Der Bundesrat hat bereits am 3. Mai 2013 auf Mitinitiative der Landesregierung die Entschließung „Maßnahmen für mehr Steuergerechtigkeit und gegen Steuerbetrug“ gefasst. Darauf aufbauend, unterstützt die Landesregierung Maßnahmen auf internationaler Ebene, um den staatlichen Kampf gegen Steuerhinterziehung deutlich zu forcieren und den Druck auf sogenannte Steueroasen nachdrücklich zu verschärfen. Ein zentrales Mittel ist dabei die Verbesserung des internationalen Auskunftsaustauschs.
Die Mitwirkung der Landesregierung an der Verhinderung des Steuerabkommens mit der Schweiz war ein wichtiger erster Baustein. Gelegentlich ist also auch Verhinderung etwas Gutes; in diesem Fall war das so, weil wir damit einen automatischen internationalen Informationsaustausch anstelle eines anonymen Quellensteuerabzugs erreicht haben.
Ein wenig volkstümlicher formuliert, meine Damen und Herren: Die Amerikaner haben die Kavallerie reiten lassen; sie haben das nicht nur angedroht. Ergebnis war das FATCA-Abkommen, das Beispiel für weitere internationale Abkommen sein wird. Das alles ist möglich gewesen, weil wir es nicht
In Niedersachsen selbst ist ein wichtiger weiterer Baustein aus unserer Sicht die personelle Verstärkung der steuerlichen Außendienste. Sie kennen das inzwischen: 100 zusätzliche Stellen im Bereich der Betriebsprüfung und Steuerfahndung.
Ich darf vielleicht an dieser Stelle einen Blick zurück werfen: Durch die restriktive Personalpolitik der früheren Landesregierung sind insbesondere auch in der Steuerverwaltung Stellen abgebaut worden. In der Steuerverwaltung ist der Personalbestand in den letzten zehn Jahren im Rahmen der sogenannten Zielvereinbarungen I bis III um 10 % reduziert worden. Das sind rund 1 000 Stellen. 1 000 Stellen sind in der Finanzverwaltung in Fortfall geraten!
Damit hat die Steuerverwaltung einen großen Beitrag zur Konsolidierung des Landeshaushalts erbracht. Das werden wir auch nicht zurückdrehen, aber wir müssen feststellen, dass dabei Grenzen erreicht - auch der Belastungsfähigkeit - und im Bereich des steuerlichen Außendienstes offensichtlich auch überschritten worden sind.
Zur Korrektur dieser inakzeptablen Entwicklung wird die Landesregierung die Anzahl der Nachwuchskräfte über die reine Bestandserhaltungsquote hinaus erhöhen - durch die erwähnte Schaffung zusätzlicher 100 Stellen im Bereich der Betriebsprüfung und Steuerfahndung - und damit einen Teil des Fehlbestandes abbauen. Die Sorge, dass wir hier in personelle Nöte kommen, teile ich deswegen nicht. Aber dazu kann ich vielleicht später noch etwas sagen.
Mit der sehr erfolgreich agierenden niedersächsischen Sondereinheit „Task-Force“ - im Übrigen seinerzeit vom Finanzminister Heiner Aller eingeführt - ist Niedersachsen bundesweit führend auf dem Gebiet der systematischen automationsunterstützten Ermittlung, sodass andere Länder inzwischen ähnliche Strukturen eingerichtet haben bzw. einrichten wollen. Mit koordinierten Aktionen konnte die Task-Force in Zusammenarbeit mit den Finanzämtern - hier insbesondere mit den Außendiensten - seit ihrer Gründung im August 2002 jährlich zweistellige Millionenbeträge - aufsummiert inzwischen rund 175 Millionen Euro - aufdecken.
Im Jahr 2013 wurde mit über 23 Millionen Euro sogar das höchste Jahresmehrergebnis seit Gründung der Task-Force erzielt.
Das wird auch von außen gewürdigt: Das Prüfungsamt des Bundes in Berlin kam bereits in seiner Mitteilung im Januar 2007 über die Prüfung der Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle durch die Steuerfahndung zu dem Ergebnis, dass die niedersächsische Sondereinheit „TaskForce“ ein richtiger und erfolgreicher Weg ist, um durch die Zusammenlegung von steuerfachlicher und datentechnischer Kompetenz - darum geht es hier - mit den erforderlichen personellen und materiellen Voraussetzungen eine Steueraufsicht entsprechend den Erfordernissen durchzusetzen. Damit ist eine sehr gute Lösung geschaffen worden.
Der Erfolg der Task-Force begründet sich dabei nicht allein in mehr oder weniger messbaren „Mehrergebnissen“ - die Zahlen habe ich eben genannt -, sondern insbesondere auch in ihrer generalpräventiven Wirkung: Der steuerehrliche Bürger wird in seinem Vertrauen in die Besteuerungs- und Wettbewerbsgleichheit gestärkt.
Wir haben im Bereich der Strafverfolgung, des Aufdeckens von Steuersünden eine ähnliche Situation wie früher häufig beim Zoll an den Grenzen - Gott sei Dank erleben wir das heute nicht mehr so häufig, weil es solche Grenzen in Europa nicht mehr gibt -: Es kommt darauf an, dass jeder jederzeit damit rechnen muss, erwischt zu werden.
Wir sind niemals in der Lage, alle zu kontrollieren. Das ist auch nicht der Anspruch. Es muss aber jede und jeder - um hier auch gendergerecht zu formulieren - in der Furcht des Herrn leben, erwischt zu werden. Darum geht es hier.
Die Landesregierung, meine Damen und Herren, beteiligt sich intensiv an der Modifizierung der bestehenden gesetzlichen Regelung zur Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung.
Bei der Jahresfinanzministerkonferenz im Mai des vergangenen Jahres habe ich mich für unser Land dafür eingesetzt, eine länderoffene Arbeitsgruppe einzurichten, die die Vorarbeiten für eine Neuregelung leisten sollte. Niedersachsen ist sowohl an dieser Staatssekretärsarbeitsgruppe als auch an der vorgelagerten Facharbeitsgruppe nicht nur beteiligt, sondern dort auch sehr intensiv mitgestaltend tätig. Diese Arbeitsgruppen haben am 6. März
ein Ergebnis vorgelegt, das gestern noch Gegenstand der Beratung der Finanzministerkonferenz war. Ich sehe gute Chancen auf der nächsten Jahresfinanzministerkonferenz, die im Mai stattfinden wird, die Diskussion zwischen den Ländern, die an bestimmten Stellen noch differiert, dann auch zu einem erfolgreichen Ende zu bringen und ein Gesetzgebungsverfahren in Gang zu setzen, das mit einer Neufassung zum Beginn des Jahres 2015 enden könnte.
Im Ergebnis streben wir eine deutliche Verschärfung des Rechtsinstituts der strafbefreienden Selbstanzeige an. Aber um das auch ganz klar zu sagen: Die Möglichkeit der Selbstanzeige wollen wir aus guten Gründen offenhalten. - Hier bewegt sich also einiges.
Es bewegt sich aber auch etwas beim Thema Ankauf von Steuerdaten. Ich hatte es schon bei anderen Gelegenheiten gesagt: Das ist nicht unser Ziel, aber es ist im Moment eine ganz wichtige Quelle, um den Verfolgungsdruck hoch zu halten.
Wir sehen den Ankauf von Steuerdaten nach wie vor als ein geeignetes Mittel im Kampf gegen die Steuerhinterziehung an. Hier werden wir im Übrigen durch höchstrichterliche Rechtsprechung gestützt. Durch das Verfassungsgericht RheinlandPfalz sind zuletzt am 24. Februar bestimmte Grenzen aufgezeigt worden. Diese sind uns aber auch schon vorher geläufig gewesen. In dem Rahmen, in dem wir uns bisher bewegt haben, sieht auch dieses Gericht das als zulässig an.
Aber um es noch einmal klar zu sagen: Das soll und darf keine Dauerlösung sein. Sobald es diese internationalen Regelungen, die ich schon erwähnt habe, gibt, wird sich das anders darstellen.
Ich will Ihnen noch einmal in Erinnerung rufen, was hier möglich geworden ist, auch wenn viele von Ihnen das inzwischen sicherlich kennen. In einem normalen Jahr - ich nenne jetzt einmal die Zahlen für die Jahre 2011 und 2012 - wurden in Niedersachsen jeweils rund 1 200 Selbstanzeigen vorgenommen. Im vergangenen Jahr waren es hingegen schon 2 862. Die Zahl hat sich also mehr als verdoppelt. Das kommt nicht von alleine, sondern weil der Verfolgungsdruck zugenommen hat, weil die Sorge, erwischt zu werden, gestiegen ist. Im Januar und Februar dieses Jahres - das sind die letzten vorliegenden Zahlen - sind zusammen 866 Selbstanzeigen eingegangen. Ich bin sicher, dass wir am
Ende des Jahres 2014 einen neuen Rekordwert verzeichnen können. Das alles ist natürlich Ausfluss der öffentlichen Debatte um dieses Institut, das alles ist Ausfluss der Sorge der Steuerhinterzieher, letztendlich doch erwischt zu werden.
Aus den CD-Ankäufen, die seit 2007 aus Liechtenstein, der Schweiz und Luxemburg getätigt worden sind, sind in Niedersachsen, Stand Ende Februar 2014, Staatseinnahmen - also Steuermehreinnahmen, Strafen, Geldauflagen und Hinterziehungszinsen - in Höhe von 183 Millionen erzielt worden.
Niedersachsen hat auch selbst einmal eine CD angekauft, im Juni 2010, mitfinanziert durch den Bund und die anderen Länder, wie das bei den meisten anderen CDs auch der Fall war. Wir fühlen uns also hier - das gilt ja dann auch für meinen Vorgänger im Amt - gut eingebettet in die Solidarität der Finanzverwaltung der allermeisten Länder und des Bundes. Allerdings - ich darf das noch einmal betonen - greifen rein fiskalische Erwägungen hier zu kurz. Es geht um die generalpräventive Signalwirkung. Es geht um die Förderung der Steuerehrlichkeit.
Vielleicht noch eine interessante Zahl: Im Zusammenhang mit den CD-Ankäufen sind in Niedersachsen 10 000 Vorgänge entstanden, von denen bisher 7 000 bearbeitet worden sind. 40 % von diesen 10 000 Vorgängen betreffen Selbstanzeigen in Verbindung mit den CDs.
Auf den CDs finden sich zum Teil die Namen von Menschen, die sich schon selbst angezeigt haben. Das wird bei der Bearbeitung festgestellt. Wir haben aber auch Selbstanzeigen, die mit der Sorge begründet werden, auf den CDs zu erscheinen. Auch das wird erfasst. Diese Zahl belegt, dass das Steuerabkommen mit der Schweiz kontraproduktiv gewirkt hätte. Die größte Anzahl der Fälle stammt aus den Schweizer CDs und wäre in der Anonymität verblieben.
Auch Uli Hoeneß wäre dann übrigens nicht bestraft worden. Er wäre, hätte es das Abkommen mit der Schweiz gegeben, in der Anonymität verblieben. Er hätte eine Nachversteuerung in Form von Quellensteuer auf anonyme Art und Weise erlebt, und wir hätten keine Bestrafung eines Menschen erlebt, der immerhin mindestens 28 Millionen Euro Steuern hinterzogen hat. Ich denke, damit wäre das Rechtsempfinden der allermeisten Menschen nachhaltig gestört worden, sicherlich auch das der allermeisten hier im Saal.
Nach dieser Gesamtübersicht, Herr Heere, darf ich sicherlich feststellen, dass die Fragen 1 und 2 beantwortet sind, sodass ich mich nun der Frage 3 zuwenden darf.
Die Selbstanzeige, meine Damen und Herren, ermöglicht dem Steuerpflichtigen, seinen steuerlichen Pflichten auch nachträglich noch nachzukommen, ihm damit die Rückkehr zur Steuerehrlichkeit zu erleichtern und dadurch Straffreiheit zu erlangen. Darüber gibt es eine lebhafte Diskussion in der Republik.
Das Instrument der strafbefreienden Selbstanzeige findet seine Legitimation in einer Besonderheit des Steuerrechts im Bereich der laufend veranlagten Steuern. Diese Besonderheit besteht darin, dass der Steuerpflichtige jährlich, zum Teil sogar monatlich, gesetzlich verpflichtet ist, immer wieder aufs Neue von sich aus eine vollständige und ehrliche Steuererklärung abzugeben. Ein Zeugnisverweigerungsrecht, wie wir es in vielen anderen Rechtsgebieten kennen, gibt es in eigenen Steuersachen nicht.
Aus den Steuererklärungen können aber, meine Damen und Herren, in aller Regel auch Rückschlüsse auf die Vorjahre gezogen werden, sodass bei einer korrekten Steuerklärung im Folgejahr die Steuerstraftat aus dem Vorjahr vielfach leicht entdeckt werden kann. Will der Steuerpflichtige - und jetzt komme ich zu der Besonderheit, mit der wir es hier zu tun haben - also auch im Folgejahr die Entdeckung seiner Steuerstraftat vermeiden, so bleibt ihm ohne die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige kaum ein anderer Weg, als die Einkommensquelle auch im Folgejahr erneut zu verschweigen.
Die gesetzliche Verpflichtung, jährlich Steuererklärungen abgeben zu müssen, löst also das Dilemma aus, entweder den Behörden wegen der Steuerhinterziehung im Vorjahr selbst die Beweise zu liefern oder auch im Folgejahr die Einkommensquelle zu verschweigen und damit erneut eine Steuerstraftat zu begehen. Das ist ja keine einmalige Steuerhinterziehung. Denn wenn jemand das zehn Jahr lang gemacht hat, hat er zehnmal gegen das Gesetz verstoßen. Anders als bei anderen Straftaten entsteht damit im Steuerstrafrecht eine Art Zwang zur Verdeckungstat, weil andernfalls die Hinterziehung im Vorjahr unweigerlich ans Licht gebracht würde.
Die strafbefreiende Selbstanzeige ist eine Möglichkeit, aus diesem Kreislauf herauszukommen und einen straffreien Weg in die Legalität zu gehen. Das Grundprinzip der Selbstanzeige im Steuerrecht ist unter diesem Aspekt daher sinnvoll und korrespondiert mit der steuerlichen Pflicht zur proaktiven und vollständigen Erklärung der steuererheblichen Umstände in der Steuererklärung. Sie ist auch Ausfluss des strafprozessualen und verfassungsrechtlichen Prinzips, dass niemand gezwungen werden darf, sich strafrechtlich selbst zu belasten. Für die Juristen unter Ihnen: nemo tenetur - keine Selbstbezichtigung.
Dies darf aber nicht dazu führen, dass der generalpräventive Effekt der Strafrechtsnorm durch die Selbstanzeige insgesamt unterlaufen werden kann, insbesondere bei Steuerhinterziehung von einigem Gewicht. Vor allem ein planmäßiges Kalkül im Vorfeld einer Steuerstraftat, den Risiken ihrer Entdeckung oder der Möglichkeit, im Zweifel durch Selbstanzeige noch kurzfristig der Strafverfolgung zu entgehen, darf nicht gesetzlich unterstützt oder gar angereizt werden. Deshalb bedarf es einer genauen Abwägung, ob nicht die Nutzung dieser Regelung in manchen Bereichen erschwert werden muss, wo die Grenze zwischen den Bagatellfällen und den schweren Fällen zu verlaufen hat und ob eine Selbstanzeige in allen Bereichen umfassend strafbefreiend wirken darf und soll.
Eine solche Differenzierung gibt es derzeit auch schon über eine Betragsgrenze, nämlich 50 000 Euro. Ob die konkrete Höhe dieser Obergrenze angemessen ist, ob allein die betragliche Anknüpfung oder der oberhalb dieser Betragsgrenze derzeit zusätzlich erhobene Zuschlag von 5 % ausreichend ist oder erhöht werden muss - genau das sind die Fragen, mit denen sich gegenwärtig die Finanzminister der Länder und des Bundes beschäftigen.
Herr Minister, einen Moment bitte. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, das, was der Minister hier zu diesem wichtigen Thema vorträgt, ist doch so lehrreich.
Ich bitte darum, dass auch die Gespräche dort hinten eingestellt werden. - Das meine ich ernst. - Herr Minister, bitte sehr!
Ich hatte ja angekündigt, dass es eine umfangreiche, komplexe und bedeutsame Materie ist. Deshalb hielt ich es schon für geboten, den Gesamtzusammenhang darzustellen.