Protokoll der Sitzung vom 15.05.2014

(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN: Oh!)

Das heißt, die Ergebnisse werden erst danach bekannt sein. Nur damit das richtiggestellt ist und wir uns nicht wieder erregen müssen, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Dieser 25. Mai ist ein wichtiges Datum für Niedersachsen - wir haben gerade davon gehört. Als Land im Herzen Europas sind wir auf eine weiterhin erfolgreiche Entwicklung der Europäischen Union angewiesen. Darum dürfen wir das Feld nicht Radikalen von links und rechts überlassen, meine Damen und Herren. Und die beste Gewähr dafür ist eine hohe Wahlbeteiligung. Dafür müssen wir in den nächsten 14 Tagen intensiv kämpfen.

Wir müssen die Menschen für die Wahl zum Europäischen Parlament begeistern. In der Tat ist es so, dass wir die Menschen, meine Damen und Herren, begeistern müssen; die müssen nämlich am Wahlsonntag ihr Kreuz machen. Das ist das Entscheidende. Denn Europa ist eben nicht irgendetwas, sondern wir alle sind Europa - wir, die wir hier sitzen, und Sie, die Sie dort oben sitzen und zuhören. Wir sind Europa, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Natürlich kann man die Europäische Union kritisieren für das, was nicht in unserem Sinne läuft, dafür, dass sie möglicherweise zum Teil als bürokratisches Monster daherkommt, möglicherweise auch für das, was der Normalbürger gemeinhin als Überregulierung versteht.

Gleichwohl bin ich der festen Überzeugung, dass wir immer auch die Chancen, die Europa bietet, im gleichen Atemzug mit erwähnen müssen, damit wir als Demokraten, die ein demokratisches System in Europa wollen und fest auf dem Boden der europäischen Verfassung stehen, nicht Gefahr laufen, den Radikalen von links und rechts zuzureden, meine Damen und Herren. Deswegen müssen wir immer betonen, dass Europa für die Menschen eine Chance ist und wir dieses Europa weiter in eine gute Zukunft führen müssen.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Deshalb, meine Damen und Herren, ist eine Aussprache über Europapolitik hier im Landtag zwingend mit drei Fragen zu umreißen. Erstens. Was

bedeutet das Europa von heute für die Menschen? Zweitens. Was bringt es den Menschen? Und drittens. Wie soll die Zukunft Europas aussehen?

Was bedeutet also Europa heute für die Menschen? - Wir diskutieren über Griechenland, den Euro, die Finanzkrise. Ja, man konnte gelegentlich den Eindruck gewinnen, dass manch einem in Europa das Gespür abhanden gekommen ist, was das geeinte Europa eigentlich bedeutet.

Die letzten Jahre waren eine echte Bewährungsprobe für die Europäische Union. Aber diese Bewährungsprobe hat die Europäische Union gut gemeistert.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die Europäische Union stellt etwas über 7 % der Weltbevölkerung. Die Europäische Union erarbeitet rund 25 % der Weltwirtschaftsleistungen, derzeit mit sinkender Tendenz. Und die Europäische Union bringt derzeit gleichwohl knapp 50 % der weltweiten Sozialleistungen auf.

Wir, meine Damen und Herren, werden uns gemeinsam anstrengen müssen, um den bisherigen Wohlstand und die gewohnte hohe soziale Absicherung in diesem Europa auch für die Zukunft zu bewahren.

Meine Damen und Herren, unser westliches Nachbarland - die Niederlande - ist Deutschlands zweitwichtigster Handelspartner nach Frankreich. Deshalb ist es wichtig und notwendig, dass wir die bestehenden vielfältigen Kooperationen mit den Niederlanden weiter stärken.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Christian Dürr [FDP])

Große Chancen, meine Damen und Herren, sehe ich u. a. in folgenden drei Infrastrukturprojekten bzw. -planungen: erstens in dem zweigleisige Ausbau der Bahnstrecke Groningen–Oldenburg–Bremen, zweitens in dem durchgängigen vierspurigen Ausbau der Europastraße E 233 von Hogeveen bis zur A 1 in Cloppenburg

(Zustimmung bei der CDU)

und drittens in der European Medical School in Oldenburg, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU)

All das sind Projekte, die grenzüberschreitend heute funktionieren.

Denken Sie einige Jahrzehnte zurück, und stellen Sie sich die Frage, ob es damals überhaupt im Ansatz möglich gewesen wäre, über so etwas nachzudenken, solche Projekte auf den Weg zu bringen oder nicht. Die Antwort lautet: Nein. Das wäre ohne ein gemeinsames Haus Europa nicht möglich geworden, meine Damen und Herren. Deswegen müssen wir uns auch als Niedersachsen eindeutig zu Europa bekennen.

(Beifall bei der CDU)

Die Europäische Union, meine Damen und Herren, ist nicht nur ein gemeinsamer Binnenmarkt, sie ist in Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise auch nicht nur eine Krisenunion gewesen. Nein, meine Damen und Herren, Europa ist auch und vor allem eine weltweit einzigartige Wertegemeinschaft. Sie steht für Frieden, für Freiheit, vor allen Dingen für Meinungs- und Pressefreiheit, für Demokratie, für Rechtstaatlichkeit, für universelle Menschenrechte, für die Gleichheit von Frauen und Männern, für Toleranz, für den Schutz des Privateigentums, für Wohlstand, für die Bewahrung der Schöpfung und für die soziale Marktwirtschaft.

Meine Damen und Herren, die Lehre für uns Deutsche aus der jüngeren Geschichte war und ist der Wunsch, „als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen“.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

So heißt es wörtlich in der Präambel des Grundgesetzes. Dieses klare und eindeutige Bekenntnis zu Europa war und ist gerade für uns Christdemokraten eine Frage der Vernunft, ja, meine Damen und Herren, eine Herzensangelegenheit.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Christian Grascha [FDP])

Als Partei von Konrad Adenauer, Helmut Kohl und Angela Merkel haben wir von Beginn an über viele Jahrzehnte bis heute entscheidend zur europäischen Integration und zum Aufbau eines vereinten Europas in Frieden und Freiheit beigetragen.

Meine Damen und Herren, Europa ist die Lehre aus den Fehlern der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit zwei schrecklichen Weltkriegen. Konrad Adenauer und Charles de Gaulle haben erfolgreich tiefe Gräben zwischen Deutschland und Frankreich überwunden. Helmut Kohl und François Mitterrand haben es sich dann später zur Aufgabe gemacht, diesen Prozess der europäi

schen Einigung zu vertiefen und die politische Zusammenarbeit zu einer tiefgehenden Freundschaft bis heute zu entwickeln. Und die engen persönlichen Freundschaften Kohls zu Michail Gorbatschow, George Bush und François Mitterrand bleiben dann auch die Basis, um die Zustimmung zur deutschen Einheit erlangt zu haben.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Herr Weil hat in diesem Zusammenhang auch zu Recht auf das Epochenjahr 1989 hingewiesen. Nun hat Niedersachsen in diesem 25. Jahr des Falls der Mauer als Gastgeber zum Tag der Deutschen Einheit eine Chance, nein, eine Verpflichtung. Deswegen erwarten wir auch, dass bei diesen Feierlichkeiten hier in Hannover eben in ganz besonderer Weise diejenigen gewürdigt werden, die persönlich auch unter Einsatz ihres Lebens - so kann man sagen - und unter Inkaufnahme persönlicher Repressalien den Mut gehabt haben, sich für die Vereinigung Deutschlands einzusetzen in einer Zeit, als der Stacheldraht noch da war, als die Mauer noch stand, nämlich die mutigen DDR-Bürgerrechtler und viele Millionen Menschen in der DDR, die dafür gekämpft haben, dass Frieden und Freiheit für sie nicht nur im Fernsehen zu sehen sind, sondern auch real eine Chance werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Kommen wir nun zur zweiten Frage: Was bringt dieses Europa den Menschen? Was bringt diese Europäische Union den Menschen in Europa? - Diese Frage kann man mit Blick auf die aktuelle Entwicklung gerade in der Ukraine ganz einfach beantworten: Europa sichert ein Leben in Frieden und Freiheit. Die Ukraine-Krise ist eine Tragödie vor allem für die Menschen dort, die um ihr Land, ihre Zukunft, ja, um ihre Sicherheit und um ihr Leben bangen.

Meine Damen und Herren, wir trauern mit den Menschen, die Angehörige verloren haben, die Freunde verloren haben in diesem sinnlosen Kampf, den man im 21. Jahrhundert nicht wirklich nachvollziehen kann, mitten in Europa.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Meine Damen und Herren, diese Krise führt uns brutal vor Augen, dass Frieden und Freiheit auf diesem Kontinent eben keine Selbstverständlichkeit sind. Wir müssen uns Frieden und Freiheit

jeden Tag, täglich, neu erarbeiten und bewahren, meine Damen und Herren. Das ist auch eine Botschaft aus dieser Krise in der Ukraine.

(Beifall bei der CDU sowie Zustim- mung bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Uns allen sollte bewusst sein, dass vor 100 Jahren, vor 75 Jahren, vielleicht sogar auch noch vor 60 Jahren in Europa die Waffen gesprochen hätten.

Der Kurs der Europäischen Union, diesen Konflikt diplomatisch zu lösen, ist das einzig Richtige, was man tut. Nicht provozieren, sondern deeskalieren, miteinander reden, zuhören, aber in der Sache eindeutig einen Kurs behalten, meine Damen und Herren. Das ist die Botschaft.

Um es deutlich zu sagen: Hilfreich ist es nicht, ja geradezu heimtückisch ist es, wenn ein kleiner Herr mit einer runden Brille, von der Linkspartei zum Fraktionsvorsitzenden gewählt, am vergangenen Wochenende die Europäische Union und die Vereinigten Staaten von Amerika als die Verantwortlichen für diesen Konflikt in der Ukraine hinstellt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei den Grü- nen sowie Zustimmung bei der FDP)

Dann müssen wir diesem Herrn, meine Damen und Herren, eben deutlich zurufen: Unterlassen Sie diese verzweifelten Versuche, die Weste von Herrn Putin reinzuwaschen auf dem Rücken einer Wertegemeinschaft, die es nicht nötig hat, Konflikte mit Krieg und ähnlichen Dingen auszutragen, sondern machen Sie die dafür verantwortlich, die es sind! Herr Gysi, hören Sie auf, die Täter zu verteidigen! Es ist doch eben gerade Herr Putin, der die Spaltung der Ukraine billigend in Kauf nimmt oder das Selbstbestimmungsrecht der Ukrainer mit Füßen tritt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Und die Antwort der Europäischen Union ist richtig. Wir stehen zusammen. Wir reagieren entschlossen mit den Mitteln der Diplomatie. Wir lassen uns nicht erpressen. Wir lassen uns auch nicht mit der Drohung, dass der Gashahn abgedreht wird, einschüchtern, meine Damen und Herren. Unsere Europäische Union ist eben mehr als ein Markt. Sie ist eine Friedens- und Wertegemeinschaft, und diese lässt sich eben nicht erpressen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, für eine starke Europapolitik ist ein glaubwürdiger Wertekompass eine unabdingbare Voraussetzung. Solch ein verlässlicher Wertekompass hätte Ihnen, Herr Weil, auch bei Ihrer jüngsten Reise in die Türkei geholfen. Wir haben gestern kurz darüber gesprochen. Ich muss Ihnen sagen: Ich bin immer noch erschrocken über so viel Ahnungslosigkeit und so viel Unkenntnis, wie Sie im Hintergrund der Zypernkrise zum Ausdruck gebracht haben.