Die Konzentration von Kohlendioxid, Methan und Lachgas haben Werte erreicht, die seit mindestens den letzten 800 000 Jahren nicht vorgekommen sind. Die CO2-Konzentrationen sind seit der vorindustriellen Zeit um 40 % angestiegen, primär durch die Emissionen aus fossilen Brennstoffen sowie durch Emissionszunahmen aufgrund von Landnutzungsänderungen. Der Ozean hat ungefähr 30 % des emittierten anthropogenen Kohlendioxids aufgenommen und dadurch eine Versauerung erfahren.
Auf Basis dieser und einer Vielzahl weiterer festzustellender Veränderungen des Klimasystems zeigt der erste Teilbericht mit Hilfe von insgesamt vier Szenarien mögliche zukünftige Entwicklungen auf. Diese Szenarien gehen von sogenannten repräsentativen Konzentrationspfaden aus und berücksichtigen neben einer Reihe von anderen Faktoren erstmals auch die Effekte etwaiger Klimaschutzmaßnahmen. Dabei zeigt das günstigste sogenannte RCP-2.6-Szenario, dass der mittlere Temperaturanstieg bis Ende des Jahrhunderts unter 2 °C bleiben kann, wenn eine sehr ambitionierte Klimapolitik umgesetzt wird.
Bei dem ungünstigsten, unter der Annahme fast ungebremster Emissionen ermittelten sogenannten RCP-8.5-Szenario hingegen ist ein Temperaturanstieg von 5,4 °C gegen Ende dieses Jahrhunderts möglich.
Die Gletscher könnten je nach Szenario bis zum Ende des 21. Jahrhunderts bis zu 55 % oder sogar bis zu 85 % ihres derzeitigen Volumens verlieren. Zudem ist davon auszugehen, dass in jedem Fall das arktische Meereis weiter zurückgeht, wobei nach dem Hochemissionsszenario die Arktis schon
Beim Meeresspiegel ist selbst im günstigsten Szenario ein Anstieg bis zu 54 cm möglich. Ohne nennenswerte Emissionsvermeidungen hingegen wird der Meeresspiegel bis 2100 um bis zu 98 cm ansteigen können. Für den Meeresspiegelanstieg liegen die Projektionen deshalb insgesamt höher als noch im Vierten Sachstandsbericht, weil der Beitrag der polaren Eisschilde besser einbezogen werden konnte.
Die im ersten Teilbericht eingeführten Szenarien werden aus Gründen der Methodenkonsistenz jeweils auch im zweiten und dritten Teilbericht verwendet. Der die Aspekte Folgen des Klimawandels, Verwundbarkeit und Anpassung behandelnde zweiten Teilbericht wird im März 2014 in Yokohama, der den Klimaschutz bearbeitende Teilbericht im April 2014 in Berlin vorgelegt. Im Oktober 2014 schließlich wird mit einem sogenannten Synthesebericht der Fünfte Sachstandsbericht des IPCC komplettiert.
Zu Frage 1: Aus Sicht der Landesregierung sind für die Bewertung des ersten Teilberichts des Fünften Sachstandsberichtes des Intergovernmental Panel on Climate Change drei Punkte von zentraler Bedeutung:
Zum Ersten bestätigt und erweitert der Teilbericht nachdrücklich die bisherigen Erkenntnisse über die Wirkung der Treibhausgase in der Atmosphäre aus früheren Berichten. Er zeigt erneut eindringlich, wie sehr unsere industrielle Lebensweise das Klima verändert. Der zivilisationsbedingte Klimawandel ist eine Tatsache, für die der IPCC-Bericht eindeutige Belege liefert.
Zum Zweiten zeigt der Bericht, dass trotz der bereits zu beobachtenden Veränderungen im Klimasystem sogar das 2-Grad-Ziel noch zu erreichen ist. Gelingen kann das allerdings nur, wenn die vorhandenen Lösungen für Klimaschutz und nachhaltige Transformation global zügig umgesetzt werden.
Und zum Dritten macht der Bericht deutlich, dass der Klimawandel tatsächlich noch drastischer ausfallen kann, als bisher angenommen wurde. Das wird der Fall sein, wenn sich an den derzeitigen weltweiten Emissionsverläufen nichts Entscheidendes ändern sollte.
Zu Frage 2: Meine Damen und Herren, die vom IPCC vorgelegten Szenarien sind Beschreibungen möglicher Zukunftszustände. Welches Szenario eintritt, hängt daher von unserem eigenen Handeln ab. Dagegen liegen die Ursachen der bereits heute festzustellenden Klimaänderungen in der Vergangenheit. Und aufgrund der Komplexität und der Trägheit des Klimasystems ist damit zu rechnen, dass sich der Klimawandel infolge der schon freigesetzten Treibhausgase auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weiter verstärkt. Das bedeutet: Wir müssen uns in jedem Fall auf die Auswirkungen des Klimawandels auch hier in Niedersachsen einstellen.
Nach gegenwärtigem Stand werden dabei für Norddeutschland in den kommenden Jahrzehnten feuchtere Winter, heißere und trockenere Sommer sowie häufigere Extremwetterereignisse infolge des Klimawandels erwartet. Mit dem nun vorliegenden ersten Teil des fünften Berichts des Weltklimarates stellen sich auch neue Fragen nach den Auswirkungen für unsere Küste und die Maßnahmen zum Küstenschutz. Im Bericht ist nachzulesen, dass die Experten in ihren Emissionsszenarien von einem Anstieg des Meeresspiegels zwischen 26 und 98 cm bis zum Ende dieses Jahrhunderts ausgehen; ich hatte es in der Vorbemerkung erwähnt.
Damit bewegt sich die Anstiegsrate in einem Korridor, den das Land Niedersachsen grundsätzlich bereits antizipiert hat. Bereits nach Vorlage des vierten Weltklimaberichts im Jahre 2007 hat die Landesregierung auf Grundlage eines Expertenworkshops entschieden, die Deiche vorsorglich 50 cm höher zu verstärken als heute eigentlich notwendig.
Massivbauwerke wie Sperrwerke, Siele und Schutzmauern werden heute schon so gegründet, dass sie nachträglich kostengünstig nachgerüstet werden können.
Wir müssen uns aber klarmachen, dass wir es mit potenziellen Meeresspiegelanstiegen zu tun haben, die sehr lange anhalten können. Nach Vorlage des gesamten Berichtes werden wir prüfen, ob die Vorgaben des Generalplans Küstenschutz angepasst werden müssen.
Noch kann ein beschleunigter Anstieg des Meeresspiegels zumindest an unserer Nordseeküste mit den verfügbaren Daten nicht nachgewiesen werden. Bekanntlich sind gegen Ende des 18. Jahrhunderts im deutschen Küstengebiet erste Pegel errichtet und betrieben worden, um die Wasserstandsentwicklung zu dokumentieren. Dazu gehört auch der Pegel Norderney. Die Auswertung langer Pegelaufzeichnungen ergibt einen säkularen Anstieg des mittleren Tidehochwassers von bislang ca. 25 cm in 100 Jahren.
Neben dem Küstenschutz haben auch andere Bereiche der Wasserwirtschaft den Klimawandel zu berücksichtigen. Noch vor der Veröffentlichung des ersten Teils des fünften Berichts hat eine Sonder-Umweltministerkonferenz, die am 2. September 2013 vor dem Hintergrund der jüngeren Hochwasserereignisse einberufen wurde, beginnende Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserwirtschaft gesehen. Anpassungsstrategien im Bereich der Wasserwirtschaft gewinnen damit an volkswirtschaftlicher Bedeutung. Zukünftige Hochwasserschutzkonzepte sollen die prognostizierten klimatischen Veränderungen berücksichtigen.
Wie viele andere Umwelt-, Wirtschafts-, und Gesellschaftssektoren wird auch die Wasserwirtschaft auf die Herausforderungen, die sich im Zusammenhang mit den Auswirkungen und Anpassungen an den Klimawandel ergeben, entsprechende Antworten geben müssen. Dies betrifft - neben dem bereits erwähnten Küstenschutz - Aspekte des Hochwasserschutzes, des Niedrigwassermanagements, des Grundwasserschutzes und auch der Siedlungswasserwirtschaft. Um hierbei zu effizienten und nachhaltigen Lösungen zu gelangen, ist es erforderlich, über belastbare Forschungsergebnisse als Grundlage für Entscheidungen zu verfügen.
Die bisherigen Projektionen zu möglichen Klimaänderungen mit Hilfe von Klimamodellen reichen jedoch für die Berücksichtigung in konkreten Planungen in der Regel noch nicht aus. Belastbarere Datengrundlagen sind durch die Untersuchung der regionalen und lokalen Folgen erst noch zu schaffen.
Allerdings liefern erste Untersuchungen schon wertvolle Hinweise. Bisherige Ergebnisse im Rahmen des Projekts Klimafolgenforschung in Niedersachsen KLIFF der Universität Hannover und des KLIWA-Projektes der Länder Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Bayern zeigen, dass signifi
kante Trends in den Niederschlagindizes der vergangenen Jahre eine Entwicklung zu feuchten Wintern und trockeneren Sommern erwarten lassen.
Im Rahmen eines weiteren von der Landesregierung initiierten Projektes zu Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserwirtschaft - speziell auf die Hochwasser- und Niedrigwasserverhältnisse - wird derzeit das Aller-Leine-Oker-Gebiet betrachtet. Dabei sind folgende Ergebnisse zu verzeichnen: Nach Auswertungen von Trenduntersuchungen in Niedersachsen ist die Abnahme der Sommerabflüsse wesentlich deutlicher als die Zunahme von Hochwasserabflüssen im Winter. Signifikante Trends müssen sich zwar nicht notwendigerweise in der Zukunft fortsetzen, sind aber ein deutlicher Indikator von Veränderungen.
Auch hier sind somit weitere Untersuchungen erforderlich. Insbesondere müssen auch die Erkenntnisse des aktuellen IPCC-Berichtes regionalisiert werden. Eine allgemeine Anpassung von Hochwasserbemessungswerten ist auf Basis der vorliegenden Untersuchungen für das niedersächsische Binnenland derzeit allerdings nicht begründet. Um zu noch verlässlicheren landesweiten Aussagen zu kommen, soll das Projekt ab 2015 auch auf andere Regionen Niedersachsens ausgedehnt werden.
Bei der Landwirtschaft schließlich ist der Handlungsbedarf der öffentlichen Hand zumindest in den kommenden zwei bis drei Jahrzehnten vergleichsweise gering; denn die Landwirtschaft ist grundsätzlich sehr anpassungsfähig. Die landwirtschaftlichen Betriebe können relativ schnell und aus eigener Kraft auf Klimaänderungen reagieren. In vielen Bereichen können sie es sogar von einem Jahr zum anderen; in anderen Bereichen benötigen sie deutlich mehr Zeit. Das gilt aber nicht für andere Regionen der Welt, in denen Veränderungen teilweise deutlicher spürbar sind, die die Landwirtschaft dort vor enorme Herausforderungen und Probleme stellen.
Der Rückgang an Niederschlägen während der Vegetationszeit und die erhöhte Wahrscheinlichkeit von Dürre insbesondere in solchen Regionen Niedersachsens, in denen die Landwirtschaft heute schon auf die Feldberegnung angewiesen ist, stellen eine größere Herausforderung für die Landwirtschaft dar, die sie nicht ohne Unterstützung der öffentlichen Hand meistern kann. Der
Nordosten Niedersachsens ist hier besonders betroffen. Den Anforderungen kann auf verschiedene Weise begegnet werden. Die Datenlage zur Grundwassernutzung ist flächendeckend zu verbessern. Die Landesregierung unterstützt daher Forschungsaktivitäten zur Verbesserung der Datenlage zur Grundwasserneubildung und zum Beregnungsbedarf. Seitens der Landwirtschaft kann z. B. durch Optimierung der Beregnungssteuerung, Fruchtartenwahl oder Maßnahmen wie der Zwischenspeicherung von Hochwässern oder der Nutzung von gereinigten Abwässern auf den Klimawandel reagiert werden.
Ein zweiter besonderer Handlungsbedarf für die Landesregierung entsteht im Bereich der Landwirtschaft durch die Zunahme der Wahrscheinlichkeit von Starkregenereignissen. Auf landwirtschaftlichen Ackerflächen sind deshalb höhere Anforderungen hinsichtlich des Erosionsschutzes zu stellen. In Zukunft kommt deshalb den entsprechenden Qualifikations-, Beratungs- oder Fördermaßnahmen eine größere Bedeutung zu. Auch ordnungsrechtliche Regelungen zur Eindämmung der Wind- und Wassererosion sind vor diesem Hintergründ zu prüfen.
Zu Frage 3, der Frage von Herrn Bajus: Die aktuellen und im nächsten Jahr vorliegenden Erkenntnisse des IPCC-Berichts werden bei den Verhandlungen zum Abschluss eines neuen Weltklimavertrages im Jahr 2015 in Paris von essenzieller Bedeutung sein. In wenigen Wochen beginnt die 19. Vertragsstaatenkonferenz in Warschau, die auf diesem Weg ein entscheidender Zwischenschritt ist.
Die Landesregierung hält es für unerlässlich, dass sich die Bundesrepublik Deutschland in diesem Prozess verstärkt für einen wirkungsvollen Klimaschutz auf internationaler Ebene einsetzt und gemeinsam mit der EU als gutes Beispiel vorangeht.
Die zwingend notwendige Unterstützung der Industrienationen, aber auch der Schwellen- und Entwicklungsländer bei der Ausarbeitung des Weltklimavertrages kann nur eingeworben werden, wenn die EU und Deutschland beim Klimaschutz auch weiterhin eine Vorreiterrolle übernehmen.
Die Landesregierung sieht sich aufgrund der Erkenntnisse des IPCC-Berichts insofern in ihrer Haltung bestätigt, zielstrebig und wirksam Klimaschutz zu betreiben. Mit den Niedersachsen auszeichnenden Innovationspotenzialen und Transformationskräften können Technologien und Verfahren vorgezeichnet werden, die dann weltweit als
Klimaschutzlösungen zum Einsatz kommen. Diese Stärken unseres Landes für den globalen Klimaschutz noch besser zu stimulieren und zu mobilisieren, ist der Leitgedanke unserer Klimaschutzpolitik.
Im Einzelnen beruht die Klimaschutzpolitik der Niedersächsischen Landesregierung dabei auf den folgenden fünf Punkten: Neuausrichtung der Energiepolitik, Umsetzung der wesentlichen Maßnahmen der Regierungskommission Klimaschutz, Aufbau einer Klimaschutz- und Energieagentur, Klimaschutz durch Moorentwicklung sowie die Verabschiedung eines Klimaschutzgesetzes.
Die Regierungskommission Klimaschutz bestand aus 42 Vertreterinnen und Vertretern aller gesellschaftlichen Gruppen und hat im Februar 2012 einvernehmlich eine Empfehlung für eine niedersächsische Klimaschutzstrategie beschlossen und dem Land zur Verfügung gestellt. Insgesamt enthält die Strategie 74 konkrete Landesklimaschutzmaßnahmen für die sechs wichtigsten Emissionssektoren in Niedersachsen. Die neue Landesregierung hat entschieden, dass diese Maßnahmenvorschläge grundsätzlich umgesetzt werden sollen, und hierfür einen interministeriellen Arbeitkreis eingerichtet, der das weitere Vorgehen koordiniert und steuert.
Die Regierungskommission hat u. a. die Einrichtung einer Klimaschutzinstitution in Niedersachsen empfohlen. Die Intention dabei war, die Arbeit und Kooperation der bereits bestehenden regionalen Klimaschutz- und Energieagenturen, -initiativen und -institutionen zu unterstützen.
Anders als die Mehrzahl der anderen Bundesländer verfügt das Land Niedersachsen über keine Institution, die bereits existierende Netzwerke koordiniert, deren Erkenntnisse und Anregungen aufgreift und an die verantwortlichen Gremien weiterreicht. Bisher fehlt dieser Transmissionsriemen auf Landesebene.
Die Landesregierung hat daher diesen Vorschlag der Regierungskommission Klimaschutz aufgegriffen und wird im kommenden Jahr eine Klimaschutz- und Energieagentur einrichten.
der Umsetzung der Klimaschutz- und Energieeffizienzziele zur Verfügung stehen. Darüber hinaus soll sie Kompetenzen bündeln sowie strategische und innovative Programme entwickeln. Sie soll unabhängige Beratung auf den für den Klimaschutz und die Energiewende wichtigen Aufgabenfeldern leisten. Sie wird Kommunen und die in diesen Bereichen bereits tätigen Einrichtungen, die Wirtschafts- und Sozialpartner sowie gemeinnützige Organisationen vernetzen. Die Agentur soll damit einen wesentlichen Beitrag leisten, um die Energie- und Ressourceneffizienz, die erneuerbaren Energien, den Klimaschutz und die Klimafolgenanpassungsstrategie voranzutreiben.
Die Regierungskommission hat außerdem die besondere Bedeutung der Landnutzung für den Klimaschutz hervorgehoben. Im Zusammenhang mit einem wirksamen Klimaschutz in Niedersachsen werden daher künftig Fragen des Moorschutzes und der Moorentwicklung eine sehr viel größere Rolle spielen als bisher.
Hoch- und Niedermoore sind deutschlandweit die größten Quellen von Treibhausgasen außerhalb des Energiesektors. Die Klimaschutzwirkung liegt hier in der Bindung von CO2-Emissionen aus Böden mit hohen Kohlenstoffgehalten.
Eine von Niedersachsen und dem Bund in Auftrag gegebene Studie des Von-Thünen-Instituts hat gezeigt, dass die Nutzung von Hoch- und Niedermooren den größten Anteil der Treibhausgasemissionen der niedersächsischen Landwirtschaft einnimmt.