Protokoll der Sitzung vom 15.12.2014

Wir kommen zur Einzelberatung. Ich rufe auf:

Artikel 1 (einschließlich Staatsvertrag). - Unverändert.

Artikel 2. - Unverändert.

Gesetzesüberschrift. - Unverändert.

Wir kommen sodann zur Schlussabstimmung.

Wer dem Gesetzentwurf inklusive Überschrift zustimmen möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Neinstimmen der Fraktion der FDP ist der Gesetzentwurf im Übrigen mit großer Mehrheit angenommen.

Meine Damen und Herren, es folgt der

Tagesordnungspunkt 3: Abschließende Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Vorschriften über die Förderung der Freien Wohlfahrtspflege - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 17/1285 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Migration - Drs. 17/2475 - Änderungsantrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/2533 - Schriftlicher Bericht - Drs. 17/2568

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf mit Änderungen anzunehmen.

Der Änderungsantrag der Fraktion der FDP zielt darauf, die Beschlussempfehlung des Ausschusses mit einer Änderung in § 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzentwurfs zur Förderung der Freien Wohlfahrtspflege anzunehmen.

Eine mündliche Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir treten in die Beratung ein. Es liegt eine Wortmeldung der Abgeordneten Annette Schwarz für die CDU-Fraktion vor. Ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr!

(Annette Schwarz [CDU]: Uwe Schwarz hatte sich, glaube ich, zuerst gemeldet!)

- Entschuldigung! So kann es gehen: Wenn man nach rechts guckt, dann ist Annette Schwarz da, und wenn man nach links guckt, ist Uwe Schwarz da. Er hatte seine Wortmeldung auch zuerst abgegeben. Herr Kollege, Frau Kollegin, ich bitte um Nachsicht.

(Uwe Schwarz [SPD]: Man kann an der Stelle noch nicht einmal sagen, dass es in der Familie bleibt!)

Herr Uwe Schwarz hat jetzt das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege sind neben den Sportverbänden die größten Destinatäre der Glücksspielabgaben. Am 5. Dezember 2012 verabschiedete der Landtag mit den Stimmen aller heute im Landtag vertretenen Parteien das Niedersächsische Sportstättenfördergesetz. Für uns war damals klar, dass eine nachhaltige Sicherung und unbürokratische Abwicklung der Sportförderung für die rund 2,8 Millionen Sporttreibenden in unserem Bundesland nur sinnvoll und vernünftig sein kann.

Gleichzeitig wurde aber auch die jahrzehntelang vorhandene Gleichbehandlung von Sport und Wohlfahrt durch die alte CDU/FDP-Regierung außer Kraft gesetzt. Seither bekommt der Sport 31,5 Millionen Euro, gesetzlich abgesichert. Die Wohlfahrtsverbände hingegen erhalten 20,2 Millionen Euro, ohne jede gesetzliche Absicherung.

Mehr noch: Unser Antrag, die strukturelle Gleichbehandlung von Wohlfahrtspflege und Sport in Niedersachsen durch ein Gesetz zur Sicherung

und Förderung der Wohlfahrtspflege wiederherzustellen, wurde seinerzeit abgelehnt. Der Grund für diese Handlungsweise bleibt bis heute ein Geheimnis von CDU und FDP, meine Damen und Herren.

Die Wohlfahrtsverbände, also Arbeiterwohlfahrt, Caritas, DRK, Diakonie, der Paritätische und die Jüdische Wohlfahrt, betreiben rund 6 000 gemeinwohlorientierte Einrichtungen, Dienste und Beratungsstellen mit fast 300 000 hauptberuflich Beschäftigten. Zusätzlich engagieren sich dort über 500 000 Menschen ehrenamtlich in den einzelnen Bereichen.

Die vorrangige Wahrnehmung sozialstaatlicher Aufgaben durch die Wohlfahrtsverbände und freien Träger im Rahmen des grundgesetzlichen Subsidiaritätsprinzips hat sich seit Jahrzehnten in unserer Republik bewährt. Wollte der Staat diese Aufgaben selber erfüllen, müsste er erheblich mehr Mittel in die Hand nehmen, und trotzdem würden ohne die 500 000 ehrenamtlichen Kräfte große Bereiche der Daseinsvorsorge komplett zusammenbrechen.

SPD und Grüne haben deshalb in ihrer Koalitionsvereinbarung festgelegt, die unverzichtbare Arbeit der Wohlfahrtsverbände analog zum Sportstättengesetz gesetzlich abzusichern. Genau das lösen wir heute, 20 Monate nach Regierungsübernahme, ein. Meine Damen und Herren, das ist bundesweit einmalig, und darauf können wir durchaus stolz sein.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ursprünglich sollte im Gesetz nur die jahrzehntelange Verfahrenspraxis abgesichert werden. Auf einmal führt dieses aber zu angeblichen Wettbewerbsverzerrungen gegenüber anderen, insbesondere privaten Anbietern. Die Heftigkeit der Auseinandersetzung in den vergangenen Wochen war schon sehr gewöhnungsbedürftig. Sie hat aber deutlich gemacht, mit welchen Bandagen in einzelnen Gesundheits- und Pflegebereichen zwischenzeitlich um Marktpositionen gekämpft wird. Vereinzelt war sogar von Geheimverträgen die Rede. Das, meine Damen und Herren, ist grober Unfug. Bei den Wohlfahrtsverbänden hat der Landesrechnungshof ein uneingeschränktes Prüfrecht. Vergleichbares gibt es bei den Privaten nicht. Das könnte aber gerne eingeführt werden, wenn es von dort ausdrücklich gewünscht wird.

Zusätzlich haben SPD und Grüne festgelegt, dass Vereinbarungen zwischen Land und Wohlfahrtsverbänden nach diesem Gesetz innerhalb von vier Wochen zu veröffentlichen sind. Außerdem wurde explizit im Gesetz festgeschrieben, dass die Finanzhilfen des Landes ausschließlich in Einrichtungen eingesetzt werden dürfen, die den Vorschriften der Abgabenordnung und damit den Kriterien der Gemeinnützigkeit entsprechen. Außerhalb der Gemeinnützigkeit ist eine Wettbewerbsverzerrung mit öffentlichen Mitteln damit ausgeschlossen.

Ich sage das ausdrücklich, meine Damen und Herren: Die Freie Wohlfahrtspflege ist eben nicht gewinnorientiert, sondern sie baut auch dann bedarfsdeckende Angebote auf, wenn diese Aufgaben für den Markt noch ohne jedes Interesse sind. Ich erinnere an die Pionierleistungen bei den Sozialstationen, bei der Palliativpflege, bei Essen auf Rädern oder auch bei der Suchthilfe.

Insbesondere der demografische Wandel, das Ziel der Inklusion oder die Verfestigung von Langzeitarmut stellen gerade die Wohlfahrtspflege vor große, neue Herausforderungen. Auch in diesem Bereich wollen wir Trägervielfalt und einen fairen Wettbewerb auf Augenhöhe - vor allen Dingen dann, wenn es um Qualität und gute Rahmenbedingungen, um faire Löhne, um faire Arbeitsbedingungen und um menschliche Zuwendung und ausreichend Zeit geht.

Ein Wettbewerb, bei dem Lohndumping, unterlassene Ausbildungsbereitschaft und fehlende Nachwuchsförderung mit Gewinnmaximierung belohnt wird, erfüllt nach unserer Auffassung diese Kriterien eindeutig nicht.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Der Markt kümmert sich doch in Wahrheit erst dann um die besonders schwierigen Themen, wenn es ihm profitabel erscheint.

Die ehemalige CDU/FDP-Regierung hatte den Wohlfahrtsverbänden ein eigenes Leistungsgesetz verweigert und zu keinem Zeitpunkt in den vergangenen zehn Jahren Personal- und Sachkostensteigerungen berücksichtigt. Vielmehr wurden in dieser Amtszeit die Mittel sogar noch weiter gekürzt.

Mit dem heute zur Verabschiedung anstehenden Gesetzentwurf schafft Rot-Grün Planungssicherheit für die Wohlfahrtsverbände, und wir werden mit der Haushaltsverabschiedung am kommenden

Donnerstag gleichzeitig die Mittel um 1 Million Euro auf dann 21,25 Millionen Euro erhöhen.

(Zustimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, in den vergangenen 60 Jahren haben die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege maßgeblich zum sozialen Zusammenhalt und zum sozialen Frieden in unserem Land beigetragen. Genau das wollen wir mit dem vorliegenden Gesetz auch für die Zukunft mit aller Deutlichkeit absichern.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schwarz. - Es folgt jetzt in der Tat für die Fraktion der CDU die Kollegin Annette Schwarz. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Geister, die ich rief, werde ich nicht mehr los. - Das mag sich mit Sicherheit mancher bei den Beratungen zum Wohlfahrtsgesetz gedacht haben. In der 16. Legislaturperiode wurde bei der Änderung des Glücksspielgesetzes und der damit einhergehenden Einführung des Sportfördergesetzes die Erwartung seitens der Wohlfahrtsverbände sehr deutlich, dass auch sie eine rechtlich fixierte Absicherung bekommen möchten. Die vielfältige Aufgabenerfüllung mit Unterstützung durch Ehrenamtliche muss letztlich hinreichend gewürdigt werden. Schließlich geht es ohne dies in unserer Gesellschaft häufig nicht.

Dass nun die Mittel um 1 Million Euro aufgestockt werden sollen, wie es mit den Ergänzungen zur Neuordnung der Vorschriften vorgelegt worden ist, wird von uns sehr wohl unterstützt, auch das generelle Ansinnen des Gesetzes, die Wohlfahrtspflege in ihren Aufgaben, die nicht dem Wettbewerb unterliegen, zu fördern.

Zu diesem Gesetzentwurf vertreten wir allerdings unterschiedliche Auffassungen - ich möchte hier natürlich nicht die Erwartungen von Frau Tiemann enttäuschen -, weil hiermit eventuell eine Wettbewerbsverzerrung einhergehen kann, hervorgerufen durch eine Förderung z. B. in der Altenpflege.

Meine Damen und Herren, in Wilhelmshaven ist Anfang dieses Monats der Verkauf einer kommunalen Seniorenwohnanlage von dem dortigen Stadtrat beschlossen worden. Der Oberbürgermeister Wagner hat dazu ausgeführt, dass der

Betrieb von Altenheimen keine Aufgabe der Daseinsvorsorge sei. Laut Presseberichterstattung hat auch die komplette SPD-Fraktion in Wilhelmshaven dem Verkauf zugestimmt.

Meine Damen und Herren, was auf kommunaler Ebene erkannt worden ist, muss auf Landesseite mit Sicherheit genauso Berücksichtigung finden, wenn wir insbesondere diesen Gesetzentwurf hier beraten. Von Rot-Grün wurde versucht, in diesem Gesetzentwurf eine mögliche Wettbewerbsverzerrung auszuschließen.

Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir, darauf zu verweisen, dass zu Artikel 1 § 3 ein Vorschlag vorliegt, bei dem jeder, der das nachliest, merken wird, dass bei der Formulierung die Verständlichkeit bei Weitem hintansteht. Von daher meinen wir, dass das nicht gelungen ist.

Bei dem Inhalt muss man fragen, ob der Verweis auf die Abgabenordnung ausreicht und ob eben ein Verweis auf andere Rechtsgebiete und dazu noch auf eine andere rechtliche Ebene nicht sehr wohl problematisch sein kann. Darauf ist nämlich vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst hingewiesen worden.

Wenn im Hinblick auf das Erlangen der Rechtskraft und im Hinblick auf die erste Förderung von bestimmten Vorhaben schon per se deutlich wird, dass hierüber in Rechtsverfahren bzw. durch Gerichtsentscheidung darüber entschieden werden muss, ob wir ein Gesetz vernünftig auf den Weg gebracht haben, wenn also schon eine Befassung durch ein Gericht angekündigt worden ist, sollte uns das doch zur Sorgfalt mahnen.

(Zustimmung bei der CDU)

Das hat sich schon bei den Beratungen angekündigt, sodass wir meinen, man hätte von solchen Regelungen besser die Finger gelassen.

Auch mit dem Änderungsantrag der FDP, der noch eingebracht werden wird, wird ein Versuch gestartet, eine mögliche Verzerrung des Wettbewerbs in Einrichtungen der Altenpflege auszuschließen. Allerdings hat der GBD darauf hingewiesen, dass dies künftig nicht allein darauf begrenzt sein könnte. Also müsste man bei Berücksichtigung des Änderungsantrages der FDP das Gesetz erneut ändern. Auch das wird unsere Zustimmung nicht finden.

In einer Regelung im Rahmenvertrag, der zwischen den Dachverbänden zu schaffen ist, wäre es richtig untergebracht, zumal dieser auch in aller