Protokoll der Sitzung vom 17.05.2017

Im Gegensatz zu Ihnen auf der rechten Seite des Parlamentes beachten wir nämlich das Sozialversicherungs- und Arbeitsrecht, und wir statten die Ganztagsschulen gut aus.

(Jörg Hillmer [CDU]: Sie sollten sich um die Grundversorgung kümmern!)

Sie sagen, Sie wollen sie mit Lehrern ausstatten? - Zehn Jahre lang haben Sie die Ganztagsschulen nicht mit Lehrern ausgestattet! „Ganztagsschule light“ war das Programm. Ganztagsschulen genehmigen und nicht einen Pfennig dazubezahlen, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Gerade die Ganztagsschule light hat insbesondere an den niedersächsischen Schulen dazu geführt, dass der Ganztag keinen Rechtsvorschriften mehr entsprechen konnte. Wir dagegen investieren in die Zukunft unserer Kinder. In den Jahren 2017 bis 2021 werden wir 1,5 Milliarden Euro Ganztagsinvestitionen getätigt haben, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir setzen auf mehr und auf bessere Ganztagsangebote; denn durch guten Ganztag verringert sich auch die nach wie vor immer noch viel zu große Abhängigkeit vom Elternhaus bei dem Bildungserfolg des Kindes. Mehr Ganztag ist der zentrale Baustein für mehr Bildungsgerechtigkeit und mehr Bildungsteilhabe.

(Björn Försterling [FDP]: Mehr Unter- richt wäre super!)

Wir setzen das um. - Nicht Sie haben das umgesetzt, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

In unseren gut ausgestatteten Ganztagsschulen, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird die Bildung und die Teilhabe an Bildung auch über den Unterricht im engeren Sinne hinaus gewährleistet. Kinder kommen mit Kultur, Musik und Sport viel häufiger in Berührung.

(Ulf Thiele [CDU]: Kommen Sie ein- mal aus Ihrem Elfenbeinturm heraus!)

Kinder können in Ganztagsschulen sehr viel sozialer und entspannter lernen, die Persönlichkeitsentwicklung wird unterstützt. Das macht die Qualität im Ganztag aus, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Ulf Thiele [CDU]: Welche Qualität?)

Wie sieht die Entwicklung der Ganztagsschulen in Niedersachsen aus? - Erstmals in der Geschichte des Landes Niedersachsen

(Ulf Thiele [CDU]: Haben wir wieder so einen hohen Unterrichtsausfall wie seit Jahren nicht mehr!)

haben wir mehr Schülerinnen und Schüler, die an einem Ganztagsangebot teilnehmen, als Schülerinnen und Schüler, die an keinem Ganztagsangebot teilnehmen. 52,3 % aller Schülerinnen und Schüler nehmen am Ganztagsangebot teil. Das ist eine historische Dimension.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wir werden noch weitere neue Ganztagsschulen genehmigen: 74 neue Ganztagsschulen für das Schuljahr 2017/2018.

(Jörg Hillmer [CDU]: Mehr nicht?)

Das ist auch ein Meilenstein in der Geschichte des Landes Niedersachsen. Wir werden damit zum Schuljahr 2017/2018 gut 1 800 Ganztagsschulen in Niedersachsen haben. Das sind mehr als 65 % aller Schulen. Das ist ein Erfolg dieser Landesregierung und der Mehrheit hier im Hause des Landtages.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN - Jörg Hillmer [CDU]: Nichts haben Sie gemacht!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Ganztagsschulen sind gut für Familien, weil die Ganztagsschule vor allem auch die gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglicht. Ganztagsschulen sind gut für die Region, weil eine Ganztagsschule heutzutage natürlich ein ganz wichtiger Standortfaktor in einer Region ist. Deshalb geben wir mehr Geld, mehr Stunden und mehr pädagogische Möglichkeiten in den Ganztag. Sie haben da mit Verboten gearbeitet. Ihre Ganztagsbilanz ist wirklich so, dass wir diesen Ganztag auch qualitativ erst wieder aufbauen mussten.

(Ulf Thiele [CDU]: 1 800 gegen 300 ist eine ganz ordentliche Bilanz!)

Das Geld, das wir hier investieren, ist sehr gut investiertes Geld, nämlich in die Zukunft unserer Kinder, in die Standorte der Schulen für die Regionen und für die Familien. Ihr Ganztagsdesaster Ihres Spitzenkandidaten Dr. Althusmann haben wir aufgeräumt und daraus eine Erfolgsgeschichte gemacht. Diese Erfolgsgeschichte werden wir fortführen, auch wenn Sie sich darüber ärgern.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin Heiligenstadt. - Ich stelle fest, weitere Wortmeldungen zum Tagesordnungspunkt 11 liegen nicht vor. Damit ist die Aktuelle Stunde für diesen Tagungsabschnitt beendet.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 12: Erste Beratung: Entwurf eines Transparenzgesetzes für Niedersachsen - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 17/8004

Der Gesetzentwurf wird eingebracht von Frau Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz, der ich das Wort erteile.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Nur gut informierte Bürgerinnen und Bürger können unsere Gesellschaft engagiert und kompetent mitgestalten. Es ist ein zentrales Anliegen der Landesregierung, die demokratische Meinungs- und Willensbildung der Bevölkerung in Niedersachsen zu fördern.

Einen wichtigen Beitrag dazu leistet der heute in den Landtag einzubringende Entwurf eines Transparenzgesetzes für Niedersachsen mit seinem Herzstück in Artikel 1, dem Niedersächsischen Informationszugangsgesetz. Darin wird den Bürgerinnen und Bürgern ein voraussetzungsloser Anspruch auf Zugang zu den Informationen der öffentlichen Verwaltung eingeräumt. Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf vor, die Möglichkeiten des Internets für einen digitalen Dialog zwischen Staat und Gesellschaft besser zu nutzen. Wir machen damit einen großen Schritt hin zu mehr Transparenz staatlichen Handelns.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Transparenz macht staatliche Entscheidungen nachvollziehbar und fördert auf diese Weise das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die staatlichen Institutionen. Demokratie lebt vom Mitmachen. Das Gesetz ermöglicht es den Bürgerinnen und Bürgern, sich im Vorfeld politischer Entscheidungen die notwendigen Informationen zu verschaffen und sich selbst eine fundierte Meinung zu bilden. Sie werden in die Lage versetzt, sich am öffentlichen Diskurs zu beteiligen. Wissen ist die

Voraussetzung für eine lebendige Demokratie, ungefiltertes, selbst verschafftes Wissen aus sicherer Quelle. Dies ist zu Zeiten von Fake News ganz besonders relevant.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Kern des Gesetzes ist der Anspruch auf ungehinderten Zugang zu amtlichen Informationen. Der Informationszugang kann auf jede erdenkliche Weise erfolgen, insbesondere durch Auskunft oder Akteneinsicht oder auch durch das Übersenden von Kopien. Informationsbegehren sollen spätestens innerhalb eines Monats beschieden werden. Bei komplexen Informationsbegehren kann diese Frist verlängert werden. Anspruchsberechtigt ist jede Person. Der Anspruch ist voraussetzungslos. Er muss nicht begründet werden. Das ist neu. Derzeit müssen Antragstellerinnen und Antragsteller in der Regel ein berechtigtes Interesse an der begehrten Information nachweisen. Das fällt künftig weg.

Der Gesetzentwurf zielt auf größtmögliche Transparenz im staatlichen Bereich ab. Aber es gibt besonders sensible Bereiche, für die dies nicht gelten kann. Keiner oder nur eingeschränkten Informationspflichten unterliegen beispielsweise die Gerichte, soweit sie in rechtsprechender Gewalt tätig sind, die Strafverfolgungs-, Strafvollstreckungs- und Maßregelvollzugsbehörden, die Finanzbehörden, Bildungseinrichtungen und das Landesamt für Verfassungsschutz.

Einschränkungen gibt es nicht nur für Institutionen. Keine Person muss befürchten, dass Behörden künftig personenbezogene Daten ohne Weiteres der Allgemeinheit offenbaren. Vor der Herausgabe personenbezogener Daten müssen die Betroffenen angehört werden. Willigen sie nicht ein, dürfen personenbezogene Daten nur im Ausnahmefall herausgegeben werden, wenn das Informationsinteresse das Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen überwiegt. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse dürfen überhaupt nur mit Einwilligung der Inhaberin oder des Inhabers zugänglich gemacht werden.

Darüber hinaus können dem Informationszugang auch schutzwürdige öffentliche Belange entgegenstehen. So besteht beispielsweise kein Anspruch auf Informationszugang, soweit die begehrte Information einer Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht unterliegt. Ebenso ist der Anspruch ausgeschlossen, wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf die Be

ziehungen Niedersachsens zu einem anderen Land haben kann oder dadurch der Erfolg einer behördlichen Maßnahme vereitelt werden würde.

Ganz kostenfrei ist das Verfahren nicht. Dem Aufwand der Behörde muss Rechnung getragen und auch Missbrauch vorgebeugt werden. Die Erteilung einfacher Auskünfte mit einem Bearbeitungsaufwand von nicht mehr als einer halben Stunde ist allerdings gebührenfrei. Laut den Evaluationen ist das ein erklecklicher Anteil. Ansonsten bemisst sich die Gebührenhöhe nach dem Zeitaufwand, der für die Antragsbearbeitung erforderlich ist.

Neben dem Informationszugang auf Antrag steht der Informationszugang durch Veröffentlichung. Durch den Gesetzentwurf werden die informationspflichtigen Stellen angehalten, möglichst viele Informationen im Internet oder auf sonstige Weise zu veröffentlichen. Zukünftig soll die Verwaltung alle wesentlichen Informationen in einem allgemein zugänglichen, zentralen Informationsregister im Internet zur Verfügung stellen. In dem Gesetzentwurf wird die Landesregierung ermächtigt, ein solches Register mittels Rechtsverordnung einzurichten.

Falls es bei der Anwendung des neuen Gesetzes Probleme oder Fragen geben sollte, kann sich jede Bürgerin und jeder Bürger sowie auch jede Behörde an eine unabhängige Stelle wenden, nämlich an die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit. Sie oder er wacht darüber, dass die Regelungen des Informationszugangsgesetzes eingehalten werden. Mit dieser Aufgabe wird die Landesbeauftragte für den Datenschutz betraut.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Nach fünf Jahren soll dieses Gesetz, wie andere Informationszugangsgesetze auch, evaluiert werden, damit wir schauen können, wie sich das Gesetz in der Praxis bewährt hat.

Meine Damen und Herren, durch diesen Gesetzentwurf wird nicht weniger als ein epochaler Kulturwandel in der öffentlichen Verwaltung eingeläutet: Weg vom Arkanprinzip, hin zur Informationsfreiheit. Angesichts dieser Bedeutung haben wir auf die Ausarbeitung des Entwurfs sehr viel Sorgfalt verwandt. Wir haben uns die Erfahrungen aus anderen Ländern intensiv angeschaut und bei der Erarbeitung des Entwurfs die entsprechenden Evaluationsergebnisse berücksichtigt. Innerhalb der Ressorts haben wir einen sehr ausführlichen

Abstimmungsprozess durchgeführt. Das hat Zeit gekostet, war aber ertrag- und erfolgreich. Schließlich haben wir an der Verbandsanhörung mehr als 150 Verbände und Einrichtungen beteiligt, von denen rund 60 Stellungnahmen abgegeben haben, die wir ebenfalls ausgewertet und in den Gesetzentwurf eingearbeitet haben.

Meine Damen und Herren, der sorgfältige Abstimmungsprozess hat sich gelohnt. Das Ergebnis, das heute vor Ihnen liegt, ist ein ausgewogener Kompromiss zwischen den Geheimhaltungsinteressen zum Schutz öffentlicher und privater Belange einerseits und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit andererseits. Die Kehrseite eines solch sorgfältigen, aber auch erforderlichen Abstimmungsprozesses ist, dass die Ausarbeitung des Gesetzentwurfs mehr Zeit gekostet hat, als wir uns das zu Beginn der Legislaturperiode vorgestellt haben. Dennoch möchte ich mit der Bitte schließen, mit der Verabschiedung des Gesetzes dazu beizutragen, dass Niedersachsen künftig nicht mehr zu der Gruppe der letzten noch vier Länder gehört, in dem die Bürgerinnen und Bürger keinen rechtlich verbürgten, voraussetzungslosen Anspruch auf Information durch die öffentliche Hand haben.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)