Wie geht die Landesregierung nun mit diesem Phänomen um? - Die Landesregierung geht entschlossen und konsequent gegen die kriminellen Rockergruppierungen vor und duldet keine rechtsfreien Räume, meine Damen und Herren.
Das galt im Übrigen auch schon für die Vorgängerregierung, die sich im Jahr 2005 mit einer umfangreichen niedersächsischen Rahmenkonzeption auf die sich schon damals abzeichnende Expansion von Rockergruppierungen einstellte. Im niedersächsischen Lagebild 2005 wird erstmals auf den neuen Schwerpunkt „Bekämpfung der Rockerkriminalität“ hingewiesen.
Ebenfalls im Jahr 2005 wurde im Landeskriminalamt Niedersachsen in der Zentralstelle Organisierte Kriminalität eine Ermittlungsgruppe für die Bekämpfung der Rockerkriminalität eingerichtet. Diese Anbindung ist aus organisatorischen und fachlichen Erwägungen erfolgt. Aufgabe dieser nach wie vor bestehenden Ermittlungsgruppe ist neben der Erstellung und Fortschreibung eines Landeslagebildes - also des Bildes, das das Einsatzgeschehen maßgeblich bestimmen soll - das schwerpunktmäßige Führen von Ermittlungen in straf- und gefahrenabwehrrechtlichen Einzelverfahren. Darüber hinaus gewährleistet sie als Zentralstelle das überaus wichtige Informationsmanagement in diesem Phänomenbereich.
Der Kräfteansatz orientiert sich dabei an den Erfordernissen von Auswertung und Analyse sowie der Bearbeitung von Umfangsverfahren in diesem Deliktsbereich. Die allgemeine Informationsgewinnung zu den Motorradclubs und die gezielte Informationsbeschaffung im Deliktsbereich Rockerkriminalität sind vorrangig Aufgabe der Polizeibehörden des Landes Niedersachsen.
nalität eng miteinander vernetzt und gewährleisten einen ständigen und intensiven Informationsaustausch mit der eben erwähnten Ermittlungsgruppe im Landeskriminalamt Niedersachsen.
Insgesamt wird damit das Ziel verfolgt, die illegalen und gefährlichen Aktivitäten von Rockergruppierungen durch gefahrenabwehrende und strafverfolgende Maßnahmen wirksam zu unterbinden und die Verfestigung von personellen und organisatorischen Strukturen zu erschweren und zu verhindern. Das gilt insbesondere in den von ihnen kontrollierten typischen OK-Deliktsfeldern.
Neben der bereits erwähnten Einrichtung einer gesonderten Ermittlungsgruppe in der Zentralstelle Organisierte Kriminalität im LKA sowie einer regelmäßigen und systematischen Analyse und kontinuierlichen Anpassung niedersächsischer Bekämpfungsstrategien wurde im Jahr 2010 durch eine Bund-Länder-Projektgruppe unter intensiver niedersächsischer Beteiligung die bundeseinheitliche strategisch-taktische Rahmenkonzeption „Bekämpfungsstrategie Rockerkriminalität“ entwickelt. Damit werden die polizeilichen Maßnahmen gegen die Rockerkriminalität bundesweit auf einer standardisierten Grundlage umgesetzt.
Dabei ist insbesondere der ganzheitliche Ansatz der Konzeption hervorzuheben: Sie besteht in einer engen Zusammenarbeit der Polizeibehörden mit der Staatsanwaltschaft, den Finanzbehörden, den kommunalen Behörden bis hin zu Unternehmen der Wirtschaft.
Diese Rahmenkonzeption wurde durch das niedersächsische Innenministerium nicht nur mit Erlass vom 2. März 2011 für verbindlich erklärt, sondern darüber hinaus in einigen Punkten noch konkreter gefasst. So werden seitdem in Niedersachsen z. B. sämtliche Straftaten im Zusammenhang mit Rockergruppierungen in den zentralen Kriminaldiensten bearbeitet. Damit werden Erkenntnisse gebündelt und die Bearbeitung der Strafverfahren optimiert. Die Maßnahmen der Polizei des Landes Niedersachsen zielen auf eine effektive Beeinträchtigung aller illegalen Aktivitäten von Rockergruppierungen ab - z. B und insbesondere durch die Verfolgung eben dieses erwähnten ganzheitlichen Ansatzes unter Einbindung aller Behörden mit Ordnungs-, Verwaltungs- und Sicherheitsaufgaben.
Die Ermittlungsführung der Polizeibehörden wird dabei durch die konsequente Ausschöpfung aller rechtlichen und taktischen Möglichkeiten, einschließlich aller verkehrs-, gaststätten-, gewerbe-,
vereins- und baurechtlichen Maßnahmen bis hin zu Zeugen- und Opferschutzmaßnahmen geprägt. Über die beschriebene bundesweite polizeiliche Zusammenarbeit hinaus wurde auch die Zusammenarbeit im Verbund der norddeutschen Küstenländer intensiviert. Ergebnis dieser Kooperation sind u. a. die jährlichen gemeinsamen Situationsberichte und auch der eigenständige intensive Informationsaustausch über die jeweiligen Landeskriminalämter.
Neben dem nationalen Informationsaustausch wurde durch das Landeskriminalamt Niedersachsen auch der internationale Austausch forciert. Im Mai 2010 wurde hierzu ein internationales Rockersymposium unter Beteiligung von Fachexperten aus den USA und von Europol durchgeführt.
Die Landesregierung hatte zuletzt mit der Beantwortung der Kleinen Anfrage in der Drucksache 17/1425 vom 9. April 2014 zum Thema „Strukturen und kriminelle Aktivitäten von Rockerbanden in Niedersachsen“ dargelegt, wie die Landespolizei auf hohem Niveau entschlossen und unter Ausschöpfung aller verfügbaren rechtlichen und taktischen Möglichkeiten mit vielfältigen Ansätzen das Phänomen kriminelle Rockervereinigungen bekämpft.
Das konsequente Vorgehen der Landesregierung wird aber auch deutlich an dem sogenannten und eben schon erwähnten Kuttenverbot: nicht mehr und nicht weniger als ein umfassendes Insignienverbot für nahezu sämtliche kriminellen Rockerclubs und deren Unterstützergruppierungen.
Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport hat mit Erlass vom 2. sowie 15. Juli 2014 die Verfahrensweise bei Strafbarkeit nach dem Vereinsgesetz durch Verwendung verbotener Kennzeichen der Rockergruppierung Hells Angels MC festgelegt. Mit Erlass vom 1. September 2014 wurden sämtliche andere Rockergruppierungen, die durch andere Bundesländer bzw. das Bundesministerium des Inneren verboten wurden, in diese Erlassregelung einbezogen.
Werden verbotene Kennzeichen des Hells Angels MC oder anderer verbotener Rockergruppierungen beispielsweise an einer Kutte oder auf einem TShirt, als Tätowierung, an Clubhäusern oder auf Motorrädern in der Öffentlichkeit oder bei Versammlungen festgestellt bzw. verbreitet, kann ein
Ein Ermittlungsverfahren ist einzuleiten. Festgestellte verbotene Kennzeichen sind sicherzustellen bzw. zu beschlagnahmen. Tätowierungen sind durch geeignete Maßnahmen der öffentlichen Wahrnehmung zu entziehen.
Am 7. April 2014 hat das Oberlandesgericht Hamburg zwei viel beachtete Entscheidungen zur Strafbarkeit des Verwendens verbotener Kennzeichen gefällt, die sich von der früheren Rechtsprechung zu dem Thema unterscheiden.
Frühere Entscheidungen waren davon ausgegangen, dass beispielsweise Ortszusätze auf der Vorderseite einer Rockerkutte dazu führen, dass das verbotene Kennzeichen so verändert wird, dass ein unbefangener Beobachter das Kennzeichen nicht dem verbotenen Verein zuordnet. Ebenso hat das Bayerische Oberste Landesgericht eine Straftat verneint, wenn ein Ortszusatz dem Vereinsnamen und dessen Symbol in unmittelbarem Zusammenhang auf der Rückseite der Kutte hinzugefügt wurde.
Das für Teile von Niedersachsen maßgebliche Oberlandesgericht Celle hat dagegen den Präsidenten des Hells-Angels-Charters Hannover im Jahr 2007 zu einer Geldstrafe verurteilt. Auf seiner Kutte war lediglich auf der Vorderseite ein Ortszusatz angebracht. Allerdings wurde in der Entscheidung darauf hingewiesen, dass eine einschränkende Auslegung der Strafnorm gerechtfertigt sein könne, wenn durch Zusatz eindeutig klargestellt werde, dass nicht auf den verbotenen Verein hingewiesen werden solle. Die Verwechslungsgefahr sei dann ausgeschlossen, wenn der Zusatz zwangsläufig zusammen mit dem Kennzeichen wahrgenommen werden müsse und ohne Weiteres erkennen lasse, dass gerade nicht auf einen verbotenen Verein hingewiesen werden solle.
Das OLG Hamburg nun hat dagegen entschieden, dass z. B. dem Ortszusatz „Harbor City“ keine das Kennzeichen berührende Bedeutung mehr beikomme. Der Begriff als solcher sei ein Fantasiename, der keinen Differenzierungsgehalt aufweise. Ausgangspunkt für die Prüfung einer Verwechslungsgefahr eines Kennzeichens mit einem verbotenen Kennzeichen seien die einzelnen Teilsymbole und nicht etwa die Rückenansicht einer Kutte als Gesamtheit. Je höher hierbei die Merkmalsüber
einstimmung mit verbotenen Kennzeichen sei, desto eher bestehe Verwechselungsgefahr, auch bei Verwendung eines Ortszusatzes.
Die Mehrheit der Bundesländer verfügt über eine mit Niedersachsen vergleichbare Erlasslage, was das Verwenden verbotener Symbole des Hells Angels MC betrifft. Einige Bundesländer, u. a. Nordrhein-Westfalen und Brandenburg, haben die Rechtsprechung, die zu Kennzeichen des Hells Angels MC erging, auch auf andere verbotene Rockergruppierungen übertragen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich betonen: Wir müssen mit der immer noch anzutreffenden falschen und gefährlichen Rockerromantik aufräumen.
Wir reden hier von nichts anderem als von Rockerkriminalität und damit von Gruppierungen, die - wie schon gesagt - nicht selten die Züge organisierter Kriminalität aufweisen und deren Mitglieder insbesondere mit illegalem Handel von Betäubungsmitteln sowie mit Gewalt- und Einschüchterungsdelikten in Verbindung gebracht werden.
Die Symbole und Insignien der Rockerklubs haben dabei eine erhöhte, eine besondere Identifizierungskraft. Sie sind quasi die Marke der Klubs. Unsere zentrale Botschaft ist: Diese Form der Außendarstellung werden wir nicht mehr zulassen! - Damit verfolgt die Landesregierung insbesondere das Ziel, jedwede Verfestigung von Strukturen innerhalb dieser kriminellen Vereinigungen zu unterbinden.
Auf Grundlage dieser mit dem Justizministerium abgestimmten Erlasslage des Innenministeriums vom 1. September 2014 wurden in Niedersachsen auch bereits Strafverfahren eingeleitet.
Dies belegt: Die Landesregierung setzt konsequent alle verfügbaren Rechtsmittel gegenüber kriminellen Rockervereinigungen ein, um einer Bildung von Strukturen frühzeitig offensiv und effektiv entgegenzuwirken.
Die Landesregierung forciert dabei eine systematische Entmythologisierung der Rockerklubs und - auf Ebene der Exekutive - geht schon im Vorfeld und flankierend zu den Veranstaltungen gegen die Aktivitäten von Rockergruppierungen im Sinne eines ganzheitlichen Bekämpfungsansatzes vor.
Auch in bundesweiten Gremien ist der Fokus mit unveränderter Prioritätensetzung auf das Phänomen „Rockerkriminalität“ gerichtet. Mit Beschluss der Konferenz der Innenminister und -senatoren vom 11. bis zum 13. Juni 2014 in Bonn wurden die konsequente Umsetzung der bestehenden Fachkonzepte begrüßt und eine weitere Intensivierung der Bekämpfung der Rockerkriminalität beschlossen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, die südniedersächsische Gemeinde Adelebsen ist in den letzten Wochen leider auf bedrückende Weise in den Fokus der überregionalen Medienberichterstattungen gerückt. Bereits zum vierten Mal in diesem Jahr fand am 30. August erneut ein Treffen vermeintlicher Führungsverantwortlicher der Hells Angels - das sogenannte German Officer Meeting - im Ortsteil Güntersen der Gemeinde Adelebsen statt. Knapp zwei Wochen später wurde - ebenfalls in Adelebsen - im dortigen Klubhaus der Hells Angels Göttingen ein sogenannter Private Day veranstaltet.
Im Zusammenhang mit diesen Ereignissen kam es nicht nur zu verstärkten polizeilichen und ordnungsbehördlichen Aktivitäten, sondern auch zu deutlichen und verständlichen Unmutsbekundungen seitens der Bürgerinnen und Bürger der betroffenen Gemeinde.
In der vergangenen Woche erreichte mich ein Aufruf des Ortsrates von Güntersen, einer Ortschaft im Flecken Adelebsen, mit der dringenden Bitte um „Hilfe, Beistand und Zusammenarbeit in seinen Bemühungen zur Wiederherstellung von Dorffrieden, Sicherheit und Lebensqualität für die Günterser Bürgerinnen und Bürger“ - so die Überschrift dieses Aufrufs -, verbunden mit der Bitte um Solidarität der Verantwortungsträger bei der Erhaltung der Sicherheit und der damit verbundenen Lebensqualität der betroffenen Gemeinde.
Diese Sorgen, meine Damen und Herren, sind verständlich, und sie sind nachvollziehbar: Aufgrund des verstärkten Auftretens der Rocker, aber auch durch Aktivitäten aus dem rechtsextremen Spektrum entsteht ein Klima der Bedrohung, das an die Grenzen der Zumutbarkeit stößt. Darüber hinaus besteht die Befürchtung, dass sich die Aktivitäten des Hells Angels MC in den südlichen Raum Niedersachsens verlagern könnten.
Deshalb habe ich am 24. September persönlich mit dem Ortsbürgermeister von Güntersen, Herrn Dr. Hasselmann, telefoniert und ihm auch einen Brief geschrieben, in dem ich meine Solidarität mit
den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern bekundet und die Unterstützung seitens der Sicherheitsbehörden versichert habe.
Nicht nur das wiederholte Anführertreffen in einer durch das Hells-Angels-Charter Göttingen eigens dafür angemieteten Gaststätte im Ortsteil Güntersen führte zu einer Verunsicherung und Gefährdung des Sicherheitsgefühls der Bürgerinnen und Bürger in der südniedersächsischen Gemeinde. Auch die turnusmäßig wiederkehrenden Veranstaltungen im dortigen Klubhaus der Hells Angels tun dies.
Bis zu einer verwaltungsrechtlichen Überprüfung hatten diese eine größere Öffentlichkeitswirkung entfaltet, da sie als sogenannte Open-HouseVeranstaltungen firmierten, was ein erhöhtes Personen- und Fahrzeugaufkommen und damit verbundene Störungen der Anwohner im Bereich des Klubhauses zur Folge hatte.
Das gemeinsame Einschreiten der kommunalen Verwaltungsbehörden und der Polizei zeigte Wirkung: Seither sind die Hells Angels gezwungen, ihre monatlichen öffentlichen Veranstaltungen in ihrem Klubhaus in Adelebsen auf private Treffen - die eingangs erwähnten Private Days - umzustellen. Diese Veranstaltungen fanden seitdem in einem deutlich selteneren Rhythmus statt.
Bei der letzten Veranstaltung dieser Art am 12. September in Adelebsen zeigte die örtliche Polizei deutliche Präsenz durch hohen Kräfteeinsatz und verstärkte Durchführung polizeilicher Kontrollen. So wurden allein bei dieser Gelegenheit u. a. 60 Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Geschwindigkeitsverstößen eingeleitet.
Neben der belastenden Situation aufgrund der Rocker bestehen aber auch Befürchtungen seitens der Bürgerinnen und Bürger in Adelebsen, dass ein bekannter Angehöriger des rechtsextremen Spektrums - ein führendes Parteimitglied der Partei Die Rechte - Verbindungen zu dem örtlichen HellsAngels-Charter pflegt.
In dem Zusammenhang wurden erneut Fragen laut, ob und, wenn ja, welche Verflechtungen oder Kooperationen zwischen rechtsextremen Parteien oder Einzelpersonen zu den kriminellen Rockervereinigungen vorliegen. Wie die Landesregierung bereits in der Beantwortung der Kleinen Anfrage zu der Frage 15, ob es unter den in Niedersachsen ansässigen OMCGs Gruppen mit politi
schen Zielen gibt, ausführte, haben sich bislang keine Hinweise darauf ergeben, dass die genannten Gruppierungen politische Ziele verfolgen. Ebenso wenig gibt es Hinweise auf eine gezielte Unterwanderung oder Politisierung von Rockergruppen durch Personen der rechten Szene bzw. rechtsgerichteter Parteien. Die in Adelebsen bestehenden Kontakte des besagten Parteimitglieds sind nach derzeitigem Erkenntnisstand rein persönlicher Natur und stehen nicht mit den Aktivitäten der Rocker vor Ort in Zusammenhang.