schen Zielen gibt, ausführte, haben sich bislang keine Hinweise darauf ergeben, dass die genannten Gruppierungen politische Ziele verfolgen. Ebenso wenig gibt es Hinweise auf eine gezielte Unterwanderung oder Politisierung von Rockergruppen durch Personen der rechten Szene bzw. rechtsgerichteter Parteien. Die in Adelebsen bestehenden Kontakte des besagten Parteimitglieds sind nach derzeitigem Erkenntnisstand rein persönlicher Natur und stehen nicht mit den Aktivitäten der Rocker vor Ort in Zusammenhang.
Allerdings ist die Gemeinde zusätzlich durch geplante Veranstaltungen rechtsextremer Gruppierungen auf Initiative dieser Person nachvollziehbar belastet, handelt es sich doch um eine angemeldete Gedenkversammlung zu Ehren des NaziParteihymnenschreibers Horst Wessel. Die Ängste der Bürgerinnen und Bürger sowie der kommunalen Verantwortungsträger sind daher mehr als verständlich, die Ängste nämlich, nicht nur wiederkehrend mit Negativschlagzeilen im Fokus der Öffentlichkeit zu stehen, sondern auch einer latenten Bedrohung durch vielfältige kriminelle bzw. demokratiefeindliche Machenschaften ausgeliefert zu sein. Vonseiten der Landesregierung sichern wir der betroffenen Gemeinde größtmögliche Unterstützung im Rahmen aller zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkeiten zu. Hierzu zählt auch die rechtliche Prüfung, ob diese Veranstaltung untersagt werden kann.
Meine Damen und Herren, aber auch hier gilt: Wir benötigen auch die couragierte Unterstützung der Zivilgesellschaft, also von Bürgerinnen und Bürgern vor Ort, indem alle strafbaren Handlungen, die sich gegen sie selbst richten oder derer sie Zeuge werden, konsequent zur Anzeige gebracht werden. Der Nachweis erhöhten Straftatenvorkommens im Zusammenhang mit Veranstaltungen der Rockerszene oder rechtsgerichteter Gruppierungen rechtfertigt oder befördert weitergehende gefahrenabwehrende oder verwaltungsrechtliche Maßnahmen.
Dies vorausgeschickt, meine Damen und Herren, beantworte ich die Anfrage auf Basis der Berichterstattung des Landeskriminalamtes und der Polizeidirektion Göttingen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Wie bereits im Rahmen der Beantwortung der Kleinen Anfrage vom 3. Dezember 2013 - Drucksache 17/1425, Frage 15 - von der Landesregierung dargelegt wurde, liegen weiterhin keine Hinweise über eine strategische Zusammenarbeit
oder Kooperation von rechtsextremistischer Szene und Rockergruppierungen vor. Die im Rahmen der Beobachtung der rechtsextremistischen Szene angefallenen Erkenntnisse über einzelfallbezogene personelle Kontakte zwischen Rockergruppierungen und Rechtsextremisten sind nach bisherigen Erkenntnissen unpolitischer Natur und auf persönliche Bekanntschaften zurückzuführen. Vereinzelt feststellbare Wechsel von Angehörigen der rechtsextremistischen Szene in die Szene der kriminellen organisierten Motorradklubs gehen zumeist mit einer Einstellung rechtsextremistischer Aktivitäten einher. Allerdings muss dies in den meisten Fällen nicht gleichbedeutend mit einer Abkehr von der rechtsextremistischen Ideologie sein.
Gelegentlich dokumentierte Kooperationen, z. B. bei der Nutzung von Liegenschaften oder Räumlichkeiten der OMCGs durch Rechtsextremisten, sind überwiegend mit wirtschaftlichen Interessen der OMCGs zu begründen. Erkenntnisse über eine strategische Zusammenarbeit oder Kooperation von rechtsextremistischer Szene und OMCGs liegen der niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde sowie den Polizeibehörden nicht vor. Ebenso gibt es keine Anzeichen für eine ideologische Beeinflussung der Rockerszene durch
Aktuelle Hinweise auf eine systematische Rekrutierung von Personen aus dem rechtsextremistischen Spektrum für die Mitgliedschaft in Rockergruppierungen, also auf den umgekehrten Fall, liegen ebenfalls nicht vor.
Zwischen den beim Landeskriminalamt Niedersachsen eingerichteten Zentralstellen für organisierte Kriminalität und politisch motivierte Kriminalität findet ein regelmäßiger Austausch zu vorhandenen Personenerkenntnissen statt, und zwar mit dem Ziel, Verbindungen der Outlaw Motorcycle Gangs, wie beispielsweise dem Hells Angels MC, mit politisch motivierten Personen oder Gruppen festzustellen.
Ebenso, meine Damen und Herren, liegt beim niedersächsischen Verfassungsschutz das Augenmerk auf dieser Schnittstelle zwischen rechtsextremistischer Szene und OMCGs und stellt wegen der daraus möglicherweise resultierenden erhöhten Gefährdung einen Schwerpunkt bei der Beobachtung des Rechtsextremismus dar.
Zu Frage 2: Die im Rahmen des Sondereinsatzes am 30. August in der Ortschaft Güntersen eingesetzten Polizeibeamtinnen und -beamten konnten keine Feststellungen treffen, die den Anfangsverdacht einer Straftat begründet hätten. Auch ist ihnen vor Ort oder im Zusammenhang zum Einsatzgeschehen kein strafbares Verhalten mitgeteilt worden. Bis zum Eingang der Anfrage und der Berichtsvorlage der PD Göttingen am 19. September sind bei der Polizeiinspektion Göttingen keine Strafanzeigen im Zusammenhang mit dem Geschehen am 30. August in Güntersen erstattet worden.
Aufgrund eines Presseartikels im Göttinger Tageblatt am 2. September, in dem über „Sachbeschädigungen unter Polizeibeobachtung“ - so die Überschrift - und Bedrohungen von Bürgerinnen und Bürgern berichtet wurde, erfolgte seitens der Polizeiinspektion Göttingen von Amts wegen die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens.
Im Rahmen einer Erörterung der Rockersituation im Landkreis Göttingen unter Teilnahme zweier Mitglieder des Niedersächsischen Landtags, Vertretern der Kommunalverwaltung und der Behördenleitung der PD Göttingen sowie einem Vertreter des Innenministeriums wurde von einem Kommunalvertreter geäußert, dass es am 30. August 2014 in Güntersen auch zu Beleidigungen durch Angehörige des Charters der Hells Angels gegenüber Bürgerinnen und Bürgern aus Güntersen gekommen sei. Auch diese Mitteilung wurde im Rahmen der bereits eingeleiteten Ermittlungen berücksichtigt.
Nach derzeitigem Ermittlungsstand handelte es sich bei der im Presseartikel des Göttinger Tageblatts erwähnten „Sachbeschädigung“ um das Beiseite-Räumen einer Holzkonstruktion, die eine Parkplatzzufahrt blockierte. Die ebenfalls im Pressebericht erwähnten Bedrohungen ließen sich bislang nicht verifizieren. Ein entsprechender Strafantrag hierzu liegt der Polizeiinspektion Göttingen nicht vor. Der polizeiliche Ermittlungsvorgang wurde der Staatsanwaltschaft Göttingen zur weiteren Entscheidung vorgelegt.
Zu Frage 3: Die Bekämpfung der Rockerkriminalität ist eine der kriminalpolitischen Schwerpunktsetzungen der Landesregierung. Auf Grundlage der landesweiten Bekämpfungsstrategie unter Festlegung von Mindeststandards wird in der Polizeidirektion Göttingen - genau wie in den anderen fünf Polizeidirektionen - einem ganzheitlichen Ansatz einer frühzeitigen und engen Kooperation mit den
zuständigen kommunalen Verwaltungszweigen besondere Bedeutung beigemessen. Neben der Darstellung der phänomenbezogenen Kriminalitätslage und einer Aufstellung der relevanten OMCGs wird anhand einer operativen und strategischen Analyse der erhobenen Informationen auch eine Prognosedarstellung vorgenommen.
Insgesamt wird das Ziel verfolgt, die illegalen Aktivitäten von Rockergruppierungen, insbesondere in den von ihnen kontrollierten typischen OKDeliktsbereichen, sowohl durch gefahrenabwehrende als auch durch strafverfolgende Maßnahmen nachhaltig zu unterbinden und die Verfestigung von personellen und organisatorischen Strukturen zu verhindern.
Diesen Leitlinien folgend, wurden durch Dienststellen der PD Göttingen bereits seit Bekanntwerden der Gründung eines Charters der Hells Angels Germany im Jahr 2011 umfangreiche Maßnahmen getroffen. In diesem Zusammenhang erfolgte auch ein enges Zusammenwirken mit den zuständigen Kommunalbehörden, für deren Kooperation ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanke.
Dies führte u. a. dazu, dass ein zunächst durch die Hells Angels Göttingen betriebenes Klubhaus von diesen aufgegeben werden musste. Erst ca. ein Jahr später, Ende des Jahres 2012, konnten diese die derzeitig als Klubraum genutzten Räume in der Gemeinde Adelebsen von einer Privatperson anmieten.
Im Zusammenhang mit den Rockertreffen fanden bereits folgende Maßnahmen zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger in Güntersen oder Adelebsen im Zusammenwirken der kommunalen Verantwortungsträgerinnen und -träger sowie der Polizeiinspektion Göttingen statt:
Erstens. Es wurden Informationsgespräche auf Leitungsebene des Landkreises Göttingen, der Stadt Göttingen und der PI Göttingen zu Möglichkeiten der Kooperation in der Bekämpfung der Rockerkriminalität durchgeführt. Dabei wurden die Gefahrenlage und Grundsätze der Landeskonzeption zur Bekämpfung der Rockerkriminalität dargestellt sowie Vereinbarungen zu einer fortlaufenden engen Kooperation und gemeinsamen Maßnahmen gegen die Aktivitäten der Rockerverbindungen getroffen.
arbeit mit den zuständigen Verwaltungsbehörden des Landkreises Göttingen und der Fleckengemeinde Adelebsen getroffen.
Drittens. Zur Ausschöpfung sämtlicher ordnungsrechtlicher Möglichkeiten wurden insbesondere gewerbe-, gaststätten-, ordnungs- und baurechtliche Maßnahmen zur Schließung des Hells-AngelsKlubhauses in Adelebsen geprüft.
Viertens. Die unter Einbindung der Polizei erfolgten verwaltungsrechtlichen Überprüfungen haben die Hells Angels gezwungen, ihre monatlichen öffentlichen Veranstaltungen in ihrem Klubhaus in Adelebsen - Open House - auf private Treffen - Private Day - umzustellen. Diese Veranstaltungen - ich habe es gesagt - finden seitdem in einem deutlich selteneren Rhythmus statt.
Fünftens. Im Jahre 2012 wurde unmittelbar nach Anmietung des Klubhauses der Hells Angels in Adelebsen seitens der Gemeindebürgermeisterin von Adelebsen und der Polizei Göttingen eine gemeinsame Bürgerversammlung zur Information und Sensibilisierung der dortigen Bevölkerung durchgeführt.
Sechstens. Zur Information und Sensibilisierung der Ordnungsamtsleiter der Städte und Gemeinden im Landkreis Göttingen wurde seitens der PI Göttingen im Juli 2014 anlässlich einer Arbeitstagung der Ordnungsamtsleiterinnen und Ordnungsamtsleiter des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes ein Vortrag zum Phänomen Rockerkriminalität gehalten.
Siebtens. Mit polizeilicher Kenntnis von den sogenannten German Officer Meetings in der Adelebser Ortschaft Güntersen erfolgte unmittelbar eine weitere Intensivierung der Zusammenarbeit mit dem Landkreis Göttingen, den örtlich zuständigen Kommunalbehörden sowie der Gemeindeverwaltung Adelebsen. Bei diesen wurden u. a. konkrete Überprüfungen bau- und gewerberechtlicher Art vereinbart.
Am 23. Juni 2014 erfolgte auf Einladung des Landrates des Landkreises Göttingen ein erneuter Informationsaustausch zwischen dem Landkreis, der Gemeinde und Führungskräften der PI Göttingen. Auch hier wurden konkrete Maßnahmen und Überprüfungen verabredet.
30. August erneut ein sogenanntes German Officer Meeting der Hells Angels in Güntersen stattfand. Die am Veranstaltungstag im Rahmen des Ein
satzverlaufs, aber auch in der nachfolgenden Presseberichterstattung geäußerten Befürchtungen seitens der Einwohnerinnen und Einwohner der Ortschaft Güntersen werden von mir und der PD Göttingen sehr ernst genommen.
Auf Einladung des Göttinger Polizeipräsidenten Robert Kruse fand am 10. September unter Beteiligung eines Vertreters des niedersächsischen Innenministeriums eine weitere Besprechung bei der PD Göttingen statt, in deren Verlauf Vertreter des Landkreises, die Bürgermeister der Gemeinde Adelebsen und der Ortschaft Güntersen sowie zwei Landtagsabgeordnete umfassend zum Geschehen am 30. August sowie zum Thema Rockerkriminalität informiert wurden.
Zur Stärkung des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung erfolgte anlässlich eines Klubabends in den Räumen der Hells Angels Göttingen ein Sondereinsatz durch die PI Göttingen am 12. September mit starken Einsatzkräften. Weiterhin nahm am 15. September der Leiter des Zentralen Kriminaldienstes der PI Göttingen an der öffentlichen Sitzung des Ortsrats der Gemeinde Güntersen teil. Dort stellte er sich sowohl den Fragen der Ortsratsmitglieder als auch der teilnehmenden Bürgerinnen und Bürger.
Anlässlich einer klubinternen Veranstaltung der Hells Angels Göttingen in der Ortschaft Güntersen am 17. September erfolgte ein weiterer polizeilicher Einsatz mit starker offener Präsenz. In diesem Rahmen wurden durch niedrigschwelliges Einschreiten Ruhestörungen konsequent unterbunden.
(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Nur noch zehn Minuten! - Jörg Bode [FDP]: Es sind noch Nachfragen eingereicht!)
Weder bei dieser noch bei anderen Veranstaltungen wurden Verstöße gegen das Kuttenverbot festgestellt.
Für große Unruhe sorgen, wie bereits erwähnt, neben den Rockern auch Aktivitäten aus dem rechtsextremen Spektrum.
Die Anmeldung der Horst-Wessel-Gedenkfeier wird selbstverständlich verwaltungsrechtlich geprüft. Inwieweit rechtliche Mittel für eine Unterbindung zur Verfügung stehen, kann derzeit nicht vorhergesagt werden. Seien Sie versichert, dass wir alle Möglichkeiten ausschöpfen werden!
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Christian Dürr [FDP]: Nein, Sie müs- sen noch zehn Minuten vortragen! - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Sie schaffen das!)
- Meine Damen und Herren, Sie kennen mich doch inzwischen: Wenn das Parlament fragt, gebe ich immer erschöpfend Auskunft.
Unter Berücksichtigung der landesweit geltenden Bekämpfungsstrategie werden wir das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung durch gezielte Maßnahmen weiter stärken. Wir werden alle rechtlichen Möglichkeiten konsequent ausschöpfen, niederschwellig eingreifen und die enge Kooperation mit den Kommunalbehörden fortsetzen, um dem Phänomen der Rockerkriminalität, aber auch den Aktivitäten rechtsextremer Parteien entgegenzuwirken.