Protokoll der Sitzung vom 15.12.2016

(Johanne Modder [SPD]: Dass Sie nicht ausgebildet haben, Herr Dürr! Genau so ist das!)

Sie selbst haben das G 8 abgeschafft und das G 9 wieder eingeführt. Sie wissen ganz genau, dass im Jahr 2020/2021 ein zusätzlicher Abiturjahrgang auf uns zukommt. Sie tun nichts, aber auch gar nichts, um zusätzliche Lehrer einzustellen und um Vorsorge zu treffen, meine Damen und Herren. Erneut ein Verbrechen an unseren Kindern in dieser Schulpolitik! Das gehört sich nicht, was Sie tun, das gehört sich einfach nicht, was Sie in der Schulpolitik tun, Frau Heiligenstadt!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Dürr, bei aller Leidenschaft: Ich denke, dass Wörter wie „Verbrechen“ nicht hier in die Debatte gehören.

(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Frau Heiligenstadt, wir merken das mittlerweile an den Zahlen, Daten und Fakten im Land Niedersachsen: Die Schulabbrecherquote steigt kontinuierlich. Das heißt, die Menschen, die später auf die besondere Unterstützung des Staates angewiesen sein werden, werden leider immer mehr.

Herr Ministerpräsident und auch Herr Wirtschaftsminister, wir merken auch, dass Ihre Politik gegen den Mittelstand, gegen das Rückgrat unserer niedersächsischen Wirtschaft, immer deutlicher wird. Wir haben einen deutlichen Wachstumsrückgang. Niedersachsen: 1,7 % Wachstum in diesem Jahr. Wir belegen damit Platz 15 unter 16 Bundesländern. Bayern: 3,3 %. Meine Damen und Herren, zu schwarz-gelben Zeiten hat dieses Bundesland beim Wachstum vor Bayern gelegen. Das muss der Anspruch eines stolzen norddeutschen Bundeslandes sein, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

„Rot-Grün wirkt“ - das stimmt tatsächlich. Das gilt auch für den sozialen Zusammenhalt im Land. Die Zahl der Sozialleistungsempfänger steigt, wie der Niedersachsen-Monitor noch einmal deutlich gemacht hat. Jeder Zehnte in unserem Bundesland ist mittlerweile auf Unterstützungsleistungen angewiesen. Das Armutsrisiko, das Risiko einer Familie, arm zu werden, steigt in diesem Land. Die Politik, die Sie betreiben - insbesondere unterstützen Sie nicht den Mittelstand, und Sie haben auch keine Gründerinitiative oder Ähnliches auf den Weg gebracht -, ist am Ende des Tages auch eine Politik gegen die Schwächsten in unserem Bundesland. Das ist sozial ungerecht, um das auch in aller Klarheit zu sagen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Die FDP weiß doch gar nicht, was sozial ist! Das kommt doch in eurem Programm gar nicht vor!)

Das sind hausgemachte Probleme, meine Damen und Herren. Eine Politik für kleine und mittlere Unternehmen findet bei Ihnen schlicht und einfach nicht statt. Das merken wir auch beim zweitwichtigsten Wirtschaftszweig in Niedersachsen, nämlich bei der Land- und Agrarwirtschaft. Der Minister nimmt der Landwirtschaft nach und nach jede Entwicklungsmöglichkeit. Das trifft in erster Linie aber nicht die großen Betriebe, Herr Meyer, sondern das trifft die kleinen und die mittleren Betriebe.

Dahinter stehen die Familien im ländlichen Raum. Wir sehen das am abrupten Rückgang bei den Investitionen in landwirtschaftliche Betriebe. Wie wollen Sie eine Wende durchführen, wenn nicht mehr investiert wird? - Sie reden von einer sogenannten sanften Agrarwende, Herr Janßen. Das, was Sie mit Niedersachsen machen, ist keine Agrarwende, sondern das ist eine Agrarbremse zum Schaden unseres Bundeslandes, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Hier wird immer wieder gesagt - eben auch wieder von Frau Modder -, wir würden das Land schlechtreden.

(Wiard Siebels [SPD]: So ist es! Sie reden das Land schlecht! So ist es!)

So ein Quatsch! Wir reden das Land nicht schlecht.

(Wiard Siebels [SPD]: Sie reden das Land schlecht!)

Nicht das Land ist schlecht, sondern die schwierigen Rahmenbedingungen, die Niedersachsen mittlerweile hat. Und das liegt doch nicht an den tollen Unternehmen, an den tollen Familien in unserem Bundesland, sondern das liegt an der schlechten Landesregierung. Das ist die Wahrheit, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Glocke des Präsidenten)

Ich will zum Schluss noch eines sagen: Sie haben Björn Thümler und mich am Dienstag in Ihren Haushaltsreden als Siegfried und Roy bezeichnet.

(Anja Piel [GRÜNE]: Die waren gut! Das waren große Zauberer!)

Ich sage Ihnen eines. Für diese Legislaturperiode gilt: Lieber Siegfried und Roy einer starken Opposition als die Jacob Sisters dieser Landesregierung!

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Dürr. Mit den Vergleichen ist das ja immer so eine Sache.

(Christian Grascha [FDP]: Ist doch gut angekommen!)

Aber ich denke, es hält sich die Waage. Ich bin ja etwas älter als Sie. Die Jacob Sisters waren erstens mehr und zweitens wasserstoffblond.

(Heiterkeit - Helge Limburg [GRÜNE]: Das war ein postfaktischer Vergleich von Herrn Dürr! - Christian Grascha [FDP]: Das mit den Haaren können wir noch ändern, das ist kein Prob- lem!)

Und die hatten auch immer so Vierbeiner auf dem Arm.

Meine Damen und Herren, zurück zum Haushalt. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt die Vorsitzende Frau Anja Piel. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was waren das wieder für schöne und erhellende Tage! Ich habe hier während der vergangenen Debatten mit glänzenden Augen gesessen und die Realität bestaunt, die Sie uns so bildhaft beschrieben haben, wie ich sie bisher nicht kannte.

Herr Ministerpräsident, Herr Umweltminister, Herr Finanzminister, geschätzte Kollegin Modder, wir müssen stark sein und endlich einsehen: Was auch immer seit 2013 gut gelaufen ist, geht auf das Konto von CDU und FDP, und wenn mal was schief läuft, geht es nur auf unser Konto.

(Christian Grascha [FDP]: Es geht aufs Konto der Menschen! - Editha Lorberg [CDU]: Dass man den eige- nen Haushalt so veralbert!)

Mir ist auch klar geworden, dass für allen Wohlstand, den wir verwaltet haben, in Wirklichkeit Herr Hilbers verantwortlich ist. Er hat das Geld damals versteckt, und wir haben es nur gefunden.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Hilbers, ich verstehe Ihren Ärger. Es war ja auch gar nicht für uns gedacht.

(Beifall und Heiterkeit bei den GRÜ- NEN und bei der SPD - Reinhold Hil- bers [CDU]: Sie haben nichts Ge- scheites damit angefangen!)

Und noch mehr Weisheiten nehme ich in die Weihnachtspause mit: Bis 2013 wurde das Geld, das der Bund dem Land zur Verfügung gestellt hat, von CDU und FDP postwendend wieder zurückgegeben. Annehmen wollte man es nicht. Auch von

den Steuerzahlern haben unsere Vorgänger nichts genommen. Herr Dürr, das war wahrscheinlich alles selbst erwirtschaftet.

(Christian Dürr [FDP]: Nein, habe ich nicht gesagt! Im Gegenteil!)

Hätten Sie uns das bloß früher gesagt. Dann hätten wir es auch so gemacht.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich bin begeistert, es waren lehrreiche Stunden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Aber Spaß beiseite, meine Damen und Herren. In Wirklichkeit hat mich diese Debatte in Teilen erschreckt. In der Neuen Presse hieß es gestern sehr treffend:

„Professionelle Politiker betreiben ihr Geschäft wir Leistungssportler: Sie wollen als Sieger vom Platz gehen, der politische Gegner muss geschlagen werden.“

Das, sehr geehrte Damen und Herren, war für niemanden von uns ein Lob. Nichts gegen den Wettstreit der Argumente, aber wir dürfen niemals vergessen, dass es im Landtag nicht um den Sieg der einen über die anderen geht. Am Ende geht es um die Menschen in Niedersachsen und um das, was wir für sie erreichen können.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Jens Nacke [CDU]: Mir kom- men die Tränen! - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Sie verwechseln die Menschen mit Ihren Wählern!)

Und noch etwas: Die schwarze Null ist sicherlich keinen Preis wert, den jemand von uns nach Hause tragen, in die Vitrine stellen und immer liebevoll putzen kann. Es wird auch für niemanden von uns das Denkmal des „Goldenen Sparfuchses“ geben.

(Jörg Hillmer [CDU]: Das war ja auch nie Ihr Ziel!)

Keine Frage: Die Schuldenbremse ist wichtig. Sie ist wichtig, um die Schuldenlast für kommende Generationen zu reduzieren.

Aber politische Ziele erschöpfen sich darin nicht, jedenfalls nicht in der Welt der Menschen, die zu Recht von uns Unterstützung erwarten.