und Schleswig-Holstein 91 Euro.

Herr Ministerpräsident, Sie haben erreicht, dass wir 5,3 % weniger bekommen als NRW. Wir bekommen 17 % weniger als Hessen, 20 % weniger als Schleswig-Holstein, 40 % weniger als Bayern und 550 % weniger als das Saarland. Das ist das Ergebnis, das Sie ausgehandelt haben - ein mageres Ergebnis für so ein starkes Flächenland wie Niedersachsen, meine Damen und Herren. Dieses Ergebnis kann sich nicht sehen lassen!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Und dafür mussten Sie dann auch noch erhebliche Kompetenzen abgeben! Sie mussten nicht nur, wie der Kollege Bode ausgeführt hat, in der Bundesstraßenbauverwaltung Federn lassen. Nein, Sie mussten auch erhebliche Kompetenzen in der Steuerverwaltung abgeben. Dort redet Ihnen der Bund zukünftig massiv hinein. Ich verweise nur auf die umfangreichen Prüfungsrechte des Bundesrechnungshofs, die dort eingeführt worden sind. Das läuft darauf hinaus, dass Sie in der Steuerverwaltung demnächst nicht mehr alleine entscheiden können.

Herr Ministerpräsident, das ist keine zukunftszugewandte Politik! Sie haben die Interessen der Straßenbauverwaltung aufgegeben. Obwohl das Parlament dazu einen eindeutigen Beschluss gefasst hatte, haben Sie niedersächsische Interessen nicht berücksichtigt. Und Ihre später nachgeschobene Protokollerklärung hilft da auch nichts mehr: Das Ergebnis ist mager und kann sich eben nicht sehen lassen.

Herr Ministerpräsident, Sie haben in diesen Verhandlungen keine gute Figur gemacht und die Interessen Niedersachsens nicht wirkungsvoll vertreten. Wir werden von dem neuen Finanzausgleich weniger profitieren als andere und geben wertvolle Kompetenzen ab. Das ist schade, und das ist kein Erfolg für Niedersachsen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Hilbers. - Für SPDFraktion hat sich jetzt Herr Kollege Detlef Tanke gemeldet. Bitte sehr, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Situation ist seit Jahren bekannt. Am 31. Dezember 2019 enden die geltenden Grundlagen des Länderfinanzausgleichs, und der Solidarpakt II tritt außer Kraft. Darüber hinaus wollten die Geberländer Bayern und Hessen unmissverständlich klagen. Dennoch: Etliche Jahre wurde erfolglos nach einem notwendigen Kompromiss gesucht. Dabei war und ist es immer das Ziel Niedersachsens gewesen, in etwa wie die anderen Flächenländer abzuschneiden.

(Reinhold Hilbers [CDU]: In etwa!)

Angesichts dieser Ausgangssituation war es schon ein Erfolg, dass sich die Ministerpräsidenten vor einem Jahr gemeinsam auf ein neues Finanzsys

tem verständigt hatten und es so eine gemeinsame Haltung der Geber- und Nehmerländer gegenüber dem Bund gab. Für die Zukunftssicherung der Bundesländer bedurfte es einer Erhöhung der Ausgaben des Bundes. So musste erst einmal, lieber Kollege Hilbers, der Widerstand Ihres Bundesfinanzministers gebrochen werden, um diese zusätzlichen Milliarden ins System zu geben.

Ebenso war es bei anderen Forderungen. Wir sind im Gegensatz zu Ihnen nicht der Auffassung, dass über das Steuerheberecht der Länder, wie es gefordert wurde, ein Wettbewerbsföderalismus entsteht; vielmehr hätten sich die Schwächen und Stärken der Bundesländer dadurch verfestigt und somit die übermäßige Ungleichheit verschärft. Der jetzt erarbeitete Länderfinanzausgleich ist ein guter und wichtiger Schritt auch für Niedersachsen. Dafür hat unser Ministerpräsident in zähen Verhandlungen hervorragend gesorgt. Deswegen sage ich auch ganz herzlichen Dank für.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, weil Sie sich als Schuldenweltmeister darüber ärgern, will ich gern wiederholen, dass wir, die rot-grüne Landtagsmehrheit, jetzt schon, genauer gesagt, am Donnerstag, als Erste in der Geschichte des Bundeslandes Niedersachsen einen Haushalt ohne neue Schuldenaufnahme aufstellen. Dafür schon einmal ganz herzlichen Dank an den Finanzminister.

(Beifall bei der SPD)

Bei aller denkbaren, aber meist von Ihnen - wie auch heute Morgen von Herrn Bode und Herrn Hilbers - wirklich an den Haaren herbeigezogenen Kritik stehen wir mit dem künftigen Bund-LänderKompromiss noch besser da.

Ich möchte die vier Punkte wiederholen. Herr Heere hat sie schon genannt, deswegen nur in Stichworten:

Erstens. Inklusive der 200 Millionen Euro als Kompensation für den Entfall der Entflechtungsmittel erhält Niedersachsen im Jahr 2020 fast 600 Millionen Euro mehr.

Zweitens. Wir erhalten Bundesergänzungszuweisungen für Forschung von zusätzlich 62 Millionen Euro jährlich.

Drittens. Die Förderabgabe von Öl und Gas wird statt 100 % nur noch zu einem Drittel für die Finanzkraft ermittelt.

Viertens. Zukünftig darf der Bund Mittel für Investitionen in die kommunale Bildungsinfrastruktur geben. Das ist ein Durchbruch auf dem Weg hin zur Aufhebung des Kooperationsverbots. Das lag uns am Herzen. Das wird den Schülerinnen und Schülern auch in Niedersachsen ganz besonders helfen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Negativ bleibt, dass Herr Schäuble - wenden Sie sich deswegen bitte an Ihre eigene Partei, Herr Kollege Hilbers - auf der Infrastrukturgesellschaft bestanden hat. Sie wissen, dass wir das von Anfang an dezidiert - Sie können das in der Protokollnotiz nachlesen - abgelehnt haben und weiter ablehnen.

Positiv ist, dass es gelungen ist, dass sowohl die Bundesautobahnen als auch die Infrastrukturgesellschaft unveräußerliches Eigentum des Bundes bleiben müssen.

Was bleibt? - Meine Damen und Herren, am Ende stehen sachliche Bewertungen.

(Ulf Thiele [CDU]: Enthalten Sie sich jetzt im Bundesrat?)

Da kann man sagen: Der Gordische Knoten - wie der Kollege Heere es gesagt hat - ist zerschlagen, und der jahrelange Streit zwischen Bund und Ländern ist beendet.

Ich möchte ein Zitat unseres Ministerpräsidenten hinzufügen, über das Sie im Laufe des Tages oder vielleicht heute gegen Abend einmal in Ruhe nachdenken sollten. Ich zitiere aus der 108. Sitzung des Landtags vom 26. Oktober:

„Gerade in der aktuellen Situation ist es meines Erachtens wichtig, dass die Repräsentanten unseres Staates auf den unterschiedlichen Ebenen ihre Handlungsfähigkeit und auch ihre Kompromissfähigkeit demonstrieren und gemeinsame Regelungen finden. Das ist hier gelungen, und zwar zum Wohle aller Beteiligten.“

(Zustimmung von Gerald Heere [GRÜNE])

Was bleibt am Ende für Niedersachsen? - Als sachliche Bewertung steht angesichts der Zielvorgabe, in etwa wie in anderen Flächenländern abzuschneiden. Da hilft es nicht, mit frei erfundenen Überschriften irgendetwas zu konstruieren oder akrobatische Rechenkunststücke vorzuführen wie

Herr Hilbers. Ich möchte Ihnen empfehlen, dass Sie sich die Ausgabe des Spiegel der letzten Woche angucken, wonach KPMG den Auftrag gegeben hat, die Mehreinnahmen der Bundesländer zu vergleichen. Sie können auf der Seite 37 im Spiegel nachlesen, dass Niedersachsen dort auf dem achten Platz landet. Also: Zielvorgabe erfüllt!

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Tanke. - Jetzt spricht für die Landesregierung unser Finanzminister. Herr Schneider, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann unmittelbar daran anschließen. Ihre Annahme, Herr Bode, Niedersachsen sei auf Platz 16 der 16 Länder gelandet, ist schlicht falsch.

(Jörg Bode [FDP]: Was?)

- Das ist falsch. Hören Sie zu!