Protokoll der Sitzung vom 23.10.2014

Verfügung gestellt - ein wesentlicher Beitrag, um den ÖPNV auch in der Fläche zu sichern.

Sicherung der Mobilität im ländlichen Raum ist ein Schwerpunkt unserer Politik, was auch in unserem Projekt „Reaktivierung von Bahnstrecken und Bahnhaltepunkten“ deutlich wird. In der Regel sind hier die ländlichen Regionen betroffen, die Regionen mit NE-Bahnen. Dort ist diese Mobilitätsunterstützung besonders gefordert.

Das Land Niedersachsen unterstützt im Rahmen folgender Förderbedingungen die örtlichen Initiativen der Bürgerbusbewegung: Das Fahrzeug muss im Linienverkehr eingesetzt werden, und die jährliche Betriebsleistung muss mindestens 20 000 km betragen. Antragsberechtigt sind rechtsfähige Bürgerbusvereine und Verkehrsunternehmen. Die Förderung summiert sich somit je nach Fahrzeugart und -ausstattung auf bis zu 64 500 Euro pro Fahrzeug.

Meine Damen und Herren, derzeit werden vom Land Niedersachsen 41 Projekte mit 61 Fahrzeugen der Bürgerbusbewegung unterstützt, und wir begrüßen das ausdrücklich. Die Förderung dafür beträgt jährlich ca. 3,2 Millionen Euro. Nehmen Sie also nicht das Land in die Verantwortung, die es längst wahrnimmt! Ihre jetzigen Forderungen wären glaubwürdig, wenn Sie sie bereits zu Ihren Regierungszeiten umgesetzt hätten.

Das gilt auch für die von Ihnen geforderte Vereinfachung und Hilfestellung bei Spendenmöglichkeiten. Im Wirtschaftsausschuss fordern Sie weiter die Anerkennung der Gemeinnützigkeit und darüber Verhandlungen der Landesregierung mit dem Bundesministerium der Finanzen.

Bereits 2010 hat Ihnen der damalige Finanzminister des Landes die Anerkennung der Gemeinnützigkeit mit dem Ziel, Bürgerbusse zu fördern, in einer ausführlichen Antwort auf elf Seiten versagt. Dieser Finanzminister hieß Möllring. Was soll also die erneute Forderung danach? Trauen Sie Möllring nicht mehr, oder war das alles falsch, was er Ihnen aufgeschrieben hat?

(Zuruf von Reinhold Hilbers [CDU])

- Lieber Kollege Hilbers, Sie werden nie ein Möllring werden! Das kann ich Ihnen sagen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Ihre Forderung ist nicht zielführend und nicht umsetzbar, und Sie wissen das genau.

Es bleibt dabei: Bürgerbusse sind als Ergänzung zum Hauptangebot des ÖPNV in der Fläche da wünschenswert, wo wegen der geringen Nutzung keine Busse und Bahnen fahren. Wir begrüßen auch in diesem Zusammenhang das Ehrenamt ausdrücklich. Aber dieses zusätzliche Angebot darf nicht als Konkurrenz zu den im ÖPNV aktiven Verkehrsunternehmen vor Ort - ob privat oder kommunal - treten.

Die Landesregierung handelt längst - ich hatte das deutlich gemacht - durch die Fördermöglichkeiten und die Förderintensität. Wir lehnen daher Ihren Antrag ab, weil er nicht zielführend und nicht zukunftsorientiert ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Will. Ich komme noch einmal auf Ihre Eingangsbemerkung mit dem Arbeitsplatz zurück. Das war einfach gut. Uns ist dazu nichts eingefallen, was ich entgegnen könnte. Sie haben recht: Das war unser Fehler.

Ich rufe jetzt Frau Gabriela König, FDP-Fraktion, auf. Frau König, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erst einmal möchte ich Herrn Will hier widersprechen; denn letztendlich finde ich diesen Antrag im Gegensatz zu Herrn Will nicht inhaltsleer, sondern er ist wichtig und sollte insbesondere mit Blick auf die ländliche Bevölkerung im Prinzip unterstützt werden.

Bürgerbusse sind nämlich in den ländlichen Gebieten eine erfolgreiche Bereicherung. Herr Angermann hat das hier sehr deutlich ausgeführt. Dem kann ich nur zustimmen.

Genau dort, wo es Probleme gibt, eine wirtschaftliche Anbindung einzelner Strecken an den Betrieb des öffentlich geförderten Personennahverkehrs zu erwirken, sind die Erreichbarkeit und der Anschluss dieser Gebiete durch Rufbusse oder Bürgerbusse unerlässlich, um weiterhin überhaupt mobil zu bleiben. Hoch anzurechnen ist daher, wenn sich Bürger sogar ehrenamtlich dafür einsetzen und Zeit und Geld in die Hand nehmen, um mit hohem gemeinnützigem Einsatz dieses Projekt auf den Weg zu bringen und dann auch noch weiter zu betreiben. - Aber genau da liegt das Problem.

(Zustimmung bei der FDP)

Wir sprechen hier ja nicht von kleinen Zahlen. Immerhin sind hier im vergangenen Jahr fast 200 000 Fahrgäste transportiert worden, was im Übrigen auch bedeutet, dass wir die Fahrgastzahlen in den letzten vier Jahren fast verdoppelt haben. Das kann man doch nicht als unwichtig abtun!

Nach den Erfahrungsberichten ist es für diese ehrenamtlich Tätigen sehr schwer, genügend Spenden, genügend weitere Gelder bzw. Werbeflächenvermietungen oder Mitgliedsbeiträge einzuwerben. Das dauert ewig, und das bindet vor allen Dingen auch Kraft.

Ohne diese Möglichkeiten wird es aber nicht möglich sein, gerade für die älter werdende Bevölkerungsstruktur in diesen Landstrichen die erforderliche Mobilität, die sie dringend braucht, aufrechtzuerhalten. Was liegt denn da näher, als die Menschen, die hier mit einem so hohen Engagement tätig sind, zu unterstützen? - Das versagen Sie hier, und das finde ich ganz erbärmlich; denn es ist aus meiner Sicht heraus beschämend, wenn nicht einmal eine Prüfung von begleitenden Maßnahmen stattfindet, wenn die hier von Rot-Grün auch noch ausgeschlagen wird.

Herr Angermann hat es wunderbar erklärt: In Nordrhein-Westfalen geht das ganz anders. Da werden wirklich 100 % der Busbeschaffungen übernommen, und die Kommunen setzen dann ihre Gelder ein, um den Betrieb dementsprechend zu unterstützen. Das ist eine hervorragende Situation. Warum kann das denn nicht in Niedersachsen stattfinden?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Frau König, eine Sekunde! Herr Will möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.

Nein, ich möchte durchkommen.

Herr Will, nein. - Bitte schön!

Es werden doch nicht ständig nur neue Fahrzeuge anzuschaffen sein, deren Unterstützung zurzeit zwar noch geleistet wird, aber doch nur prozentual. Das ist doch ein kleiner Etat. Die Unterstützung für die Kosten des Betriebes sollte genauer in die

Bewertung einfließen und eine Unterstützung der Spendenbereitschaft, die damit einhergeht, sollte begleitet werden. Das ist doch der Sinn der Sache, und da gibt es ja möglicherweise diese zuwendungsfähige Bereitschaft, die auch das Land übernehmen kann. Das ist eigentlich nur ein kleiner Punkt.

Wenn Sie diesen Antrag jetzt hier ablehnen, lehnen Sie im Prinzip auch die begleitenden Erscheinungen ab, die möglicherweise das eine oder andere Projekt stützen und nicht zu Fall bringen würden, was möglicherweise bei der Finanzierung, die wir hier im Moment im Land haben, der Fall sein würde. Die Menschen in den ländlichen Gebieten, die diese Busse wirklich dringend brauchen, werden von Ihnen hier regelrecht verschaukelt, und das tut mir richtig leid.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Ulf Thiele [CDU]: Wäre ein Gleis da- runter, würden sie es finanzieren!)

Vielen Dank, Frau König. - Jetzt hat sich der Wirtschaftsminister zu Wort gemeldet. Herr Lies, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will das gleich zu Beginn sagen: Die Mobilität im ländlichen Raum hat für diese Landesregierung und für die sie tragenden Fraktionen einen extrem hohen Stellenwert.

(Karl-Heinz Bley [CDU]: Deswegen lehnen Sie den Antrag auch ab!)

Ich glaube, dass das an vielen Punkten unserer Politik deutlich wird.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich will aber zu Beginn auch sagen, dass für Mobilität im ländlichen Raum Schnittstellen notwendig sind. Es gibt den schienengebundenen Verkehr, es gibt den straßengebundenen Busverkehr, und es gibt die Übergänge aufs Rad oder z. B. auf Bürgerbusse. Diese Schnittstellen auszuarbeiten, wird die Grundlage für eine erfolgreiche Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs sein.

Ich bin ein bisschen erstaunt - wenn ich das sagen darf -, dass wir hier eine derartige Debatte über die Frage der Förderung von Bürgerbussen führen - die wir übrigens hervorragend machen -, während es in der Diskussion über Mittelverschiebungen aus dem Straßenbau in den ÖPNV - die Investitionen in den öffentlichen Personennahverkehr ermöglichen sollen, die dringend erforderlich sind, damit diese Modelle funktionieren - die größte Kritik von Ihrer Seite gibt. Das passt doch nicht zusammen! Wollen wir Mobilität im ländlichen Raum, dann müssen wir sie auch generell unterstützen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja.

Bitte schön, Frau Kollegin!

Herr Minister Lies, Sie führen gerade aus, dass Sie die Mittel in den ÖPNV stecken wollen. Bürgerbusse fahren aber in kleinen Ortschaften. Da gibt es keine Schiene, da gibt es keine Ausweichmöglichkeiten. - Da brauchen Sie nicht mit den Augen zu rollen; das finde ich sehr unhöflich. - Die Bewohner des ländlichen Raums sind auf Bürgerbusse angewiesen. Der ÖPNV, den Sie darstellen, nutzt eher den Städten.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Keine Rede, eine Zwischenfrage!)

Wie sehen Sie das für den ländlichen Raum?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Minister!

Ich war noch gar nicht bei meiner Rede. Ich war bei einer Vorbemerkung, wenn ich das sagen darf. In der Vorbemerkung ging es um den Widerspruch, der auf Ihrer Seite stattfindet: Sie halten hier große Reden zur Stärkung des ÖPNV, aber wenn die

linke Seite des Hauses Investitionen in den ÖPNV fördert, kritisieren Sie sie ständig. Das passt nicht zusammen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)