Mechthild Ross-Luttmann
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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hoffe, Sie können Sie mich auch so verstehen.
Es geht doch.
- Danke, Herr Kollege Siebels.
Ich darf Ihnen den mündlichen Bericht zum 23. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss erstatten.
Am 4. Mai 2016 hat der Landtag den 23. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Tätigkeit der Sicherheitsbehörden gegen die islamistische Bedrohung in Niedersachsen eingesetzt.
Der Untersuchungsausschuss legt Ihnen nun seinen mehrheitlich beschlossenen Abschlussbericht in der Drucksache 17/8675 vor. Diese Drucksache enthält zudem den Minderheitenbericht der Ausschussmitglieder der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90 /Die Grünen.
Der Untersuchungsausschuss hat sich am 18. Mai 2016 konstituiert. Ihm gehörten insgesamt dreizehn Ausschussmitglieder an, und zwar zunächst je fünf Mitglieder der Fraktionen der CDU und der SPD, zwei Mitglieder der Fraktion Bündnis 90 /Die Grünen und ein Mitglied der Fraktion der FDP. Nach Änderung der Mehrheitsverhältnisse hat der Landtag am 16. August 2017 auf der Grundlage des Antrages der Fraktionen von CDU und FDP den Verteilerschlüssel für die Besetzung des Untersuchungsausschusses geändert. Der Untersuchungsausschuss setzte sich nun entsprechend den neuen Mehrheitsverhältnissen aus sechs Mitgliedern der CDU-Fraktion, vier Mitgliedern der SPD-Fraktion, zwei Mitgliedern der Fraktion Bündnis 90 /Die Grünen und einem Mitglied der FDPFraktion zusammen.
Der Untersuchungsausschuss trat zu insgesamt 31 Sitzungen zusammen und fasste insgesamt 16 Beweisbeschlüsse.
Bereits in der konstituierenden Sitzung des 23. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 18. Mai 2016 wurde deutlich, dass die vom Ausschuss erbetenen und vorzulegenden Akten in großen Teilen gemäß der Verschlusssachenanweisung des Landes Niedersachsen als Verschlusssache eingestuft sein würden. Dies stellte sowohl die Ausschussmitglieder als auch die Landtagsverwaltung vor neue und große Herausforderungen. Denn der Landtag hat keine eigene Ge
heimschutzordnung oder Verschlusssachenanweisung.
Die Verschlusssachenanweisung des Landes wiederum galt nicht unmittelbar. Es war daher erforderlich, auch innerhalb des Landtages die notwendigen Rahmenbedingungen sowohl räumlich wie auch inhaltlich zu schaffen, um den Untersuchungsausschuss arbeitsfähig zu machen und gleichzeitig die Geheimschutzerfordernisse zu wahren.
Auf Veranlassung des Untersuchungsausschusses wurden folgende Maßnahmen ergriffen:
Im Landtag wurden Räume hergerichtet, die sowohl die sichere Aufbewahrung der Verschlusssachen als auch die Besprechung über eingestufte Inhalte ermöglichten. Ich bin davon überzeugt, dass diese Räume auch in Zukunft für Besprechungen über eingestufte Inhalte benötigt werden.
Durch eine Änderung der besonderen Geschäftsordnung für den Untersuchungsausschuss wurde die Verschlusssachenanweisung des Landes für entsprechend anwendbar erklärt.
Zudem mussten sich die mit dem Untersuchungsausschuss befassten Beauftragten der Fraktionen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landtagsverwaltung einer Sicherheitsprüfung unterziehen.
Angesichts des komplexen Untersuchungsauftrages wurde bei den Beratungen auch sehr schnell deutlich, dass mit einer großen Menge an vorzulegenden Akten zu rechnen sei. Der Untersuchungsausschuss kam daher einvernehmlich zu dem Schluss, dass die Einsetzung einer oder eines Ermittlungsbeauftragten zur Unterstützung des Ausschusses erforderlich sein würde. Im Zuge der Änderung der Geschäftsordnung für den Untersuchungsausschuss wurde daraufhin eine entsprechende Regelung eingefügt.
Vorrangige Aufgabe des Ermittlungsbeauftragten war es, die große Menge an vorzulegenden Akten zu sichten, zu bewerten und eine Vorauswahl für den Untersuchungsausschuss zu treffen. Als Ermittlungsbeauftragter wurde der ehemalige Richter am Bundesgerichtshof, Herr Dr. Wahl, bestimmt. Der Untersuchungsausschuss ist Herrn Dr. Wahl zu großem Dank verpflichtet.
Herr Dr. Wahl hat sich in der Kürze der Zeit durch eine große Menge an Aktenmaterial gearbeitet, er hat den Untersuchungsausschuss regelmäßig über
den Sachstand unterrichtet, und er hat vor allen Dingen auch wichtige und wertvolle Hinweise für die weitere Ausschussarbeit gegeben.
Herr Dr. Wahl ist anwesend. Von dieser Stelle: Herzlichen Dank, Herr Dr. Wahl!
Die Einstufung von Dokumenten oder deren Freigabe bzw. Nichtfreigabe durch andere Behörden war ein immer wiederkehrendes Diskussionsthema im Untersuchungsausschuss. Der Umgang mit eingestuften Dokumenten zugegebenermaßen auch nicht immer einfach. Es galt, peinlich genau darauf zu achten, dass eingestufte Informationen nicht in öffentlicher Sitzung thematisiert wurden.
Die Beweisaufnahme in Untersuchungsausschüssen erfolgt gemäß Artikel 27 Abs. 3 Satz 1 der Niedersächsischen Verfassung zwar grundsätzlich in öffentlicher Sitzung, aufgrund der Einstufung etlicher Inhalte als Verschlusssache mussten allerdings die Vernehmungen der insgesamt 15 Zeuginnen und Zeugen zu einem nicht unerheblichen Teil auch in nicht öffentlicher oder vertraulicher Sitzung erfolgen. Die Fragen stellenden Mitglieder des Ausschusses und auch ich als Vorsitzende mussten bei der Vernehmung ebenso wie die Zeuginnen und Zeugen sehr stark darauf achten, dass bei etwaigen Aktenvorhalten die Einstufungen der Unterlagen beachtet werden.
Auch die Aussagegenehmigungen für die Zeuginnen und Zeugen waren für alle Beteiligten nicht einfach zu durchdringen. Es waren häufig mehr als zehn eng beschriebene DIN-A4-Seiten. Bisweilen musste noch während der Vernehmung geklärt werden, ob zu einem bestimmten Sachverhalt Aussagen getätigt werden können. Zur Klärung dieser Fragen hatte die Generalbundesanwaltschaft extra eine Rufbereitschaft eingerichtet.
Die Vernehmungen wurden von etlichen Geschäftsordnungsdebatten unterbrochen. Zuweilen erstreckten sich die Vernehmungen bis in die späten Abendstunden. Dies erforderte von allen ein hohes Maß an Disziplin und Durchhaltevermögen.
Der 23. Parlamentarische Untersuchungsausschuss - genauer gesagt: der Beginn des Untersuchungszeitraums - war auch Streitgegenstand beim Niedersächsischen Staatsgerichtshof. Dieser hat mit seinem Urteil vom 10. Februar 2017 dem Antrag von 35 Mitgliedern der CDU- und einem Mitglied der FDP-Fraktion stattgegeben und festgestellt, dass durch die Festlegung des Beginns des Untersuchungszeitraums in dem Beschluss
des Landtages vom 4. Mai 2016 die Grenzen, innerhalb derer ein Untersuchungsauftrag nach Artikel 27 Abs. 1 Satz 2 der Niedersächsischen Verfassung gegen den Willen der Antragsteller ausgedehnt werden darf, verletzt wurden.
Aufgrund dieses Urteils des Staatsgerichtshofs hat der Landtag mit Beschluss vom 2. März 2017 auf Grundlage des Antrags der Fraktionen der CDU und der FDP den Beginn des Untersuchungszeitraums auf den 19. Februar 2013 festgelegt.
Dass sich die im Untersuchungsausschuss vertretenen Fraktionen nicht auf eine einheitliche Bewertung des Untersuchungsergebnisses werden verständigen können, wurde ziemlich schnell deutlich und ist bei Untersuchungsausschüssen auch keine Seltenheit. Aus diesem Grund legt der Ausschuss neben dem mehrheitlich beschlossenen Bericht auch einen von der Ausschussminderheit erstellten Bericht vor.
Angesichts der Komplexität des Untersuchungsgegenstands erscheint der Abschlussbericht vielleicht verhältnismäßig kurz. Ich gebe aber zu bedenken, dass ein ganz erheblicher Teil der untersuchten Inhalte nicht in dem als Drucksache zu veröffentlichen Bericht erscheinen darf, da die Informationen als Verschlusssache eingestuft sind. Die öffentliche Verwertbarkeit war daher erheblich eingeschränkt und konnte allenfalls in abstrakter Form erfolgen.
Das vorzeitige Ende der Wahlperiode führt nun dazu, dass dieser Untersuchungsausschuss früher als erwartet seine Arbeit beendet hat.
Zum Abschluss meiner Berichterstattung möchte ich danken. Zuvörderst möchte ich dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst danken.
Herzlichen Dank an Frau Brüggeshemke und an Herrn Oppenborn-Reccius für die wertvolle Unterstützung! Die Mitglieder und die stellvertretenden Mitglieder des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses wissen, wie viele Rechtsfragen zwischendurch und während der Sitzung möglichst schnell, gut und richtig geklärt werden mussten. Stets hat der Ausschuss kompetente Antworten erhalten, die uns unsere Arbeit sehr erleichtert haben.
Herzlichen Dank auch an alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Landtagsverwaltung, insbesondere an Frau Messling und an Herrn Kleinwächter für die gute Vorbereitung der Sitzungen!
Dank auch an den Stenografischen Dienst, der schnell und kompetent die Niederschriften gefertigt hat!
Und natürlich nochmals Dank an Herrn Dr. Wahl, unseren Ermittlungsbeauftragten!
Als Vorsitzende des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses möchte ich auch allen Kollegen und Kolleginnen des Untersuchungsausschusses herzlich danken für die hohe Kompetenz, die jederzeitige Einsatzbereitschaft, das Durchhaltevermögen, auch für die manchmal emotional und hitzig geführten Wortgefechte.
Damit ist die Arbeit des 23. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses erledigt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies war nach 15-jähriger Landtagszugehörigkeit und Tätigkeit hier meine letzte Rede. Deshalb möchte ich die Zeit gerne nutzen und einige persönliche Worte an Sie richten.
In den 15 Jahren meiner Landtagszugehörigkeit habe ich sowohl Regierungs- als auch Oppositionsarbeit kennengelernt und wertvolle Erfahrungen für mein Leben gesammelt. Ich möchte keinen Tag dieser Tätigkeit missen.
Ich habe viele Menschen kennenlernen dürfen. Ich habe auch Menschen mit großen Problemen kennengelernt, und natürlich konnte ich nicht allen helfen. Es hat hier im Landtag viele Debatten gegeben, auch manche, die für mich persönlich sehr schwierig waren. Die Debatten um die Abschaffung des Landesblindengeldes werden mir immer in Erinnerung bleiben. Diese Entscheidung ist mir sehr schwergefallen, und ich bin sehr dankbar und sehr froh und auch den Fraktionen von CDU und FDP sehr dankbar, dass ich mit ihrer Hilfe als Ministerin - wenn auch in geringerer Höhe - das Landesblindengeld im Einvernehmen mit dem Blindenverband wieder einführen konnte. Dies war dann der Startschuss zu weiteren Ergänzungen.
Ich freue mich auch, dass das Nichtraucherschutzgesetz so gut wirkt. Ich glaube, niemand kann sich noch vorstellen, in ein Restaurant zu gehen, in dem geraucht wird.
Ich habe auch viele gute Debatten hier im Landtag erlebt, bei denen man die sprichwörtliche Stecknadel hat fallen hören können, bei denen wir dem anderen Redner oder der anderen Rednerin jeweils zugehört haben und deren Meinung respektiert haben.
Deshalb erlaube ich mir, zum Abschluss eine Bitte an Sie zu richten: Die neue Legislaturperiode wird im neuen, helleren Plenarsaal beginnen. Ich möchte Sie bitten, diesen Neuanfang für eine gute Debattenkultur zu nutzen, die von gegenseitiger Wertschätzung und Respekt getragen ist. Zugespitzte Debatten sind notwendig. Aber ich denke, man muss sich danach gegenseitig wieder ins Gesicht sehen können.
In diesem Zusammenhang möchte ich vor allen Dingen den Mitgliedern des Rechtsausschusses ganz herzlich danken. Ich glaube, wir haben im Rechtsausschuss ein sehr faires Miteinander gehabt - bei aller Unterschiedlichkeit der Meinungen. Herzlichen Dank an den Kollegen Limburg, an die Kollegin Frau Schröder-Ehlers und vor allen Dingen auch für das gute, freundschaftliche Miteinander mit dem Kollegen von der FDP, Herrn Dr. Genthe!
Ich habe im Rechtsausschuss festgestellt, dass es wirklich möglich war, zu vielen Punkten Kompromisse zu erreichen und bei aller Unterschiedlichkeit auch die Wertschätzung für die Meinung des jeweils anderen zu bekommen.
Im Landtag ist es mir zugegebenermaßen niemals gelungen, Sie von unserer Meinung zu überzeugen. Aber wahrscheinlich hat Sie in der Oppositionsarbeit das gleiche Schicksal ereilt.
Mein ganz besonderer Dank gilt meiner Fraktion, der Fraktion der CDU. Ich habe nicht nur gute Stunden erlebt, ich habe auch schwierige Zeiten durchlebt und erlebt. In diesen schwierigen Zeiten ist es so wichtig, wenn man sich auf eine Fraktion verlassen kann. In der Zeit habe ich gemerkt, wie toll das Zusammengehörigkeitsgefühl in unserer CDU-Fraktion ist. Herzlichen Dank an unseren Fraktionsvorsitzenden Björn Thümler, an Jens Nacke und an die Mitglieder des Arbeitskreises Recht und Verfassung! Es hat mir immer viel Spaß mit euch gemacht.
Zum Abschluss möchte ich denen, die aufhören, wünschen, dass sich ihre Träume erfüllen, dass sie ihre Vorhaben verwirklichen können, dass sie gesund leben. Denen, die wieder antreten, wünsche ich, dass sie gute Wahlergebnisse haben. Aber Sie werden sicherlich Verständnis dafür haben, dass ich meiner Fraktion die besten Wahlergebnisse wünsche.
Danke, ich habe fertig.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen keine Kinderehen in Deutschland.
Kinder, die bei uns Zuflucht suchen, müssen in einer kindergerechten und gesunden Umwelt leben und ihre Persönlichkeit frei entfalten können, und zwar genauso wie alle Kinder, die in Deutschland geboren werden. Mädchen müssen frei von Ängsten und Bevormundungen durch erwachsene Ehemänner aufwachsen können.
Das können sie aber nicht, wenn wir sie in diesen Zwangsverbindungen belassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, SpiegelOnline berichtete am 3. November 2016, im Ausländerzentralregister seien 1 475 verheiratete Jugendliche gemeldet, davon seien 361 Kinder jünger als 14 Jahre und 120 Kinder zwischen 14 und 16 Jahre alt.
Wie viel Leid, wie viel seelische Pein verbirgt sich hinter diesen nüchternen Zahlen? Was wird diesen Kindern nicht nur einmal, sondern auf Dauer angetan? Sie kommen aus Krisengebieten zu uns, vorwiegend aus dem Irak, aus Afghanistan oder aus Syrien, sie brechen vielfach ihre Schulausbildung in ihrer Heimat ab, verlassen ihre angestammte Heimat, ihre Familie, Eltern, Geschwister und Freunde, machen sich auf den beschwerlichen Weg nach Deutschland und wollen hier ein besseres Leben führen. Vorher werden sie meist noch mit einem älteren Erwachsenen verheiratet, der sie angeblich auf der Flucht beschützen soll. Oder Kinder werden mit Kindern verheiratet. In Deutschland angekommen, besteht diese Ehe erst einmal fort, mag sie auch anfechtbar oder im Einzelfall auch aufhebbar sein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte nicht, dass Mädchen künftig den Rest ihres Lebens als Ehefrau an der Seite eines älteren Mannes in Deutschland verbringen müssen, ohne Bildung, ohne eigene Perspektive. Welches Mädchen vor allem aus muslimischen Kulturkreisen, in denen es eine rechtliche Gleichstellung zwischen Frau und Mann nicht gibt, wo traditionell oder aus religiösen Motiven geheiratet wird, schafft es, sich aus eigener Kraft von dem Mann, mit dem sie verheiratet wurde, in Deutschland zu lösen - in einem fremden Land, ohne Sprachkenntnisse und meistens auch ohne Kenntnis der deutschen Gesetze? Diese Kinder schaffen es nicht, sich so zu entscheiden, dass sie so leben können, wie wir hier leben: Frauen und Männer entscheiden eigenverantwortlich, selbstständig, wo sie leben, wie sie leben, welche Schule sie besuchen, wo sie arbeiten und vor allen Dingen auch, wann und ob sie heiraten.
Meine Damen und Herren, diese Kinder brauchen Hilfe, und zwar schnell und unbürokratisch.
Wir brauchen ein klares und eindeutiges Verbot, im Ausland geschlossene Kinderehen in Deutschland fortzuführen. SPD und CDU/CSU im Bund wollen diese Gesetzesverschärfung. Das ist richtig.
Frau Ministerin, Sie sagen zwar, Sie seien gegen Kinderehen. So weit, so gut. Aber Sie kritisieren dann - für mich völlig unverständlich - die Pläne des Bundes, betonen, Ehen von minderjährigen Kindern müssten differenziert betrachtet werden, und führen weiter aus, insbesondere könne eine derartige Regelung dem Schutz der Kinder zuwiderlaufen, wenn aus dieser Verbindung bereits Kinder hervorgegangen seien.
Frau Ministerin, das ist falsch verstandene Toleranz. Wenn es noch eines Beweises dafür bedarf, dass Mädchen, kleine Kinder, sexuell ausgebeutet werden, dann doch, wenn aus diesen Verbindungen mit Kindern Kinder hervorgehen.
Die UN-Kinderrechtskonvention will doch gerade Kinder vor sexueller Ausbeutung schützen. Lassen Sie uns dem doch Geltung verschaffen!
Natürlich muss jungen Müttern und Kindern geholfen werden. Aber doch nicht so, mit einem Festhalten an einer Zwangsverbindung, sondern mit unserem staatlichen Hilfssystem!
Menschenschutz, Kinderschutz, Minderjährigenschutz - das muss wie das Kindeswohl absoluten Vorrang haben.
Frau Ministerin, glauben Sie ernsthaft, dass diese Mädchen unter 16 Jahren, vielleicht noch viel, viel jünger, aus freiem Willen die Ehe eingehen, dass sie die weitreichenden Folgen einer Ehe überhaupt überblicken können, dass diese Mädchen schwanger werden wollen und bewusst gesundheitliche Risiken in Kauf nehmen, dass diesen Mädchen überhaupt klar ist, was es bedeutet, für eigene Kinder zu sorgen?
Nein, Frau Ministerin, das können Sie nicht ernsthaft glauben. Das können diese Mädchen gar nicht frei entscheiden. Dazu fehlt ihnen die körperliche und geistige Reife. Das haben sie auch nicht frei entschieden. Das haben in den Herkunftsländern zumeist ihre Eltern, vielleicht wohlmeinend, vielleicht - aus welchen Gründen auch immer - aus Verzweiflung oder für Geld, und später ihr Mann für sie getan.
Meine Damen und Herren, hier werden Kinder missbraucht.
Diese Mädchen werden von gewissenlosen und verantwortungslosen Männern ihrer Kindheit beraubt. Ihnen werden vielfach ihre Bildungschancen, ihre Lebenschancen und ihr Recht auf sexuelle Selbstbestimmung genommen, und das auf Dauer. Das kann man durch nichts rechtfertigen oder schönreden. Kinderehen schaden immer den Kindern, und das gehört beendet.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns unsere Redezeiten ebenfalls aufgeteilt. Zum Justizvollzug wird gleich noch mein Kollege Otto Deppmeyer weitere Ausführungen machen. Ich werde allgemein zum Justizbereich sprechen.
Der Justizhaushalt ist mit seinen rund 1,2 Milliarden Euro Gesamtausgaben gemessen am Gesamthaushalt des Landes ein kleiner, aber schon sehr besonderer Haushalt; denn er betrifft die Justiz als eine der tragenden Säulen unseres Rechtsstaats. Eine funktionierende Justiz steht für Rechtsfrieden und Rechtssicherheit. Sie gibt der Bevölkerung Vertrauen in den Rechtsstaat und ist zudem von nicht zu unterschätzender Bedeutung für einen starken Wirtschaftsstandort Niedersachsen. Das erreicht man nur mit engagierten und motivierten Beschäftigten; denn sie sind es, die durch ihren hohen persönlichen Einsatz und durch ihre herausragende Qualität einen effektiven Rechtsschutz in Niedersachsen gewährleisten.
Und sie leisten eine ganz hervorragende Arbeit! Dafür möchte ich ihnen an dieser Stelle ausdrücklich und aufrichtig danken.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine schnelle, leistungsfähige und auf hohem Niveau arbeitende Justiz braucht gute und verlässliche Rahmenbedingungen mit hervorragender Personalausstattung, angemessenen sächlichen Mitteln und vernünftigen Arbeitsräumen. Frau Ministerin, noch ist es Ihre Aufgabe, dafür zu sorgen. Dieser Aufgabe aber werden Sie nicht gerecht.
Zwar enthält dieser Doppelhaushalt positive Ansätze. So ist es richtig und wichtig, dass Sie, Frau Ministerin, auf die PEBB§Y-Nacherhebung zu 2014 reagiert haben und zusätzliche Stellen schaffen konnten. Diese personelle Verstärkung wird der Justiz helfen, die hohe Arbeitsbelastung der Beschäftigten abzumildern. Das erkennen wir durchaus auch an und unterstützen es auch.
Als großen Erfolg können Sie das allerdings nicht feiern; denn einige Stellen mehr, einige Ausbildungsplätze mehr reichen allein zur Stärkung der Justiz nicht aus. Auf die Justiz kommen in den nächsten Jahren vielfältige Herausforderungen zu. Der elektronische Rechtsverkehr muss datensicher eingeführt werden. Zusätzliche straf- und zivilrecht
liche Gerichtsverfahren in Braunschweig wegen der VW-Abgasaffäre, immer mehr komplizierte Wirtschaftsverfahren, zusätzliche Verfahren bei den Staatsanwaltschaften und den Gerichten im Bereich der Einbruchskriminalität und auch der Cyber-Kriminalität müssen bewältigt werden, um nur einige wenige Dinge zu benennen. Hierauf hätten Sie mit innovativen Konzepten reagieren müssen. Wo aber bleiben Ihre Ideen? Oder sind Sie ideenlos?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs läuft in Niedersachsen nicht rund. Spätestens 2022 muss bundesweit die E-Akte an allen Gerichten datensicher eingeführt sein und vor allem fehlerfrei laufen. Reibungsverluste durch Systemabstürze, nicht ausreichende Systemverfügbarkeit oder schlecht handhabbare Formulare, vor denen der Richterbund gewarnt hat, können wir uns nicht leisten.
Frau Ministerin, kümmern Sie sich persönlich um dieses wichtige Thema, und sorgen Sie dafür, dass erkennbare Probleme überwunden werden! Die Bürger wollen sich auf die Judikative verlassen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Gewalt- und Sexualstraftätern ist ein wichtiges rechtspolitisches Thema. Wir brauchen die bestmögliche Betreuung gefährlicher Sexualstraftäter - wie auch aller anderen Straftäter -, die möglichst noch in der Haft beginnt und nach der Haftentlassung konsequent fortgeführt wird. Diese muss bedarfsdeckend und flächendeckend sein.
Wie schon im letzten Haushaltsjahr wollen wir auch in den nächsten drei Jahren jeweils 500 000 Euro für drei Modellprojekte einsetzen, und zwar für eine psychotherapeutische Fachambulanz mit Vertragsärzten beim Landgericht Hannover, eine angekoppelt an eine forensische Ambulanz beim Landgericht Göttingen und eine weitere beim Landgericht Oldenburg, nach dem Vorbild Bayerns. Die Modellprojekte sollen wissenschaftlich begleitet werden und fundiert darüber Auskunft geben, welche Angebote in Niedersachsen ausgebaut werden sollen, um das Rückfallrisiko von Straftätern weiter zu verringern. Das schafft Sicherheit, und das ist auch der beste Schutz der Bürger vor neuen Straftaten.
Und das ist auch genau das, was die Bürger vom Rechtsstaat erwarten: Schutz und Sicherheit.
Danke, Frau Präsidentin.
Die 14 Anlaufstellen für ambulante Straffälligenhilfe im Erwachsenenbereich wollen wir finanziell besser ausstatten. Nach 2009, als CDU und FDP den Zuschuss um 300 000 Euro auf 1,3 Millionen Euro erhöht haben, wollen wir den Zuschuss jetzt um weitere 200 000 Euro anheben. Dies wird das ambulante Angebot für erwachsene Straffällige erheblich verbessern und auch zu mehr Sicherheit beitragen.
Wir wollen weiter den Verband der Schöffen mit 20 000 Euro unterstützen. Sie wissen: Der Verband der Schöffen hat für seine Arbeit und für Fortbildung erstmalig um 20 000 Euro im Haushalt gebeten. Sie von Rot-Grün haben 15 000 Euro eingesetzt. Ich denke, Sie sollten sich noch einen Ruck geben, weil die Arbeit der Schöffen so unendlich wichtig und für unseren Rechtsstaat unverzichtbar ist, und diesem berechtigen Wunsch des Verbandes folgen und den Gesamtbetrag zur Verfügung stellen. - Wir wollen das.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, bedrücken Sie nicht die hohen und immer weiter steigenden Zahlen von Einbrüchen, die uns der Innenminister nur auf Druck der CDU-Fraktion im letzten Plenum mitgeteilt hat? - Uns schon! Unser Ziel muss doch sein, Straftaten möglichst mit präventiven Mitteln zu verhindern und, wenn Straftaten geschehen sind, mehr aufzuklären und Beschuldigte zeitnah zu verurteilen. Es ist doch nicht hinnehmbar, dass bei Einbruchsdelikten einer ohnehin nur niedrigen Aufklärungsquote von 22 % eine Verurteilungsrate von lediglich 2,6 % gegenübersteht.
Hier, Frau Ministerin, hätte ich erwartet, dass Sie nennenswerte Impulse setzen. Aber leider Fehlanzeige! Verantwortungsvolle Politik zugunsten von
Opfern ist das nicht. Wir wollen, dass Straftäter zeitnah zur Verantwortung gezogen werden. Was ist zu tun?
Gerade weil zunehmend ausländische Banden ganze Wohngebiete ausspähen, sich aber für die Einbrüche nur einige wenige Stunden in Niedersachsen aufhalten, müssen wir zum einen die Polizei stärken. Das hat meine Kollegin Angelika Jahns schon vermehrt gefordert, und Herr Kollege Adasch hat es hier im Plenum gesagt. Zum anderen müssen wir auch weiterhin - wenn wir die Polizei stärken, die für Aufklärung steht - die Staatsanwaltschaften stärken; denn die Staatsanwaltschaften sind diejenigen, die die aufgeklärten Straftaten zur Anklage bringen müssen.
Auch wegen des Auslandsbezuges wollen wir hier Schwerpunktstaatsanwaltschaften schaffen. Dafür haben wir im Haushalt zur Bekämpfung von Einbruchskriminalität zehn zusätzliche Stellen für Staatsanwälte und den mittleren Dienst und weitere 20 000 Euro für den Geschäftsstellenbedarf vorgesehen.
Meine Damen und Herren, ich komme nun zu den Baumaßnahmen, die Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsanstalten betreffen.
Nachdem wir jahrelang nachdrücklich Mittel für den Justizstandort Osnabrück von Ihnen eingefordert haben, ist es Ihnen auf den letzten Metern gelungen, zumindest Planungsmittel in den Haushalt einzustellen. Diese Entscheidung war längst überfällig.
Die Beschäftigten in Osnabrück warten schon lange auf dieses Signal von Ihnen. Hoffentlich ist es mehr als nur ein Signal.
- Den ersten Bauabschnitt haben wir fertiggestellt. Und danach
sind Sie in Regierungsverantwortung gekommen und haben diese Maßnahme nicht fortgesetzt.
Meine Damen und Herren, hoffentlich folgen den Worten der Ministerin, zügig mit dem Ausbau beginnen zu wollen, im nächsten Jahr auch Taten.
Der Zugang zum Recht ist elementares Recht eines jeden Menschen und unabdingbar für ein funktionierendes Rechtswesen. Deshalb müssen die Gerichte ohne Probleme für alle Menschen, mit und ohne Behinderung, erreichbar sein. Dies ist in Niedersachsen leider nicht bei allen Amtsgerichten gewährleistet. Knapp die Hälfte aller Amtsgerichte ist für rechtssuchende Menschen nicht barrierefrei zugänglich. Hier muss Politik handeln und mehr Investitionsmittel zur Verfügung stellen.
Wir wollen in den nächsten drei Jahren jeweils 10 Millionen Euro zusätzlich in den Haushalt einsetzen, um die Gerichte nach und nach zu sanieren und barrierefrei zu gestalten.
Ich möchte noch ein anderes Thema ansprechen: Das ist der Haushalt des Staatsgerichtshofs. Diesen Einzelplan haben wir traditionell immer im großen Einvernehmen verabschiedet. Ich hätte mir sehr gewünscht, Sie wären unserer Anregung gefolgt und hätten die Aufwandsentschädigung für die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des Staatsgerichtshofes angemessen erhöht. Wir schlagen eine Erhöhung um 100 000 Euro vor.
Frau Ministerin, mit den Stimmen von SPD und Grünen verabschieden wir gleich den vermutlich letzten Haushalt, den Sie in Ihrer Amtszeit zu verantworten haben.
- Ich habe gesagt „gleich“. Morgen ist auch gleich.
Sie haben 2013 bei der Regierungsübernahme viel versprochen und vermutlich bei dem einen oder
anderen Hoffnungen geweckt. Was ist denn daraus geworden?
Frau Ministerin, Sie haben versprochen, Richterwahlausschüsse in Niedersachsen einzuführen, um so die demokratische Legitimation der Justiz zu stärken. Richterwahlausschüsse gibt es bis heute nicht.
Sie wollten schon 2014 ein Resozialisierungsgesetz anpacken. Wo ist es?
Sie wollten die Mediation weiter vorantreiben. Wo sind Ihre Initiativen?
Sie wollten dem Landtag einen Entwurf zum Informationsfreiheitsgesetz vorlegen. Wo ist er?
Ihre Zeit wird langsam knapp. Aber Sie mussten sich ja mit wichtigeren Dingen beschäftigen und aus parteipolitischen Gründen einen verdienten Generalstaatsanwalt ohne Grund öffentlich diskreditieren und in seinem Ruf beschädigen.
- Schade, Herr Limburg, dass Sie da lachen.
Von einer Entschuldigung war nach Einstellung des Verfahrens keine Spur.
Was bleibt? - Es bleiben zu wenig barrierefreie Gerichte, zu wenig Personal, zu viele Ausbrüche und Entweichungen und zu viele Skandale. Es bleiben Pleiten, Pech und Pannen.
Wo war eigentlich Ihr Einschreiten im Kabinett, Frau Ministerin, als Sie feststellen mussten, dass Ihre Kabinettskollegin Frauke Heiligenstadt gegen Ihren Amtseid verstößt, weil sie die Vollverschleierung einer Schülerin in Belm gegen das Schulgesetz und damit fortgesetzt einen Rechtsbruch duldet?
So wollen Sie Hüterin des Rechts sein? - Seit Übernahme der Regierungsverantwortung 2013 haben Sie mehr Negativschlagzeilen produziert, als Sie die Gestaltung der Rechtspflege vorange
trieben haben. Das, Frau Ministerin, tut der Justiz nicht gut. Sie tun der Justiz nicht gut.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte kurz auf die Ausführungen des Kollegen Limburg zum Investitionsstau eingehen.
Ein Investitionsstau bei Gebäuden entsteht nicht über Nacht; ein Investitionsstau bei Gebäuden entwickelt sich über viele Jahre.
Ich glaube, dass viele Landesregierungen, sowohl rote als auch rot-grüne und schwarz-gelbe, immer daran gearbeitet haben, diese Situation ein Stück weit zu verbessern. Aber keine Regierung hat sich des Problems insgesamt angenommen und einen vernünftigen Plan aufgestellt, damit unsere Gerichte und Staatsanwaltschaften in Zukunft in vernünftig ausgestatteten und weitgehend barrierefreien Gebäuden arbeiten können. Dazu haben wir als CDU-Fraktion einen Antrag eingebracht.
Ich habe manchmal den Eindruck, dass die jeweilige Opposition von Investitionsstau redet, während die die jeweilige Regierung tragenden Fraktionen der Opposition vorhalten: Ihr habt ja nichts gemacht! - Das ist das Problem, und wenn das auch künftig regelmäßig so erfolgt, dann wird nichts getan, um den Investitionsstau zu beseitigen.
Frau Ministerin hat gesagt, was eine funktionsfähige Justiz braucht: auf der einen Seite Personal und auf der anderen Seite gut ausgestattete Räumlichkeiten. Und da habe ich doch die sehr dringende Bitte, dass wir uns auch einmal der Frage widmen, wie wir unsere Gerichtsgebäude insgesamt so ausstatten können, dass man vernünftig darin arbeiten kann. Sie sollen barrierefrei sein, höchsten Sicherheitsanforderungen entsprechen und vernünftig ausgestattet sein. Ich denke, an einigen Amtsgerichten, aber auch an einigen anderen Gerichten gibt es da noch genug zu tun.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kollegin SchröderEhlers, ich habe mitnichten mit einem Vorwurf reagiert. Ich habe vielmehr ausgeführt, dass das Problem eines Investitionsstaus nicht einer zurückliegenden Regierung allein angelastet werden kann, sondern im Zweifel schon viel früher entstanden ist; denn sonst hätten wir keinen umfassenden Stau. Dazu haben sicherlich verschiedene Regierungen beigetragen, die im Einzelnen versucht haben, Abhilfe zu schaffen, die aber kein umfassendes Konzept aufgestellt haben, alle Amtsgerichte beispielsweise barrierefrei zu machen oder allen Gerichten die Chance zu geben, dass die Räumlichkeiten so ausgestattet sind, dass man in ihnen vernünftig arbeiten kann. Das hat auch die Frau Ministerin in der Antwort auf die Große Anfrage zugestanden, als sie ausgeführt hat, dass 37 der 80 Amtsgerichte nicht barrierefrei sind.
In der Unterrichtung ist gesagt worden, wie man mit kleinen technischen Möglichkeiten dazu beitragen will, Amtsgerichte in einigen Bereichen auch so auszustatten, dass beispielsweise Piktogramme
sehbehinderten Menschen zugutekommen. Da ist von leichten Lösungen, die einen kleinen Investitionsaufwand erfordern, gesprochen worden, aber es ist nicht davon gesprochen worden, dass es ein Konzept gibt, in dem alle Gerichte daraufhin untersucht werden, wie man sie barrierefrei machen kann.
Ich räume an dieser Stelle sehr gerne aufrichtig ein - ich denke, wir müssen in dieser Frage ehrlich miteinander umgehen -, dass es einige Amtsgerichte gibt, die aufgrund ihrer Denkmaleigenschaft, aufgrund ihrer baulichen Eigenschaft nur mit hohem Investitionsaufwand barrierefrei gestaltet werden können. Wahrscheinlich wird man es auch nicht bei jedem Amtsgericht erreichen. Aber sicherlich muss dies unser gemeinsames Ziel sein.
Die Geschichte vom Haushalt, die Sie immer und immer wieder auftischen, stimmt nicht. Das haben wir auch in verschiedenen Fachausschusssitzungen erklärt. Dadurch, dass Sie sie immer und immer wieder vorbringen, wird sie nicht richtiger.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sind meine Daten! Ja: Meine Daten sind meine Daten, und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung umfasst selbstverständlich mein Recht, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und die Verwendung meiner Daten zu bestimmen. Die Befugnis, grundsätzlich über die Offenbarung persönlicher Lebenssachverhalte zu entscheiden, bedarf in unserer hochtechnisierten Welt eines besonderen Schutzes, dies insbesondere vor dem Hintergrund der heute scheinbar unbegrenzten technischen Möglichkeiten. Was kann heute nicht alles technisch gespeichert oder in Bruchstücken von Sekunden völlig unabhängig von Entfernungen an viele andere Adressaten versandt werden!
Aber, meine Damen und Herren, nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch rechtlich erlaubt oder sollte gar erlaubt werden. Ich denke, hierüber besteht bei uns Einigkeit. Jeder Einzelne muss vor unbegrenzter Erhebung, Speicherung und Verwertung seiner Daten wirksam geschützt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat 1983 in seinem wegweisenden sogenannten Volkszählungsurteil die informationelle Selbstbestimmung aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht - Artikel 2 Abs. 1 und Artikel 1 des Grundgesetzes - abgeleitet und somit als Grundrecht anerkannt.
Allerdings, meine Damen und Herren, gilt dieses Grundrecht nicht schrankenlos, wie das Bundesverfassungsgericht in mehreren Entscheidungen festgestellt hat. Es steht im Spannungsverhältnis zwischen dem Recht des Einzelnen auf den Schutz seiner eigenen Daten und den überwiegenden Informationsinteressen der Allgemeinheit. Die CDU-Landtagsfraktion bekennt sich ausdrücklich zu dieser Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts!
Wir leben in einer Welt, in der Informationen über Personen zu immateriellen Werten mit großer Nachfrage werden. Wir leben auch in einer Welt, in der beständig mehr Daten, Bild- und Tonaufnahmen erstellt und gespeichert werden, als man es sich noch im letzten Jahrhundert hätte vorstellen können. Diese Entwicklungen brauchen immer neue Regelungen. Faktisch - auch das muss festgestellt werden - hinkt unser Recht den technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen beständig hinterher.
So stellt sich gegenwärtig die Frage, ob die gesetzlichen Vorgaben gegenüber Google, Apple oder Facebook nicht verschärft werden sollten. Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass die Menschen diese Daten zumindest häufig in großer Unbekümmertheit freiwillig diesen Unternehmen überlassen. Hier sehe ich nach wie vor großen Informations- und Aufklärungsbedarf.
Es gibt auch weitere Beispiele dafür, dass das Grundrecht nach den Prinzipien der praktischen Konkordanz in das Gleichgewicht mit anderen berechtigten Interessen gebracht werden muss. Ich will hier die Aufnahmen von Kameras in Autos, von sogenannten Dashcams, nennen. Solange Landschaftsaufnahmen gefertigt werden, völlig unproblematisch. Wenn aber der Straßenverkehr aufgenommen und gespeichert wird, ist, so glaube ich schon, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung Dritter betroffen. Die Aufnahmen können sicherlich manches Mal einen Beitrag zur Aufklärung von Unfallhergängen und Straftaten leisten sowie helfen, in Straf- und Zivilverfahren zutreffender und vielleicht auch gerechter zu entscheiden. Die Rechtsprechung hierzu ist uneinheitlich. Der Verkehrsgerichtstag in Goslar hat dafür plädiert, diese Aufnahmen unter Bedingungen zu erlauben. Wenn wir das wollen, brauchen wir eine klare gesetzliche Regelung, die einen sachgerechten Ausgleich zwischen Beweisinteresse und Persönlichkeitsrecht schafft.
Ein weiteres Beispiel ist die private und staatliche Videoüberwachung. Ein weiteres Beispiel: Fremde Kameras in Schlafzimmern, also im höchstpersönlichen Lebensbereich, sind nicht zu rechtfertigen.
Auf der anderen Seite kann man aber auch nicht erwarten, dass man z. B. als Besucher eines hochkarätigen Fußballspiels oder einer Fernsehshow nicht gefilmt wird.
Anfang Januar sprachen sich 88 % aller Frauen und 75 % aller Männer bei einer Umfrage für mehr Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen und in Verkehrsmitteln aus
- sicherlich auch eine Reaktion auf die Übergriffe in Köln -, gleichwohl ist das eine beachtliche Zustimmung.
Für uns gehören öffentliche Busse und Bahnen sowie Haltestellen zu den Bereichen, in denen eine umfassende Videoüberwachung richtig sein kann. Sie kann helfen, Verdachtsfälle zu klären und Täter zu überführen. Sie kann das Sicherheitsgefühl von Reisenden und Mitarbeitern erhöhen und für mehr Schutz sorgen. Allerdings gilt das nicht unbegrenzt.
Die Landesregierung hat sich für mehr Videoüberwachung ausgesprochen. Sie ist dann aber auch in der Pflicht, für klare rechtliche Grundlagen Sorge zu tragen.
Meine Damen und Herren, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist ein hohes Gut. In dieses Recht sollte nur zum überwiegenden Schutz des Allgemeininteresses gemäß der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes eingegriffen werden, und auch nur aufgrund einer Rechtsgrundlage, aus der sich Voraussetzungen und Umfang genau ergeben. Dann, meine Damen und Herren, kann ich sagen: Ja, es sind meine Daten, aber in diesen engen Grenzen kann ich auch teilen.
Danke schön, Herr Präsident. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen, seit dem Jahr 2009 auch in Deutschland geltendes Recht, fordert die gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe aller Menschen in der Gesellschaft. Wie dies in Niedersachsen erfolgreich umgesetzt werden kann, diskutieren wir vielfach hier im Landtag, so beispielsweise für die Inklusion in den Bildungseinrichtungen oder in sozialen Einrichtungen, aber auch völlig zu Recht.
Inklusion, meine Damen und Herren, ist aber mehr. Sie erstreckt sich auf alle Lebensbereiche und muss selbstverständlich auch uneingeschränkt für den Zugang zum Gericht gelten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Zugang aller Menschen zum Recht ist elementares Recht eines jeden Menschen und unabdingbar für ein funktionierendes Rechtswesen.
Alle rechtsuchenden Personen und Bediensteten müssen unsere Gerichte barrierefrei erreichen und ohne fremde Hilfe zweckentsprechend nutzen können. Leider ist das in Niedersachsen nicht an allen Gerichtsstandorten gewährleistet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, so hat die Landesregierung auf eine Kleine Anfrage des Kollegen Dr. Hans-Joachim Deneke-Jöhrens eingeräumt, dass zurzeit 35 der 80 Amtsgerichte in Niedersachsen nicht barrierefrei zugänglich sind. Das bedeutet in der Praxis, dass rechtsuchende Menschen mit Beeinträchtigungen in der Regel auf unterstützende Maßnahmen fremder Menschen angewiesen sind. Wenn sie den Verhandlungssaal des Amtsgerichtes im ersten Stock nicht selbstständig erreichen können, weil beispielsweise ein Fahrstuhl fehlt, oder das Amtsgericht nur mithilfe eines Krankentransportes wieder verlassen können, ist dies für unsere Gesellschaft beschämend. Meine Damen und Herren, das können wir nicht wollen. Unser Ziel muss vielmehr sein, dass alle Menschen die Justiz ohne Probleme erreichen können.
Dafür müssen bauliche Barrieren und Hindernisse beseitigt werden.
Das wird den Einsatz erheblicher finanzieller Mittel erfordern. Ich räume auch ein: Dies wird nicht sofort - an allen Standorten zeitgleich - möglich sein,
sondern es wird Zeit kosten. Es werden sicherlich Jahre vergehen. An einigen wenigen Amtsgerichten wird es wohl nur mit unverhältnismäßigem Mehraufwand umsetzbar sein. Schließlich sind einige Gerichte in alten, denkmalgeschützten Gebäuden untergebracht, bei denen ein barrierefreier Zugang nur schwer zu realisieren ist.
Meine Damen und Herren, das sollte uns aber nicht entmutigen. Wir sollten anfangen.
Barrierefreiheit kommt insbesondere Menschen mit Behinderungen zugute, nutzt aber jedem Menschen. Ein jeder von uns kann plötzlich und unverhofft auf einen barrierefreien Zugang angewiesen sein, sei es vorübergehend - durch Einschränkungen aufgrund von Krankheit oder Unfall -, sei es durch Mobilitätseinschränkungen im Alter. Beispielsweise freuen sich über einen Eingang ohne Stufen sowohl die Menschen im Rollstuhl als auch Eltern mit Kinderwagen und Personen mit Rollator.
Es gibt verschiedene Vorgehensweisen, unsere öffentlichen Gerichtsgebäude barrierefrei zu gestalten. Ein schönes Beispiel ist sicherlich das Justizzentrum Hannover. Hier hat mir insbesondere sehr gut gefallen, dass es Piktogramme gibt, die Menschen mit einer starken Sehbeeinträchtigung barrierefreien Zugang zum Recht geben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Niedersächsische Bauordnung verpflichtet das Land, bei der Änderung öffentlicher Gebäude grundsätzlich die Belange von Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen. Wenn wir so vorgehen, hängt die Umsetzung der Barrierefreiheit allerdings von Zufälligkeiten ab. Das wollen wir ausdrücklich nicht.
Wir möchten die Amtsgerichte schrittweise, in einem mehrjährigen Prozess, barrierefrei gestalten. Für die notwendigen vielfältigen baulichen Veränderungen brauchen wir eine realistisch umsetzbare und vor allen Dingen vorausschauende Planung. Es soll einen verbindlichen Zeitrahmen geben, der den Gerichten Verlässlichkeit und Planungssicherheit gibt. Deshalb schlagen wir vor, dass die Landesregierung ein mehrjähriges Investitionsprogramm mit festem Zeitplan zur Barrierefreiheit aller Gerichte vorlegt.
Ich würde mich sehr freuen, wenn unser Antrag in großer Geschlossenheit verabschiedet würde. Dies wäre ein gutes und wichtiges Signal für mehr
Chancengleichheit für alle Menschen - mit und ohne Behinderungen - und würde zeigen, dass barrierefreies Bauen für uns selbstverständlich ist.
Die Umsetzung wird unsere Gesellschaft menschlicher gestalten. Öffentliche Gebäude ohne Barrieren sind Gebäude für alle Menschen. Dies sollten wir anstreben.
Ich freue mich auf die Diskussion im Fachausschuss.
Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hoffe, dass meine Stimme durchhält; denn ich bin furchtbar erkältet, und die Luft hier ist nicht gerade förderlich.
Sehr geehrter Herr Kollege Limburg, Sie wissen sehr genau, dass in den vergangenen Jahren gerade in den Gerichtsgebäuden eine ganze Menge Investitionen getätigt worden sind. Wir haben diesen Antrag auch ganz bewusst gestellt, weil die Anfrage ergeben hat, dass 35 der 80 Amtsgerichte nicht barrierefrei sind. Das bedeutet, dass wir handeln müssen.
Nun kann man sich natürlich hinstellen und zur Begründung der Ablehnung, die man gegebenenfalls vornehmen wird - das weiß ich nicht -, fragen: Was hat denn die damalige Landesregierung in den letzten zehn Jahren gemacht? - Das ist immer wieder der Blick zurück. Ich will Ihnen eines sagen: Sie sind nicht in den Landtag gewählt worden, um immer nur Rückschau zu halten, sondern um die Zukunft zu gestalten und für die Zukunft etwas zu bewirken.
Ich möchte an dieser Stelle sehr gerne einmal einen Spruch von Albert Einstein zitieren:
„Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Menschen mit Behinderungen, die Recht suchend vor einem Gerichtsgebäude stehen, interessiert die Zukunft und nicht die Vergangenheit.
Doch. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kollegin Schröder-Ehlers, ich hatte eingangs gesagt, dass ich mich sehr freuen würde, wenn wir diesen Antrag konstruktiv gemeinsam beraten würden. Wenn uns das gelingt, würde mich das sehr freuen.
Ich gebe Ihnen recht: Barrierefreiheit ist selbstverständlich mehr als nur physischer Zugang. Aber der physische Zugang ist der erste Schritt, um dann auch weitere Schritte in Anspruch nehmen zu können.
Selbstverständlich ist in den vergangenen Jahren einiges erreicht worden - u. a. das Projekt zur leichten Sprache. Ich habe ganz bewusst auf das Justizzentrum Hannover hingewiesen. Wenn man dort durchgeht, sieht man sehr deutlich, wo die Barrierefreiheit Einzug gehalten hat. Das ist gut so, und das ist wichtig so.
Wenn es uns gelingt, dass wir dies in den nächsten Jahren - möglichst in großer Übereinstimmung - schrittweise auch für die Gerichte erreichen können, für die es zurzeit noch nicht gilt, dann haben wir für Menschen mit Behinderungen wirklich einen Meilenstein gesetzt. Es sind ja nicht nur die UN-Behindertenrechtskonvention und die Gleichstellungsgesetze auf Bundes- und Landesebene sowie die Niedersächsische Bauordnung, die vieles vorschreibt. Das eine sind die Gesetzesvorschriften, die die Möglichkeit zum Handeln eröffnen. Mir ist an dieser Stelle wichtig, dass wir schrittweise anfangen und eine vernünftige Planung durchführen, damit die Gerichte insgesamt und für sich genommen Planungssicherheit haben
und wissen, wann die Barrierefreiheit auch für ihren Standort ansteht.
Das ist mir ein wirklich großes Anliegen. Insofern bitte ich um Verständnis, wenn ich manchmal etwas sehr emotional reagiere. Ich habe nämlich im Ehrenamt sehr viel mit Menschen mit Behinderung zu tun. Und dann kann es auch schon einmal sein, dass man meint, bei dem anderen etwas zu erkennen, was tatsächlich aber nicht vorhanden ist. Für mich ist es jedenfalls ein immens wichtiges Anliegen. Wenn wir im Ausschuss konstruktiv zusammenarbeiten würden, würde ich mich sehr freuen.
Danke.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir stimmen gleich über den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Ausgestaltung des Jugendarrestvollzugs ab. Damit regeln wir gesetzlich den Freizeit-, Kurz- und Dauerarrest für Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 14 bis maximal 27 Jahren.
Zunächst ein kurzer Blick auf Herrn Kollegen Limburg. Es sei mir gestattet, zu sagen, dass gerade dieser Freizeit-, Kurz- und Dauerarrest das Mittel ist, das zwischen den Sanktionen im rein erzieherischen Bereich und der Jugendstrafe im Gefängnis liegt. Von daher stimmen wir heute nicht über die Sinnhaftigkeit ab. Ich bitte aber, dies immer im Blick zu behalten.
Um eines gleich vorwegzunehmen: Sehr geehrte Frau Ministerin, Ihr Entwurf übernimmt im Wesentlichen die Bestimmungen aus Richtlinien und Verordnungen, die sich in der Praxis bereits bewährt haben. Die CDU-Fraktion wird dem Gesetzentwurf zustimmen, zwar zum einen deshalb, weil das Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 30. Mai 2006 zur Verfassungswidrigkeit des Jugendstrafvollzuges sicherlich auch gebietet, den Jugendarrestvollzug gesetzlich zu regeln, und zum anderen auch deshalb, weil der Ursprungsentwurf im Beratungsverfahren notwendige Änderungen erfahren hat.
Ich möchte an dieser Stelle allen Kollegen und Kolleginnen von den anderen Fraktionen für die konstruktive Beratung danken. Danken möchte ich aber auch dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst für die zügige Umsetzung der Änderungsvorschläge, ferner aber auch Herrn Grote vom Ministerium für seine sachgerechte Begleitung der Beratung des Gesetzentwurfs im Ausschuss.
Wichtig waren für uns die Änderungsvorschläge zur Konkretisierung der Gestaltungsgrundsätze und - wie einige Kollegen schon angesprochen haben - zur Sicherheit in den Anstalten sowohl für die Mitarbeitenden als auch für die Arrestanten selbst. Von den Verbänden ist massiv und sehr eindringlich auf das Sicherheitsrisiko hingewiesen worden, das dann entsteht, wenn körperliche
Durchsuchungen bei der Aufnahme von Arrestanten und Arrestantinnen nicht mehr wie bisher durchgeführt werden können. Hier ist nachgebessert worden. Jetzt kann die Vollzugsbehörde allgemein anordnen, dass Arrestanten bei der Aufnahme zur durchsuchen sind. Der Verband der Strafvollzugsbediensteten hat uns auf Nachfrage hin versichert, dass die nunmehr gefundene Formulierung so ausreichend sei.
Ein weiterer Punkt ist die konsequente Umsetzung erzieherischer Maßnahmen. Das ist sicherlich der Kernpunkt des Gesetzentwurfs. Hier wird es sehr wichtig sein, an die bisherige erfolgreiche Arbeit der Bediensteten anzuknüpfen und weiterhin eine professionelle und an den spezifischen Bedürfnissen der Arrestanten ausgerichtete erzieherische Arbeit zu leisten.
Ich glaube, dass die Erziehung der eigentliche Kernbereich ist. Hier werden wir aufeinander abgestimmte geeignete Maßnahmen brauchen, um den Jugendlichen eindringlich vor Augen zu führen, warum sie die Taten begangen haben, und um die Jugendlichen dazu anzuhalten, künftig möglichst frei von Verfehlungen zu leben.
Ich danke Ihnen, Frau Ministerin, auch dafür, dass Sie noch einmal unsere große Sorge angesprochen haben, die nicht darin begründet ist, dass die Erreichbarkeit auch dann gewährleistet sein muss, wenn der Kurz- und Freizeitarrest nicht mehr, wie bisher, in den Amtsgerichten stattfindet, sondern darin, dass die jungen Arrestanten die Anstalt so rechtzeitig erreichen, dass sie an allen Maßnahmen teilnehmen und von ihnen profitieren können.
Sehr geehrte Frau Ministerin, wir werden dem Gesetzentwurf zustimmen, wir werden Sie aber auch beim Wort nehmen, dass Sie dies zu Ihrem Anliegen machen. Die Arrestantinnen und Arrestanten, die Bürgerinnen und Bürger und die Bediensteten erwarten, dass die Rückfallquoten, die in Niedersachsen wie in den anderen Bundesländern sehr hoch sind, möglichst gedrückt werden; denn wir alle wollen eines erreichen, nämlich dass junge Menschen nicht in die kriminelle Karriere abrutschen. Ich bitte Sie, notfalls gegenzusteuern, wenn es irgendwo kneift. Ansonsten werden wir nachbessern, wenn wir 2018 die Regierung übernehmen.
Vielen Dank.
Danke schön. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Justizhaushalt ist mit rund 1,2 Milliarden Euro, gemessen am Gesamthaushalt, ein eher kleiner Haushalt. Das mindert aber nicht im Mindesten die hohe Bedeutung der Justiz als einer der tragenden Säulen unseres Rechtsstaats.
Rückgrat der Justiz sind die Beschäftigten. Die Beschäftigten, meine Damen und Herren, leisten eine ganz hervorragende Arbeit. Dafür möchte ich ihnen an dieser Stelle ausdrücklich und aufrichtig danken.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Justizhaushalt hätte allein schon deshalb eine deutliche Schwerpunktsetzung verdient. Auch die hohe Zahl von Flüchtlingen, die zurzeit in Niedersachsen Zuflucht und eine neue Heimat suchen, wird die Justiz vor große Herausforderungen stellen. Auch hier hätte ich von Ihnen persönlich, Frau Ministerin, einen deutlicheren Schwerpunkt erwartet.
Leider: Fehlanzeige! Wir bekamen im Rechtsausschuss von Ihnen lediglich einen fragmentarischen Entwurf vorgestellt, der zwar einige Stellenzuwächse bei Fachgerichten verzeichnete, aber der zu erwartenden höheren Belastung durch die aktuelle Flüchtlingssituation nicht im Mindesten gerecht wurde.
Ich habe mehrfach - sowohl im zuständigen Fachausschuss als auch im Plenum am 14. Oktober 2015 - nachgefragt, ob die Fachgerichte, insbesondere die Familien- und Verwaltungsgerichte,
personell so aufgestellt sind, dass sie Verfahren auch im Interesse rechtsuchender Flüchtlinge zügig abarbeiten können. Wir hatten hieran, anders als die Ministerin, deutlich Zweifel. Wir haben Handlungsbedarf gesehen.
Das müssen die Regierungsfraktionen wohl ähnlich gesehen haben; denn sonst hätten sie nicht über die technische Liste „Flüchtlinge“ so viele zusätzliche zeitlich befristete Stellen für den richterlichen und nicht richterlichen Dienst geschaffen. Dies begrüßen wir. Diese personelle Verstärkung der Justiz wird bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise helfen und die sicherlich entstehende besondere Belastung der Gerichte abmildern.
Aber, meine Damen und Herren, die Zahl der Flüchtlinge hat sich im laufenden Jahr verfünffacht. Ob nun eine - nahezu - Verdopplung der Stellen für diesen Bereich ausreichen wird, um auch die Verfahren der rechtsuchenden Flüchtlinge, deren Zahl sich sicherlich auch vervielfachen wird, zügig und schnell abarbeiten zu können, müssen wir abwarten. Ich sehe und räume ein, dass es bei der Zahl der Flüchtlinge, die im Moment Niedersachsen erreichen, sehr schwierig ist, so zu planen, dass man dem tatsächlichen Bedarf immer gerecht wird. Aber im Sinne der Flüchtlinge, die ein Anrecht darauf haben, dass ihre Verfahren schnell und zügig entschieden werden und dass sie schnell Rechtssicherheit mit Blick auf ihre Zukunft haben, müssen wir das hinkriegen. Wir müssen es einfach hinkriegen!
Meine Damen und Herren, diesen Stellenzuwachs können Sie allerdings nicht als Ihr Verdienst feiern. Vielmehr haben Sie sich endlich den Notwendigkeiten gebeugt, um die Arbeitsfähigkeit der Justiz weiter zu sichern. Aber die aufgrund der Flüchtlingssituation notwendig gewordene personelle Aufstockung der Justiz allein wird nicht ausreichen.
Wir müssen personelle Ressourcen schonend einsetzen und auch zu strukturellen Veränderungen bereit sein. Eine Möglichkeit könnten Schwerpunktbildungen sein, zusätzliche Richterstellen könnten dort gebündelt werden, wo die Menschen sind, also dort, wo der Bedarf entsteht, mit anderen Worten: in den Einrichtungen oder in der Nähe von Einrichtungen, wie es beispielsweise Bayern erfolgreich macht.
Diese spezialisierten Kammern, meine Damen und Herren, sichern zum einen eine noch höhere Fachkompetenz, und zum anderen ermöglichen sie die zügigere Durchführung von Verfahren. Dies kann auch zu Entlastungen führen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses deutliche Signal hätte ich mir auch von der Justizministerin gewünscht.
Aber einige wenige Stellen mehr, einige Ausbildungsplätze mehr, ohne dass ihnen ein Mehr an Stellen gegenübersteht, damit, Frau Ministerin, stellen Sie keine positiven Weichen für die Justiz.
Ich habe mich gefragt: Hatten Sie gegenüber dem Finanzminister keine Forderungen, oder konnten Sie sich bei ihm nicht durchsetzen? Entweder Ideenlosigkeit oder fehlende Durchsetzungskraft.
Beides ist gleich schlimm und kommt einer Bankrotterklärung gleich.
Frau Ministerin, Sie kämpfen nicht für Ihr Ressort.
Das wäre aber Ihre Aufgabe, und die Beschäftigten erwarten das auch völlig zu Recht von Ihnen. Lobende Worte für die Beschäftigten bei Terminen zu finden, ist richtig, wichtig und auch erforderlich. Das allein reicht aber nicht. Ihnen müssen Taten folgen. Wo sind sie?
Wir erleben in Niedersachsen im Moment eine sehr große Welle von Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge. Viele Menschen engagieren sich uneigennützig. Ihnen gebührt großer Dank. Gleichzeitig nehmen aber auch die Straftaten gegen Flüchtlinge zu. Das ist schlimm, meine Damen und Herren.
Frau Ministerin, bereitet es Ihnen keine Sorgen, dass sich die Zahl der Straftaten gegen Flüchtlinge nahezu verdoppelt hat? Warum haben Sie nicht die Staatsanwaltschaft wirksam gestärkt, damit sie konsequent Straftaten von Flüchtlingen und Straftaten gegen Flüchtlinge bekämpfen kann?
Wir beraten Ihren Gesetzentwurf zum Jugendarrestvollzug. Dort stellen Sie zum einen pädagogische Angebote in den Mittelpunkt. Dies, Frau Mi
nisterin, begrüßen wir. Doch das wird zusätzliches Geld kosten. Wo sind Ihre finanziellen Mittel?
Zum anderen soll es keinen Freizeit- oder Kurzarrest in den Amtsgerichten mehr geben. Jugendliche sollen vielmehr zu den Jugendarrestanstalten nach Göttingen, Emden, Neustadt am Rübenberge, Nienburg oder Verden fahren. Das bedeutet deutlich weitere Fahrwege für Jugendliche.
Haben Sie einmal darüber nachgedacht, wie ein Jugendlicher aus Lüchow-Dannenberg Freitag nach der Schule oder nach der Ausbildung zur Jugendarrestanstalt nach Verden kommen kann bzw. Sonntagabend wieder zurück? - Ihre Absicht, Frau Ministerin, mag ehrenvoll sein, aber praxistauglich ist sie kaum.
Meine Damen und Herren, mich bedrückt auch der hohe Krankenstand bei den Beschäftigten in den Justizvollzugsanstalten, der mit Ausnahme der Justizvollzugsanstalt Bremervörde im Schnitt bei etwa 20 Tagen liegt. Wir hatten in der Vorbereitung auf die Einzelplanberatung des Haushalts hierzu vom Ministerium einige Auskünfte erbeten. - Danke, Frau Ministerin, es wurde auf unsere Bitte umfangreich über das Gesundheitsmanagement unterrichtet. Ich hoffe sehr, dass dieses Gesundheitsmanagement künftig besser als bisher greifen wird. Sonst, Frau Ministerin, müssten Sie nachsteuern.
Meine Damen und Herren, wir haben zur Vorbereitung unserer Änderungsvorschläge viele Gespräche mit Verbänden geführt und parlamentarische Anfragen gestellt. Eine Anfrage hat sich mit der Situation bei den Gerichten beschäftigt. Aus der Antwort der Landesregierung geht hervor, dass 37 der 80 Amtsgerichte nicht barrierefrei sind. Das bedeutet, dass rechtsuchende Menschen mit Beeinträchtigung an 37 Gerichtsstandorten das zuständige Gericht im schlimmsten Fall gar nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen aufsuchen können. Mir ist berichtet worden, dass Menschen mit Behinderung von ihren Rechtsanwälten in den Verhandlungssaal getragen werden mussten. Meine Damen und Herren, das ist nicht hinnehmbar.
- Bitte?