Vielen Dank, Herr Grascha. - Jetzt hat das Wort der Abgeordnete Matthias Möhle. Zum Geburtstag haben wir schon gratuliert. Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Grascha, das war ein interessanter Beitrag. Ich finde es ganz lustig, wie in den letzten Tagen, Wochen und Monaten versucht worden ist, unter den Akteuren der Erwachsenenbildung schlechte Stimmung zu verbreiten, so nach dem Motto: Die rot-grüne Landesregierung geht da mit der Planierraupe drüber und macht alles platt. - Man könnte den Eindruck haben, die Akteure der Erwachsenenbildung sitzen landauf, landab mit rot geweinten Augen am Küchentisch und zerknüllen mit ihren verhärmten Händen verzweifelt durchnässte Tempotaschentücher. Dem ist aber nicht so.
Ansonsten war im Verlauf der Debatte festzustellen, dass es allerhand Themen gibt, die sich dazu eignen, sich mal richtig doll zu streiten. Aber das Thema Erwachsenenbildung eignet sich dazu nicht. Denn wie einige schon gesagt haben: Im Großen und Ganzen besteht Konsens.
Die Überschrift des Antrags lautet: „Erwachsenenbildung sicherstellen und ausbauen“. Ich glaube, dieses Ziel verfolgen wir alle gleichermaßen. Das war auch der Tenor in den Ausschussberatungen. Dass Ihnen, Herr Siemer, an der einen oder anderen Stelle das Beratungstempo nicht gefallen hat, kann ich nachvollziehen. Aber damit müssen Sie klarkommen. Das Tempo wird letztendlich nicht nur
Im Weg unterscheiden wir uns allerdings schon ein wenig. Wie Herr von Holtz schon angemerkt hat, glaube ich aber nicht, dass das etwas ist, was uns die nächsten 100 Jahre trennen muss.
Wir streiten uns ja eigentlich auch nicht über das, was in dem Perspektivvertrag steht. Dort sind gemeinsam mit den Akteuren der Erwachsenenbildung Ziele formuliert worden, die man bei näherer Betrachtung durchaus unterschreiben kann, auch wenn man sie an der einen oder anderen Stelle vielleicht etwas anders formulieren könnte.
Aber was uns damals geärgert hat, war, dass der Vertrag komplett ohne Beteiligung des Parlaments geschlossen wurde, dass man ihn fiskalisch nicht durchgearbeitet hat, dass man am Schluss einfach gesagt hat: So Leute, jetzt macht mal.
Das war nicht in Ordnung. Und nicht in Ordnung ist, dass man, wenn man sich mit einer solchen Vorgehensweise nicht einverstanden erklärt, zu hören bekommt, man stelle all das, was erwachsenenbildungstechnisch läuft, infrage.
Wir wollen den Verbänden nicht die Planungssicherheit nehmen. Die Planungssicherheit ist gegeben. Im Haushalt stehen entsprechende Mittel bereit, und das ist auch alles in Ordnung. An der einen oder anderen Stelle gibt es sogar Aufwüchse, etwa bei den Grundbildungszentren: ein Aufwuchs von fünf auf acht. Dort werden wir in Zukunft fast 2,1 Millionen Euro hineinstecken. Dazu hat sich sogar die Bild-Zeitung, die ja nicht gerade als rot-grünes Kampfblatt bekannt ist, lobend geäußert. Insofern wird niemandem etwas weggenommen.
In der Anhörung war klar, dass das Niedersächsische Erwachsenenbildungsgesetz nicht angetastet werden soll. Das hat auch niemand vor. An dieser Stelle kann ich von daher eigentlich nur feststellen, dass die Eckpfeiler sicherlich von allen hier in diesem Hause gleichermaßen akzeptiert werden.
Wir von Rot-Grün hätten uns im Ausschuss gewünscht, dass vonseiten der FDP und der CDU auch operative Ansätze gekommen wären, statt immer nur zu fordern, dass immer mehr Geld hineingetan werden muss. Sie hätten auch sagen müssen, was mit dem Geld konkret gemacht werden soll und wo es hingegeben werden soll. Das
haben Sie, Herr Dr. Siemer, nicht so getan, wie wir es uns gewünscht hätten. Deshalb ist es, glaube ich, ganz vernünftig, die bei Ihnen „Bildungsbericht“, bei anderen „Monitoring“ und bei uns „Bestandsaufnahme“ genannte Entwicklung abzuwarten.
Was angesichts einer dreiviertel Million struktureller Analphabeten hier in diesem Lande aber ganz sicher getan werden muss - und ich glaube, darüber sind wir uns auch alle einig -, ist, den ersten Bildungsweg für berufstätige Erwachsene dahin zu bekommen, wo er hingehört. Wenn hier alle Sitze besetzt wären, dann wäre rein statistisch ein Dutzend der anwesenden Kolleginnen und Kollegen Analphabeten, die nicht sinnentnehmend lesen und schreiben könnten. Wenn man dann fragen würde, wer es ist, und wenn man die betreffende Person bitten würde, aufzustehen, würde das allerdings nicht passieren. Das Problem besteht nämlich darin, dass wir an die Menschen, die an dieser Stelle unsere Hilfe benötigen, im Prinzip nicht herankommen. In den letzten Jahren waren dies in Niedersachsen durchschnittlich 9 000 Personen. Tatsächlich müssen es aber viel mehr sein. Ich denke, es wäre aller Ehren wert, zu versuchen, an diese Leute besser und vernünftig heranzukommen.
Für uns ist wichtig, dass nicht die Überprüfung oder die Kontrolle der Erwachsenenbildung oder der Förderinstrumente im Vordergrund steht, sondern vielmehr unser Bemühen, als Politik Transparenz zu schaffen. Wir müssen schauen, wie wir unsere Förderinstrumente zielgerichtet und sinnvoll weiterentwickeln. Ich denke, unser erstes Ziel an dieser Stelle muss sein - ohne die Perlen in der Pampa anzufassen -, die Menschen mit Defiziten beim Lesen und beim Schreiben mit unseren Angeboten zu erreichen.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Es folgt eine Kurzintervention vonseiten der CDU-Fraktion. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Möhle, niemand in diesem Hause hat etwas dagegen, dass Sie bei der Nachschulung und der Betreuung von Analphabeten Akzente setzen wollen. Wir haben aber etwas dagegen, dass Sie die gesamte Erwachsenenbildung auf den Prüfstand stellen, dass Sie alles hinterfragen und dass Sie dort das Geld erwirtschaften wollen. Wenn Sie eine zusätzliche Aufgabe definieren wollen - das ist aller Ehren wert -, dann müssen Sie dazu eigenes zusätzliches Geld mobilisieren. Sie können es nicht aus der Erwachsenenbildung herausstreichen.
Wir haben es uns im Ausschuss vortragen lassen: Für die allgemeine Bildung geben wir pro Jahr und pro Einwohner 600 Euro und für die Hochschulbildung 400 Euro aus. Dieses Geld erreicht nur die Eliten. Für die allgemeine Erwachsenenbildung hingegen geben wir pro Jahr und Einwohner aber nur 6,22 Euro aus. Das ist zu wenig. Kürzen Sie bitte nicht daraus! Wenn Sie alles auf den Prüfstand stellen, bringen Sie eine riesige Verunsicherung ins Land.
Wenn Sie etwas tun und mit zusätzlichem Geld Akzente setzen wollen, dann sind wir gern dabei. Wir wollen mit unserem Antrag, mit unserem Perspektivvertrag eine Linie mit einer gewissen Dynamik, einem gewissen Aufwuchs und einer verbindlichen Zusicherung an die Erwachsenenbildung einziehen, auf die sie sich verlassen kann. Sie aber stellen alles auf den Prüfstand. Sie sorgen für Verunsicherung. Bringen Sie das bitte in Ordnung!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Kollege Hillmer, wenn ich gemein wäre, könnte ich sagen: Eben haben wir einen von den zwölf Leuten gehört, die nicht in der Lage sind, richtig zuzuhören, zu lesen oder zu schreiben.
Herr Kollege, diese Wendung mag zwar geschickt sein, wird hier aber sehr wohl registriert. - Bitte schön!
Ich glaube, ich habe im Verlauf meiner Rede sehr deutlich gemacht, dass wir nicht vorhaben, an irgendwelchen Stellen zu streichen. Wenn wir jetzt mehr Geld in die Erwachsenenbildung tun wollen, egal an welcher Stelle - im Bereich der Grundbildung haben wir dies schon getan -, dann müssen wir es irgendwo hernehmen.
Wegen der Schuldenbremse - ich glaube, das ist allen bekannt - können wir nicht unbegrenzt mehr Geld hineinpumpen.
Diese sechs Euro und ein paar Zerquetschte, mit denen wir in Niedersachsen statistisch für die Erwachsenenbildung unterwegs sind, sind im Bundesvergleich übrigens der drittbeste Wert. Das heißt aber nicht, dass wir alle miteinander nicht noch besser werden könnten.
Wir sind gerne bereit, uns durchaus konstruktiv mit Hinweisen auseinanderzusetzen, wie man mit dem wenigen Geld, das uns zur Verfügung steht, bessere Sachen machen kann und wie wir aus dem wenigen Geld, das wir zur Verfügung haben, mehr Geld machen können. Wir sind gerne bereit, mit Ihnen darüber zu sprechen. Ich denke, das ist auch nicht der Punkt, an dem man sich furchtbar streiten muss.
Dazu ist es aber nicht notwendig, die Akteure der Erwachsenenbildung zu verunsichern, indem man sagt, es wird alles auf den Prüfstand gestellt. Ge
Wir wollen eine Bestandsaufnahme. Das heißt aber nicht, dass die Leute Angst haben müssen, wir würden ihnen etwas wegnehmen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte erst einmal allen Rednern der jeweiligen Fraktionen dafür danken, dass sie hier noch einmal den grundsätzlichen Konsens bezüglich des Stellenwertes der Erwachsenenbildung hervorgehoben haben. Ich finde, das ist etwas, was diesen Landtag durchaus auszeichnet, sicherlich im Interesse der Erwachsenenbildung.
Ich bin den Fraktionen von SPD und Grünen aber auch sehr dankbar, dass sie in der Beschlussempfehlung den Fokus stärker auf die Weiterentwicklung der Erwachsenenbildung gelegt haben. Der Antrag der CDU beschreibt nur den Status quo und sagt ansonsten: Weiter so wie bisher. - Daran hat sich, jedenfalls im Grundsatz, auch nichts geändert.