Protokoll der Sitzung vom 21.06.2013

(Jens Nacke [CDU]: Das wusste man doch vorher! - Weiterer Zuruf von der CDU)

Zu einer solchen Konzentration werden wir uns auch unter Berücksichtigung der Veränderungen bei den inhaltlichen Vorgaben der EU einstellen müssen. Diese fallen für die einzelnen Fonds sehr unterschiedlich aus. Der ESF wird von inhaltlichen Veränderungen weitgehend ausgenommen. Über die inhaltliche Ausgestaltung des ELER wird in Brüssel derzeit noch intensiv verhandelt, sodass es für eine verlässliche Prognose zu früh wäre. Beim EFRE steht dagegen bereits nahezu fest,

(Jens Nacke [CDU]: Wie konnten Sie dann 100 Millionen Euro versprechen, Herr Ministerpräsident?)

dass es zu einer deutlichen Neuorientierung der Förderpolitik kommen wird.

(Jens Nacke [CDU]: Sie sammeln Ihre Wahlversprechen ein! Das muss man sich mal vorstellen! - Zuruf von Rein- hold Hilbers [CDU] - Gegenruf von der SPD: Hören Sie doch mal zu!)

Diese lässt sich wie folgt umreißen - - -

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe. - Herr Kollege Hilbers, Herr Kollege Nacke, Frau Kollegin! - Herr Ministerpräsident, bitte!

Diese EU-Mittel sind künftig für die drei Bereiche Innovation, Wettbewerbsfähigkeit von KMU und CO2-Minimierung zu verwenden. Die klassischen EFRE-Themen wie wirtschaftsnahe Infrastruktur, Tourismus, Kultur, Städtebau und Verkehr werden offenbar weitgehend aus der Förderung herausfallen. Die einzelbetriebliche Investitionsförderung wird ihren Charakter stark verändern müssen. Es bedarf einer besonderen Neuausrichtung auf Innovations- und Nachhaltigkeitsaspekte. Insgesamt werden die Ziele Innovationsförderung und CO2Reduzierung deutlich aufgewertet und erhalten über ihren originären Bereich hinaus auch eine Querschnittsfunktion. - Um ein Beispiel zu geben: Die „normale“ Städtebauförderung wird zukünftig nicht mehr möglich sein, sondern lediglich noch in Gestalt von CO2-Reduzierungsmaßnahmen im Wohnungsbau.

Mit diesen inhaltlichen Vorgaben der EU steht die Landesregierung in weitgehender Übereinstimmung mit den Kernelementen der Koalitionsvereinbarung, und sie werden daher auch die Eckpunkte der zukünftigen EU-Programme des Landes bilden.

Die Landesregierung hat in ihrer Sitzung am 28. Mai 2013 die Schwerpunktssetzung für die Förderperiode 2014 bis 2020 beschlossen. Die Regionalentwicklung bildet hierbei einen von vier fondsübergreifenden Schwerpunkten, nämlich Innovation, CO2-Reduzierung, Wettbewerbsfähigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen sowie Regionalentwicklung. Dieser Regionalentwicklung kommt sowohl im ELER als auch im EFRE, als auch im ESF eine herausgehobene Bedeutung zu.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, vielleicht ist ein ganz gutes Beispiel für die fondsübergreifende regionalisierte EU-Förderung an dieser Stelle insbesondere der Breitbandausbau. Wir wissen ja miteinander, dass es hier immer noch empfindliche Lücken gibt, insbesondere in den ländlichen Räumen, und dass das auch eine zentrale Wachstumsbremse für die regionale Wirtschaft in diesen Räumen ist. Die Landesregierung sieht hier einen Förderschwerpunkt vor, der mit einem Mittelvolumen von ca. 60 Millionen Euro auszustatten ist.

(Starker Beifall bei der SPD und Zu- stimmung bei den GRÜNEN)

Die Bereitstellung dieses Mittelansatzes erfolgt insgesamt im Rahmen der drei EU-Fonds - EFRE, ESF, ELER - und unter Berücksichtigung der jeweiligen inhaltlichen und finanziellen Fördermöglichkeiten.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, das Südniedersachsenprogramm ist Ausdruck dieses Strategiewechsels zu einer Landesentwicklungspolitik, den die Landesregierung bei der Aufstellung der Programme für die künftige EU-Förderperiode vollzieht und der von den südniedersächsischen kommunalen Partnern sehr begrüßt wird.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir wollen insbesondere diejenigen Regionen in den Blick nehmen, die aufgrund der zuvor aufgezeigten wirtschaftlichen, sozialen und demografischen Probleme eine erhebliche Unterstützung benötigen. Wir wollen es nicht zulassen, dass das Land in Teilräume mit großen Entwicklungsunterschieden zerfällt. Wir wollen dazu beitragen, dass

wir überall im Land gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen haben.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Deswegen wird das Land auch zwingend Südniedersachsen, das besonders stark vom Bevölkerungsrückgang betroffen ist, darin unterstützen, Anschluss an die Gesamtentwicklung des Landes zu halten. Neueste Studien wie der Regionalreport 2012 des NIW oder die am 31. Mai 2013 veröffentlichten Zahlen des Zensus 2011 zeigen, dass es hier erhebliche, beträchtliche demografiebedingte Herausforderungen gibt. Ich will nur einige Beispiele geben:

Bis auf Göttingen hatten im Zeitraum 2006 bis 2012 flächendeckend alle Städte und Gemeinden südlich von Hannover einen - teilweise deutlichen - Bevölkerungsrückgang zu verzeichnen.

Bis 2030 wird in derselben Region die Bevölkerung in einigen Landkreisen nach den Prognosen weiter - um bis zu 20 % - zurückgehen.

Damit geht insbesondere eine Verschiebung zwischen den Generationen einher. Gerade in diesen Gebieten müssen wir konstatieren, dass die Überalterung zunimmt und der Wirtschaft junge, qualifizierte Nachwuchskräfte nur in geringer Zahl zur Verfügung stehen. Gleichzeitig beginnen in diesen Regionen immer weniger junge Menschen eine Ausbildung.

Die Zahl der Betriebe verringert sich, und es werden weniger neue Unternehmen als in anderen Teilen des Landes gegründet.

Die Gewerbesteuereinnahmen in den betroffenen Landkreisen liegen regelmäßig unter dem Landesdurchschnitt.

Die Leerstandsquote bei den Wohnungen im südlichen Niedersachsen liegt weit über dem Landesdurchschnitt.

Alle diese Probleme sind in den Grundzügen schon seit dem Bericht der Enquetekommission aus dem Jahr 2007 bekannt. Es geht nun darum, endlich Konsequenzen zu ziehen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das Südniedersachsenprogramm, wie es in der Koalitionsvereinbarung bezeichnet wird, soll deswegen einen Teil der Mittel aus den EU-Fonds bündeln. Diese Mittel, die das Land aus Brüssel erhält, sind von jeher für strukturpolitische Zwecke

gedacht, dort aber in den letzten zehn Jahren nur unzureichend angekommen.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Wie kom- men Sie denn zu dieser Schlussfolge- rung?)

Das wollen wir ändern.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

In den künftigen EU-Programmen des Landes sollen einschließlich der dafür notwendigen nationalen Kofinanzierung Projekte in einem Gesamtvolumen von rund 100 Millionen Euro für Südniedersachsen vorgesehen werden.

(Clemens Große Macke [CDU]: Das hätten Sie aber besser wissen kön- nen!)

Angesichts des insgesamt - wie ich sagte - dramatischen Mittelrückgangs in der nächsten Förderperiode ist dieses Vorhaben durchaus ein Kraftakt. Denn aufgrund der Finanzschwäche gerade der südniedersächsischen Kommunen wird auch die Kofinanzierung - je nach Leistungsfähigkeit der jeweiligen Gebietskörperschaft - zu einem nicht unerheblichen Teil mithilfe des Landes erfolgen müssen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Ich bedaure sehr, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass ich mich zur ersten Frage selbst zitieren muss. Das mache ich ungern.

(Zuruf von Dirk Toepffer [CDU])

- Na, wirklich! Es passiert mir eigentlich selten, dass ich mich selber zitiere.

Da es aber exakt dieselbe Frage ist, die ich bereits am 30. Mai beantwortet habe, bitte ich insoweit um Ihre Nachsicht.

Am 30. Mai habe ich ausweislich des Plenarprotokolls - Seite 564 - hierzu gesagt:

„Das ‚Südniedersachsenprogramm’, wie es in der Koalitionsvereinbarung bezeichnet ist, wird deswegen einen Teil der Mittel aus den EU-Fonds bündeln. Diese Mittel, die das Land aus Brüssel erhält, sind seit jeher für strukturpolitische Zwecke gedacht, sind aber in diesem Raum in den letzten zehn Jahren nur unzureichend angekommen. Das wollen wir ändern. In den künftigen EU-Programmen des Landes sollen einschließlich der

dafür notwendigen nationalen Kofinanzierung Projekte in einem Gesamtvolumen von rund 100 Millionen Euro vorgesehen werden.“

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Reinhold Hilbers [CDU]: Das nehmen Sie anderen Regionen weg! - Jens Nacke [CDU]: Das ist lächerlich, Herr Ministerpräsident! Ganz ehrlich! Was Sie jetzt machen, ist lächerlich! - Reinhold Hilbers [CDU]: Das ist doch unter Ihren Möglichkeiten, was Sie hier machen!)

Das Verfahren zur Ausarbeitung des Südniedersachsenprogramms ist zuletzt im Plenum des Landtags am 30. Mai durch die Landesregierung erläutert worden. Damals hat die Landesregierung dargelegt - diese Situation besteht wegen fehlender Entscheidungen auf europäischer Ebene fort; wir haben jetzt gerade wieder gelesen, dass der EU-Haushaltsstreit unverändert weitergeht -,

(Clemens Große Macke [CDU]: Aber 100 Millionen Euro versprechen!)

dass

„die konkreten Mittelansätze der EU-Fonds, die Niedersachsen in der nächsten Förderperiode, also von 2014 bis 2020, zu erwarten hat,“

- leider noch immer -

„nicht abschließend geklärt (sind).