Protokoll der Sitzung vom 13.03.2013

nem ausdrücklichen Prüfvorbehalt stehen, reichen als Bauvorhaben aus - zügiges Arbeiten in den kommenden 200 Jahren und einen Haushalt, der milliardenschwere Aufträge nur für Niedersachsen finanzieren kann, vorausgesetzt.

Unabhängig davon, dass noch 15 weitere Bundesländer ihre Ansprüche anmelden werden, sind Ihre 241 Projekte ein Beispiel maßloser Haushaltspolitik und entsprechen in keiner Weise nachhaltigen Ansprüchen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zustim- mung von Gerd Ludwig Will [SPD])

Sie verplanen nicht nur das Geld für acht bis zehn Generationen, sondern Sie manifestieren Strukturen für Jahrhunderte.

Wir werden genau prüfen, bevor wir eine Liste zusammenstellen, die wir fristgerecht bis September an den Bund melden werden. Diese Projekte müssen sich an den Kriterien unserer Verkehrspolitik messen lassen: Finanzierbarkeit, Sinnhaftigkeit und Nachhaltigkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nach der Meldung wird der Bund die Projekte wiederum überprüfen und filtern. Dort wird entschieden, welche Prioritäten der Bundesverkehrswegeplan setzt. Fakt ist, dass wir allein für den Erhalt unserer Straßen schon mehr Geld ausgeben müssten, als wir haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die sogenannte Daehre-Kommission hat Ende 2012 einen Bericht vorgelegt, wonach das deutsche Verkehrssystem dramatisch unterfinanziert ist. Bund, Länder und Kommunen würden in den kommenden Jahren zusätzlich jährlich mindestens 7,2 Milliarden Euro benötigen, um den Bestand an Straßen, Schienen und Wasserwegen ausreichend zu sanieren bzw. zu erhalten. Laut Bericht sollen sich 20 % der Autobahnen und 40 % der Bundesstraßen sowie fast die Hälfte der Brücken an Bundesfernstraßen in einem bedenklichen Zustand befinden. Für Niedersachsen schätzt die Landesbehörde, dass wir allein für den Erhalt unserer Bundesfernstraßen jährlich 200 Millionen Euro ausgeben müssten. Hinzu kommen 50 Millionen Euro jährlich für Ingenieursbauwerke wie Brücken und dergleichen. Für die Fertigstellung laufender Projekte sind weitere 550 Millionen Euro nötig.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass Rot und Grün hinsichtlich der A 20 und der A 39 unterschiedlicher Meinung sind. Das darf auch so sein. SPD

und Grüne sind aufgefordert, mit diesem Dissens offen umzugehen. Wir sind aufgefordert, konstruktive Lösungen und vernünftige Entscheidungen zu treffen - im Diskurs mit den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Zuruf: Wir haben eine Menge dazugelernt!)

Fazit: Wir haben schlicht kein Geld für eine Verkehrspolitik, die auf Neubau setzt. Wir müssen mit den wenigen Mitteln gut haushalten, um das Beste für die Menschen und für die ökonomischen Kräfte in diesem Land zu erreichen. Im Brüderle-RöslerJargon vom letzten Wochenende heißt das: Wir schleichen nicht - schon gar nicht in Birkenstocksandalen; denn Familie Birkenstock verhindert bis heute einen Betriebsrat -,

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und Beifall bei der SPD)

sondern wir sind die Fuzzis und die Typen, die energisch die komplexen Herausforderungen annehmen und progressive Politik für alle Menschen in diesem Land machen.

Danke schön.

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜ- NEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Menge. Auch Ihnen herzlichen Glückwunsch für Ihre erste Rede im Parlament. - Das Wort hat für die Landesregierung der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Herr Lies. Bitte schön, Herr Lies!

(Ulf Thiele [CDU]: Der erklärt jetzt den Dissens und wie er damit klarkommt! - Unruhe - Ronald Schminke [SPD]: Ihr solltet jetzt mal ein bisschen zuhören! Jetzt spricht der Chef! - Lachen bei der CDU und bei der FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich erinnere mich sehr angenehm an die Rede des Kollegen Winkelmann von heute, der erkannt hat, dass gute Politik dieser Landesregierung durchaus auch einmal Lob verdient.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Insofern hätte ich mir gewünscht, dass Sie vielleicht auch einmal ein bisschen sachlicher mit der Arbeit insbesondere im Bereich von Wirtschaft und Arbeit sowie Verkehr umgehen würden und nicht in der Form, in der wir es hier leider erleben mussten. Herr Bley, als Sie sagten, wir hätten die Landesstraßen zu erhalten, habe ich wirklich gedacht, ich falle vom Stuhl. Das, was wir mit Ihnen erlebt haben, ist doch genau das Gegenteil: Sie haben die Landesstraßen verkommen lassen! Das ist leider Fakt.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die neue Landesregierung sieht es als ihre Aufgabe an, für eine erfolgreiche Wirtschaft und gute Arbeitsplätze nicht nur Innovation zu fördern und für faire Löhne und Arbeitsbedingungen einzutreten, sondern vor allem auch für eine gute Infrastruktur zu sorgen.

Frau König, ich will die Worte am Ende Ihrer Rede aufgreifen. Ja, Niedersachsen ist ein cooles Land. - Sie haben es gesagt. - Und glauben Sie mir: Ein cooles Land ist Niedersachsen vor allen Dingen durch eine rot-grüne Landesregierung. Durch sie wird es dazu erst recht werden.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir stehen angesichts der Verkehrsprognosen vor gewaltigen Herausforderungen. Die neue Landesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, den zusätzlichen Güterverkehr möglichst per Schiene und Binnenwasserstraße zu bewältigen. Das ist unbestreitbar wichtig und notwendig - wir haben das hier oft gemeinsam beschlossen -, wenn wir einen Verkehrskollaps auf unseren Fernstraßen vermeiden wollen; denn der Zubau an Straßen kann schon aus finanziellen Gründen nicht mit dem prognostizierten Zuwachs des Güterverkehrs mithalten.

(Gabriela König [FDP]: Die Schiene aber schon gar nicht!)

Der Mittelbedarf für die im Bau befindlichen Bundesfernstraßen und die Restfinanzierungsraten für künftige Jahre beläuft sich zurzeit auf rund 550 Millionen Euro. Hinzu kommen baureife Projekte mit ermittelten Kosten in Höhe von 180 Millionen Euro. Meine Damen und Herren, wir schieben somit über 750 Millionen Euro vor uns her, die noch abgearbeitet werden müssen. Und wir sind noch gar nicht an der Stelle angelangt, an der wir über neue Projekte reden.

Das Problem ist nicht die Planung der Maßnahmen, sondern die Bereitstellung der Haushaltsmittel durch den Bund. Insofern verstehe ich die Debatte, die Sie führen, oft nicht. Wir schieben nicht den schwarzen Peter Ramsauer nach Berlin - der sitzt da übrigens schon -, sondern wir haben das Problem, dass wir hier eine ganze Menge planen können, aber der Bund die Mittel zur Verfügung stellen muss, damit wir bauen können. Das ist eine rein sachliche Aussage. Insofern kann ich Ihre Kritik daran überhaupt nicht verstehen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Gabriela König [FDP]: Wenn wir nicht planen, können wir auch nicht weiterbauen!)

Das Problem ist also nicht die Planung der Maßnahmen, sondern die Bereitstellung der Haushaltsmittel durch den Bund. Letztendlich entscheidet doch der Bund, was wann und wo gebaut wird. Dessen ist sich übrigens auch die Landesregierung bewusst. Das kommt auch durch die Koalitionsvereinbarung, die wir aufgestellt haben, zum Ausdruck.

Die bisher ungeprüfte Zusammenfassung aller Wünsche der alten Landesregierung gegenüber dem Bund - es ist doch die Frage, was uns eigentlich vorliegt - weckt doch eine Erwartung, die angesichts der klaren Finanzsituation, die wir kennen, überhaupt nicht erfüllbar ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unter den 241 Straßenprojekten, die Sie vorgelegt haben, sind 65 Maßnahmen, die noch gar nicht die notwendige Überprüfung erfahren haben.

(Gabriela König [FDP]: Das macht doch nichts! Die muss man doch selbst erst einmal anschieben!)

Diese notwendige Überprüfung steht gerade an. Zunächst muss diese Überprüfung im Bundesverkehrsministerium durchgeführt werden. Deswegen wundere ich mich etwas über Ihren Entschließungsantrag, aus dem ich einmal zitieren darf:

„… und die Anmeldeliste für den Bundesverkehrswegeplan 2015 bis 2030, die Niedersachsen Mitte Dezember an Bundesverkehrsminister … Ramsauer übergeben hatte, aufschnüren und überprüfen werden.“

Aber, meine sehr geehrte Frau König, das ist die Aufgabe. Sie haben überhaupt keine Liste übergeben.

(Gabriela König [FDP]: Doch!)

Sie haben vor der Wahl eine Scheinliste übergeben, die Sie dem Bundesverkehrsminister in die Hand gegeben haben. Diese Liste ist überhaupt nicht verabschiedet und überhaupt nicht überprüft. Das war Wahlkampf und keine vernünftige Politik, die Sie gemacht haben. Leider!

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Gabriela König [FDP]: Das ist falsch, Herr Lies!)

Es handelt sich bei dem Kabinettsbeschluss, den Sie am 18. Dezember sozusagen mithilfe der Presse öffentlich gemacht haben, nicht um eine formale Anmeldung niedersächsischer Verkehrsprojekte, sondern, wie gerade erwähnt, ausschließlich um die Beauftragung des Wirtschaftsministeriums, zu überprüfen, inwieweit die 65 übrigens zum Teil gar nicht gewollten Projekte aus den Regionalkonferenzen, die Sie einfach willkürlich auf die Liste geschrieben haben, nach der Überprüfung bestehen bleiben können.

Zu diesem Zeitpunkt konnte es sich bei dem Bundesverkehrswegeplan Straße und Schiene gegenüber dem Bund nur um eine Absichtserklärung handeln. Auch das gehört zur Wahrheit dazu. Kommen Sie endlich herunter von Ihrer Behauptung, Sie hätten eine Anmeldung abgegeben! Das haben Sie nicht gemacht.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Was das Ganze übrigens noch deutlicher macht - ich finde, das ist schon erstaunlich -: Die Grundkonzeption des Bundesverkehrswegeplans, die Grundlage für die Anmeldung ist, ist im Februar diesen Jahres an die Landesregierung übergeben worden. Da frage ich mich doch ernsthaft, meine sehr verehrten Damen und Herren der damaligen Regierungsfraktionen, wie Sie

(David McAllister [CDU]: Sie waren weit vorne!)

- Sie waren weit vorne; das haben wir gemerkt; das sehen wir gerade an der Abarbeitung - im Vorfeld der übergebenen Grundkonzeption überhaupt schon eine Liste zusammenstellen konnten. Zumindest über dieses Argument sollten Sie noch einmal nachdenken und mit gewisser Sachlichkeit überlegen, ob Ihre bisher gemachten Aussagen richtig sind.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Fertigstellung der eigentlichen Anmeldeliste der Straßenprojekte war übrigens von vornherein - auch bei Ihnen - für den Sommer 2013 vorgesehen, und dabei bleibt es auch.

Mit Ihrem Entschließungsantrag, meine sehr verehrten Damen und Herren von CDU und FDP, verunsichern Sie nur die Menschen in den Regionen. In den nächsten Monaten werden wir vorläufige Anmeldelisten zum Bundesverkehrswegeplan überarbeiten müssen.

Herr Minister, ich darf Sie unterbrechen. Herr Kollege Bode möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Lassen Sie sie zu?