Protokoll der Sitzung vom 14.06.2017

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Eine volle Punktlandung, was die Redezeit angeht, Frau Kollegin Meyer zu Strohen! Vielen Dank. - Das Wort hat jetzt für die SPD-Fraktion Herr Kollege Gerd Ludwig Will.

(Susanne Menge [GRÜNE]: Kommen die Kurzinterventionen erst zum Schluss des Tagesordnungspunkts dran?)

- Entschuldigung! - Herr Will, das war jetzt mein Fehler, den muss ich sofort korrigieren; Sie haben ja auch noch nicht angefangen. - Frau Kollegin Menge hat sich ordnungsgemäß zu einer Kurzintervention gemeldet. Natürlich erhält sie dazu für 90 Sekunden die Gelegenheit. Bitte!

Frau Meyer zu Strohen, was Sie aufgelistet haben, könnte man für die Feststellung zum Anlass nehmen, dass unsere Positionen bis auf die folgenden Aussagen eigentlich gar nicht so weit voneinander entfernt sind: Rot-Grün hat z. B. das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz angepackt. Rot-Grün hat in dieses Gesetz eine Förderung umweltfreundlicher Antriebe eingebaut. Das ist ein Erfolg dieser Koalition.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie sprachen von „flächendeckend Tempo 30“. Das steht nirgendwo im Antrag! Sagen Sie mir bitte, wo steht, wir wollten flächendeckend Tempo 30 einführen.

Ferner haben Sie selbst betont, verkehrslenkende Maßnahmen müssten ergriffen werden. Das habe ich in meiner ersten Rede betont: Verkehrslenkung ist entscheidend, damit wir nicht Stop and Go bei Tempo 30 haben -

(Beifall bei den GRÜNEN)

oder lassen Sie es 35 km/h oder meinetwegen 28 km/h sein. In den Städten wird im Durchschnitt ohnehin viel langsamer gefahren.

Der letzte Aspekt: Sie strafen alle Entwicklungen in den europäischen Städten Lügen, die eine boomende wirtschaftliche Entwicklung erleben, weil sie den Themenblock „Stau, Entzerrung von Stau und mehr Radverkehr“ tatsächlich angepackt haben. Sie brauchen doch gar nicht so weit zu gucken! Groningen floriert! Dort wurde genau das gemacht, was wir hier mit kleinsten Schritten versuchen zu realisieren.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Vielen Dank. - Möchte die CDU-Fraktion erwidern? Frau Meyer zu Strohen, Sie erhalten die Gelegenheit dazu, auch für 90 Sekunden. Bitte schön!

Den Radverkehr fördern wir. Wir kriegen in Osnabrück sogar den ersten Radschnellweg.

Erstens. Sie haben unterstellt, dass die Kommunen nicht genügend für die Verkehrslenkung unternehmen. Sie haben das Kind, das überfahren wurde, angeführt. Ich habe gesagt: Die Kommunen haben alle Mittel in der Hand, um dort, wo es notwendig ist, Tempo-30-Zonen einzurichten.

Zweitens habe ich gesagt, dass wir mehr Geld in alternative Antriebsquellen geben müssen. „Mehr“ habe ich gesagt! Elektrobusse gibt es schon. Das Land fördert sie. Das weiß ich. „Mehr“ habe ich im Hinblick auf alternative Antriebsquellen gesagt.

Ich habe die Intention angesprochen. Ich habe nicht gesagt, dass Sie überall Tempo-30-Zonen einführen wollen. Aber die Intention ist doch, mit diesem Modellversuch in dieses Konzept einzusteigen. Von den Grünen weiß ich, dass sie gerne flächendeckend Tempo 30 hätten. Ich habe nicht gesagt, dass es so ist.

(Hans-Joachim Janßen [GRÜNE]: Da wissen Sie mehr als ich! - Helge Lim- burg [GRÜNE]: Woher wissen Sie das denn? - Weiterer Widerspruch von den Grünen)

- Das weiß ich. Das ist die Intention.

Also alles zurück!

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Herr Will, gleich sind Sie an der Reihe - aber erst, wenn sich alle beruhigt haben. - - Wenn Sie noch ein bisschen diskutieren wollen - wir können hier im Plenarsaal warten. - Jetzt geht es. - Herr Kollege Will für die SPD-Fraktion!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu den Unterstellungen hat meine Kollegin Menge schon einiges gesagt. In der Tat geht es nicht um die flächendeckende Einführung von Tempo 30, sondern es geht um die Erprobung und die Auswertung in einem ordentlichen wissenschaftlichen Versuch.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, bereits 2016 wurde § 45 StVO so erweitert, dass mehr Tempo-30Zonen eingeführt werden können. Wir können uns in vielen Städten und Gemeinden in Niedersachsen davon überzeugen, dass davon reichlich Gebrauch gemacht wird. Der Bedarf ist also unverkennbar vorhanden. Das kann niemand negieren. Es musste nur die Möglichkeit dafür geschaffen werden.

Diese Maßnahme ist an Voraussetzungen gebunden. Tempo 30 kann ja nicht beliebig eingeführt werden, sondern immer nur dort, wo besondere Gefahren durch ein höheres Verkehrstempo entstehen und so die Sicherheit von Kindern, Senioren, Kranken usw. gemindert wird, kann aus solchen besonderen Sicherheitsgründen schon heute Tempo 30 angeordnet werden. Davon wird Gebrauch gemacht, und das ist gut so.

Meine Damen und Herren, auf dieser Basis bereitet das Wirtschaftsministerium nun gemeinsam mit dem Runden Tisch einen Modellversuch Tempo 30 in niedersächsischen Kommunen vor. Danach soll der Modellversuch eine Laufzeit von drei Jahren haben und streckenweise in sechs Kommunen unterschiedlicher Größe durchgeführt werden. Es geht wirklich um Pilotprojekte, nicht um die flächendeckende Anordnung von Tempo 30.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Ziel des Projekts ist es, Daten über die Auswirkungen von Tempo 30 innerorts auf Lärm, Luft und Verkehrsfluss zu erhalten. Alle die von Ihnen kritisch angesprochenen Themen sind Bestandteil dieses Projekts und wer

den in diesem Zuge mit geprüft. Eine flächendeckende Anordnung von Tempo 30 oder die generelle Absenkung der innerörtlichen Richtgeschwindigkeit stehen überhaupt nicht an.

Sie lehnen mit Ihrem Antrag nun die Erprobung und die Durchführung dieses Modellversuchs grundsätzlich ab. Dabei wird klar: Sie wollen keine neuen Erkenntnisse. Sie wollen vielmehr ein „Weiter so!“

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

zulasten von Verkehrssicherheit und besserem Umweltschutz. Warum wollen Sie darüber hinaus z. B. keine weiteren Erkenntnisse über den Verkehrsfluss in den betroffenen Gemeinden sammeln? Wir wollen das.

Mit diesem Verkehrsversuch untersucht das Verkehrsministerium erstmals fundiert und verlässlich, welche Effekte Tempo-30-Strecken tatsächlich auf den Verkehrslärm, die Luftreinhaltung und den Verkehrsfluss haben. Daneben sollen gerade die Akzeptanz der Geschwindigkeitsreduzierung, Auswirkungen auf den Fuß- und Radverkehr und auch auf den öffentlichen Personennahverkehr sowie etwaige Verlagerungseffekte ausdrücklich untersucht werden.

(Gabriela König [FDP]: Das ist doch schon alles untersucht!)

Dazu wollen wir Kommunen gewinnen, die sich an diesem Versuch beteiligen. Die große Nachfrage aus dem kommunalen Bereich des Landes macht bereits seit Wochen deutlich, wie groß das Interesse der Betroffenen ist. Wir können durch diese Projekte sechs Versuchskommunen untersuchen lassen, aber wir haben schon heute mindestens die dreifache Belegung. Wir könnten das Projekt also spielend ausweiten, wenn wir es denn wollten. Aber in diesem Fall geht Qualität vor Menge!

(Zurufe von der CDU: Ja! Qualität vor Menge!)

- Ausnahmsweise vor Menge, sonst immer nach Menge.

Um am Ende verlässliche Daten zu erhalten, sollen jeweils zwei Großstädte bzw. Großstadtregionen mit typischen Stadtteilzentren, Mittel- und Kleinstädte, z. B. mit typischen Geschäftsstraßen, sowie kleinere Orte mit typischen Ortsdurchfahren untersucht werden. Voraussetzungen für eine Teilnahme sind neben den genannten Kriterien Überschreitungen von Grenzwerten bei Luftschadstoffen oder Verkehrslärm. Dazu haben Sie nichts

gesagt. Das ist bei Ihnen alles folgenlos. Das wird zulasten der Bevölkerung hingenommen. Wir wollen das nicht.

(Zustimmung von Susanne Menge [GRÜNE])

Als weitere Kriterien können die Verkehrsstärke auf dem entsprechenden Streckenabschnitt sowie die Anwohnerdichte herangezogen werden. Eine aktive Mitarbeit der Kommunen wird dabei erwartet. Der voraussichtliche Projektstart liegt im Jahr 2018.

Nach der Auswahl der Kommunen wird zunächst der derzeitige Zustand erfasst. Danach kommt es zur konkreten Anordnung von Tempo 30. Die Untersuchung wird von einem unabhängigen Gutachterbüro durchgeführt und weiter vom Runden Tisch begleitet. Die Projektverantwortung liegt beim niedersächsischen Verkehrsministerium.

Ziehen Sie Ihren überflüssigen Antrag zurück! Begleiten Sie den Modellversuch endlich konstruktiv im Interesse der Verkehrssicherheit und der Umwelt des Landes Niedersachsen!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Will. - Für die FDP-Fraktion hat sich der Kollege Dr. Gero Hocker zu einer Kurzintervention gemeldet. Bitte, 90 Sekunden, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrte Frau Kollegin Menge, verehrter Herr Will, ich muss mich doch schon sehr wundern, dass Sie sich ganz offensichtlich nicht mehr an Ihre eigenen Wahlversprechen erinnern wollen. Wir haben zum Glück inzwischen die Möglichkeit, im Landtag digital auf Zitate zuzugreifen, die aus Ihren Reihen gekommen sind. Ich habe das eben mal getan. Bei Spiegel online hieß es im Jahre 2012 mit Blick auf die Bundestagswahl 2013 unter dem Titel:

„SPD und Grüne fordern Tempo 30 in Städten. Im Falle eines Wahlsieges wollen SPD und Grüne einen umstrittenen Plan durchboxen. Tempo 30 soll zur Regelgeschwindigkeit in allen Städten werden.“

(Jörg Bode [FDP]: Aha!)

Sie sollten sich nicht hinter Ihren eigenen politischen Forderungen verstecken, wenn sie Ihnen peinlich sind, sondern hier im Niedersächsischen Landtag dann auch dazu stehen, was auf Ihren Parteitagen einmal verabschiedet wurde.

Vielen Dank.