Protokoll der Sitzung vom 11.12.2013

Als Sprecher meiner Fraktion für Migration und Teilhabe freut es mich, dass es Rot-Grün ferner gelungen ist, im Landeshaushalt zusätzliche Mittel in Höhe von 1,3 Millionen Euro u. a. für die institutionelle Förderung der Migrantenselbstorganisationen bereitzustellen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Auf dem Gebiet der Flüchtlingspolitik will die rotgrüne Koalition nicht nur mehr Menschlichkeit üben, sondern auch die Arbeit des Flüchtlingsrates

Niedersachsen mit 90 000 Euro fördern und eine bedarfsgerechte Anpassung der Flüchtlingssozialarbeit in der Fläche vornehmen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zudem unterstützen wir den Aufbau eines Traumazentrums für Flüchtlinge, damit in Zukunft traumatisierte Flüchtlinge und Folteropfer in Niedersachsen angemessen versorgt werden können.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich fasse daher nochmals zusammen: Wir haben angepackt und es bei Weitem besser gemacht, als es bisher in Niedersachsen der Fall gewesen ist.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ministerin Cornelia Rundt umarmt den Redner)

Vielen Dank, Herr Pantazis. Sie haben es zeitlich noch hinbekommen.

(Heiterkeit)

Eigentlich aber ist Herr Schwarz schuld. - Vielen Dank, Herr Pantazis.

Wir sind damit jetzt am Ende dieses Bereiches. Die Ministerin hat sich nicht gemeldet. - Doch, jetzt gerade. Frau Ministerin Rundt, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin noch ganz fasziniert. So schnell werde ich das nicht hinkriegen.

(Heiterkeit)

Ich freue mich über die Gelegenheit, Ihnen ausgewählte Eckpunkte des Einzelplans 05 vorstellen zu können. Der Sozialetat wird mit mehr als 4,1 Milliarden Euro im Jahre 2014 wieder einer der ganz großen Einzeletats des Gesamthaushalts sein. Es ist unser erster Haushaltsentwurf und bildet damit unsere sozialpolitischen Schwerpunktsetzungen ab.

Die Landesregierung wird Niedersachsen solidarischer und gerechter machen. An dieser Stelle will ich mich zunächst einmal Frau Bruns anschließen. Ich möchte ihr ganz herzlich dafür Dank sagen,

dass sie das Ehrenamt hervorgehoben hat; denn das Ehrenamt im sozialen Bereich kommt - verglichen mit anderen Bereichen in Niedersachsen - am meisten vor. Ich glaube, dass den Frauen und Männern, die sich dort engagieren, ganz besonderer Dank zukommen muss.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das ist aber auch die einzige Stelle, wo ich Frau Bruns auf meiner Linie sehe; denn ansonsten muss ich sagen, dass man sehr gut erkennen kann, wie die Haltung - ich nehme an - des gesamten rechten Teils des Hauses zum Thema „Sozialpolitik“ ist.

Ich will es ganz deutlich sagen: Sozialpolitik ist kein Gnadenakt. In der Sozialpolitik geht es um Rechtsansprüche von Menschen, die unsere besondere Unterstützung brauchen. Nicht um Gutsherrenart geht es, sondern um die Umverteilungsfunktion des Staates. Es geht um Augenhöhe auch Menschen gegenüber, die Transferleistungen beziehen. Außerdem geht es um die Würde dieser Menschen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Unter Sozialpolitik verstehen wir den flächendeckenden Zugang aller Menschen in Niedersachsen zu den Leistungen der sozialen und gesundheitlichen Daseinsvorsorge sowie die Bekämpfung von Armut. Die Armutsgefahr in Niedersachsen ist von 2011 bis 2012 von 15,2 auf 15,4 % gestiegen. Fast jeder sechste Mensch in Niedersachsen ist von Armut bedroht. Jedes fünfte Kind ist davon betroffen. Bei den Alleinerziehenden sind es über 44 %. Das ist der denkbar schlechteste Start in das Leben für junge Frauen und ihre Kinder.

Die Landesregierung wird intensiv dazu beitragen, dass in naher Zukunft in Berlin die verschiedenen Schnittstellen der Sozialgesetzbücher - einschließlich des Bundesausbildungsförderungsgesetzes - systematisch aufgearbeitet werden, um Sicherungs- und Förderlücken zu schließen.

In diesem Vorspann möchte ich mich auf vier Schwerpunktbereiche der Sozialpolitik beschränken: Pflege, Gesundheit, Migration und Teilhabe sowie Wohnraumförderung.

Eine gute und sichere Pflege ist für die Landesregierung ein unverzichtbarer Teil der Daseinsvorsorge. Hier entscheidet sich, wie wir auch morgen gepflegt werden. Wir stärken die Altenpflegeaus

bildung in zwei Dimensionen. Zum einen stellen wir mit diesen Mitteln sicher, dass Altenpflegeschülerinnen und -schüler an nicht öffentlichen Altenpflegeschulen kein Schulgeld mehr zahlen müssen. Zum anderen lösen wir die Zusage ein, die im dritten Umschulungsjahr entstehenden Weiterbildungskosten zu übernehmen.

Den bisherigen Ansatz in Höhe von 6,5 Millionen Euro im Doppelhaushalt 2012/2013 mussten wir um rund 2,5 Millionen Euro auf 9 Millionen Euro erhöhen. Die Fördermaßnahmen wurden im laufenden Jahr von der Vorgängerregierung deutlich unterfinanziert. Hier haben wir erhebliche Lücken übernommen.

Wir möchten die Schulgeldfreiheit für Altenpflegeschülerinnen und -schüler auch gesetzlich absichern. Für Januar 2014 planen wir die erste Befassung des Kabinetts damit, um das niedersächsische Altenpflegegesetz zu ändern.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Pflegethematik erschöpft sich aber nicht in der Frage der Verbesserung der Ausbildungssituation. Bereits heute ist jeder vierte Niedersachse älter als 60. In weniger als einer Generation wird dieser Anteil auf über 40 % steigen. Auch die Zahl der Hochbetagten wird deutlich anwachsen. Es stellt sich also die Frage: Wie wollen und können Menschen, die ihr Erwerbsleben hinter sich gebracht haben, dann leben und wohnen? - Ich möchte darauf hinweisen, dass es genau um die Generation geht, die Deutschland nach dem Krieg wieder aufgebaut und einen Wohlstandsstaat geschaffen hat.

Die Mehrheit dieser Seniorinnen und Senioren möchte selbstbestimmt und selbstständig in ihrer vertrauten Umgebung leben. Das heißt, sie brauchen ein gestaltbares Wohn- und Unterstützungsangebot. Ältere Menschen brauchen deshalb eine gute Infrastruktur sowie eine Wohnung bzw. ein Wohnumfeld, das sie trotz eingeschränkter körperlicher Fähigkeiten selbstständig nutzen können.

Nachbarschaftliche und familiäre Kontakte bis ins hohe Alter können helfen, Vereinsamung zu vermeiden und Alltagsunterstützung zu leisten. Wir wissen aber, dass diese Unterstützungsmöglichkeiten mit dem demografischen Wandel innerhalb von zehn Jahren deutlich abnehmen werden und eine größere Professionalisierung erforderlich sein wird. Wir werden deshalb die von vielen Menschen gewünschten neuen Formen des Wohnens im

Alter unterstützen; aber wir müssen feststellen, dass das von der Vorgängerregierung verabschiedete Heimgesetz dem ausdrücklich entgegensteht. Wir werden mit einem Vierstufenmodell - mit unterschiedlich starker Wirkung der Vorschriften des Heimgesetzes und seiner Verordnungen - hier Abhilfe schaffen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Dabei werden insbesondere auch die Menschen mit demenziellen Erkrankungen besondere Berücksichtigung finden. Im Frühsommer des kommenden Jahres sollte sich das Kabinett mit dem neuen Heimgesetz befassen können.

Zur Förderung des selbstständigen Wohnens werden wir einerseits zusätzlich 500 000 Euro für nicht investive Konzepte und andererseits 500 000 Euro für investive Maßnahmen bereitstellen, um hier musterhaft Projekte auf den Weg zu bringen.

Wir brauchen in Niedersachsen eine leistungsfähige, eine sichere und eine flächendeckende medizinische Versorgung. Das sind die Leitlinien unserer Gesundheitspolitik. Beginnend im Haushaltsjahr 2014, werden wir das Projekt „Gesundheitsregionen Niedersachsen“ angehen. Hierfür sind im Haushaltsplan 2014 600 000 Euro vorgesehen. Auch die AOK Niedersachsen, die Kassenärztliche Vereinigung und einzelne Ersatzkassen haben ihre Bereitschaft erklärt, sich finanziell erheblich zu beteiligen. Wir wollen also eine Anschubfinanzierung in den Aufbau kommunaler Strukturen fließen lassen. Dort werden wir Projekte fördern, die wir als Best-Practice-Projekte weiterreichen können.

Vielen Dank wieder an Herrn Böhlke, dass ich es noch einmal sagen darf: Wir haben bei den Landärzten nicht um 1 Million Euro gekürzt. Sie haben auf null gesetzt. Wir stellen 400 000 Euro bereit. Weiterhin haben wir diejenigen, die eine Rechtsverpflichtung haben - nämlich die Kassenärztliche Vereinigung und die Kassen - im Boot, sodass wir diesen Betrag wieder erreichen können.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Einen besonders schwierigen Einstieg haben wir im Bereich der Krankenhäuser. Denn wir haben einen Investitionsstau von 1,3 Milliarden Euro übernommen. Die Landesregierung hat 360 Millionen Euro für Investitionen in die Krankenhäuser in den Jahren 2014 bis 2016 eingeplant. Zudem werden wir zusätzliche 4 Millionen Euro Landesmittel für Investitionen an Krankenhäusern bereitstellen.

Ich will kurz auch noch darauf hinweisen, dass die vorherige Landesregierung zwar im Haushalt Mittel für Investitionen in Krankenhäuser zur Verfügung gestellt, diese Mittel aber z. B. im Jahr 2010 im laufenden Haushalt eben mal um 80 Millionen Euro gekürzt hat, sodass deutliche Lücken entstanden sind.

Zusätzlich werden wir für die Förderung der Wiederbeschaffung kurzfristiger Anlagegüter und die Förderung kleiner baulicher Maßnahmen einen Betrag von 111,8 Millionen Euro zur Verfügung stellen.

Es gäbe noch vieles zu sagen: zu den 8 Millionen Euro für den Bereich der Suchthilfe, der Herrn Böhlke so am Herzen liegt, zur Fachkommission Inklusion, zu den Vorgabewerten in der Behindertenhilfe, zum Landesblindengeld. Ich will aber zu einem weiteren Schwerpunkt unserer Arbeit kommen, nämlich zum Thema „Migration und Teilhabe“.

Niedersachsen ist ein weltoffenes Land. Es lebt von seiner Vielfalt und dem Engagement aller Menschen und aller Ideen ganz unterschiedlicher Herkunft. Menschen, die nicht hier geboren sind, sind in Niedersachsen willkommen.

Wir fördern Menschen mit sogenanntem Migrationshintergrund, weil wir ihnen auf Augenhöhe begegnen und sie Teil unserer Gesellschaft sind. Die so angelegte verbesserte Partizipation erfordert als Querschnittsaufgabe tragfähige Netzwerke und stabile Strukturen auf verschiedenen Ebenen. Dies werden wir u. a. mit 2 Millionen Euro aus dem Bereich „Integration von Zugewanderten“ nach der entsprechenden Richtlinie fördern.

Ich komme zum letzten Punkt. Die Niedersächsische Landesregierung unterstützt Städte und Gemeinden bei der Aufstellung von Stadtentwicklungsstrategien und Wohnraumversorgungskonzepten. Wir werden das Städtebauförderungsprogramm 2014 mit 31,361 Millionen Euro ausstatten. Damit können wir alle vom Bund avisierten Finanzhilfen in voller Höhe gegenfinanzieren.

Wir werden die Wohnraumförderung 2014 wie in den Vorjahren auf den Betrag von fast 40 Millionen Euro festlegen. Diese Mittel stehen aus den Kompensationsleistungen des Bundes zur Verfügung und werden in Niedersachsen - anders als in manch anderem Bundesland - ganz ausdrücklich wieder für den Wohnungsbau eingesetzt. Es geht darum, Haushalten mit kleinem oder mittlerem Einkommen ausreichenden Wohnraum zur Verfü

gung zu stellen. Es geht um selbstbestimmtes Wohnen im Alter, um Eigentumsförderung für kinderreiche Familien und Menschen mit Behinderungen - dies werden wir auf den Bestand konzentrieren - und um Niedrigenergiebauweisen. Zusätzlich werden wir auch EFRE-Mittel für den Wohnungsbau nutzen.

Sie sehen also: Wir bewegen eine Menge in Niedersachsen. Es gilt auch aufgrund der vorher vernachlässigten Sozial- und Wohnungsbaupolitik, eine Menge zu bewegen. Wir packen das an.