Für solche Situationen brauchen wir die Einvernehmensregelung im Hinblick auf die Landtagsverwaltung, damit die Landtagsverwaltung von der Versammlungsbehörde, also der Polizeidirektion Hannover, beteiligt wird und dann - - -
(Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Das wird doch nicht besser, Herr Kollege! - Weitere Zurufe von den GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion der Grünen, es wäre sehr aufmerksam von Ihnen, wenn Sie Herrn Oetjen zu Wort kommen ließen.
In dem Moment kann die Versammlungsbehörde mit der Landtagsverwaltung gemeinsam überlegen: Kann eine solche Versammlung dort durchgeführt werden, müssen Auflagen gemacht werden, oder kann dies so laufen, wie es angemeldet wurde?
Aber gerade das werden Sie abschaffen, nämlich die Einvernehmensregelung mit der Landtagsverwaltung. Ich habe die Befürchtung, dass dadurch in Extremfällen - nicht im Regelfall, aber im Extremfall - die Funktionsfähigkeit dieses Hohen Hauses gefährdet sein könnte. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, dürfen wir nicht zulassen. Deswegen wird die FDP-Fraktion dieser Neuregelung des Versammlungsgesetzes nicht zustimmen.
Vielen Dank, Herr Kollege Oetjen. - Für die SPDFraktion hat nun das Wort Herr Kollege Höntsch. Bitte!
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich in meinen nun folgenden Ausführungen auf das Thema Bannmeile fokussieren. Zu den anderen Punkten, wie Vermummung, sind nach meinem Dafürhalten im Plenum und auch im Ausschuss die Argumente hinreichend ausgetauscht worden.
Unser verehrter Herr Landtagspräsident hat im letzten Jahr hier eine leidenschaftliche Fürrede zur Beibehaltung der Bannmeile gehalten. Sie ist uns allen in Erinnerung geblieben. Auch heute werden Sie vielleicht noch dazu Stellung nehmen. Ich habe Sie vorhin auf einer Demonstration, auf einer Kundgebung in der Bannmeile, die es zurzeit nicht gibt, gesehen. Ihre Rede ist uns, wie gesagt, in Erinnerung geblieben. Es war Ihnen eine Herzensangelegenheit, Ihren persönlichen Standpunkt zu verdeutlichen.
Ich erlaube mir an dieser Stelle, für die Fraktion der SPD eine gegenteilige Position einzunehmen. Ja, es ist gut, dass wir heute im Plenum noch einmal darüber die Debatte führen. Ständig und überall wird beklagt, dass sich die sogenannten etablierten Parteien angeblich nicht mehr unterscheiden. Nun haben wir hier ganz offensichtlich einen Unterschied; das ist doch schön.
Zur Demokratie, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, gehört aber auch der Respekt vor der Meinung des anderen. Auch wir, die wir für die Abschaffung der Bannmeile sind, haben gute Gründe. Wir sind deshalb kein Sicherheitsrisiko für das zukünftige Unbeschadetsein von Parlamentarierinnen und Parlamentariern in diesem Hause.
Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Terrorismus auf der Welt hat auch etwas mit dem Sicherheitsgefühl und dem Bedürfnis nach Sicherheit zu tun. Insbesondere der Terrorismus in den europäischen Metropolen hat uns alle tief getroffen. Er ist aus der Krisenregion dieser Welt vor unserer Haustür angekommen.
Seit dem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz scheint nichts mehr zu sein, wie es war. Dennoch ist auch wieder Normalität in das Leben der Berlinerinnen und Berliner eingekehrt.
Ähnliches erlebten wir auf unserer Reise des Innenausschusses nach Brüssel in der vergangenen Woche. An der U-Bahn-Station Maelbeek gleich gegenüber vom Hotel haben wir ein Blumengebinde niedergelegt. Die Pendler hasteten vorbei. Keine Soldaten waren mehr zu sehen, keine Polizei. Der Alltag hat die Stadt wieder, und das ist auch gut so; das muss so sein.
Im Februar vergangenen Jahres waren wir mit dem Wissenschaftsausschuss in Israel. Ich erinnere mich gut: Am Abend standen wir zwischen Tel Aviv und Jaffa exakt an der Stelle, an der 14 Tage später ein amerikanischer Tourist einer Messerattacke zum Opfer fiel.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich finde das ganz wichtig: Wenn uns beispielsweise Terroristen unser Verhalten diktieren, dann haben wir bereits verloren.
Das kann im Umkehrschluss nicht bedeuten, sorglos und fahrlässig zu werden - natürlich nicht! Wir sollten aber, nein, wir müssen streng darauf achten, dass die Menschen und natürlich auch wir Politikerinnen und Politiker nicht vor lauter Furcht erstarren. Wir haben Verantwortung.
Politikerinnen und Politiker aller demokratischen Parteien betonen zu Recht, dass es keine absolute Sicherheit, keinen absoluten Schutz gibt. Wir können nicht alle unsere öffentlichen Plätze zumauern. Selbst wenn wir dies täten, blieben die Vorstädte, die Kommunen und die kleinen Gemeinden ein nicht zu schützendes Ziel.
Wenn ich als Abgeordneter der Landeshauptstadt mein Auto stehen lasse, dann fahre ich aus der List mit der U-Bahn zum Landtag. Vier Stationen sind es vom Lister Platz bis hierher. In Sankt Petersburg sind vorgestern in der U-Bahn Bomben explodiert.
Ich kann auch in der Station Hauptbahnhof aussteigen und den Rest zu Fuß gehen. Ich komme dann an der Stelle vorbei, an der das Mädchen Safia einen Polizisten lebensgefährlich verletzt hat. Oder ich komme an den Stellen vorbei, an denen Beamte, die Woche für Woche in gewalttätige Auseinandersetzungen mit Hooligans von Zweit- oder Drittligisten geraten, sozusagen ihren Kopf hinhalten - für uns, für die Gemeinschaft.
Wir, die wir hauptamtlich zum Wohle Niedersachsens arbeiten, haben der Gesellschaft gegenüber eine Vorbildfunktion - und dies in vielerlei Hinsicht. Unsere Aufgabe ist es, für ein Optimum an Sicherheit zu sorgen. Darüber hinaus stehen wir in der Verpflichtung, ein gesellschaftliches Klima der Angst nicht durch eigenes Verhalten zu befördern.
Mit dem beschlossenen und nunmehr fast umgesetzten Beschluss zum Umbau des Niedersächsischen Landtages haben wir ein Zeichen der Offenheit, ein Zeichen der Transparenz gesetzt. Das war zumindest das Ziel. Es war die Absicht der Architekten und des Bauherrn, unsere Arbeit sichtbarer zu machen. Nicht zuletzt sollen dies die neu
Eine Beibehaltung der Bannmeile macht unser Parlamentsleben nicht sicherer. Wir tagen seit drei Jahren ohne sie. Es wäre ein Leichtes gewesen, die Plenarsitzungen zumindest kurzfristig erheblich zu stören. Nichts ist passiert. Natürlich muss das nicht heißen, dass dies immer so sein wird.
Die Bannmeile sollte in früheren Zeiten die Abgeordneten vor Beeinflussung und vor Beeinträchtigung ihrer Arbeit von außen schützen. Wir Landtagsabgeordnete sind selbstbewusst. Wir werden auch künftig im Leineschloss genügend Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein haben.
Wir empfangen doch auch Lobbyisten im Parlament bei Kaffee und Gebäck. Da werden wir uns doch vor Bürgerinnen und Bürgern vor dem Landtag nicht fürchten.
Die Aufhebung der Bannmeile ist Ausdruck von Kraft und Stärke dieses Parlaments, Ausdruck und Vertrauen in die Fundamente unserer demokratischen Ordnung. Die Demokratie in unserem Land ist gefestigt. Daran ändern Wahlerfolge der AfD nichts, auch keine Auseinandersetzungen von Autonomen mit der Polizei in Universitätsstädten. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Gesellschaft all dies gut einordnen kann und damit auch fertig wird.
Eine unangemeldete Demonstration gelangt schnell vor den Portikus. Eine angemeldete Demonstration lässt sich im Vorfeld einschätzen. Geeignete Maßnahmen können von erfahrenen Menschen vorbereitet werden. Dazu bedarf es natürlich auch unseres Vertrauens in die Menschen, die sich beruflich um unsere Sicherheit kümmern, nämlich unsere Polizei. Wir, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen von Rot-Grün, haben dieses Vertrauen, und das sollten auch Sie haben.
Wir haben uns im Schatten der Marktkirche nicht abgeschottet. Wir haben dies auch im Leineschloss nicht nötig. Die Bannmeile ist ein Relikt aus vergangenen Tagen.
Weil hier heute mit viel Empathie diskutiert wird, erlaube ich mir, den ehemaligen norwegischen Ministerpräsidenten Stoltenberg zu zitieren, der
Vielen Dank, Herr Kollege Höntsch. - Herr Kollege Oetjen hat sich für eine Kurzintervention auf Sie gemeldet. Bitte, Herr Oetjen!
Verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Kollege Höntsch, die Bannmeile alter Fassung, also die Abschottung des Parlaments vor der Öffentlichkeit, ist eine der Reaktionen auf die Beschlüsse des Reichstags gewesen, der dem Ermächtigungsgesetz zugestimmt hatte, als draußen vor den Türen die braunen Horden standen.
Herr Höntsch, es haben ja damals zwar nur die Abgeordneten der SPD-Fraktion gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt. Aber ich glaube, dass sich alle Abgeordneten des damaligen Reichstags, auch aus den anderen demokratischen Parteien, eigentlich als selbstbewusste Parlamentarier gefühlt haben - zumindest als sie gewählt wurden - und dass sich irgendwann das Klima in der Gesellschaft so verändert hat, dass es dann zu diesen Beschlüssen gekommen ist.
Wir werden meiner Ansicht nach ohne diese Einvernehmensregelung für die Landtagsverwaltung in Zeiten, in denen alles friedlich ist, keine Probleme haben. Aber diese Regeln, dieses Versammlungsgesetz, sollen auch in Zeiten, in denen es Konflikte gibt, in denen wir Schwierigkeiten haben, funktionieren.