Protokoll der Sitzung vom 14.03.2013

- Kürzere Wege.

Die Aufgaben, die das SGB VIII den Ländern zuweist, sind auch nach unserer Optimierung erhalten geblieben. Das Niedersächsische Landesamt für Soziales, Jugend und Familie blieb weiterhin in der Verantwortung des Sozialministeriums. Für den weiteren Bereich zeichnet das Kultusministerium verantwortlich.

(Petra Emmerich-Kopatsch [SPD]: Das ist optimal gelöst!)

- Ja, das finde ich auch. Ich kann nur sagen: Das haben wir gut gemacht.

Das KJHG sieht einen Jugendhilfeausschuss vor. Dieser ist aber nicht zwingend auf Landesebene.

Ich bin als Kommunalpolitikerin und Mitglied im Jugendhilfeausschuss der Stadt jetzt als neu gewählte Landtagsabgeordnete wirklich enttäuscht, wie wenig Kompetenz Rot-Grün den Kommunen, den gewählten Kommunalpolitikern und den Trägern der örtlichen Jugendarbeit zubilligt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die allermeisten Angebote auf kommunaler Ebene für Kinder- und Jugendarbeit werden da getätigt und nicht auf Landesebene.

Auch die zukünftige Ausrichtung der Jugendhilfe ist auf kommunaler Ebene gut aufgehoben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dort sind die Menschen direkt mit den Problemen konfrontiert und können für jede Kommune unterschiedlich reagieren; denn die Probleme und Möglichkeiten der Lösung sind so unterschiedlich wie die Menschen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das machen die Kommunen und gewählten Kommunalpolitiker in Zusammenarbeit mit den Jugendverbänden und kommunalen Trägern sehr gut.

Obwohl Rot-Grün das weiß, sprechen Sie von einer Zerschlagung der Kinder- und Jugendarbeit, weil es keinen Jugendhilfeausschuss auf Landesebene mehr gibt. Das ist schlichtweg falsch, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir haben Entscheidungsstrukturen und Wege optimiert und verbessert und Synergien genutzt - zum Wohle der Betroffenen.

Ich zitiere aus Ihrem Antrag: „Nun soll die Fachlichkeit … in die Kinder-, Jugend- und Familienpolitik des Landes zurückkehren.“ Ich finde das ungerecht den Menschen gegenüber, die die Arbeit in den letzten Jahren nämlich sehr gut gemacht haben. Lassen Sie die Fachleute und Kommunen ihre erfolgreiche Arbeit einfach fortsetzen!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie wollen mit dem neuen Jugendhilfeausschuss schnell auf neue Herausforderungen reagieren. Ich bin gespannt, wie der Ausschuss auf neue Herausforderungen reagiert, wenn mindestens 20 Leute darin sitzen - insbesondere dann, wenn sie sich nur viermal im Jahr treffen. Das war nämlich in der Vergangenheit der Rhythmus. - So viel zu „schnell und zeitnah“.

Die Erfahrung zeigt doch, dass die jetzige kleine Gruppe von Fachleuten das besser und schneller kann.

(Zustimmung von Gabriela König [FDP])

Wenn Ihnen dieses Thema so wichtig ist, dass Sie glauben, die Kinder- und Jugendarbeit liege brach, frage ich Sie: Wo sind denn Ihre Anträge und Initiativen in den letzten Jahren gewesen? - Keine einzige gab es.

Das Votum der FDP-Fraktion ist klar: Beibehaltung der schlanken Verwaltungsstrukturen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Bruns. - Mir liegt eine Meldung zu einer Kurzintervention vor. Herr Kollege Schwarz!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich nur deshalb gemeldet, weil das, was hier gerade vorgetragen wurde, ein Plädoyer für die Kommunalisierung der Jugendhilfe gewesen ist. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass die früheren Sozialministerinnen der CDU eine Kommunalisierung immer abgelehnt haben. Offensichtlich gibt es heutzutage in der Opposition hier einen völligen Paradigmenwechsel.

Wir brauchen nach dem Jugendhilferecht beides, den überörtlichen Träger und den örtlichen Träger. Beide haben eine völlig unterschiedliche Aufgabenstellungen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Den überörtlichen Träger haben Sie während Ihrer Regierungszeit im Kern komplett abgeschafft. Das ist ein wohlfeiles Kaffeekränzchen, das sich zweimal im Jahr trifft, aber null Kompetenzen hat.

Die ganzen Probleme, die wir beispielsweise bei den Missbrauchsfällen in der Kinder- und Jugendhilfe hatten, haben auch deshalb so wenig Widerhall gefunden, weil die fachliche Kombination auf der Landesebene überhaupt nicht mehr vorhanden gewesen ist.

Und so ein Spielchen wollen Sie weitermachen? - Das ist nicht für die Kinder; das ist gegen die Kinder, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Frau Bruns, möchten Sie oder jemand aus der FDP-Fraktion antworten? - Das ist nicht der Fall. Dann rufe ich als nächste Rednerin Frau Julia Willie Hamburg von Bündnis 90/Die Grünen auf.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Damen und Herren! Herr Kollege Meyer hat eben gesagt, dass wir hier nicht über Inhalte, sondern über Strukturen reden, und das beweist, dass uns Jugendpolitik nicht wichtig ist. Sehr geehrter Herr Meyer, wenn Sie noch nicht verstanden haben, wie inhaltsschwer strukturelle Entscheidungen in diesem Parlament sind, dann haben Sie in der Politik noch richtig viel zu lernen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Mein Kollege Herr Hillmer warf uns und der rotgrünen Landesregierung gestern vor, dass wir trotz großer Ankündigungen eine dialogorientierte Politik vermissen ließen. Leider ist er gerade nicht anwesend. Sonst würde er an diesem Antrag sehen, wie wichtig uns das Anliegen ist, hier einen Politikwechsel voranzubringen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, in der Kinder- und Jugendpolitik ist in den letzten Jahren viel zu wenig passiert. Die Abschaffung des Landesjugendamtes und des Landesjugendhilfeausschusses im Jahr 2006 war nicht nur ein großer Fehler. Das zeigte auch die fehlende Wertschätzung der damaligen Landesregierung für die Belange Jugendlicher und für die Fachlichkeit der in diesem Tätigkeitsfeld handelnden Akteure und Engagierten.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Um rund 2 Millionen Euro zu sparen, zerstörte die damalige Landesregierung eine funktionierende und wichtige vernetzende Struktur, bestehend aus Landesjugendamt und Landesjugendhilfeausschuss, die der Verantwortung des Landes als überörtlichem Träger der Jugendhilfe in angemessener Weise nachkam.

Die Verbände, die öffentlichen und freien Träger und auch wir befürchteten damals eine Abkehr der Landesregierung von der Verantwortung für die Jugendhilfe und eine Verschiebung der Prioritätensetzung in den Politikbereichen.

Der Kollege Schwarz führte es bereits aus: Diese Angst wurde mehr als bestätigt. Jugendpolitisch passierte viel zu wenig. Die Ausgestaltung der Kinder- und Jugendhilfe hängt mehr denn je von der Kassenlage der Landkreise und der kreisfreien Städte ab. Die Mitbestimmung von Betroffenen und Trägern auf Landesebene ist in die Bedeutungslosigkeit gesunken.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Die Kommunen fühlen sich als kommunale Träger der Jugendhilfe alleingelassen und vermissen einen überörtlichen Träger, der die Herausforderungen ernst nimmt. - Frau Bruns, da nehmen wir die Kommunen sehr ernst; denn diese Belange wurden häufiger an uns herangetragen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Die Träger der freien Jugendhilfe und die Jugendverbände prangern zwar weiterhin Missstände an, wurden aber in der Vergangenheit viel zu wenig gehört und ernst genommen. Sie liefen mit ihren vielen wichtigen Analysen, Bedarfsanmeldungen und Handlungsempfehlungen allzu oft ins Leere. Der Landesbeirat war ein zahnloses Gremium. Wenn es so toll gewesen wäre: Warum hagelt es dann von allen Beteiligten dieses Beirats Kritik?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade in Anbetracht der immensen Herausforderungen, die uns bevorstehen, können wir uns ein „Weiter so!“ in der Jugendpolitik nicht mehr leisten. Wir können nicht weiter auf das große Know-how der Kommunen, der Träger der Jugendhilfe und der Jugendverbände verzichten. Das Entgegenwirken gegen Kinderarmut, die Anpassung von Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit an die realen Bedarfe der Jugendlichen, das richtige und bedarfsgerechte Angebot früher Hilfen vor Ort, die Beteiligung junger Menschen an der Gesellschaft und vor allem die Unterstützung der Kommunen bei der Aufrechterhaltung einer funktionierenden Jugendhilfe gerade vor den Herausforderungen des demografischen Wandels sind Mammutaufgaben, die wir in Niedersachsen zu bewältigen haben. Alle von Ihnen, die in der Kinder- und Jugendpolitik tätig sind, wissen, dass das nur die Spitze eines riesigen Eisbergs ist, den wir in den nächsten Jahren zu bewältigen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Es ist jetzt an der Zeit, an die Arbeit zu gehen und die handelnden Akteure, die Expertinnen und Experten endlich wieder als Partner einzubinden, mit ihnen gemeinsam reale Bedarfe vor Ort zu ermitteln und diesen zu begegnen.