Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bode, ich habe versucht, zu analysieren, worauf Sie hinauswollen.
- Ich muss doch die Frage analysieren, damit ich ihm die richtige Antwort geben kann, Herr Grascha, oder? Das ist doch, glaube ich, angemessen.
Ihre Frage bedeutet doch im Kern, dass Sie den Mindestlohn infrage stellen, weil Sie sagen, wenn der Mindestlohn hier zur Anwendung kommen
Ein Unternehmen aus dem europäischen Ausland, das einen Auftrag hier in Niedersachsen ausführt, muss sich wie ein Wettbewerber aus Niedersachsen natürlich an den Mindestlohn halten. Das ist ein vergabespezifischer Mindestlohn, der für alle gilt.
Das heißt, da gibt es überhaupt keine Wettbewerbsverzerrungen. Im Gegenteil: Dadurch wird sichergestellt, dass unsere Unternehmen in Niedersachsen, die tariflich bezahlen - das sind die allermeisten -, im Wettbewerb gegen eine Billig- oder Günstigkonkurrenz bestehen können.
Das ist der Erfolg des Landesvergabe- und Tariftreuegesetzes, und das ist der Erfolg eines gesetzlichen Mindestlohns, der das in Zukunft für alle Branchen regeln wird. Das ist ein vernünftiger Weg.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jörg Bode [FDP]: Der weiß ja nicht mal, wie Wirtschaft geht! - Christian Dürr [FDP]: Der weiß vor allen Dingen nicht, wie sein Gesetz funktioniert! - Unruhe)
Ich stelle fest, dass weitere Zusatzfragen nicht angemeldet sind, sodass der Tagesordnungspunkt 11 a damit abgearbeitet ist.
Bevor ich zu Tagesordnungspunkt 11 b übergehe, weise ich auf Folgendes hin: Wenn Sie sich die Tagesordnung anschauen, dann sehen Sie, dass der nachfolgende Punkt 12 auf 11.20 Uhr terminiert ist. Nun weiß ich nicht, wie weit die Behandlung der Dringlichen Anfrage unter Tagesordnungspunkt 11 b die dafür vorgesehene Zeit in
Anspruch nimmt. Es ist nicht völlig ausgeschlossen, dass es ein bisschen schneller geht. Deswegen wäre ich dankbar, wenn sich die Fraktionsspitzen, insbesondere die Parlamentarischen Geschäftsführer, vielleicht mal zusammentun, um für den Fall der Fälle zu überlegen, ob man aus der Tagesordnung für den Nachmittag einen Punkt auf den Vormittag vorziehen kann, was dann die Rednerinnen und Redner wissen müssten. Das nur einmal als prophylaktische Anregung.
b) Immunität eines Bundestagsabgeordneten wurde verletzt - Erkennt die Justizministerin einen Fehler an? - Anfrage der Fraktion der CDU - Drs. 17/2031
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die Fraktion der CDU verlese ich die Dringliche Anfrage „Immunität eines Bundestagsabgeordneten wurde verletzt - Erkennt die Justizministerin einen Fehler an?“
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Hannover erließ das Amtsgericht Hannover am 10. Februar 2014 einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohn- und Büroräume Sebastian Edathys. Diese wurden noch am gleichen Tage durchsucht. Wie sich das Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss vom 15. August 2014 äußerte, war Sebastian Edathy zu diesem Zeitpunkt noch Bundestagsabgeordneter der SPD und genoss den Schutz der Immunität nach Artikel 46 Abs. 2 des Grundgesetzes.
Die Frage, ob die Wohn- und Büroräume unter Verletzung der Immunität durchsucht wurden, war bereits mehrfach Gegenstand der Beratung im Landtag. So wurde die Landesregierung in einer Dringlichen Anfrage zum Mai-Plenum des Landtages gefragt: „Wie lange genoss Sebastian Edathy als Bundestagsabgeordneter Immunität?“
Die Justizministerin bezog sich in ihrer Antwort am 15. Mai 2014 zunächst auf eine Bekanntmachung des Bundeswahlleiters im Bundesanzeiger vom 26. Februar 2014:
gung im Bundesanzeiger hinaus nicht beantwortet werden. Eine abweichende Mitteilung zu dem Thema liegt, wie gesagt, nicht vor.“
Das Bundesverfassungsgericht bewertet in seinem Beschluss vom 15. August 2014 die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung am 10. Februar 2014 folgendermaßen:
„Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass der Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss des Amtsgerichts vom 10. Februar 2014 unter Verletzung der an diesem Tag noch bestehenden Immunität des Be
schwerdeführers erlassen worden ist und dass auch der Beschluss des Landgerichts vom 1. April 2014 Artikel 46 Abs. 2 in Verbindung mit Artikel 38 Abs. 1 Satz 2 GG insoweit verletzt, als er den Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss des Amtsgerichts nicht korrigiert hat. Die Fachgerichte waren verpflichtet, den Erlass einer Durchsuchungsanordnung gegen einen Beschuldigten, der jedenfalls unmittelbar vor dem Erlass der maßgeblichen Beschlüsse noch Abgeordneter des Deutschen Bundestages gewesen war, auch im Hinblick auf das Verfolgungshindernis der Immunität zu überprüfen. Angesichts des unmissverständlichen Wortlauts der maßgeblichen Vorschriften - insbesondere des § 47 Abs. 3 Satz 1
BWahlG - war offenkundig, dass weder Verlautbarungen des Beschuldigten auf seiner Homepage und seines Verteidigers in einem Schriftsatz noch eine vom Gesetz nicht vorgesehene Feststellung des Bundestagspräsidenten konstitutive Bedeutung für den Zeitpunkt der Mandatsbeendigung haben konnten. Dies hätten die zuständigen Gerichte prüfen und erkennen müssen.“
Die Justizministerin begrüßte in einer Pressemitteilung vom 29. August 2014 die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und teilte zur Frage der Zulässigkeit der Durchsuchung Folgendes mit:
„Die seit Monaten im Raum stehenden Vorwürfe bezüglich der angeblichen Unrechtmäßigkeit der Durchsuchungen im Februar können damit ad acta gelegt werden.“
Immunität Sebastian Edathys durch den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichtes Hannover und den Beschluss des Landgerichtes Hannover verletzt wurde, oder warum spricht die Justizministerin in ihrer Pressemitteilung von einer „angeblichen“ Unrechtmäßigkeit der Durchsuchungen?
2. Ist es Aufgabe der jeweiligen Justizministerin oder des jeweiligen Justizministers, die Immunität der Abgeordneten des Deutschen Bundestages und des Niedersächsischen Landtages zu schützen und die ihr unterstellten Staatsanwaltschaften entsprechend zu beaufsichtigen?
3. Hätten die Staatsanwaltschaft und das Amtsgericht Hannover am 10. Februar 2014 erkennen können und müssen, dass die ihnen zu diesem Zeitpunkt bekannten Umstände nicht ausreichten, um von einer Mandatsbeendigung ausgehen zu können?
Vielen Dank, Frau Ross-Luttmann. - Die Antwort der Landesregierung wird von der Justizministerin vorgetragen. Frau Niewisch-Lennartz, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Am 28. Januar bejahte die Staatsanwaltschaft Hannover in Übereinstimmung mit der Generalstaatsanwaltschaft Celle einen Anfangsverdacht gegen den damaligen Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy wegen des Besitzes kinderpornografischer Schriften. Die Staatsanwaltschaft entschied, ein förmliches Ermittlungsverfahren gegen Sebastian Edathy einzuleiten.
Mit Schreiben vom 6. Februar wandte sich die Staatsanwaltschaft Hannover sodann an den Präsidenten des Deutschen Bundestages. Sie zeigte in dem Schreiben die beabsichtigte Verfahrenseinleitung an.
Ebenfalls am 6. Februar erklärte Sebastian Edathy gegenüber einem Notar den Verzicht auf sein Bundestagsmandat. Die hierüber gefertigte Urkunde legte er am 7. Februar dem Präsidenten des Deutschen Bundestages vor. Er machte den erklärten Mandatsverzicht am 8. Februar auf seiner Internethomepage öffentlich.
Durch Schreiben vom 10. Februar bestätigte der Präsident des Deutschen Bundestages gegenüber Sebastian Edathy dessen Verzicht auf seine Mit
gliedschaft im Bundestag und teilte ihm mit, dass er mit Ablauf des 6. Februar aus dem Deutschen Bundestag ausgeschieden sei.
Am 10. Februar teilte Edathys Verteidiger der Staatsanwaltschaft Hannover mit, dass sein Mandant am Freitag zuvor sein Bundestagsmandat niedergelegt habe.
In Kenntnis des Mandatsverzichts beantragte die Staatsanwaltschaft Hannover am selben Tag beim Amtsgericht Hannover einen Durchsuchungsbeschluss. Dieser erging antragsgemäß. Er wurde am selben Tag vollstreckt.
Das Landgericht Hannover verwarf am 1. April die Beschwerde des damaligen Beschuldigten Edathy gegen die vom Amtsgericht Hannover erlassenen Durchsuchungsbeschlüsse; es waren insgesamt fünf.
Auf die Gegenvorstellung von Sebastian Edathy entschied das Landgericht Hannover am 28. Mai, dass mit Ablauf des 6. Februar keine Immunität des Beschuldigten nach Artikel 46 Abs. 2 des Grundgesetzes mehr bestanden habe, die der Anordnung der Beschlüsse entgegenstünde.
Herr Edathy legte Verfassungsbeschwerde ein. Diese wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen.