Protokoll der Sitzung vom 01.02.2017

Vielen Dank, Frau Janssen-Kucz. - Mir liegt jetzt die Wortmeldung der Landesregierung vor. Das Wort hat Herr Innenminister Boris Pistorius.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Öffentlichkeit wird derzeit viel über die Arbeit der Sicherheitsbehörden in Deutschland diskutiert, über ihr vermeintliches oder tatsächliches Fehlverhalten. Ich sage Ihnen ganz offen: Mir kommt die Wertschätzung für die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen dabei häufig zu kurz.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich möchte mich daher zunächst einmal auch von dieser Stelle aus bei den Polizeibeamtinnen und -beamten sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aller Sicherheitsbehörden bedanken, die sich tagtäglich für unseren Schutz einsetzen und dabei einen ausgezeichneten Job machen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Auch wenn es Sie von der CDU möglicherweise jetzt verwundern wird,

(Björn Thümler [CDU]: Uns wundert ja nix!)

bin ich Ihnen für Ihren Antrag in gewisser Weise dankbar. Dadurch habe ich nämlich die Gelegenheit, noch einmal deutlich zu machen, dass es eine Diskrepanz zwischen Reden und Handeln, die Sie in Ihrem Antrag gerne suggerieren, in dieser Landesregierung jedenfalls nicht gibt, meine Damen und Herren.

Von einer Schwächung der Polizei, wie es uns die CDU-Fraktion im Titel ihres Entschließungsantrags etwas hilflos verkaufen will, kann nämlich überhaupt keine Rede sein.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Im Gegenteil, meine Damen und Herren: Wir verbessern laufend die technische Ausstattung der Polizei. Wir haben die Zulagen erhöht. Wir haben die Zahl der Stellen und die Beförderungsmöglichkeiten bei der Polizei in Niedersachsen massiv angehoben bzw. verbessert.

(Thomas Adasch [CDU]: Massiv? Das ist ja lächerlich!)

Damit mussten wir auch die Versäumnisse aus Ihrer Regierungszeit aufarbeiten, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Hört, hört!)

Mit Ihrem Antrag und der Unterstellung von vermeintlich schwachen Sicherheitsbehörden schüren Sie überdies Verunsicherung in der Bevölkerung.

(Jörg Hillmer [CDU]: Die geht von Ihnen aus!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die größte Herausforderung für unsere Sicherheitsbehörden ist derzeit die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus. Um für die Bürgerinnen und Bürger ein Höchstmaß an Sicherheit zu gewährleisten, haben wir als Landesregierung reagiert und ein mit den Regierungsfraktionen abgestimmtes Maßnahmenpaket vorgestellt. Kern dieses Pakets ist die Möglichkeit, die sogenannte elektronische Fußfessel insbesondere bei Gefährdern anzuwenden. Die Anordnung einer Fußfessel ist jeweils im Einzelfall zu befristen. Wir denken hier an maximal sechs Monate. Eine Verlängerung um jeweils sechs Monate soll jedoch möglich sein. Eines aber muss uns dabei bewusst sein: Die Fußfessel kann ein sinnvolles Instrument zur Überwachung sein. Anschläge oder Ausreisen werden wir damit jedoch nicht immer verhindern können.

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete von der CDU, tun Sie bitte nicht so, als hätten wir diese Idee der Fußfessel ausgerechnet aus Ihrem Programm übernommen. Ich zitiere dazu aus einem Artikel der Nordwest-Zeitung - das ist hochinteressant, Frau Jahns! - vom 16. September 2016 mit der Überschrift „Pistorius prüft Fußfessel für Islamisten“. Dort steht am Ende Folgendes:

„In jedem Fall seien Fußfesseln ‚ein neuer und gangbarer Weg‘ gegen Bedrohungen durch Islamisten. ‚Wir werden das Mittel durchsetzen‘, lässt Pistorius keinen Zweifel am politischen Willen der Landesregierung.“

Demnach wäre also Ihr bahnbrechender Vorschlag von Anfang Januar eher eine Kopie dessen, was wir als Landesregierung bereits im September angekündigt und auf den Weg gebracht haben.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Um den Anwendungsbereich der neuen polizeilichen Kompetenzen klar zu beschreiben und zu begrenzen, werden wir den Begriff der terroristischen Straftat über einen Katalog neu definieren. Wir wollen künftig unter bestimmten Voraussetzungen weiter flankierende Maßnahmen wie die Anordnung von Aufenthaltsbeschränkungen, Aufenthaltsverboten und Kontaktverboten ermöglichen. Wir wollen mit dem Maßnahmenpaket die Regelung zur Videoüberwachung in den genannten Fällen erweitern.

An diesem Maßnahmenpaket wird deutlich, dass wir in der Sicherheitspolitik konsequent, aber ausgewogen handeln. Ich könnte zahlreiche weitere Projekte und Initiativen aufzählen, die wir als Landesregierung in den Bereichen Prävention, Repression und Ausstiegshilfen in den unterschiedlichen Kriminalitätsfeldern umgesetzt haben. Vieles hatten wir bereits vor der im Antrag genannten Norderstedter Erklärung auf den Weg gebracht. Weitere Maßnahmen, auch durch Initiativen auf Bundesebene, werden folgen. Wir haben die Sicherheitsbehörden zukunftsfest aufgestellt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Was wir vor diesem Hintergrund definitiv nicht brauchen, ist ein Antrag einer CDU, die in ihrer Regierungszeit nichts für die Polizei und ihre Beamtinnen und Beamten umgesetzt hat.

(Petra Tiemann [SPD]: Gar nichts! - Dr. Max Matthiesen [CDU]: 1 000 Po- lizisten mehr! - Angelika Jahns [CDU]: Lesen Sie mal das Protokoll der An- hörung!)

Sie haben damals zu einer Schwächung der Sicherheitsbehörden beigetragen, die wir nun wieder ausbügeln dürfen, meine Damen und Herren.

Was wir auch nicht brauchen, ist ein Antrag einer CDU, deren Spitzenkandidat vermeintliche PolizeiInsiderinformationen in einer PK ausplaudert und dann peinlich berührt zurückrudern muss, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Was wir ebenfalls nicht brauchen, ist ein Antrag einer CDU, deren innenpolitische Sprecherin2 unsere Vorschläge aus dem Maßnahmenpaket kommentiert, ohne sie gelesen zu haben. Sie wusste nicht einmal, dass in dem Entwurf Kontaktverbote und die Beschlagnahmung von Handys enthalten sind.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

2 Im Rahmen der Redekorrektur wurden die Worte „innenpolitische Sprecherin“ durch die Worte „stellvertretende Fraktionsvorsitzende“ ersetzt.

Vielen Dank, Herr Minister. - Damit ist auch zu diesem Tagesordnungspunkt die Redeliste erschöpft. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 17/6898 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich frage nach den Gegenstimmen. - Gibt es Enthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Damit sind Sie der Ausschussempfehlung gefolgt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 11: Abschließende Beratung: Digitale Lehre an niedersächsischen Hochschulen nicht gefährden - Rahmenvertrag zum Urheberrecht neu aushandeln - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/6988 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur - Drs. 17/7255

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir treten in die Beratung ein. Für die antragstellende Fraktion hat der Kollege Dr. Stephan Siemer das Wort.

(Unruhe)

- Bevor Sie anfangen, Herr Siemer, noch einmal der allgemeine Hinweis: Wir sollten bei Beratungen - egal, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Stufe die Anträge beraten werden - grundsätzlich den Rednerinnen und Rednern lauschen. Die Geräuschkulisse ist sehr hoch; das hat keine Rednerin bzw. kein Redner hier verdient. Wenn Sie meinen, Sie müssten sich unterhalten, dann machen Sie das bitte vor der Tür, aber nicht im Plenarsaal. Jetzt hat nur Dr. Siemer das Wort; ich habe es niemand anderem erteilt.

Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da die Digitalisierung in aller Munde ist, hoffe ich auf die volle Aufmerksamkeit des Hauses.

Ich kann dem Präsidenten nur beipflichten: Das ist ein sehr wichtiges Thema, und zwar sowohl für die Wirtschaft - hier ist das Stichwort „Industrie 4.0“ zu nennen - als auch für unser zwischenmenschliches Zusammenleben - soziale Netzwerke spielen dabei eine ganz besondere Rolle; das hat ja auch etwas mit Digitalisierung zu tun -, als auch für die Wissenschaft, um die es in diesem Antrag geht.

Die digitale Lehre ist hier im Landtag auch schon einmal Thema gewesen. Die CDU hatte 2015 einen Entschließungsantrag eingebracht, in dem wir die Landesregierung aufgefordert haben, einen Acht-Punkte-Plan zu entwickeln, um die digitale Lehre an den Hochschulen voranzubringen und um vor allen Dingen die Rechtsunsicherheit beim Urheberrecht zu beseitigen. Genau das ist auch Thema des jetzt vorliegenden Antrags: Es geht um die Nutzung urheberrechtlich geschützter Materialien an den Hochschulen.

Erfolgreiche Forschung und Lehre ist ohne einen umfassenden Zugriff auf diese Materialien nicht möglich.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Forschende und Studierende müssen auf wissenschaftliche Artikel, Primärquellen, Zeitungsausschnitte, Musikaufnahmen, Lyrik, Partituren usw. - um einen Bereich zu nennen, an den man beim Thema Digitalisierung nicht unbedingt sofort denkt - schnell, einfach und möglichst kostengünstig zugreifen können. Genau dies aber wäre durch den ursprünglich geplanten neuen Rahmenvertrag zwischen der Verwertungsgesellschaft Wort, kurz: der VG Wort, der Kultusministerkonferenz und dem Bund gefährdet gewesen. Über diesen Rahmenvertrag wurde lange diskutiert; er sollte zum 1. Januar 2017 in Kraft treten.

Kern des neuen Rahmenvertrags war, dass statt einer Pauschalvergütung für urheberrechtlich geschütztes Material einzeln abgerechnet werden sollte. Das heißt, die Hochschulen bzw. die Lehrenden und Forschenden hätten per Einzelmeldung die Nutzung urheberrechtlich geschützter Materialien dokumentieren müssen, und es hätte eine Einzelabrechnung erfolgen müssen. Jede auch elektronisch zur Verfügung gestellte Kopie - z. B. von Partituren oder Zeitungsausschnitten - hätte an die VG Wort gemeldet und einzeln abgerechnet werden müssen.