Protokoll der Sitzung vom 07.04.2017

„Viele Probleme, wenige Lehrer“ - besser kann man, glaube ich, die aktuelle Lage kaum beschreiben. So schrieb es die Hannoversche Allgemeine Zeitung am 1. März.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, vor dem Hintergrund der Daten, die die Ministerin einen Tag vorher zur Unterrichtsversorgung vorgestellt hat, von einem richtig guten Ergebnis zu sprechen, wie es die Kultusministerin tat, ist, gelinde gesagt, ein Hohn.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das haben auch die Medien erkannt. Die Neue Presse schrieb am 1. März: Es sind alles theoretische Werte; die Praxis sieht anders aus. Das erleben Eltern täglich, wenn die Kinder stundenlang Vertretung haben.

Die Nordwest-Zeitung schrieb am 1. März:

„Experten mögen streiten, wie viel Hunderttausende von Stunden Unterricht an Niedersachsens Schulen in diesem Schuljahr mal wieder ausfallen. Jede versäumte Stunde ist eine zu viel für die Schülerinnen und Schüler, gemessen an den Bildungszielen.“

(Beifall bei der CDU)

Entscheidend ist der nächste Satz in der Nordwest-Zeitung:

„Flüchtlingen jedoch die Schuld an fehlender Unterrichtsversorgung in die Schuhe zu schieben, wie Kultusministerin Heiligenstadt es versucht, ist politisch geradezu infam.“

(Beifall bei der CDU)

Ich denke, dem ist nichts hinzuzufügen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Situation an den Schulen in Niedersachsen ist hausgemacht. Zum vierten Jahr in Folge ist die Unterrichtsversorgung in Niedersachsen weiter gesunken. Die Landesregierung trägt allein die Schuld daran, sucht die Schuld jedoch bei anderen. Sie hat selbst kein eigenes Konzept, keinen Plan, wie sie die Zukunft in Niedersachsen gestalten will. Meine Damen und Herren, gerade auch im Bereich der Unterrichtsversorgung bestätigt sich wieder einmal: Diese Landesregierung hat überhaupt nicht die Absicht, über den Januar 2018 hinaus dieses Land zu regieren.

(Beifall bei der CDU)

Herr Tanke, dafür gibt es viele Beispiele. Schauen wir uns z. B. den Einstellungstermin zum letzten Schulhalbjahr, den 1. Februar, an. Laut Pressemitteilung des Kultusministeriums sind insgesamt 1 316 Einstellungen vorgenommen worden. Wichtig ist dabei die Feststellung: Bei diesen 1 316 handelt es sich um eine Personenzahl, nicht jedoch um die Zahl der Vollzeitlehrereinheiten. Daher, Frau Ministerin, wäre es erfreulich, wenn wir heute erfahren würden, wie viele Vollzeitlehrereinheiten hinter dieser Zahl stehen. Diese Zahl wird geringer sein.

Schauen wir im Gegenzug aber einmal auf die Anzahl der Lehrkräfte, die im ersten Halbjahr aus dem Schulsystem ausgeschieden sind, so entspricht deren Zahl immerhin 1 373 Vollzeitlehrereinheiten. So haben wir schnell ein Fehl von fast 300 Vollzeitlehrereinheiten, das deutlich macht, dass sich die Situation in Niedersachsen weiter verschärfen wird.

(Vizepräsident Karl-Heinz Klare über- nimmt den Vorsitz)

Wie unverantwortlich diese Landesregierung handelt, wird auch an zwei weiteren Zahlen deutlich. So wissen wir, dass in Niedersachsen zum Schulhalbjahr 700 Absolventen mit gymnasialem Lehramt mit ihrer Ausbildung fertig geworden sind. 700 Gymnasiallehrer hätten den Schulen in Niedersachsen zur Verfügung gestanden. Diese Landesregierung schreibt aber nur 360 Stellen für Gymnasiallehrkräfte aus. Das heißt, 340 gut ausgebildete Gymnasiallehrer aus Niedersachsen lässt diese Landesregierung auf der Straße stehen. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Situation ist das unverantwortlich.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb bestätigt sich auch an diesen Zahlen wieder einmal: Diese Landesregierung hat nicht die Absicht, dieses Land über den Januar 2018 hinaus zu regieren.

(Beifall bei der CDU)

Frau Hamburg, es wird noch deutlicher: Schauen wir auf die Lehrereinstellungen zum 1. August, also dem nächsten Einstellungstermin zum Schuljahresbeginn! Hier will die Landesregierung 1 800 Lehrerstellen ausschreiben. Wenige Stunden nach der Veröffentlichung der Stellenausschreibungen meldeten sich die ersten Schulen und haben sehr deutlich gemacht, dass auch diese Stellenausschreibungen nicht im Geringsten die derzeitigen Bedarfe abdecken werden.

Der Philologenverband hat in einer Pressemittelung sein Unverständnis darüber deutlich formuliert und hervorgehoben, dass die Kultusministerin nach wie vor die Augen vor der schlechten Unterrichtsversorgung in Niedersachsen verschließt.

Ich sage es ganz deutlich: Ich kann nicht begreifen, wie man nicht einmal vier Monate vor einer Landtagswahl die Stellen ausschreibt, für die es wirklich Bedarf an den Schulen gibt. Ich kann es mir nur so erklären: Diese Landesregierung hat aufgegeben.

(Zustimmung bei der CDU)

Diese Kultusministerin hat aufgegeben.

(Beifall bei der CDU - Anja Piel [GRÜNE]: Oh nein!)

Es wird auch hier wieder deutlich: Diese Landesregierung beabsichtigt nicht, über den Januar 2018 hinaus dieses Land zu regieren.

(Beifall bei der CDU)

Schauen wir uns einmal an, wie andere Länder das machen, Frau Hamburg, wie es in anderen Ländern aussieht. Gestern ist in Bayern das G 9 beschlossen worden, dazu ein großes Bildungspaket: 1 000 zusätzliche Lehrerstellen für die Gymnasien, 800 zusätzliche Lehrerstellen für die allgemeinbildenden Schulen und die Förderschulen, Verwaltungslehrkräfte an die allgemeinbildenden Schulen. - So macht man das, wenn man ein Land nach vorne bringen will, und nicht so wie diese Landesregierung!

(Beifall bei der CDU)

Es wird noch viel dramatischer: Die Unterrichtsversorgung sinkt und sinkt und wird auch zum nächsten Schuljahresbeginn sinken. Dabei wissen wir, dass wir im Schuljahr 2020/2021 für den 13. Jahrgang zusätzlich rund 1 500 Lehrer an den Gymnasien benötigen werden. Diese Regierung trifft nicht die geringste Vorsorge dafür. Wenn es noch eines einzigen Beweises bedarf, dass die Landesregierung nicht weitermachen will, dann ist es genau dieses Beispiel.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, unsere Schülerinnen und Schüler, unsere Lehrerinnen und Lehrer und unsere Schulleitungen verdienen etwas Besseres. Sie verdienen bessere Rahmenbedingungen. Sie verdienen aber auch bessere Wertschätzung -

(Zustimmung bei der CDU)

eine Wertschätzung, die sie bei dieser Landesregierung nicht erhalten.

Ein weiteres Beispiel und einen weiteren Beleg dafür kennen wir seit gestern Abend. Seit gestern Abend ist uns bekannt - so soll es zumindest sein -, dass ab Juni diesen Jahres alle Fortbildungsveranstaltungen, die im NLQ bereits geplant gewesen sind, insbesondere die Schulleitungsfortbildungsveranstaltungen, gestrichen worden sind.

(Jörg Bode [FDP]: Das kann doch nicht wahr sein! Unglaublich!)

Die Fortbildungsveranstaltungen sollen in diesem Jahr ersatzlos gestrichen worden sein. Wenn dem wirklich so ist, dann ist das ein unfassbarer Vorgang, der deutlich macht, welche Wertschätzung unsere Lehrkräfte und gerade die Schulleitungen bei dieser Landesregierung haben, nämlich gar keine.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Deswegen erwarte ich, dass hier gleich diese Kultusministerin diesen Sachverhalt aufklärt, was sich da gerade abspielt.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Seefried. - Jetzt hat sich Heiner Scholing für Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hier wurde Bayern erwähnt. Dazu möchte ich gerne ein Zitat vom Bayerischen Lehrerverband vom 6. März 2017 einbringen.

(Zuruf)

- Nein, wir reden erst einmal über Bayern, weil Herr Kollege Seefried Bayern als positives Beispiel angeführt hat.

Es heißt dort: „An vielen Grund- und Mittelschulen droht die Unterrichtsversorgung endgültig einzubrechen.“

(Helge Limburg [GRÜNE]: Was?)

So viel zu Bayern! Sonst ist es dort ja sehr schön, aber mit der Unterrichtsversorgung scheint es schwierig zu sein.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Oh!)

Was macht man eigentlich mit einem Antrag, der sich in Bezug auf die Forderungen, die dezidiert gestellt werden, erledigt hat?

Die Forderung lautet: Legen Sie die Daten vor! - Meine Damen und Herren, die Daten sind vorgelegt.