Wir werden die medizinische Versorgung auch in Zukunft flächendeckend sichern und den ärztlichen Beruf an die neuen Anforderungen anpassen. Im „Masterplan Medizinstudium 2020“ sind vielfältige Änderungsvorschläge durch eine Bund-LänderArbeitsgruppe zur Neustrukturierung des Medizinstudiums erarbeitet worden.
Ende März wurde in Berlin der „Masterplan Medizinstudium 2020“ unterzeichnet. Dabei wurde vereinbart, dass in der Vergabeordnung die Möglichkeit eröffnet wird, bis zu 10 % der Medizinstudienplätze vorab an Bewerberinnen und Bewerber zu vergeben, die bereit sind, nach Abschluss ihrer Ausbildung bis zu zehn Jahre lang in der hausärztlichen Versorgung im ländlichen Raum tätig zu werden. Derzeit prüfen wir die Möglichkeit der verfassungsmäßigen Umsetzung für Niedersachsen.
Für die Gesundheitsministerinnen und -minister ist eine solche Landarztquote ein wichtiger Baustein, um das Ziel der Sicherstellung einer flächendeckenden ärztlichen Versorgung auch im ländlichen Raum zu erreichen.
Auch telemedizinische Anwendungen bieten erhebliche Möglichkeiten und Chancen, gerade auch in einem Flächenland wie Niedersachsen. Sie sind ein weiterer wichtiger Baustein, um vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung weiter eine qualitativ hochwertige Versorgung mit Gesundheitsdienstleistungen flächendeckend gewährleisten zu können. Um den Bereich Telemedizin stärker voranzutreiben, ist das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung an
E-Health-Projekten beteiligt und plant z. B. die Schaffung einer sicheren Basisinfrastruktur zur Übermittlung und zum Austausch von Patientendaten.
Was den Krankenhausbereich betrifft, so hat die Landesregierung in den vergangenen vier Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen, um die Versäumnisse der vorherigen Regierung zu beheben. Wir investieren in die niedersächsischen Krankenhäuser und ermöglichen eine zukunftsfähige und wohnortnahe stationäre Versorgung in unserem Flächenland. Dafür stellen wir insgesamt 1,357 Milliarden Euro bereit. Damit wird der durch die Vorgängerregierung verursachte Investitionsstau abgebaut, und es werden neue Investitionsmaßnahmen ermöglicht.
Zu Frage 1: Die Landesregierung hat folgende Maßnahmen zur Stärkung der ärztlichen Versorgung umgesetzt. Ich nenne zunächst die abgeschlossenen Maßnahmen:
Die Landesregierung gewährt nach Maßgabe der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum Zuwendungen zur Stärkung der vertragsärztlichen ambulanten Versorgung. Der Schwerpunkt der Förderung lag auf der hausärztlichen Versorgung.
Im Anschluss an die reine Landesförderung im Jahr 2013 hatte die Landesregierung gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung und den gesetzlichen Krankenkassen einen sogenannten Niedersachsenfonds eingerichtet. Der Schwerpunkt der Förderung lag ebenfalls auf der hausärztlichen Versorgung.
Studierende der Humanmedizin, die ihre Hochschulzugangsberechtigung in Niedersachsen erworben haben und ihr Wahltertial im Praktischen Jahr in einer zugelassenen niedersächsischen Hausarztpraxis absolvieren, können hierfür eine finanzielle Unterstützung von bis zu 2 400 Euro beantragen. Die Fördermittel stellt das Land Niedersachsen zur Verfügung. Das Antragsverfahren wird von der Kassenärztlichen Vereinigung abgewickelt.
Das gilt auch für das Stipendienprogramm der Niedersächsischen Landesregierung, das seit Ende 2016 läuft. Mit dem Stipendienprogramm sollen Medizinstudierende frühzeitig und zielgerichtet für eine spätere Tätigkeit im ländlichen Raum Niedersachsens motiviert und verpflichtet werden. Die Maßnahme stellt einen weiteren Baustein dar, die Daseinsvorsorge außerhalb von Großstädten zu stärken und den ländlichen Raum insgesamt zu stabilisieren.
Seit dem Inkrafttreten des GKV-Stärkungsgesetzes 2015 können auch Kommunen als Gründer von Medizinischen Versorgungszentren auftreten und damit aktiv die Versorgung in der Region beeinflussen und verbessern. Seit Ende 2016 besteht für interessierte Kommunen eine Fördermöglichkeit mit Landesmitteln. Dabei können Investitionskosten von bis zu 50 000 Euro pro neu zu gründendem kommunalen MVZ berücksichtigt werden.
Zu Frage 2: Am 15. Mai 2017 haben KVN und Landesregierung eine „Gemeinsame Erklärung zur Sicherung der ärztlichen Versorgung auf dem Land“ unterschrieben, die eine langfristig angelegte „Strategische Partnerschaft“ begründet. Die Vereinbarung basiert auf einem gemeinsam erarbeiteten Konzept, welches verschiedene Schnittstellen zwischen dem der Kassenärztlichen Vereinigung obliegenden Sicherstellungsauftrag und den Aufgaben der Landesregierung beschreibt.
Ziel gemeinsamer Anstrengungen soll die zukunftssichere Ausgestaltung der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung bis zum Jahr 2030 sein. Ausgangspunkt für die Erstellung eines gemeinsamen Konzepts war eine von der KVN beim Niedersächsischen Institut für Wirtschaftsforschung in Auftrag gegebene Modellrechnung zur Versorgungssituation im vertragsärztlichen Bereich bis 2030. Diese kommt zu dem Ergebnis, dass im betrachteten Zeitraum der Bedarf an vertragsärztlicher - insbesondere hausärztlicher - Versorgung zunehmend höher wird.
Um angesichts der demografischen Entwicklungen die Versorgung der niedersächsischen Bevölkerung durch ambulant tätige Ärztinnen und Ärzte in den nächsten Jahrzehnten zu gewährleisten, sollen neben den unter der Antwort auf Frage 1 genannten Maßnahmen weitere Initiativen entwickelt werden. Diese werden vorrangig auf Bereiche abzielen, für die das Land Niedersachsen die Verantwortung trägt. Dazu gehören insbesondere die Regionalentwicklung und Raumordnung, die Mobilität auf dem Land, die Krankenhausplanung und
Eine Arbeitsgruppe auf Fachebene, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Ressorts sowie der KVN, wird zunächst auf der Grundlage der o. g. Erklärung ihre Arbeit aufnehmen.
Die bisherigen Erfahrungen im Rahmen der Gesundheitsregionen Niedersachsen zeigen, dass neben den eigentlichen Versorgungsprojekten mit medizinischen Inhalten auch das Thema „Mobilität“ eine große Rolle spielt. Dazu sind in den letzten Jahren zahlreiche Modelle entwickelt worden. Hier werden wir prüfen, inwieweit diese Ansätze ausgebaut werden können. Das im Rahmen der „Gesundheitsregionen Niedersachsen“ geförderte Projekt „Patientenmobil Leer“ zeigt, dass gerade in ländlichen Regionen ein Bedarf für passgenaue Mobilitätsangebote im Zusammenhang mit Gesundheitsdienstleistungen besteht.
Zu Frage 3: Neben den zuvor beschriebenen Aktivitäten sind insbesondere noch folgende Maßnahmen zu nennen:
Um die niedersächsischen Landkreise und kreisfreien Städte bei der Gestaltung des regionalen Gesundheitswesens zu unterstützen, wurde das Projekt „Gesundheitsregionen Niedersachsen" ins Leben gerufen. In den Jahren 2014 bis 2017 fördert die Landesregierung gemeinsam mit der AOK Niedersachsen, der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen, den Ersatzkassen sowie dem BKK-Landesverband Mitte die Etablierung bestimmter kommunaler Strukturen sowie die Entwicklung und Umsetzung innovativer Projekte, die eine bedarfsgerechte und möglichst wohnortnahe Gesundheitsversorgung zum Ziel haben. Dabei ist die ärztliche Versorgung ein zentrales Thema. Mittlerweile sind 35 von insgesamt 47 möglichen Antragstellern - nämlich den niedersächsischen Landkreisen und kreisfreien Städten - als „Gesundheitsregionen Niedersachsen“ anerkannt. Es ist beabsichtigt, das Projekt „Gesundheitsregionen Niedersachsen“ in modifizierter Form bis 2020 zu verlängern.
Mit sektorenübergreifenden Versorgungsfragen im Gesundheitswesen beschäftigt sich in Niedersachsen seit geraumer Zeit auch das Gemeinsame Landesgremium nach § 90 a SGB V. Leistungserbringer und Krankenkassen erörtern gemeinsam sektorenübergreifende Themen. So werden die Themen „Delegation“, „Entlassmanagement“ und „Prästationäres Screening“ in Arbeitsgruppen behandelt. Die Arbeitsgruppe „Schnittstellen-/Entlass
management“ hat bereits erste Empfehlungen entwickelt. Zudem wurde im Rahmen der Sitzung am 11. Mai 2017 ein sektorenübergreifender Landespflegeausschuss nach § 8 a Abs. 2 SGB XI eingerichtet und an das Gemeinsame Landesgremium nach § 90 a SGB V angegliedert.
Einen Beitrag zum Abbau der Sektorengrenzen zwischen der ambulanten und stationären Versorgung soll auch der auf Bundesebene eingerichtete Innovationsfonds leisten, der regelmäßig Thema im Gemeinsamen Landesgremium ist. Hier gibt es aus niedersächsischer Sicht bereits viele erfolgversprechende Projekte.
Auch die Pflege leistet einen wichtigen Beitrag zu einer sektorenübergreifenden und guten Gesundheitsversorgung. Ziel des Förderprogramms „Wohnen und Pflege im Alter“ ist die Umsetzung modellhafter regionaler Projekte, die insbesondere im ländlichen Raum ein weitgehend selbstständiges Leben älterer Menschen im häuslichen Wohnumfeld auch bei Hochaltrigkeit oder Pflegebedürftigkeit ermöglichen. Sie sollen zur Herstellung von Wahlfreiheit beim Wohnen und bei der Pflege im Alter als Alternative zu einer vollstationären Betreuung und Pflege dienen. Eine Förderung erfolgt für investive und nicht investive Vorhaben, also Neu- und Umbauten, aber auch Sach- und Personalkosten. Die Obergrenze der Förderung beträgt dabei jeweils 100 000 Euro pro Projekt.
Gefördert werden insbesondere die Schaffung alters- und pflegegerechter Wohnumfeldbedingungen einschließlich der erforderlichen Beratungsstrukturen und die Entwicklung von Handlungsstrategiegen zum Aufbau von Unterstützungsnetzen vor Ort im Quartier. Im Haushalt des Landes stehen hierfür jährlich 1 Million Euro zur Verfügung. Bisher konnten bereits mehr als 40 Projekte eine Förderung aus diesem Programm erhalten.
Um auch in ländlichen Regionen Niedersachsens eine auskömmliche Versorgung mit ambulanten Pflegediensten sicherzustellen, hat die Landesregierung zum 1. Juli 2016 das Förderprogramm „Stärkung der ambulanten Pflege im ländlichen Raum“ aufgelegt. Es zielt darauf ab, die Arbeits- und Rahmenbedingungen in der ambulanten Pflege in diesen Regionen Niedersachsens zu verbessern. Das Förderprogramm hat zunächst eine Laufzeit von drei Jahren. Jährlich stehen mehr als 6 Millionen Euro zur Verfügung.
Bewusst richtet sich das Förderprogramm ausschließlich an ambulante Pflegedienste, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tarifgebunden
oder tarifgerecht bezahlen. Auch hierdurch soll eine maßgebliche pflegepolitische Zielsetzung des Landes unterstrichen werden, nämlich die Sicherung eines angemessenen Einkommensniveaus der in Niedersachsen in der ambulanten Pflege tätigen Beschäftigten.
Wie bereits in der Vorbemerkung dargestellt, sorgen wir für eine zukunftsfähige und wohnortnahe Krankenhausstruktur in Niedersachsen. Die Niedersächsische Landesregierung hat gemeinsam mit den Landkreisen und kreisfreien Städten des Landes ein Milliardenprogramm in Höhe von 1,357 Milliarden Euro für die Krankenhausinvestitionen in Niedersachsen aufgelegt, um damit u. a. den durch die Vorgängerregierung verursachten Investitionsstau nachhaltig abzubauen.
Über die 120 Millionen Euro jährliche Investitionsförderung hinaus werden mit dem Sondervermögen zusätzliche Mittel für die Umsetzung von Strukturmaßnahmen, den Ausbau von medizinischen Zentren, die Stärkung der Daseinsvorsorge im ländlichen Raum sowie für Betriebsstellenzusammenlegungen von Krankenhäusern zur Verfügung gestellt.
Um das zu erreichen, ist ein Sondervermögen mit einer Laufzeit von 25 Jahren und einem jährlichen Mittelzufluss von 32 Millionen Euro eingerichtet worden. Mit diesem Sondervermögen sollen die Kosten des Schuldendienstes der Krankenhäuser für große Baumaßnahmen finanziert werden.
In Abhängigkeit vom Zinssatz ist davon auszugehen, dass mit diesem Modell ein zusätzliches Investitionsvolumen von rund 670 Millionen Euro generiert werden kann. Zusätzlich werden die Mittel aus dem bundesweiten Strukturfonds für Krankenhäuser - für Niedersachsen sind das 47 Millionen Euro vom Land - und von den Kommunen in gleicher Höhe gegenfinanziert. Allein im Zeitraum von 2016 bis 2020 werden dadurch zusätzliche 94 Millionen Euro bereitgestellt.
Gemeinsam mit den Mitgliedern des niedersächsischen Krankenhausplanungsausschusses ist es kurzfristig gelungen, die über den Strukturfonds zu fördernden Maßnahmen auszuwählen und beim Bundesversicherungsamt zu beantragen.
Niedersachsen war eines der ersten Bundesländer, welches vom Bundesversicherungsamt Fördergenehmigungen für die beantragten Maßnahmen erhalten hat. Somit kann nun z. B. die Fusion der beiden Krankenhäuser in Delmenhorst umgesetzt werden. Über den Strukturfonds werden hier
Die erste Zusatzfrage stellt aus der SPD-Fraktion Herr Kollege Dr. Christos Pantazis. Bitte, Herr Kollege!
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Landesregierung: Wie stellt sich die vertragsärztliche Versorgung im Jahre 2030 in Niedersachsen dar?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind zwar in der glücklichen Lage, dass in den zurückliegenden Jahren die Zahl der Vertragsärztinnen und Vertragsärzte kontinuierlich angestiegen ist. Das gilt allerdings nur für die fachärztliche Versorgung, während wir inzwischen bei der hausärztlichen Versorgung einen Rückgang verzeichnen.
Sollte sich dieser Trend fortsetzen, ist davon auszugehen, dass sich zukünftig der Versorgungsgrad mit Hausärztinnen und Hausärzten verschlechtern wird. Das gilt insbesondere für die ländlichen Regionen. Wir haben deshalb mit großem Interesse die von der Kassenärztlichen Vereinigung beim Niedersächsischen Institut für Wirtschaftsforschung in Auftrag gegebene Studie „Bedarfsplanungsprognose für die vertragsärztliche Versorgung für Niedersachsen 2030“ hierzu gelesen. Diese prognostiziert unter Zugrundelegung bestimmter Szenarien und aktueller Rahmenbedingungen für das Jahr 2030 das Fehlen von voraussichtlich bis zu 700 Hausärztinnen und Hausärzten
und eine Unterversorgung in 17 hausärztlichen Planungsbereichen bei landesweit über 100 Planungsbereichen.
Das heißt, wir wissen, dass wir an der Stelle deutlichen Handlungsbedarf haben. Das liegt vor allen Dingen daran, dass der Anteil der Fachärzte gegenüber den Hausärzten stetig steigt und mittlerweile rund 75 % erreicht hat. Die NIW-Studie geht dabei gleichzeitig davon aus, dass für die fachärztliche Versorgung in Niedersachsen weiterhin mit einem Versorgungsgrad von über 100 % zu rechnen ist. Davon gibt es wenige Ausnahmen bei den Augen-, HNO- und Hautärzten und bei den Urologen. Ansonsten sieht es in dem Bereich gut aus.