Protokoll der Sitzung vom 21.09.2017

Weil auch das zur Reflexion gehört, will ich hier noch kurz sagen: Das A-1-Modell zeichnete sich dadurch aus, dass man auf allen - sieben, glaube ich - Planfeststellungsabschnitten gleichzeitig gebaut hat. Dafür musste aber auch erst einmal auf allen Planfeststellungsabschnitt unanfechtbares Baurecht vorliegen.

Während die Privaten abwarten, bis die Pläne für alle Abschnitte festgestellt sind, und an einem Stück bauen, beginnen wir als Staat, sobald wir für einen Abschnitt das Baurecht haben. Sonst würden wir bei bestimmten Projekten gar nicht anfangen können. Das heißt, wir beginnen viel schneller mit der Umsetzung. Wir sind damit viel effizienter.

Die Privaten nehmen das gesamte Geld für alle Abschnitte und können dann, wie wir beim A-1Modell gesehen haben, an mehreren Stellen zeitgleich bauen. Das könnte der Staat genauso, wenn er das Geld nicht scheibenweise - Haushaltsjahr für Haushaltsjahr - kriegen würde, sondern auf einen Schlag für den gesamten Projektverlauf, wie wir es immer gefordert haben. Denkbar wäre, dass die Mauteinnahmen in einen Fonds fließen, aus dem dann jahresübergreifend die Maßnahmen finanziert werden können.

Rückblickend kann man feststellen: ÖPP sind nicht wirtschaftlicher; das zeigt sich hier sehr eindeutig. Es wird spekuliert. Es ist ein großes Risiko, wenn Daseinsvorsorge in unserem Land auf Spekulationen beruht. Wir als Staat sind sehr wohl in der Lage, genauso effizient zu bauen.

Ich habe noch kein ÖPP-Modell gesehen, das im Vergleich vorne lag. Es mag seltene Ausnahmen geben. Aber in der Regel und gerade in der aktuellen Haushaltssituation könnten die Maßnahmen, die wir brauchen, sinnvoller, wirtschaftlicher und genauso effizient in konventioneller Form - mit staatlicher Finanzierung - umgesetzt werden.

(Zustimmung bei der SPD und Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. - Es folgt Frau Maaret Westphely. Bitte sehr!

Für die Ausschreibung von Bau und Betrieb der A 1 hatten die damaligen Privatisierungsbefürworter in ihrer Euphorie angenommen, der Staat könne sozusagen durch die Abführungen des Betreibers von den eingenommenen Mautzahlungen quasi Geld verdienen. Wie stellt sich dieses Rechenszenario aus heutiger Sicht und vor dem Hintergrund dieser Klage dar?

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Gerd Ludwig Will [SPD])

Danke. - Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Westphely, bei dem

A-Modell macht der Konzessionsnehmer im Wettbewerb ein Angebot. Er sagt im Wettbewerb: „Ich bin bereit, auf einen Teil der Mauteinnahmen zu verzichten. Für den restlichen Betrag baue ich euch die Infrastruktur.“ Er sagt: „Einen Teil der Mauteinnahmen behaltet ihr. Trotzdem baue ich die Infrastruktur und stelle sie euch quasi kostenfrei zur Verfügung“, was allerdings angesichts der Diskussion zum Thema „A 1 mobil“ nicht mehr passt. Denn wenn die Klagen stimmen, sehen wir, wie groß die Diskrepanz zwischen den kalkulierten Einnahmen und dem wirklichen Ergebnis ist.

Zwei Dinge fließen ein: Der Konzessionsnehmer prognostiziert Verkehrszahlen und darüber Einnahmen. Der Konzessionsnehmer macht im Wettbewerb ein Angebot und sagt: Ich bin mit 50 %, 60 % oder 70 % der Mauteinnahmen zufrieden. - In dem Moment kann man der Aussage nicht widersprechen, dass die Mauteinnahmen nicht gänzlich in das Projekt fließen, sondern zum Teil in der Hand des Staates bleiben. Im Ergebnis stellen wir aber fest, dass dadurch Projekte entstehen, die in sich wirtschaftlich nicht umsetzbar sind.

Deswegen ist man von diesem Modell völlig weggekommen und zum Verfügbarkeitsmodell gekommen. Man muss sagen: An dieser Stelle stand der Glaube: Wir lassen es Private machen und nehmen am Ende sogar noch Geld ein. - Ob sich das am Ende dann tatsächlich so darstellt - wir wissen ja nicht, wie die Klagen ausgehen -, ist in diesem Moment zumindest anzuzweifeln.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Limburg.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Lies, Sie haben vorhin in der Beantwortung der Frage der Kollegin Menge das neue Bezahlsystem erläutert, das Staatssekretär Ferlemann ja sehr gelobt hat. Staatssekretär Ferlemann hat auch davon gesprochen, dass dank diesem neuen Bezahlsystem zukünftige Rechtsstreitigkeiten ausgeschlossen wären. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie, Herr Minister Lies: Wie beurteilen Sie diese Aussage? Ist es tatsächlich so, dass man ein neues Bezahlsystem hat und zukünftig klar ist, dass es rechtliche Auseinandersetzungen mit den privaten Betreibern, die um ihre Gewinne fürchten, nicht mehr wird geben können?

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von der CDU: Das hat er doch schon be- antwortet!)

Vielen Dank. - Herr Minister, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das A-1-Modell ist ein Spekulationsmodell, weil man darauf spekuliert hat, wie sich die Verkehrszahlen entwickeln, und weil man über die Prognose der Verkehrszahlen das Angebot gemacht hat. Das Verfügbarkeitsmodell bedeutet, dass am Ende nur die Zurverfügungstellung der Infrastruktur über die entsprechenden Einnahmen organisiert wird. Das heißt, ein Risikofaktor ist natürlich raus. Die Verkehrssituation spielt keine Rolle mehr, sondern rein die Verfügbarkeit. An dieser Stelle stimmt das. Dass dies trotzdem zu Rechtsstreitigkeiten führt, weil man in der Frage des Modells sagt: „Ich mache ein Angebot für das V-Modell“, das wirtschaftlich nicht tragfähig ist - dies sehen wir gerade -, ist nicht auszuschließen. Eine Variable ist weg.

Ich will dies nutzen, um zu sagen: Man kann ja daraus lernen. Das heißt ja nicht, dass das, was beim ÖPP-Modell A 1 gelaufen ist, alles falsch ist. Die Struktur der Baustellen, wie man dies umgesetzt hat und die Kompetenz der Unternehmen, so etwas ist ja nicht falsch.

(Christian Dürr [FDP]: Das war phan- tastisch! Man stand nie im Stau!)

- Ich habe da oft im Stau gestanden. Alle 6 km stand ich vor einer Baustelle im Stau.

(Zurufe von der CDU und von der FDP)

Noch einmal: Der Unterschied war, dass es in Summe schneller ging, weil man über vier Jahre hinweg an vielen Stellen parallel gebaut hat. In diesen vier Jahren hatte man logischerweise an jeder Baustelle einen Stau. Daran ändert sich ja nichts.

(Jörg Bode [FDP]: Wegen einer Bau- stelle ist doch nicht automatisch Stau!)

- Doch!

(Zurufe von der CDU und von der FDP - Unruhe)

Wir sind uns, glaube ich, einig darüber - - -

Herr Minister, einen Moment! Da wir alle Erfahrungen mit der A 1 haben, kann natürlich jeder seine persönliche Erklärung hier dazu abgeben. Aber das würde natürlich die Fragestunde sprengen. - Das Wort hat der Minister. Bitte!

(Zuruf von Jens Nacke [CDU] - Weite- re Zurufe - Unruhe)

- Einen Moment, bitte! - Jetzt kehrt wieder Ruhe ein. Wir sind bei der A 1. - Bitte!

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, zunächst einmal: In Baustellen kommt es je nach Baustelle entweder zur Spurverengung oder zur Spurreduzierung. Da ergibt sich bei gleichbleibendem Verkehr immer eine Staugefahr oder ein Stau. Anders geht es ja gar nicht; das ist leider so. Nach der Baustelle haben wir wieder freie Fahrt. Das ist etwas, woran Wissenschaftler seit Jahrzehnten arbeiten und was schwierig ist.

Ich möchte sagen - darauf wollte ich noch eingehen -: Das, was funktioniert hat, ist, auch in größeren Rahmen zu arbeiten. Ich habe das vorhin gesagt. Das würde beim Staat genauso gehen. Deswegen gibt es bei der A 1 ein Modell, wie wir es jetzt von Lohne bis Bramsche haben. Dort haben wir sogenannte Funktionsbauverträge, die das Ganze verbinden. Es gibt eine staatliche Finanzierung, also kein ÖPP. Trotzdem gibt es einen Auftragnehmer, der, anders als in der Vergangenheit, nicht nur die einzelne Ausschreibung abarbeitet, sondern der auch Planungsleistungen mit übernimmt, die Vorbereitung mit übernimmt und am Ende auch die Prozesse koordiniert - zum Teil schreiben wir Dinge einzeln aus -; dann liegt die zeitliche Koordinierung nicht bei uns, sondern beim Auftragnehmer. Das heißt, das Ganze geht sehr wohl.

Die Botschaft ist doch, dass man die positiven Erfahrungen, die man vermeintlich gemacht hat, in staatliche Modelle überträgt. Man muss immer vorsichtig sein: ÖPP heißt nicht, es geht schneller oder effizienter. ÖPP heißt - dies sehen wir heute - Risiko. Wir geben Teilabschnitte, wie bei der A 7, aus der staatlichen Verantwortung, was überhaupt keinen Sinn macht. Staatliche Verantwortung heißt eben nicht, es geht langsamer und uneffizienter, sondern wir sind sehr wohl in der Lage, mit klugen

Maßnahmen dafür zu sorgen, dass wir es genauso schnell hinbekommen. Insofern haben wir eine Erfahrung aus den Projekten gemacht. Aber das Ergebnis kann am Ende nicht heißen: Nur ÖPP ist die schnelle Lösung. - Vielmehr sorgt eine vernünftige Organisation dafür, dass wir bei den Baumaßnahmen zu zügigen Lösungen kommen.

Vielen Dank, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage kommt vom Kollegen Heere. Bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister Lies, vor dem Hintergrund, dass wir es bei der A 1 nicht mit einem singulären Phänomen zu tun haben, sondern es z. B. auch bei der A 5 Berichte über ein Schlichtungsverfahren mit dem ÖPP-Betreiber gab und neuerlich öffentlich wurde, dass es jetzt auch bei der A 8 in ähnlicher Art und Weise ein Klageverfahren geben kann oder soll, frage ich Sie: Haben wir es hier wirklich nur mit singulären Auswirkungen, z. B. einbrechenden Mauteinnahmen, zu tun, oder haben wir hier nicht ein grundsätzlicheres strukturelles Problem mit solchen ÖPP-Verfahren, die möglicherweise in letzter Konsequenz in Klageverfahren am Ende darauf hinauslaufen, dass sich der Staat sogar erpressbar macht?

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Gerd Ludwig Will [SPD])

Danke. - Herr Minister, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Heere, das zeigt sich eindeutig bei den A-Modellen - das ist ja A 1 mobil -, bei den spekulativen Modellen, die alle darauf gesetzt haben, auch einen Markteintritt zu haben. Es ging vielen darum - das war der Glaube der Zeit -, mit den ersten Projekten die Grundlage dafür zu schaffen, größere Teile der Infrastruktur unseres Staates zu übernehmen, was überhaupt nicht unser Ziel sein kann. Das muss Daseinsvorsorge sein, die in öffentlicher Hand bleibt. Da darf es überhaupt kein Wenn und Aber geben.

Bei den Klagen zeigt sich heute, dass es möglicherweise Annahmen gab, die sich nicht bestätigen. Dies führt heute zu Klagen und Nachforderungen.

Man muss auch sagen - das ist eine konsequente Entscheidung -: Das A-Modell hat überhaupt keine Perspektive, weil es ein sehr spekulatives Modell ist, das das große Risiko mit sich bringt, dass wir uns über Jahre hinweg mit Rechtsstreitigkeiten auseinandersetzen, die auch Millionen kosten. Das ist keine Lösung.

Für mich ist auch das Verfügbarkeitsmodell keine Lösung, die wir brauchen. Der Funktionsbauvertrag und eine Kombination aus praktischer Erfahrung hinsichtlich der Baustellen und öffentlicher Finanzierung - ich glaube, das würde eine ganze Menge an Beschleunigung bringen und vor allen Dingen die Klageverfahren sowie die Unsicherheit auch für die Unternehmen deutlich reduzieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Die nächste und für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dann fünfte und letzte Zusatzfrage stellt Herr Kollege von Holtz.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister, Sie sprachen den Mittelstand an. In welcher Weise schaden denn ÖPP-Projekte der heimischen mittelständischen Wirtschaft?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke. - Herr Minister!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr von Holtz, das ist in der Diskussion um das Projekt A 7 sehr deutlich geworden, bei dem sich die mittelständische Bauwirtschaft geschlossen gemeldet und gesagt hat, sie lehnt ÖPP ab.