Der Tagesordnungspunkt 36 mit dem Titel „Den Wandel im Einzelhandel im Sinne vitaler Innenstädte und attraktiver Ortskerne unterstützen“ wird nach dem Tagesordnungspunkt 15 aufgerufen und schließt damit die Lücke, die durch das Verlegen des ersten Themas der Aktuellen Stunde auf den Donnerstag in der Tagesordnung für morgen entstanden ist.
Noch einmal: Der Tagesordnungspunkt 12 a wird am Donnerstag nach den Dringlichen Anfragen und der Tagesordnungspunkt 36 nach dem Tagesordnungspunkt 15 behandelt. Kommunizieren Sie das bitte auch, falls die Kolleginnen und Kollegen, die davon betroffen sind, jetzt nicht anwesend sind.
Tagesordnungspunkt 7: Abschließende Beratung: Ministerpräsident Stephan Weil muss das Verhältnis der Landesregierung zu DITIB klären - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/7423 - Beschlussempfehlung des Kultusausschusses - Drs. 17/8121
Eine Berichterstattung zu diesem Tagesordnungspunkt ist nicht vorgesehen. Daher treten wir in die Beratung ein.
Für den Antragsteller hat das Wort der Kollege Ulf Thiele, dem ich hiermit das Wort erteile. Bitte schön!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Der angesprochene Ministerpräsident ist leider nicht da. Das kennen wir aus diesen Debatten schon. Das war klar.
(Zustimmung bei der CDU - Zurufe von der SPD: Oh! - Gerd Ludwig Will [SPD]: Konzentriere dich mal auf den Inhalt!)
Das ist ja ein schwieriges Thema für Sie. Das ist uns auch sehr bewusst. Denn noch vor Kurzem war die rot-grüne Landesregierung fest entschlossen, mit dem DITIB-Landesverband Niedersachsen-Bremen e. V. einen Ewigkeitsvertrag abzuschließen mit dem Ziel, DITIB zu einer Religionsgemeinschaft zu erklären, und mit der Perspektive, sie zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu machen.
Ich kann mich an die Interviews, die diese Kultusministerin zu dem Thema gegeben hat - genau mit diesem Wortlaut -, sehr gut erinnern. Meine Damen, meine Herren - - -
(Anja Piel [GRÜNE]: Vielleicht wäre es dienlich gewesen, die CDU würde sich daran erinnern! Ich meine, Sie haben am Anfang ja mit am Tisch ge- sessen! - Weitere Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)
Herr Kollege, der Redner kann keine Zwischenfragen ans Plenum stellen. Das müssen Sie im direkten Gespräch klären. Sie haben jetzt das Wort. Bitte!
Meine Damen, meine Herren! Noch vor wenigen Monaten hat Ministerpräsident Weil erklärt, dass der Abschluss dieses Vertrags mit DITIB eine Selbstverständlichkeit sein müsse. Noch vor wenigen Monaten hat Rot-Grün völlig verdrängt, dass die Veränderungen, die in der Türkei seit einiger Zeit festzustellen sind, auch zu Konsequenzen bei DITIB führen. Denn DITIB ist nun einmal strukturell-organisatorisch ein integraler Teil des Amtes für religiöse Angelegenheiten in der Türkei, der Diyanet.
(Johanne Modder [SPD]: Ach, Herr Thiele! Wir haben wenigstens die Ge- spräche geführt! Sie sind ja gar nicht bei den Gesprächen dabei gewesen! Mann, Mann!)
Warum? - Offenkundig hat Herr Weil geglaubt, er könne sich so bei den Moscheegemeinden anbiedern und daraus politisches Kapital schlagen.
Herr Kollege Thiele, jetzt haben Sie eine kurze Pause. Jetzt greife ich im Interesse des ungestörten Ablaufs Ihrer Rede ein.
Wenn Sie hier anmahnen, dass Sie hier durch diese Zwischenrufe gestört werden - das haben Sie ja mit diesem Versuch der Frage an das Präsidium getan, die ich Ihnen nicht beantworten konnte -, tue ich jetzt auf jeden Fall etwas zu Ihren Gunsten, indem ich das Plenum auffordere, Ihnen zuzuhören; denn Sie haben im Augenblick das Wort. Wenn jemand anderer Auffassung ist, dann kann man das hier am Redepult kundtun - alle Fraktionen haben noch Redezeit -, aber nicht durch ständige Zwischenrufe!
Wenn im Plenarsaal Ruhe eingekehrt ist, dann setzt der Kollege Thiele fort. - Das ist jetzt der Fall. Bitte!
Auf diese Diskussion hin folgten dann der Putschversuch in der Türkei und ein Gegenputsch des Systems Erdogan mit gravierenden Folgen, nämlich mit einer Verhaftungswelle, mit weltweiten Bespitzelungsaktionen - auch hier in Niedersachsen - und mit einem Verfassungsreferendum, mit dem das türkische Parlament weitgehend entmachtet wurde. Fast zwei Drittel der in Niedersachsen abgegebenen Stimmen türkischer Mitbürger unterstützten dabei dieses Erdogan-Referendum.
Integrationsproblem. Zuvor war auch in Niedersachsen ein Imam in Verdacht geraten, von der Diyanet als Spitzel gegen - Zitat! - „Feinde der Türkei“ eingesetzt worden zu sein. Der Ministerpräsident hielt es für klug, DITIB in einem Brief darauf hinzuweisen. Damit hat er den Verdacht und das Vorermittlungsverfahren öffentlich gemacht. Sollte es einen solchen Spitzel gegeben haben, wurde er vom Ministerpräsidenten sozusagen exklusiv über die Ermittlungen informiert und konnte er rechtzeitig Maßnahmen treffen. Klug war das nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Dieser Imam gehörte übrigens zu der großen Gruppe türkischer Beamter, die von der Diyanet aufgefordert worden waren, Informationen über Anhänger der Gülen-Bewegung, der PKK und weiterer sogenannter Feinde der Türkei zu beschaffen und zu melden.
Der Ministerpräsident muss sich zumindest vorhalten lassen, die Veränderungen, die es in den letzten anderthalb bis zwei Jahren in der Türkei gegeben hat, viel zu lange ignoriert zu haben und vor allen Dingen die Wirkung, die diese Veränderungen auf DITIB hatte, verdrängt zu haben.
Die Wahrheit ist und bleibt, liebe Freunde: Nur die kritische Haltung der CDU-Landtagsfraktion hat verhindert, dass diese Landesregierung im vergangenen Jahr einen im Hinterzimmer ausgehandelten Ewigkeitsvertrag mit der DITIB unterzeichnet hat -
(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN: Ach, ihr wart das? - Das glaubt doch keiner! Geschichtsklitte- rung! Wer es glaubt!)
SPD und Grüne sagen weiter, dass sie einen solchen Vertrag anstreben. Sie sagen aber nicht konkret, unter welchen Bedingungen. Und die Öffentlichkeit bleibt bisher im Unklaren darüber, wie das weitere Verfahren sein soll.
Frau Kultusministerin, Sie haben es noch nicht einmal für nötig befunden, der Öffentlichkeit zu erklären, ob Ihr am 30. März an DITIB geschriebe
ner Brief überhaupt jemals beantwortet wurde und welchen Inhalt diese Antwort gegebenenfalls hatte - geschweige denn, dass Sie die Öffentlichkeit darüber informieren, ob es weitere Gespräche mit diesem Verband gegeben hat und welchen Inhalt diese gegebenenfalls hatten.
Sie planen aber weiterhin, DITIB den Weg in den Landesschulbeirat zu eröffnen. Sie halten den Kurs, alle Kooperationsmaßnahmen mit der DITIB fortzusetzen, ohne dass Sie dies an konkrete Bedingungen knüpfen. Ihre Forderung, dass sich DITIB vom Bundesverband und von der Diyanet lossagen muss, ist bisher eine Hohlformel, weil sie nicht an Konsequenzen geknüpft ist, weil die nicht erfolgten Maßnahmen - das Nichtlossagen, das Nichtabkoppeln - bei Ihnen keine politische Konsequenz findet, meine Damen, meine Herren.
Heute wäre eine gute Gelegenheit zu erklären, welche weiteren Gespräche Sie mit DITIB geführt haben.
Heute wäre eine gute Gelegenheit, zu erklären, ob Sie DITIB dazu gebracht haben, dass sie sich von der Diyanet organisatorisch-strukturell löst und sich auch vom Bundesverband organisatorisch-strukturell löst.
Heute wäre eine gute Gelegenheit, zu erklären, ob es Ihnen gelungen ist, die Forderung durchzusetzen, dass die Satzung von DITIB Niedersachsen so geändert wird, dass es keinen Durchgriff mehr auf den Vorstand der DITIB Niedersachsen vonseiten des Bundesvorstands und damit vonseiten der Diyanet gibt.
Heute wäre eine gute Gelegenheit, zu erklären, ob es tatsächlich so ist, dass das Vorstandsmitglied, das auf der Payroll der Diyanet stand, als es gewählt wurde, heute tatsächlich von der Diyanet und vom Bundesvorstand unabhängig ist oder ob es weiterhin ein Abhängigkeitsverhältnis gibt.
Heute wäre ein guter Tag, zu erklären, welche Maßnahmen Sie eigentlich bei der Gefangenenseelsorge, beim staatlichen muslimischen Religionsunterricht, bei der Imamausbildung in Osnabrück und bei weiteren Kooperationsprojekten ergreifen wollen, wenn DITIB die Unabhängigkeit, die sie zugesagt hat, herstellen zu wollen, nicht herstellt und damit Ihre Bedingungen nicht erfüllt.