In vielen Bereichen, meine Damen und Herren, kann die Realisierung dieses für unser Land zwingend notwendigen politischen Kurses aber nur dann zügig und vollständig gelingen, wenn auf Bundesebene politische Blockaden beseitigt werden.
Dies gilt beispielhaft für die Gestaltung der Energiewende, die aktuell am Kompetenzgerangel und an der Unentschlossenheit der noch amtierenden Bundesregierung zu scheitern droht. Gerade Niedersachsen hat ein großes, ein sehr großes Interesse daran, dass die Energiewende endlich ein wirksames Management erhält.
Dasselbe gilt auch bei der Gestaltung einer sozialen Arbeitsmarktpolitik. Viele Menschen in Niedersachsen befinden sich in prekären Arbeitsverhältnissen. Das muss ein Ende haben, meine Damen und Herren.
In anderen Politikfeldern fehlen dem Land unter den Bedingungen der Schuldenbremse die nötigen finanziellen Mittel, um sinnvolle Reformen in aller Konsequenz zügig umzusetzen. Das gilt vor allem für das Gelingen einer guten Bildungspolitik, für die eine große, gemeinsame finanzielle Kraftanstrengung des Bundes, aller Länder und der Kommunen notwendig ist. Die Aufhebung des Kooperationsverbots im Grundgesetz ist dafür nur ein Beispiel.
Seitdem SPD und Grüne in Niedersachsen die Regierungsverantwortung tragen, haben wir deshalb über den Bundesrat versucht, den Bund anzutreiben, uns bei der Gestaltung der Zukunft unseres Landes effektiv zu unterstützen. Wir haben bislang 31 Bundesratsinitiativen selbst initiiert oder mit eingebracht. Wir haben u. a. die Festsetzung eines gesetzlichen Mindestlohns vorgeschlagen, um allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein auskömmliches Einkommen zu garantieren.
Wir haben die Abschaffung des Betreuungsgeldes vorgeschlagen, um die damit gebundenen Finanzströme auf sinnvolle bildungspolitische Maßnahmen umzuleiten.
Wir haben Vorschläge gemacht, das Vergütungsrecht für Krankenhäuser weiterzuentwickeln - ein insbesondere für Krankenhäuser in Niedersachsen wirklich drängendes Problem.
Und wir haben Maßnahmen vorgeschlagen, um das unsägliche Phänomen von scheinselbstständigen Werkunternehmern energisch zu bekämpfen.
Allerdings ist zu konstatieren, dass diese Vorschläge allesamt von der bisherigen Bundesregierung ignoriert worden sind.
Die erste Frage lautete: Welche gesetzlichen Blockaden müssen abgebaut und welche Reformschritte müssen unmittelbar eingeleitet werden, um die stecken gebliebene Energiewende zum Erfolg zu führen?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, nach der Bundestagswahl ist es vordringliche Aufgabe der neu zu bildenden Bundesregierung, schnellstmöglich die überfälligen Reformen im Energiesektor auf den Weg zu bringen. Nachdem die alte Bundesregierung z. B. mit ihren Vorschlägen zur sogenannten Strompreisbremse und der Idee, auch in die Vergütung von Bestandsanlagen einzugreifen, eine massive Verunsicherung bei Investoren herbeigeführt hat, brauchen wir jetzt schnell eine grundlegende Reform des EEG, des Zertifikatehandels und des bestehenden Strommarktdesigns.
Die Reform muss gewährleisten, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien konsequent weitergeführt wird und dass Grundprinzipien wie Einspeisevorrang und die Zahlung von technologiespezifischen degressionsabhängigen Vergütungen erhalten bleiben. Strom muss bezahlbar bleiben,
um die Belastung gerade kleiner Einkommen in einem vertretbaren Rahmen zu halten und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft zu sichern.
Deswegen bedarf es einer Anpassung bei der Ausnahmeregelung zur EEG-Umlage. Derzeit verbrauchen einige hundert Firmen etwa 20 % des Stroms, zahlen aber nur 0,3 % der EEG-Umlage. Die sogenannte besondere Ausgleichsregelung muss auf Unternehmen beschränkt bleiben, die ansonsten deutliche Wettbewerbsnachteile erleiden, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Die zweite Frage lautete: Welche Maßnahmen und welche finanziellen Anstrengungen sind von Bund und Ländern in der Bildungspolitik erforderlich, um in ganz Deutschland ein auf Chancengleichheit und gute Bildung für alle Kinder und Jugendlichen ausgerichtetes Bildungssystem - von den Kitas über die Schulen bis zur Hochschule - zu gestalten?
Meine Damen und Herren, auf die zentrale Bedeutung des Bildungssektors habe ich bereits verwiesen. Ziel muss es sein, zu einem durchgehend von hoher Qualität gekennzeichneten Bildungssystem bei gleichzeitig denkbar niedrigen Zugangsschwellen zu gelangen. Dazu brauchen die Länder finanzielle Spielräume. Wir müssen die frühkindliche Förderung quantitativ und qualitativ ausbauen. Wir brauchen flächendeckend Ganztagsschulen, und wir müssen ein inklusives Bildungssystem umsetzen.
Ohne die Unterstützung des Bundes werden die Länder - da rede ich beileibe nicht nur über Niedersachsen - diese großen Aufgaben nicht schnell genug und nicht konsequent genug bewältigen können.
Niedersachsen hat gute Rahmenbedingungen für Forschung und Lehre insbesondere auch durch die Abschaffung der Studiengebühren geschaffen. Wichtig ist, dass die drei großen Wissenschaftspakte - Hochschulpakt 2020, Exzellenzinitiative, Pakt für Forschung und Innovation - auch in Zukunft finanziert werden können. Bund und Länder investieren 2011 bis 2020 insgesamt 29 Milliarden Euro in diese drei Wissenschaftspakte. In Zukunft müssen im föderalen Zusammenspiel kluge und pragmatische Lösungen zur Umsetzung gefunden werden.
Die Forschungseinrichtungen insbesondere auch in Niedersachsen haben in den vergangenen Jahren außerordentlich vom Pakt für Forschung und Innovation profitiert und ihre nationale und internationale Wettbewerbsfähigkeit erheblich gesteigert. Aus diesem Grund streben wir eine Weiterführung nach 2015 an. Das ist nur möglich, wenn der Bund die dafür notwendigen Rahmenbedingungen schafft. Dabei wird es entscheidend sein, die drei genannten Pakte im Rahmen eines Zukunftspakts
Nun zur dritten Frage: Welche Erwartungen hat die Landesregierung an die arbeitsmarkt- und sozialpolitische Ausrichtung der Politik der künftigen Bundesregierung, um das rot-grüne Ziel der sozialen Gerechtigkeit voranzutreiben, so wie es in der Koalitionsvereinbarung formuliert wurde?
Auf dem Arbeitsmarkt, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist es in den vergangenen Jahren zu deutlichen Fehlentwicklungen gekommen. Zwar hat die Beschäftigung quantitativ zugenommen, aber immer mehr Menschen finden sich in prekären Arbeitsverhältnissen und können von ihrem Lohn alleine nicht leben. Mit dieser Entwicklung muss endlich Schluss sein. Die Landesregierung erwartet, dass sich die neue Bundesregierung für auskömmliche und faire Löhne und insbesondere für einen gesetzlichen Mindestlohn einsetzt,
dass sie sich für die gleichberechtigte Teilnahme von Frauen und Männern am Arbeitsleben einschließlich der Entgeltgleichheit und für angemessene und faire Arbeitsbedingungen engagiert. Das sind die Erwartungen an die Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung, meine Damen und Herren.
Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht auf soziale Teilhabe. Wir erwarten, dass der Bund sein sozialpolitisches Engagement erheblich steigert. Mit den derzeit geltenden Regelsätzen kann das menschenwürdige Existenzminimum oft nicht mehr sichergestellt werden. Das Verfahren zur Ermittlung des Bedarfs für ein menschenwürdiges Leben muss grundlegend überarbeitet werden.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss noch auf einen Punkt eingehen, der gerade aufgrund der Entwicklung der Bevölkerung von großem Interesse ist. Auch bei der Pflegeversicherung stehen wir vor großen Herausforderungen. Damit eine qualitativ hochwertige Pflege in Deutschland auch in Zukunft generationsgerecht sichergestellt werden kann, ist eine zügige und umfassende Reform zwingend erforderlich.
Das gilt sowohl hinsichtlich der Leistungsangebote als auch mit Blick auf deren Finanzierung. Die Landesregierung wird sich für eine solidarisch finanzierte Pflegereform einsetzen.