Protokoll der Sitzung vom 02.02.2017

schlägt mittlerweile dem Fass den Boden aus.

(Beifall bei der FDP)

Ich möchte das gerne mit drei Beispielen unterlegen.

Erstens. Der Minister besucht vor einigen Tagen einen Weidetierhalter, wo wenige Tage zuvor Nutztierrisse erfolgt sind. Alles, was er ihm mitbringt, ist die Empfehlung, er möge doch künftig höhere Zäune bauen, meine sehr verehrten Damen und Herren. - Das ist arrogant.

(Beifall bei der FDP)

Es ist arrogant, meine Damen und Herren, wenn seit Monaten, ja seit Jahren sogar, die Anträge und Gesetzentwürfe, die meine Fraktion in dieses Haus eingebracht hat, einfach niedergestimmt werden, während Sie nichts Eigenes auf der Pfanne haben, Herr Minister.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung Lutz Winkelmann [CDU])

Und es ist arrogant, meine sehr verehrten Damen und Herren - es ist sogar ignorant -, wenn jetzt als

Letztes sozusagen der Schwarze Peter auch noch der Landesjägerschaft zugeschoben werden soll mit dem Argument,

(Petra Tiemann [SPD]: Reden Sie auch zur Petition?)

die Jäger hätten in der Vergangenheit zu wenig Rotwild geschossen. Das sei der Grund, warum die Wölfe kommen. Es ist unerträglich, wie Sie mit eigenem Nichthandeln Probleme provozieren

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

und den Schwarzen Peter dann anderen zuschieben wollen. So funktioniert das nicht. Das ist nicht nur arrogant, das ist nicht nur ignorant, sondern das ist auch eine fachliche Unkenntnis, mit der Sie da zu Werke gehen, die eines Umweltministers nicht würdig ist. Handeln Sie endlich! Es wird allerhöchste Eisenbahn, weil die Menschen draußen endlich wieder eine Perspektive brauchen. Deswegen plädieren wir für „Berücksichtigung“.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU - Petra Tiemann [SPD]: Sie haben nicht ein Wort zur Petition gesagt!)

Vielen Dank. - Zur gleichen Petition erhält nun Herr Kollege Winkelmann von der CDU-Fraktion das Wort.

(Zurufe von der FDP)

- Ich darf um Ruhe im Plenarsaal bitten!

Bitte, Herr Kollege!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als Sie, Frau Präsidentin, nachdem ich meinen Wortmeldezettel abgegeben hatte, fragten, ob das die Petition sei, in der es um den Wolf gehe, habe ich fälschlicherweise zunächst Ja gesagt. Dann habe ich noch einmal nachgedacht. Eigentlich geht es hier, meine Damen und Herren, nicht um den Wolf, sondern es geht um Menschen, es geht um Nutztiere, und es geht um betriebliche Existenzen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Petentin ist selber Betreiberin eines Pferdezuchtbetriebes mit 20 Zuchtstuten, gleichzeitig ist sie auch Verbandsvorsitzende, die nicht nur für

Pferdezüchter, sondern auch für andere Nutztierhalter spricht.

Im Petitionsausschuss wurde, als ich beantragt habe, die Petentin und noch weitere Fachleute anzuhören, dies mit der Einstimmenmehrheit von Rot-Grün abgelehnt, nach dem Motto: Wir wollen doch im Rahmen einer Petition keine Politik machen. - Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass wir das Thema Wolf doch bereits gehabt hätten.

(Christian Grascha [FDP]: Unglaub- lich! - Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Wir haben gesagt, dass wir dazu schon eine Anhörung gehabt haben! Das war der Grund!)

Meine Damen und Herren, das Thema Wolf entwickelt sich fortwährend weiter. Man muss sich das einmal vor Augen halten: Wir, die CDU-Fraktion, plädieren für „Berücksichtigung“.

(Christian Grascha [FDP]: Wir auch!)

In dem Votum „Berücksichtigung“ ist die Vokabel „Rücksicht“ enthalten. Meine Damen und Herren, ich vermisse in der Politik der Landesregierung, aber, meine lieben Kolleginnen und Kollegen aus den Reihen der Abgeordneten, ich vermisse auch bei Ihnen eine Rücksichtnahme, eine rücksichtsvolle innere Haltung gegenüber dem, worum es hier geht. Die Petentin betreibt - ich habe ihren Betrieb gegoogelt, ich habe auch mit ihr telefoniert, damit ich weiß, worum es hier im Hintergrund geht - mit ihrer Familie einen Pferdezuchtbetrieb in der dritten Generation. Die Kinder arbeiten, auch wenn sie zum Teil noch einen landwirtschaftsfremden Beruf ausüben, im Betrieb mit. Wir haben es hier mit einem nennenswerten Betrieb, für den in der Vergangenheit viel Aufbauleistung erbracht wurde, zu tun. Hier geht es auch darum, eine Existenz auf dem flachen Lande zu erhalten.

Meine Damen und Herren, Menschen, die im ländlichen Raum Wertschöpfung betreiben, ob nun in der Landwirtschaft durch Weidetierhaltung mit einer Mutterkuhherde oder mit Schafhaltung oder wie hier mit einem Pferdebetrieb, verdienen Respekt vor ihrem Eigentum. Das ist ein Gesichtspunkt, der nach meinem Dafürhalten bei den ganzen Diskussionen im Zusammenhang mit der Rückkehr des Wolfes viel zu wenig Berücksichtigung gefunden hat.

Meine Damen und Herren, es gibt eine Eigentumsgarantie, nicht nur in der Europäischen Menschenrechtskonvention, sondern auch im Grundgesetz. Zu dem Eigentum - das wissen alle hier im

Saal befindlichen Volljuristen - gehört auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Das heißt, der Gewerbetreibende, ob das nun der Halter einer Mutterkuhherde ist oder wie hier ein Pferdezuchtbetrieb, kann verlangen, dass staatliche Einrichtungen sein Eigentum respektieren.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Ja, und Eigentum verpflichtet auch!)

Niemand aus den Reihen von Rot-Grün war beispielsweise bei der Vorstellung des Films „Weidetierhaltung: Geliebt. Gewollt. Geopfert?“, ein hoch innovativer Film, der anderthalb Stunden gedauert hat

(Volker Bajus [GRÜNE]: Wir waren da!)

- ich habe Sie dort nicht gesehen -, ein Film, den die Weidetierhalter in Nord-Ost-Niedersachsen und der Verein zur Förderung der Schafzucht e. V. vorgestellt haben.

Meine Damen und Herren, dass die Schafhaltung generell - nicht nur in den Deichregionen, sondern auch in anderen Bereichen Niedersachsens und Deutschlands - durch die Rückkehr des Wolfes infrage gestellt ist, dass Landschaftspflege infrage gestellt ist, das muss Ihnen zu denken geben. Aber mit diesen sachlichen Argumenten scheinen Sie sich nicht zu befassen.

Die Petentin hat u. a. folgende Forderungen aufgestellt: Sie möchte, dass wolfsfreie Gebiete ausgewiesen werden, zu denen auch der Landkreis Diepholz gehören sollte. Sie möchte einen Rechtsanspruch für geschädigte Weidetierhalter, und zwar einen, der nicht nach oben limitiert ist. Dazu möchte sie auch eine Umkehr der Beweislast haben. Sie möchte, dass die Wölfe nicht im Ergebnis über Nutztiere gestellt werden.

Meine Damen und Herren, Sie lehnen es ab, sich überhaupt mit diesen Forderungen, die klar und in sich schlüssig sind und für die auch juristische - nämlich verfassungsrechtliche - Argumente streiten, zu befassen.

(Wiard Siebels [SPD]: Der Petitions- ausschuss hat sich damit befasst!)

Ich vermisse in der ganzen Wolfsproblematik ein Konzept: Wie viele Wölfe soll es eines Tages in Deutschland und jetzt akut in Niedersachsen geben? Wo sollen diese Wölfe leben?

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Eine un- sinnige Herangehensweise!)

Wie will man vermeiden, dass Wölfe aufgrund reiner Passivität dieser Landesregierung in unsere Dörfer kommen?

(Gerald Heere [GRÜNE]: Mal ernst- haft: wolfsfreie Gebiete? - Unruhe)

Einen Moment, bitte, Herr Kollege Winkelmann! - Es ist hier im Plenarsaal wirklich zu laut. Es geht um eine Petition. Das Petitionsrecht wird von uns sehr wertgeschätzt. Ich bitte wirklich um Ruhe im Plenarsaal, bevor wir hier fortfahren. - Ihre Zeit, Herr Winkelmann, ist angehalten.

(Anhaltende Unruhe)

- Sie alle haben übrigens auch noch die Möglichkeit, sich zu Wort zu melden, um vom Mikrofon zu sprechen, sodass Sie das nicht von Ihren Plätzen aus tun müssen.

Bitte, Herr Kollege Winkelmann!

Frau Präsidentin, ich danke für Ihre Fürsorge. Es überrascht mich aber nicht, dass Rot-Grün nicht gewillt ist, hier sachlich zuzuhören.

(Widerspruch bei den GRÜNEN - Gerd Ludwig Will [SPD]: Kann man auch unsachlich zuhören? - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Es ist ganz einfach, meine Damen und Herren: In Niedersachsen haben wir nicht zu Unrecht im Landeswappen ein Pferd.

(Wiard Siebels [SPD]: Vielleicht kom- men Sie einmal zum Thema zurück!)