Protokoll der Sitzung vom 03.03.2017

(Heiterkeit)

Vielen Dank, Frau Kollegin Rakow. - Können Sie uns erklären - der Minister konnte es gestern nicht -, warum auf einer Karte des NLWKN, Stand 2015, die überwältigende Mehrheit der Oberflächengewässer in Niedersachsen so dargestellt wird, dass sie sich in einem guten Zustand befinden?

Ich kann Ihnen Daten nennen, die die Bundesregierung herausgegeben hat und die besagen, dass 82 % der Oberflächengewässer in einem schlechten Zustand sind. Ich habe auch noch weitere Zahlen - wir diskutieren hier ja immer mal über die Zahlen -, die sich jeweils unterscheiden. Aber allen ist gemeinsam: Der Zustand der Oberflächengewässer ist nicht gut genug. Wir halten die Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie nicht ein. Wir schaffen es nicht, bis 2021 die entsprechende Qualität herzustellen. Darum haben wir ja schon Verlängerung beantragt. Wir werden es wahrscheinlich nicht einmal bis 2027 schaffen. Das alles ist sicherlich Grund genug, dass wir uns miteinander - ich plädiere immer für ein Miteinander - eine Menge Gedanken darüber machen, wie wir denn dahin kommen, dass die Qualität so ist, wie sie sein sollte.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Karte des NLWKN zu erklären, maße ich mir jetzt aber nicht an. Ich fand es auch schön, dass Herr Oesterhelweg gerade gesagt hat, dass dieses Thema vorrangig in den Umweltausschuss gehört. Das sehe ich ganz genauso.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Das sehen wir auch so!)

Wir werden uns, was die Landwirtschaft betrifft, vielleicht an anderer Stelle grundlegend Gedanken darüber machen können - wir werden es wahrscheinlich auch müssen und sollten es sehr bald tun -, welche Rolle sie in Niedersachsen im Rahmen der gesamten Welternährung und auch unter all den Umweltaspekten spielt, die irgendwo zu berücksichtigen sind. Ich mache mir da nichts vor. Die Probleme sind da. Die sehe ich durchaus, und

die sieht auch meine Fraktion durchaus. Aber ich denke, das ist jetzt nicht der Rahmen, dass wir uns im Zusammenhang mit dem Wassergesetz jetzt diese grundlegenden Gedanken machen. Aber ansonsten immer gerne.

Meine Damen und Herren, ich habe eben das Stück „Ich bin empört!“ angesprochen. Auch ich möchte da eine Rolle mitspielen. Das kam mir in dem Moment in den Sinn, als ich den CDU-Antrag gelesen habe. Darin steht doch tatsächlich, dass die Landesregierung erst dann einen neuen Entwurf zum NWG vorlegen soll, wenn sichergestellt ist, dass dieser mit fachlicher Expertise begründet ist. - Da geht einem schon der Hut hoch! Da unterstellen Sie doch, dass Mitarbeiter des Ministeriums völlig ahnungslos da sitzen und einen Gesetzentwurf schreiben. Meine Damen und Herren, das ist an Unverschämtheit wirklich nicht zu überbieten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Mitarbeiter derart herabzuqualifizieren, wenn Ihnen ein Gesetzentwurf nicht gefällt, ist wirklich ein extrem schlechter Stil.

(Zustimmung bei der SPD)

Schreiben Sie erst einmal einen vernünftigen Antrag, bevor Sie sich zum Richter aufschwingen!

Ich komme kurz zu dem FDP-Antrag, Herr Grupe. Wir unterhalten uns ja gleich noch einmal, habe ich gerade gesehen. Sie haben zumindest im ersten Teil der Überschrift etwas Wunderbares geschrieben: „Wasserschutz gemeinsam mit den Landwirten voranbringen“. Ja, bitte! Das machen wir gerne. Wir haben schon viele Gespräche mit Landwirten geführt. Wir sind miteinander auf einem sehr guten Weg. Ich glaube, da brauchen wir uns auch nichts vorhalten zu lassen.

Es geht aber noch weiter. Beim Wassergesetz müssen wir ja - ich habe eben aus der Wasserrahmenrichtlinie zitiert - noch weitere Gruppen berücksichtigen: Umweltverbände, Tourismus, Wasserwirtschaft, Sportfischer, die niedersächsischen Bürgerinnen und Bürger, die gerne Trinkwasser nutzen möchten, und viele andere mehr. Wenn die einen Entschließungsantrag schreiben würden, dann stünde darin: Gewässerrandstreifen von 5 m sind ein kleiner Lichtblick, mehr wäre besser! - Da würde stehen: Die Ausweisung von Entwicklungskorridoren ist ein guter Ansatz; macht Gebrauch davon! - Da würde stehen: Maßnahmen zum Erhalt und zur Verbesserung der ökologischen Funktion der niedersächsischen Gewässer

landschaft begrüßen wir ausdrücklich! - Ich könnte das noch weiter fortsetzen. Auch die Wasserversorger würden sagen, dass sie sich um die Qualität des Wassers Sorgen machen und dass wir uns dort mehr Mühe geben sollten.

Die Tourismuswirtschaft legt Wert darauf, dass die Gewässer immer eine gute Badequalität haben. Dies sind alles Aspekte, die wir nicht einfach übersehen dürfen.

Man könnte jetzt einen schönen Entschließungsantrag schreiben. Das müssen wir aber nicht; denn ich gehe davon aus, dass in absehbarer Zeit der Gesetzentwurf vorliegen wird, an dem wir dann hoffentlich alle konstruktiv mitarbeiten werden.

Zu den Zahlen, die wir eben diskutiert haben, zitiere ich aus der Neuen Osnabrücker Zeitung. Sie hat im Sommer 2016 die Antwort auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag zusammengefasst. In der Zeitung stand: Tausende Gewässer in Deutschland haben eine so schlechte Wasserqualität, dass sie die EU-Vorgaben nicht erfüllten. Die Bundesregierung hat eingeräumt, dass 82 % von 9 900 Oberflächengewässern, wie Seen und Flüsse, die Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie nicht erfüllen.

(Volker Bajus [GRÜNE]: So ist es!)

Von 1 000 Grundwasserkörpern sind es 36 % gewesen. Die Bundesregierung räumt auch ein, dass die geplante Novellierung der Düngeverordnung allein nicht ausreichen wird, die Probleme in den Griff zu bekommen.

Das sollte uns Warnung genug sein. Wir werden in Niedersachsen nicht sagen können: Wir sind unschuldig; das Elend haben andere verursacht! - So einfach werden wir uns nicht herausreden können, meine Damen und Herren.

Ich finde es bedauerlich, dass die CDU der Landwirtschaft den Eindruck vermittelt, alles könne so bleiben wie bisher. Die CDU isoliert damit die Landwirtschaft und fördert mit ihrer einseitigen Betrachtung eine Wagenburgmentalität. Das ist ein gefährliches Spiel, weil es die Gesellschaft spaltet.

Meine Damen und Herren, ich glaube, wir haben zwei Möglichkeiten: Entweder agieren alle wie die CDU, kümmern sich nur um ihre Lieblingsklientel und verschanzen sich mit ihr in Schützengräben. Dann können wir uns alle einreden, wir hätten recht, aber wir bekommen so nie ein gutes Ergebnis.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Alternative ist: Alle verhalten sich wie vernunftbegabte Wesen und tun ihr Bestes, um ein gutes, ausgewogenes Niedersächsisches Wassergesetz zu erarbeiten im Interesse und zum Nutzen aller Betroffenen. Für diese erfolgversprechende Variante stehen SPD und Grüne.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Rakow. - Es liegen zwei Bitten um eine Kurzintervention vor: die erste von Frank Oesterhelweg und die zweite von Herrn Grupe. Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Verehrte Kollegin, zunächst einmal: Die fachliche Expertise der Mitarbeiter des Ministeriums zweifle ich nicht an. Ich qualifiziere sie auch nicht ab. Ich hätte gerne, dass sie mehr gehört werden und nicht unter politischen Vorgaben leiden müssen, die letztendlich weitab von qualifizierten Aussagen sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe mich eben nicht nur auf die Landwirtschaft bezogen, sondern ausdrücklich auch auf Wasser- und Umweltschutz. Ich habe keine Lust und es ist auch nicht meine Aufgabe, hier nur eine Klientel zu vertreten, wie Sie das gerne machen. Dafür könnte ich Ihnen aus meinem Landkreis genügend Beispiele nennen.

Ja, meine Damen und Herren: federführend der Umweltausschuss und mitberatend der Agrarausschuss. Ich habe es selbst vorgeschlagen. Dazu kurz drei Punkte:

Erstens. Hochwasserschutz, liebe Frau Kollegin, ist für die Gewässerqualität wichtig. Erosionen führen dazu, dass Gewässer belastet und Nährstoffe abgeschwemmt werden. Wenn Flächen unter Staunässe leiden, werden Nährstoffe nicht abgerufen und letztendlich in das Wasser überführt.

Zweitens. Landwirtschaftliches Fachrecht gibt außerordentlich viel her: Abstandsregelungen, neue Techniken, auch eine sehr genaue Differenzierung der eingesetzten Mittel. Manchmal sind 5 m zu wenig; das ist gar keine Frage.

Drittens. Ich habe von freiwilligen Vereinbarungen gesprochen. Dabei geht es um die Motivation der Landwirte, die vielleicht, wenn man es vernünftig macht, freiwillig an der einen oder anderen Stelle sogar mehr Fläche zur Verfügung stellen. Das haben Sie nicht gehört, weil Sie es nicht hören wollten.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Hermann Grupe für die FDP-Fraktion, bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Frau Kollegin Rakow, Sie haben Ausführungen dazu gemacht, welche Maßnahmen man ergreifen könnte, bzw. das Ziel definiert, dass wir wollen, dass Pflanzenschutzmittel und Dünger nicht im Grundwasser oder im Oberflächenwasser landen. Darin sind wir alle uns völlig einig. Wir können und müssen in einen Wettbewerb darüber eintreten, wer die besten, wirkungsvollsten Vorschläge dazu hat. Das kann man, wie gesagt, nur mit den Betroffenen machen. Dabei sind modernste technische Möglichkeiten ein Weg. Ein anderer sind Agrarumweltprogramme. Das sind alles Dinge, bei denen man auch die Landwirte für Einschränkungen entschädigt.

Bei diesem Gesetz geht es aber um das exakte Gegenteil. Es geht darum, ein schlichtes Verbot zu erteilen, damit alles unmöglich zu machen, keine Entschädigung zu zahlen - denn es ist ja verboten - und auch Agrarumweltprogramme null und nichtig zu machen; denn wenn etwas verboten ist, kann man es ja nicht honorieren, wenn es unterlassen wird.

Weil die Landwirte, solange dieses leidige Gesetz nicht vom Tisch ist, die Hauptleidtragenden wären, beantrage ich für unseren Antrag, dass er federführend im Agrarausschuss und mitberatend im Umweltausschuss beraten wird.

(Zustimmung von Christian Grascha [FDP])

Vielen Dank. - Frau Rakow möchte antworten? - Bitte schön! Frau Rakow, Sie dürfen immer antworten, weil Sie im Präsidium sind. Aber auch so. Bitte schön!

Ich kann mich dafür nur bedanken. - Aber nun zu den beiden Kurzinterventionen. Sie sagten, dieser leidige Gesetzentwurf muss weg.

(Hermann Grupe [FDP]: Ja!)

- Herr Grupe, er ist noch gar nicht da!

(Christian Grascha [FDP]: Aber er richtet jetzt schon Schaden an!)

Er ist noch in Arbeit, und wir wissen noch gar nicht, wie er aussehen wird. Insofern ist es schwierig, jetzt darüber im Detail zu reden.

Ich habe das Gefühl, wir sind uns in vielen Punkten durchaus einig. Wir wollen Gewässerschutz, wir wollen die Landwirtschaft dabei nicht ruinieren, sondern ihr helfen, dass sie gut arbeiten kann.

(Hermann Grupe [FDP]: Das geht doch!)

Das ist überhaupt kein Punkt. Alles, was wir noch aushandeln müssen, sind ein paar Details.

Vielen Dank, Herr Oesterhelweg, dass Sie die Mitarbeiter jetzt doch wieder in Schutz genommen haben. Ich denke, das haben sie verdient.